Montag, 29. August 2011

saisonstart

So langsam gibt es keinen Grund mehr, sich nicht mit dem VfL auseinanderzusetzen. Der Urlaub ist endgültig vorbei, das Warten auf den Sommer nachhaltig müßig, und Gladbach ist nicht länger Tabellenführer. Osnabrück also.
Es gibt wahrlich dankbarere Aufgaben. All jene, die sich in diesen Wochen Leidenschaft für den VfL abringen, sind Jakobsweg-Wanderern oder Taizé-Pilgern jedenfalls keinerlei Respekt schuldig. Mit anderen Worten: Der letzte Text in unserem kleinen Familienblog, der sich mit dem lila-weißen VfL auseinandersetzte, ist 76 Tage alt. Es gibt, ehrlich gesagt, keine triftigen Gründe, daran jetzt etwas zu ändern. Aber es schadet ja auch nicht.

Trainer ist jetzt Uwe Fuchs. Spieler sind ein Haufen hoffentlich ambitionierter Kicker, die ich zum überwiegenden Teil nicht kenne. Das war vor zwei Jahren schon einmal so, und seinerzeit ist es dem Verein gelungen, den "Schnitt", wie er immer genannt wird, als Aufbruch zu verkaufen. Die Fans fieberten von Anfang an mit.
Dieses Mal nimmt sich der Schnitt erneut wie ein Axtschlag aus, doch weil man sich bekanntlich ungern zwei Mal auf dieselbe Weise betrügen lässt, fällt die Annäherung an die aktuellen Verhältnisse deutlich distanzierter aus. Bei allen legitimen Hinweisen auf schmale Budgets und übersteigerte Erwartungen: Wenn das selbst gesteckte Saisonziel "oben mitspielen" lautet und der VfL nach sieben Spielen mit sieben Punkten und ohne Heimsieg auf Tabellenplatz 15 verharrt, muss sich niemand schlecht fühlen, der sich samstagnachmittags ein schönes Wochenende macht statt ins Stadion zu gehen.

Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass sich all das wieder ändert, und damit meine ich nicht unbedingt den Tabellenplatz. Womöglich vermag auch ein runderneuerter VfL, der im Mittelfeld der 3. Liga spielt, zu begeistern. Doch das Streichholz, dessen Funke überspringen könnte, ist noch ganz tief unten in der Schachtel. Bis heute sind allemal Nuancen erkennbar.
Der neue Trainer Fuchs arbeitet immerhin sichtbar daran, die konsequent junge Mannschaft so Fußball spielen zu lassen, dass es den Anschein hat, es stünde ein System dahinter. Das letzte System war bekanntlich vor zwei Jahren nach Cottbus gewechselt. Aber eine mitreißende, hungrige Truppe, die mehr ist als zusammengewürfelt, ist allenfalls erahnbar. Das ist nicht einmal verwunderlich. Wer sich aber noch einmal vergegenwärtigt, wie arg geschäftig der VfL in der vergangenen Saison offenbar mit seinen Mitarbeitern umgegangen ist, darf sich berechtigte Sorgen machen, ob das Umfeld stimmt, um daran etwas zu ändern.

Bis Osnabrück nun zum Friedensgipfel gegen Münster antritt, gehen erst einmal noch paar mehr Tage ins Land. Es gibt Schlimmeres.

Mittwoch, 24. August 2011

danke, herr watzke!

Die Tinnitus-Attacke aus Hoffenheim u.a. gegen Fans des BVB überdeckt derzeit eine Debatte, die innerhalb der DFL intensiv geführt wird, aber in der Öffentlichkeit überraschend wenig diskutiert wird. Es geht um die Verteilung der Werbeeinnahmen der Liga zwischen den Vereinen. Auch hier läuft die Front u.a. quer zwischen Traditionsklubs wie dem BVB und "Werksmannschaften" wie den Hoffenheimern. BVB-Vorstand Hans-Joachim Watzke hat schon vor zwei Jahren einen neuen Verteilungsschlüssel gefordert. Nun hat er einen konkreten Vorschlag in der DFL unterbreitet, wie die Süddeutsche unlängst berichtet hat.

Für diesen Vorschlag kann man als Gladbach-Anhänger nur ein herzliches "Merci!" in Richtung falsche Borussia rufen. Denn er würde gerade Vereine wie den VfL deutlich besser stellen als bisher. Hintergrund der Überlegungen ist, dass nicht allein der sportliche Erfolg, sondern auch der "Markenwert" eines Vereins in den Verteilungsschlüssel eingehen soll. Klubs wie Hoffenheim, die zwar über einen gut gefüllten Geldbeutel, aber wenig Fans verfügen und in Sachen Zuschauerzahlen (im Stadion, aber auch bei Sky) stets am Ende der Tabelle rangieren, würden weniger Geld erhalten als bisher -- Traditionsvereine mit großer Bekanntheit und breiter Anhängerschaft wie Gladbach (aber wohl auch Kaiserslautern oder die lieben Nachbarn vom "F"C Köln) würden profitieren.

Das Interessante: Für Vereine wie Bayern oder eben den BVB würde sich kaum etwas ändern, denn die sind ohnehin durch ihren sportlichen Erfolg ganz oben bei der Verteilung der Fernsehgelder durch die DFL dabei.

Was soll man sagen? Merci, Herr Watzke! Hoffen wir, dass die DFL den Vorschlag annimmt und umsetzt.

Dienstag, 23. August 2011

vorne hinten überall

Haben wir schon erwähnt, dass Zeitunglesen viel mehr Spaß macht, seit Lucien Favre in Gladbach ist? Ach ja, hatten wir. Auch in dieser Woche fällt beim Blättern der einschlägigen Postillen Interessantes auf: Urheber des Erfolg gegen Magaths Exploit-Team ist vor allem Marco Reus (der Mann des Spieltags, laut Kicker). Bzw. Filip Daems (so die Rheinische Post, denn der "geht voran"). Bzw. Havard Nordtveit (findet die FIFA in einem Portrait auf fifa.com, der norwegische "Exportschlager"). Bzw. Favres "Verhüterli-Taktik" und die "geilste Abwehr aller Zeiten" (so die BILD). Bzw. der "büffelstarke Boba" Raul Bobadilla (wie der EXPRESS analysiert).

Was lehrt und das? Dass die zitierten Kollegen sich uneins sind, ja. Aber ausnahmsweise aus gutem Grund. Denn unter Favre spielt die gesamte Mannschaft nicht nur besser, sondern auch homogener, also im besten Sinne des Wortes als Team. Da fällt es leicht, immer gerade den zum Matchwinner zu erklären, von dem man gerade ein Interview ergattern kann. Denn stark sind auf einmal alle. Dieses Ergebnis ist auch ein interessanter Kommentar zur von Oliver "Ich weiß nicht mehr, was ich auf dieser Welt soll, seit ich keinen Fußball mehr spiele" Kahn angestoßenen Debatte um die Notwendigkeit von Führungsspielern ("Wir müssen über Hierarchien reden, und zwar nicht über flache.") . Klar, Führung ist wichtig. Aber im 21. Jahrhundert führt man auch im Fußball nicht mehr über Beißattacken. Jedenfalls, wenn man einen Trainer wie Favre hat.

Montag, 22. August 2011

VFiLosophie

Der Fußballgott, mit dem wir auf diesem kleinen Familienblog auf bekannt gutem Fuße stehen, ist ein entspannter Kerl. Die wöchentlich neu ausgerufenen Heilsfiguren scheren ihn nicht. Doch gut möglich, dass er in Lucien Favre einen wahren Propheten gefunden hat. Die mahnenden Hinweise, nach drei Spieltagen nicht in kindische Euphorie zu verfallen, werden da nicht etwa mit der Härte teutonischer Ratio untermauert, sondern mit einem Gefühl: "Ich spüre, dass es eine schwere Saison wird und wir um jeden Punkt kämpfen müssen". Weitere Statements aus der Pressekonferenz lesen sich weniger wie die Analyse eines Fußballspiels, als vielmehr wie ein Glaubensbekenntnis: "Jedes Spiel ist anders und jedes Spiel wird seine eigene Geschichte haben. Wir dürfen es nicht übertreiben. Es geht schnell im Fußball – genauso wie im Leben…"

Seit Jahren schon wird von jedem zwei Spieltage lang erfolgreichem Trainer behauptet, er habe eine ganz spezielle Philosophie. Max Eberl suchte gar dereinst in einem Opus Magnum von über 500 Seiten die Philosophie des VfL festzuhalten. Bisher jedoch war das meiste Philosophie-Gerede im Profisport eher trauriges Gewäsch, das bestenfalls aus Zitate-Sammlungen von "Goethe für Gestresste" bis "Philosophie für Dummies" zusammengeklaubt war. Klinsmanns Buddhas waren einer von vielen traurigen Höhepunkten dieser Welle.

Doch womöglich bricht nun wirklich eine Hochzeit einer neuen Liaison zwischen Philosophie und Fußball an. Intellektuelle wie Javier Marias haben schon lange das Tiefenpotential des Fußballs genutzt. Vielleicht kommt nun auch der Feingeist auf der Trainerbank zum verdienten Erfolg. Neben Favre ist auch Frankreichs Frauennational-Coach Bruno Bini ein Beleg für diese These. Von ihm stammen nicht nur so zeitlos-pragmatische Sätze wie dieser: "Wenn du Taler auf dem Konto hast, dann kriegst du auch Geld geliehen. Wenn du keine Taler auf dem Konto hast, dann kriegst du nix geliehen." Er war auch das bewundernswerte Beispiel von Gelassenheit, der nach dem Ausscheiden seines Teams verkündete: "Das Leben bleibt schön" und auf die Frage, ob er denn trotz der Niederlage stolz auf sein Team sei, erklärte: "Natürlich. Ein Trainer der nicht mehr stolz auf sein Team ist, muss gehen." Bini und Favre - von diesem Holz könnte der Fußball mehr vertragen.

Sonntag, 21. August 2011

das spielen der anderen

Ja, sicher. Auch wir, gerade wir auf diesem kleinen Familienblog wissen, dass der dritte Spieltag der dritte Spieltag ist und nicht der dreißigste. Wir werden auf dem Teppich bleiben, egal ob die nächsten drei Spiele genauso erfolgreich sind wie die ersten drei oder auch alle in die Hose gehen.

Aber allen völlig richtigen "Momentaufnahme"-, "Übermut tut selten gut"- und "Von drei Spielen können wir uns am Ende der Saison nichts kaufen"-Rufen zum Trotz möchten wir doch auf folgende Bilanz hinweisen:

1. Gladbach hat Bayern geschlagen. Die anderen Spiele des FCB gingen 5:0 und 1:0 aus.
2. Gladbach hat gegen Stuttgart einen Punkt geholt. Stuttgart hat in seinem Saisonauftakt 3:0 gewonnen.
3. Gladbach hat Wolfsburg deklassiert. Die Wölfe waren mit einem 3:0 in die Saison gestartet und hätten gegen den FCB mindestens einen Punkt holen können, wenn sie nicht um das Helmes-Tor gebracht worden wären.

Die aktuelle Momentaufnahme basiert also keinesfalls auf 3 Spielen gegen Abstiegskandidaten, sondern eher gegen einige der Big Names der Liga, die auch durchaus ihre Fähigkeiten schon zum Saisonstart demonstriert haben. Vor diesem Hintergrund darf man durchaus hoffen, dass Gladbachs Erfolge mehr als nur Zufall und Glück waren. Auch wenn wir am Ende der Saison sicher nicht mehr da stehen werden, wo wir heute noch in der Tabelle rangieren.

Samstag, 20. August 2011

fabelhaft

Ein junger Mann träumt von einer Reise in ein wunderschönes Land. Doch leider: Das Land liegt weit entfernt, fast unerreichbar, und es ist bekannt als teures Pflaster. Der junge Mann weiß, er wird dieses Land nur sehen können, wenn er eisern spart, sich Freuden versagt, fokussiert eine lange Zeit durchhält, um sich diese eine Reise dereinst gönnen zu können. "Per aspera ad astra", so murmelt er manchmal vor dem Einschlafen, wenn er mit einem Lächeln, die Augen schon geschlossen, sich wieder an seinen Sehnsuchtsort träumt.

Nach mehr als zehn Jahren ist einiges Geld gespart, und überraschend kommt noch ein kleiner Geldsegen aus ferner Verwandtschaft hinzu. Der junge Mann ist nicht mehr ganz so jung, doch er fühlt sich jugendlich, voll Tatendrang und bricht auf. Im wunderschönen Land angekommen ist er wie beseelt: Es ist wirklich alles schön. Berauschend, betörend und zauberhaft, fast besser noch als in seinen Phantasien.

Doch der Mann ist ein Grübler. Rasch schon steigt in ihm das Gefühl auf, dass er nicht an diesen Ort gehört, dies alles Freuden sind, die anderen gelten, nicht ihm, der es doch gewohnt ist zu darben und sich in der Entsagung fast schon behaglich eingerichtet hatte. Er hat gelernt, Freuden skeptisch gegenüber zu stehen. Jetzt auf einmal soll er zugreifen, genießen -- und das ohne Zweifel, ohne an morgen zu denken, an die unvermeidliche Rückreise!

Zunächst gelingt es ihm nicht. Zu unwirklich scheinen all die Höhepunkte, zu fremd und ungewohnt, zu deutlich ist die Erinnerung an die Askese, das Grau der letzten Jahre, zu bewusst die Gewissheit, dass all diese Schönheit vergehen wird, oder, schlimmer noch, erhalten bleibt, doch nicht für ihn, sondern für andere strahlen wird.

Der Mann grübelt und grübelt. Dann atmet er einmal tief durch, streckt sich, reckt die Arme in den Himmel und seufzt, kaum hörbar: "Ist das geil."

Freitag, 19. August 2011

asiatische schweiz

Seit Favre am Niederrhein in Amt und Würden ist, macht Borussia wieder richtig Spaß. Das liegt zum einen an Favre selbst, der höchste Kompetenz mit knuffigem Sympathentum vereint wie wenig Trainer in der Bundesliga außer ihm. Es liegt aber auch an den Nebeneffekten, die der Schweizer Trainer nach Gladbach gebracht hat.

Da wäre zum einen die mit dem sensationellen Klassenerhalt zurückgewonnene mediale Aufmerksamkeit, die dazu führt, dass die Fohlenelf nicht mehr als ewiger Möchtegern und Running Gag in den "Was machen die ruinierten Traditionsklubs denn so"-Spalten der Zeitungen rangiert. Die Süddeutsche brachte letzten Samstag einen Artikel über Gladbach in ihrer Wochenendbeilage. Fast jedes Blatt widmet dem Saisonstart der Borussia eine längere Betrachtung. Und selbst Ekelblätter wie der Express nehmen rundum unterhaltsame Passagen in ihre Zeitung, etwa wenn Ewald "Ihr kennt meinen Spitznamen" Lienen zitiert wird: "Gladbach sollte man immer auf dem Zettel haben."

Ein anderer Effekt ist aber noch bemerkenswerter, wir wollen ihn den "Asiatische Schweiz"-Effekt nennen. Bekanntermaßen lurgen diverse Bundesligisten seit Jahren neidvoll zu anderen europäischen Klubs, die mittlerweile beachtliche Anteile ihrer Einnahmen im boomenden asiatischen Fan- und damit Marketingmarkt verdienen. Ein kleines Trainingslager hier, die Verpflichtung eines einschlägigen Nationalspielers dort -- prompt schnellen Trikotverkäufe, Fernseheinnahmen und was noch alles in Fernost in die Höhe. Ja, manche asiatische Zeitung stellt dann gar einen Korrespondenten ab, nur um einen Spieler auf Schritt und Tritt in der großen Bundesliga zu begleiten.

Den analogen Effekt erleben wir nun auch. Nur, dass sich die lokalpatriotischen Wilhelm Tell-Kinder in Gladbach tummeln, um immer informiert zu sein, was das Landeskind Favre so in der Bundesliga erlebt. Jede Woche überschlägt sich die Schweizer Presse mit stolzgeschwellter Brust, mittlerweile finden sich sogar in der ehrwürdigen Neuen Zürcher Zeitung lange Stücke über die Heldentaten des Lucien Favre. Und die sind allemal lesenswert. Denn bekanntlich ist nicht nur die NZZ eine großartige Zeitung, sie pflegt auch die liebenswerte Schweizer Spezialterminologie, die nicht von "Eckball" sondern von "Corner", nicht von "Elfmeter" sondern von "Penalty" (aber ja nicht englisch aussprechen, sondern schön brav "Penn-nalti", als wäre es eine Babycreme) spricht und vieles mehr.

So lernen wir aus der Vorberichterstattung zum heutigen Kick, dass Wolfsburg ein "von Coach Magath kreierter (und zusammengekaufter) Exploit" sei, Magaths Zeit auf Schalke wird treffend als "burleskes Intermezzo" charakterisiert. So witzig und fein sind selbst SZ und FAZ auf ihren Sportseiten nicht alle Tage. Allein, wenn es um Favres Borussia geht, wird man ganz ernst und mitfiebernd, wenn man angesichts zahlreicher Verletzungen und Brouwers' Sperre "Wunschelf ade" verkünden muss. Nicht nur Borussia, auch das Zeitungslesen macht dank Favre wieder Spaß.

Donnerstag, 18. August 2011

skadal, die zweite

Nicht nur in Köln gehen die Wogen derzeit hoch. Auch in Hoffenheim leistete man sich schon früh seinen ersten Saison-Skandal. Offenbar seit längerem schon wird die Fankurve der Auswärtsmannschaft dort zwar nicht mit einer Fäkal-Attacke, aber doch mit Akustik-Terror gestraft, wann immer Schmählieder gegen die Hoffenheimer und vor allem gegen ihren Mäzen Dietmar Hopp angestimmt werden.

Schon dieses Vorgehen an sich ist bemerkenswert. Auf unserem kleinen Familienblog waren wir noch nie Fans von dümmlichen Gesängen und Beleidgungen. Wer in Sinsheim ins Stadion geht und keine originelleren Ideen hat, als Hopp als Abkömmling einer Prostitutierten zu verunglimpfen, der kann einem nur leid tun. Es gäbe so viel, das sich wirklich zu beleidigen lohnt: Das absolut idiotische Vereinslied ("Hoffe, Hoffe, wir sind Hoffe") zum Beispiel, das eindeutig die erste Übung in Akustik-Terror war, bevor man nun konsequent gleich in die Tinnitus-Schublade gegriffen hat.

Wirklich stutzig machen jedoch die Kommentare, mit denen sich Verantwortliche aus Hoffenheim nun in den Medien äußern. Natürlich will bisher niemand etwas bemerkt haben, keiner wusste von der Aktion des angeblichen Einzeltäters. Nun bekundet Dietmar Hopp, er wäre "todunglücklich", wenn der Verantwortliche seinen Arbeitsplatz in Hoffenheim verlieren müsse. Schon vor zwei Tagen befand Hopp, man solle "ja nicht vergessen, dass das nur eine Reaktion auf eine jahrelange Aggression war. Und der Mann hat halt noch irgendwo ein Gerechtigkeitsgefühl."

Aus Sicht eines der reichsten Männer Deutschlands ist es also "gerecht", dass eine ganze Fankurve in Sippenhaft genommen wird, wenn eine Gruppe unschöne, aber doch durchaus stadionübliche Schmähgesänge anstimmt. Dass dabei auch Nicht-Sänger betroffen sind und sich dem Tinnitus-Terror nicht ohne weiteres entziehen können, ist offenbar ein Kollateralschaden, den man vernachlässigen kann. Mit solchen Aussagen bestätigt Hopp erst das schlechte Image, das zumindest wir bisher von ihm gar nicht hatten.

Mittwoch, 17. August 2011

skandal, die erste

Unsere liebsten Konkurrenten aus der Domstadt hatten einen derart desaströsen Saisonauftakt, dass man sich als Gladbachfan schon nach zwei Spieltagen Sorgen machen muss, ob wir auch 2012-13 noch auf 6 Punkte gegen den "F"C hoffen darf. Kein Wunder, dass da mit manchem Anhänger des Geißbock-Klubs schon früh in der Spielzeit die Nerven durchgehen. Was der Kölner Boulevard euphemistisch "Fäkal-Attacke" nennt, lässt einen staunen: "F"C-Fans haben beim letzten Spiel mit Scheiße um sich geschmissen. Als Kommentar zum Spiel wäre dies noch durchgegangen, als Attacke auf andere Fans ist es doch ein Niveau, das in der Bundesliga bisher kaum gesehen ward.
In der aktuellen amerikanischen Vanity Fair lässt sich eine Reportage über die deutsche Wirtschaft, vor allem aber über die deutsche Seele lesen ("It's the economy, Dummkopf!"), der eine Faszination für alles Anale zugeschrieben wird. Ich habe den Text für idiotisch gehalten. Aber vielleicht war der Autor auch einfach nur in Köln zur Recherche?

Dienstag, 16. August 2011

die nummer vier

"Kein Mensch, kein Tier - die Nummer Vier!" Dieser Ausruf aus seligen Manndeckungszeiten ist in Zeiten spätmodernen Fußballs wohl vergessen und selbst auf die unter Favre sichtlich modernisierte Borussia passt der Spruch nicht. Eine klassische "Nummer vier", einen Wadenbeißer wie einst Terrier Vogts haben wir nicht mehr. Oder besser: wir brauchen sie nicht mehr, seit unter Favre das Abwehrverhalten der Fohlen so systematisch eingeübt worden ist, dass man das eigene Team kaum wiedererkennen mag. Auch gegen Stuttgart war es vor allem die Verteidigung, die Gladbach weitgehend souverän beherrscht hat, so dass die mit immerhin 3 Toren in die Saison gestarteten Schwaben verdientermaßen mit einem Unentschieden zufrieden sein mussten. So hat der Gladbacher Saisonstart doch der Nummer Vier eine Bedeutung gegeben. Vier Punkte, vierter Platz. Hoffentlich heißt es Freitag Abend: Vier gewinnt!

Freitag, 12. August 2011

die schwaben kommen

Nach dem Traum-Schdard in d Saiso folgd morge gleich des nächschde schwere Schbil. Mid Schduddgard kommd dr Tabellenführr an den Niederrhoi, was no nur oim Schbieldag zwar no nedd saumäßich aussagekräfdich sai mag, abr ogsichds vom beoidruggende 3:0 auf Schalk durchaus für oi Mannschafd im Formhoch schbrichd. Gladbach hingege isch dobbeld gschwächd: Nedd nur Schdranzl fehld weiderhin, au dr Schüdze vom goldene Tors ge d Bajuware, d Camargo, fälld verledzd aus. So bleibd z hoffe, dess d Fohle drodzdem au ge d Schwabe so beherzd kämbfe und dakdisch klug schbiele, dess auf den Sieg in Münchet au z Hause oi Aufdakd no Maß folgd...

Die Übersetzung verdanken wir einmal mehr dem Schwobifyer der Uni Heidelberg.

Donnerstag, 11. August 2011

süddeutsche in news of the world-skandal verwickelt?

Normalerweise schreiben wir an dieser Stelle nur über Fußball. Das heißt: nur über VfLs. Doch wenn einer der Leuchttürme des Sportjournalismus, an denen auch wir uns orientieren, in den Sumpf eines dunklen Medienskandals einsinkt, dann können wir nicht schweigen -- selbst wenn es um so VfL-unwürdige Gestalten wie Michael Ballack geht und um so alberne Kasper wie Jogi Löw. In ihrer gestrigen Ausgabe hat die Süddeutsche Zeitung einen Mitschnitt von dem geheimnisumwitterten Gespräch zwischen Ballack und Löw veröffentlicht, in dem Löw seiner Meinung nach Ballack den Rücktritt nahelegte, Ballack wiederum nur verstand, er solle erst einmal wieder fit werden, dann sehe man weiter. Dass dieses Vier-Augen-Gespräch unter Männern von verbrecherischen Strukturen mitgeschnitten worden ist, ist an sich schon verachtenswert. Dass nun ausgerechnet die Süddeutsche es veröffentlicht, macht es zum Skandal, der sich in eine Reihe mit dem britischen News of the World-Skandal stellen lässt. Wir dokumentieren hier die ersten Sätze des Gesprächs, den vollen Text gibt es online bei der SZ.
Eine freundliche Trattoria, Löw und Ballack nehmen am hintersten Zweiertisch Platz.

Löw (freundlich): Micha, also erstmal höggschder Respekt, dass du gekommen bist.

Ballack: Ooch.

Löw (guckt auf Spickzettel): Ja, also, äh . . . Aber sag' doch erst mal: Wie war's im Urlaub?

Ballack: Aber wir haben doch erst im Juni Urlaub.

Löw: Stimmt, aber was ich sagen wollte: Du hast doch mitbekommen, dass wir jetzt viele jüngere Spieler haben und . . .

Ein Kellner kommt

Löw (erleichtert): Also, für mich ein Espresso, was nimmst du, Micha?

Ballack: Für mich ein Asbach Col . . ., nee: ein Wasser.

Löw: Jetzt sag' doch erstmal: Wie läuft's denn so in England?

Ballack: England? Bin doch jetzt in Leverkusen.

Löw (konzentriert sich): Ja, in Leverkusen. Also Micha, Du hast ja gesehen, dass der Bastian Schweinsteiger und der Sami Khedira bei der WM gut gespielt haben, und es ist jetzt so, dass ich die beiden im Moment einen Tick . . .

Mittwoch, 10. August 2011

kollektiver hans

Oliver Kahn schreibt jetzt einen Blog auf Yahoo. Konsorten wie Thomas Strunz treten in Talkshows auf und geben sich als Fußballexperten. Da erfrischt es, dass der BR unseren alten VfL-Haudegen Hans Meyer erwählt hat, um den ersten Spieltag in "Blickpunkt Sport" zu analysieren. Und unser neuer, alter Präside zeigt sich in Höchstform: Tadelt den BR-Moderator für einen Einspieler, der voyeuristisch Hoeneß' Mimik während des ganzen Spiels ausstellt, erinnert daran, dass noch vor knapp einem Jahr alle Welt vom Traumfußball unter van Gaal schwärmte, der heute nicht einmal mehr als Witzfigur recht taugt, entgegnet auf eine Frage nach der neuen Bedeutung vom "Team" im Fußball: "Früher in der DDR hat man Kollektiv gesagt, heute sagt man Team."

Das ist alles großer Sport und lohnt einen Blick in die BR-Mediathek.

Dienstag, 9. August 2011

der melancholische juan

Ja, klar, die Zeitung stirbt usw. usf. Wer will schon am Dienstag beim Frühstück einen Spielbericht über eine Partie lesen, die am Sonntag Nachmittag stattgefunden hat? In Zeiten des Internets -- lächerlich! Es sei denn, es ist ein Spielbericht wie der heutige der Süddeutschen, die sich - ungeachtet ihrer Münchner Provinienz - erfreulich ausführlich mit dem VfL befasst und nicht so tut, als habe der FC Bayern am Sonntag allein und nur gegen sich selbst gespielt. Da findet sich also diese kleine Miniatur, für die allein sich das Abo schon wieder auf Monate gelohnt hat:
Hinzu kommt einer wie Juan Arango, jener Venezolaner, der mit seiner schwer-melancholisch wirkenden Büßerhaltung seine Mitspieler in die Depression treiben kann, dessen technisches Vermögen aber enorm ist: Ausnahmsweise einmal nicht Bayerns Arjen Robben, sondern dieser traurige Arango hatte das eleganteste linke Füßchen auf dem Platz.

Sonntag, 7. August 2011

nein! (bzw. hurrah!)

Pünktlich zum Beginn der neuen Bundesligasaison sind auch wir wieder zur Stelle. Und mit was für einem Grün-Schwarz-Weißen Einstand können wir uns zurück melden! Gladbach gewinnt das erste Spiel. Auswärts. Gegen Bayern. (Den womöglich kommenden Meister.) Und dies zwar glücklich, so ehrlich muss man sein, aber auch nicht völlig unverdient angesichts eines kämpferisch und taktisch beeindruckenden und leidenschaftlichen Spiels.

Was soll man da sagen? Man möchte nur jubeln, "Hurrah!" schreien und in Choreomanie um den Couchtisch hüpfen. Das haben wir auch schon gemacht. Da wir ansonsten bekannt und gehasst für unsere antizyklische Art sind, sehen wir uns zugleich bemüßigt, den üblichen Verdächtigen in der Gladbacher Medien- wie in ausgesuchten Kreisen der Fanszene Folgendes ins Stammbuch zu schreiben:

1. Nein, Gladbach wird 2012 nicht deutscher Meister.
2. Nein, nach so einem Auftakt ist ein Euro-League-Platz nicht Pflicht.
3. Nein, in dieser Saison ist ein einstelliger Tabellenplatz keine Selbstverständlichkeit.
4. Nein, Lucien Favre ist kein Hexer (den man bei Erfolg verehrt und in ein paar Monaten womöglich verbrennen möchte).
5. Nein, wenn wir gegen Stuttgart zu Hause verlieren sollten, ist nicht alles hinfällig, was dieser Sieg heute angedeutet hat.

Was hören wir da? Ist eh alles klar? Sind wirklich neue, nachhaltige Zeiten in Gladbach angebrochen, in denen eine Mannschaft und ein Trainer sich gemeinsam entwickeln dürfen und man beiden dies auch zutrauen darf? Dann wollen wir nichts gesagt haben. Außer:

Hurrrrrrrrrraaaaaaaaaaaah!