An diesem Wochenende ein VfL-Fan zu sein, war wieder einmal kein einfaches Los. Unserer nördlichen Hälfte glückte nicht einmal ein Punkt und wir Kollegen vom Nordpark können mit dem Punkt gegen Bochum auch nicht zufrieden sein.
Ein Eigentor von Pletsch in der 90. Minute besiegelte ein Unentschieden, das nie hätte sein dürfen. Wer 2:0 zu Hause führt, noch dazu gegen einen direkten Konkurrenten, darf das nicht aus der Hand geben. Und doch spielten die Mannen des wahren VfL nach dem Bochumer Anschlußtreffer mut- und kraftlos, beobachteten das Bochumer Aufbäumen erstarrt wie das Kaninchen die Schlange.
Allenthalben läßt sich nun nachlesen, Dick Advocaat, dem schon in Holland ein Händchen für ungeschickte Einwechslungen angedichtet wurde, habe mit Jansen "den Sieg ausgewechselt", ja mit Pletsch gar das Eigentor persönlich aufs Spielfeld geschickt. "Wir ham die Schnauze voll", schallte es aus der Nordkurve nach dem Spiel – und damit krakeelte der vermeintlich 12. Mann der Mannschaft lautstark seinen Frust heraus.
Diesem 12. Mann aber ist es noch nicht in den Sinn gekommen, daß er seit Wochen an der Misere der Borussia nicht unbeteiligt ist. Ein solcher 12. Mann hat in den vergangenen Wochen längst das entscheidende Eigentor selbst geschossen.
Natürlich ist niemand zufrieden mit einem Unentschieden. Schon den vielleicht wichtigsten Saisonsieg vor Augen zu haben und dann noch zwei Punkte abzugeben, ist frustrierend, frustrierend, frustrierend. Aber die Angst der Spieler, die sie nach dem 2:1 paralysierte, galt wohl kaum Dick Advocaat, sondern einem überkritischen Fan- und Medienumfeld, das beim ersten Zittern gleich das Schlachtermesser wetzt. Gegen einen solchen von den Rängen und Zeitungen verursachten psychologischen Malus kann kein Trainer an.
Wären die Spieler falsch eingestellt, schlecht trainiert, von ihrem grobschlächtigen Coach deprimiert – wieso spielen sie in Hannover eine Halbzeit lang wie junge Götter, wieso gegen Bochum nach zehn unsicheren Minuten sicher zum 2:0? Das Geseier, Gekrittel, Gemotze muß endlich ein Ende haben. Die Mannschaft und ihr Trainer brauchen in den nächste Wochen Rückhalt, nicht ewiges Schlechtmachen. Ansonsten gerät der VfL in eine fortwährende Spirale der Verunsicherung und "Advocaat raus!" wird zur von den Fans verursachten self-fulfilling-prophecy. Inklusive eines ebenso hausgebackenen Abstiegs.
Daß diese Mannschaft, wenn sie selbstbewußt aufspielen kann, locker das Zeug hat, die Klasse zu erhalten, hat sie gestern bewiesen. Geben wir den Verantwortlichen die Chance, endlich wieder in Ruhe zu arbeiten. Ach ja: gegen Bayern werden wir wahrscheinlich verlieren. Es wäre doch geradezu originell, nach dem Spiel die Leier "Auswärtsschwäche, Schnauze voll" mal nicht anzustimmen. Der 12. Mann kann auch Tore schießen.
Montag, 4. April 2005
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1 Kommentar:
Eine mutige Meinung, aber ich seh das genauso! Ich hab bald schon keine Lust mehr, überhaupt noch ins Stadion zu gehen - nicht wegen der Spiele, sondern wegen der dauernden Meckerei auf den Rängen. Gut, daß es noch andere Stimmen gibt!
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