Montag, 10. Juli 2006

empfehlung #31 und schluss: mehr licht!

30 Tage, eine ganze WM lang, haben wir nun unseren Lesern praktische Lebenshilfe gegeben, wie sie VfL-lose Tage erträglich gestalten können. Mal sollte Wein helfen, mal ein gutes Buch, mal sportliche Betätigung. Jetzt ist die WM vorbei, und auch wir hören mit unseren guten Ratschlägen auf und wenden uns den Mühen der Ebene zu, so wie es bald auch die Nationalmannschaft wieder tun muss, vor allem aber eben so, wie es unsere VfLs bereits jetzt in der Vorbereitung der nächsten Saison vormachen.

Das gute Leben, es führt über eine Straße namens VfL, soviel wissen unsere Leser ohnehin. Wer dennoch zum Abschluss unserer Empfehlungsorgie einmal mehr von unserem ausgesucht stilsicheren Geschmack profitieren will, dem sei zur Beschäftigung das unvergleichlich wunderbare Album "Lieder vom Ende des Kapitalismus" von Peter Licht empfohlen. Nach all dem Sportfreunde-Stiller-Tralala, dem spät-faschistoiden "Wer jetzt nicht geil drauf ist, ist ein Feind"-Geknödel eines Grönemeyer und dem triefenden Xavier Naidoo-Gehype sind sicherlich nur noch wenige Seelen in diesem Land zartfühlend genug, den Unterschied zwischen Scheiße und Musik auszumachen. Bei VfL-Fans haben wir Vertrauen.

Licht liefert zudem den perfekten Post-WM-Depressions-Bewältigungs-Song: Er heißt "Es bleibt uns der Wind" und singt trefflich vom Leben nach der großen Party: "Und was uns bleibt am Ende eines langen Abends, es bleibt, es bleibt, es bleibt, es bleibt uns der Wind." (Nicht zu vergessen die wunderbare Zeile: "Wer saufen kann, kann auch ausschlafen und den Tag in die Matratze drücken, bis ihm das Kissen an der Backe klebt." Womit wir wieder beim Lob des Ausschlafens wären.)

Auch darf man all den Schnarchnasen bei ARD, ZDF und RTL danken, dass sie ein perfektes Lied übersehen haben, mit dem sich jeder WM-Beitrag über die deutsche Nationalelf hätte unterlegen lassen, bis auch dieser tolle Song vom falschen Leben des deutschen Fernsehens zerstört worden wäre. So aber bleibt "Wir werden Siegen" unbefleckt, und man darf an schlechten Tagen durch die Straßen latschen und ihn still im Kopf singen voll Hoffnung, dass wir "mindestens siegen".

Es gibt auf diesem Album kaum ein Stück, das einem nicht auf die eine oder andere Art bezaubern kann. Das "Lied vom Ende des Kapitalismus" lässt sich nicht auf die Frage nach einer Alternative zu unserem deprimierenden Wirtschaftssystem ein, sondern singt einfach aus einer künftigen besseren Welt: "Hast Du schon, hast Du schon gehört, das ist das Ende. Das Ende vom Kapitalismus, jetzt ist er endlich vorbei." Wenn dann der Chor einstimmt "Vorbei, vorbei, vorbei, vorbei. Jetzt ist er endlich vorbei", wer möchte da nicht befreit einstimmen: "Der Kapitalismus, der alte Schlawiner ist uns lang genug auf der Tasche gelegen."

Kurzum: Dieses Album sollte man sich nicht entgehen lassen. Und sicherheitshalber auch mit dem Ankauf nicht zu lange zögern, sondern noch in diesem Leben zugreifen und genießen. Denn wahrscheinlich hat Licht recht, wenn er Konstruktivisten und Workaholics gleichermaßen ins Stammbuch schreibt: "Letztes Leuchtfeuer: Was Du nicht kannst, ist mehrere Leben führen, auf mehrere Schiffe gehen. Und das schenkt uns die treue Realität. Der Rest ist Hobby."

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