Das war trostlos. Noch trostloser als vor drei Wochen beim 0:0 gegen Bukarest. Wie sich die Borussia im dritten UEFA-Pokal-Gruppenspiel gegen den FC Brügge verkauft hat, war nicht witzig, und niemand soll mehr sagen, die Mannschaft brauche Zeit. Wenn selbst einfachste Tugenden wie Lauf- und Kampfbereitschaft nicht mehr selbstverständlich sind, wenn Kurzpässe über fünf Meter in verlässlicher Regelmäßigkeit beim Gegner landen, dann muss einem Angst und Bange werden. Jupp Heynckes ist ein armer Mann, denn er weiß, wie es besser geht. Gestikuliert wild an der Außenlinie, will helfen, wo er kann. Allein: Was soll Heynckes tun, wenn ein Eugen Polanski in noch so tempoarmen Spielszenen seine Füße nicht koordiniert bekommt.
Mit der 0:2-Heimniederlage gegen die spielstarken Belgier ist die Borussia noch gut bedient. Das Sturmduo Ibrahim Salou und Bosko Balaban brachte die komplett überforderte Abwehr, besonders die Innenverteidigung um Bo Svensson und Zé Antonio, in hohe Not. Dass sie - manchmal - an Kasey Keller und - etwa minütlich - an sich selbst scheiterten, nannte Heynckes später "Glück, das uns offensichtlich noch nicht verlassen hat, sonst hätten wir heute sieben oder acht bekommen". Und lächelte halb zynisch, halb ungläubig. Brügge, aktuell Tabellendritter in der belgischen Liga, war auf allen Positionen überlegen. Besonders Sven Vermant, der Ex-Schalker, zeigte vor den Augen von Schalke-Manager Andy Müller eine sehr starke Leistung. Er unterstüzte die von Birger Maertens klug agierende - wenn auch chronisch unterforderte - Viererkette nach Kräften, und Vermant war es auch, der beide Tore des FC Brügge einleitete.
Vor dem 1:0 in der 14. Spielminute setzte Vermant sich in einem herrlichen Solo bis in den Gladbacher Strafraum durch, ehedem er von Thomas Helveg sehenswert von den Beinen getreten wurde. Helveg mühte sich bei dieser Aktion redlich, frühzeitig duschen zu dürfen, doch der polnische Schiedsrichter Robert Malek tat ihm nicht den Gefallen und zückte nur Gelb. Den fälligen Foulelfmeter verwandelte Balaban sicher.
Das 2:0 ließ nicht allzu lange auf sich warten. Der vor einigen Wochen ins kalte Bundesligawasser geworfene Marvin Compper komplettierte den Totalausfall der Gladbacher Defensive. Er verhinderte in der 27. Spielminute eine Flanke von Salou so trefflich, dass der Ball direkt auf den Kopf von Brügges Mittelfeldspieler Elrio van Heerden landete, der dankte und einköpfte.
Jupp Heynckes schüttelte seinen Kopf seitdem in rythmischem Tempo, das dem Spiel der Borussia wenigstens etwas Dynamik verlieh. Was sich "Akteure" wie Michael Delura und Peer Kluge während dieser 90 Minuten gedacht haben mögen, bleibt - Gott sei Dank - ihr Geheimnis. Heynckes' Donnerwetter in der Kabine jedenfalls hat ihnen ihre Behäbigkeit nicht genommen. Am Ende schüttelte Emilio Ferrero, der Trainer der Belgier, Jupp Heynckes die Hand und wünschte ihm aufrichtig Glück und Erfolg, "dass deine Spieler bald verstehen, was du von ihnen willst, damit ihr so Fußball spielt, wie man es von deinen Teams gewohnt ist". Heynckes selbst sprach von einem "Tiefpunkt", der jetzt erreicht sei, und drohte damit, "dass ich mich nicht ewig vor die Mannschaft stellen kann". Und weiter: "Ich erwarte jetzt eine Reaktion in München. Wenn die ausbleibt, dann brennt hier der Baum!"
Im UEFA-Pokal verloren ist für die Borussia indes noch nichts. Das nur von hochbezahlten Funktionären durchschaubare Qualifikations-Prozedere jedenfalls sieht vor, dass der VfL mit einem Sieg im letzten Gruppenspiel dennoch weiterkommen kann. Gegen wen? Gegen einen standesgemäßen Gegner. Bayer Leverkusen wartet am 14. Dezeber in der Bayarena. Nach dem SV Rossbach in der ersten DFB-Pokalrunde dürfte sich die Borussia ruhig mal wieder anschicken, ein Pokalspiel zu gewinnen. Ein Beispiel nehmen kann sich die Heynckes-Truppe einmal mehr am lila-weißen VfL. Osnabrück hat mit dem souveränen 5:0-Sieg am Dienstag im niedersächsischen Pokal gegen Wolfsburg II den Weg in die erste DFB-Pokalhauptrunde der kommenden Spielzeit geebnet.
Solange Eintracht Frankfurt im Europapokal mitspielt, ist für uns aus Prinzip auch die Borussia dabei. Alles andere wäre dem Ansehen des deutschen Fußballs im Ausland abträglich. Die Gruppenphase erreichte Gladbach, weil es in der ersten Runde ZSKA Sofia ausschaltete. Das erste richtige Spiel gegen Tottenham Hotspurs endete unentschieden 1:1. Anfang November spielte Gladbach in Rumänien bei Dinamo Bukarest 0:0.
Freitag, 1. Dezember 2006
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