Donnerstag, 15. November 2007

betr.: uli hoeneß

"Das wird einem doch abgewöhnt", antwortet Felix Magath im
11 Freunde-Interview auf die Frage, wann er mal richtig ausflippe. "Der Trainer darf heute keine negativen Emotionen in der Öffentlichkeit zeigen. [...] Wenn dann ein Kraftausdruck fällt, wird sofort von den Medien die Moralkeule geschwungen."
Wie recht er hat, sieht man dieser Tage, denn die Moralkeule schwingt und schwingt und schwingt. Zwar ist Uli Hoeneß nicht Trainer, sondern Manager, trotzdem gilt der von Magath treffend erkannte Mechanismus auch für ihn.

Die Hoeneß'sche Brandrede war wunderbar, hatte Witz, war höchst unterhaltsam und traf völlig der Kern. Auch ist davon auszugehen, dass Hoeneß klug genug ist, den Sturm, der jetzt über ihn hereinbricht, leicht amüsiert ertragen zu können. Ähnlich wie José Mourinho hat auch Hoeneß die wunderbare Gabe, erst richtig auszuteilen und dann beim Einstecken sich selbst und die Aufregung der anderen zu belächeln. Und ja: Das alles macht ihn zu einem Typen. Man muss nicht Kleingeist sein, um ihn dafür als arrogant misszuverstehen, das passiert auch Leuten, die sonst recht klug sind.

"Das ist eine populistische Scheiße!" Jemandem, der diesen Satz seinen eigenen Leuten sagt, müsste man eigentlich einen Preis verleihen. Viel zu selten wird in Deutschland Klartext gesprochen. Wer sagt, was er denkt, ist der Dumme, nicht der Held. Anders wäre alles viel unterhaltsamer.
Hans-Christian Ströbele, als der Bundestag über den Kriegseinsatz im Kosovo abstimmt, zu seinem grünen Außenminister: "Das ist eine populistische Scheiße!"
Michael Ballack, als die Nationalmannschaft berät, nach dem gewonnenen Spiel den 3. Platz bei der WM noch nach Berlin zum Feiern zu fahren: "Das ist eine populistische Scheiße!"
Josef Ackermann zu einigen FDP-Abgeordneten, die ihn für sein unverschämtes Gehalt kritisieren: "Das ist eine populistische Scheiße!"
Allesamt wären das große Worte gewesen!

Nun bleiben sie Uli Hoeneß vorbehalten, und das ist eigentlich standesgemäß. Man muss ihn nicht mögen und man muss die Bayern nicht mögen, man muss auch nicht - wie ich - mögen, welche Worte er für seine Schelte wählte, aber man darf durchaus schätzen, dass Uli Hoeneß kein Blatt vor den Mund nimmt - ob es um fremde oder die eigenen Leute geht. Und man muss feststellen, dass Hoeneß nie ganz ohne Grund lospoltert. Auch neuerdings steht eines außer Frage: Hoeneß hat mit allem, was er sagt, recht.
Zu WM-Zeiten war in der Münchener Arena die Stimmung spitze, obwohl das Verhältnis Logengäste zu kleinem Mann so war wie heute bei den Bayern-Heimspielen; vermutlich saß gar auch auf den normalen Plätzen noch eine Menge Business-Publikum mehr. Wenn nun bei Bayern-Auftritten keine rechte Stimmung aufkommen will, gibt es dafür unter anderem einige tausend Gründe, die 7 Euro für ihr Ticket ausgegeben haben.

Schätzen wir uns glücklich, dass unsere VfLs zusammen mit ihren Fans immer für eine tolle Kulisse sorgen. Und sparen wir uns, was diesen Hoeneß-Streit angeht, bitte die künstlich reanimierte Debatte über Tradition und Kommerz im deutschen Fußball, sparen wir sie uns für Anlässe, bei denen es lohnt, darüber zu streiten. Freuen wir uns lieber mit Uli Hoeneß, dass er wieder einen aus dem Hut gezaubert hat, denn derlei Hüte passen nur noch wenigen im Fußballgeschäft.

(Achja: Wer anderer Meinung ist, möge schweigen und kicker lesen oder Bild der Frau. Denn es kann nicht sein, dass wir dafür kritisiert werden, dass wir uns hier den Arsch aufreißen.)

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