Mittwoch, 23. Mai 2007

seitenwechsel #32

Schillernde Juwelen sind rar - deshalb sollte man sie von vielen Seiten beschauen und staunen. Seit 1997 bereits beobachtet Seitenwahl für seine Leser das Gladbacher Geschehen, 2004 gesellte sich der VfLog dazu. Zu Saisonbeginn haben Seitenwahl und VfLog einen Briefwechsel begonnen, um den Blick zu weiten.
Diese Woche ist Mike wieder da und hat für den 32. Schriftsatz gleich einmal vorgelegt; seinen Brief lest Ihr unten. Maiks Antwort steht wie gewohnt bei
Seitenwahl. Darin berichtet er nicht zuletzt von seinem Lebenstraum, den er Gerard Depardieu abgeschaut hat.

Meine lieben Freunde,

wie ich lesen konnte, habt Ihr Euch mit meinem geschätzten Kollegen Christoph Clausen blendend austauschen können. Doch Eure Warnung, ich könne mich warm anziehen, lässt mich - um im Bild zu bleiben - kalt. Dass Euch der Kollege Clausen als promovierter Literaturwissenschaftler per definitionem mit einer bildhaften Sprache und klugen Zitaten begegnet, überrascht mich nicht. Da kann ich als einfacher Journalist nicht mithalten, meine Zitate beziehe ich ausschließlich über entsprechende Duden. Dennoch vielen Dank für Eure Grüße in den Urlaub, der in der Tat erholsam war. Ich habe Thüringen und Sachsen-Anhalt bereist, war in Naumburg an der Saale, Leipzig und Weimar, eine wahrlich beeindruckende Stadt. Im Goethehaus konnte ich meiner Sammlung Kaffeetassen ein weiteres Exemplar hinzufügen, doch dazu später mehr.

Denn genug der Belanglosigkeiten! Die Saison 2006/07 scheint sich zur völligen Katastrophe zu entwickeln, da der Aufstieg des VfL Osnabrück dem im Fußball viel zu oft bemühten Wunder gleichkäme, und heute vernahm ich zusätzlich, dass der 1.FC Köln Interesse am besten Stürmer des VfL hat: Addy Waku-Menga.
Die Saison"leistung" Borussias hingegen bedarf kaum großer Worte, kluge und weniger kluge Fazite werden landauf, landab bereits in ausreichender Stückzahl produziert, viel Neues wird man indes nicht lesen. Heynckes ist schuld, Pander ist schuld, Königs ist schuld, Luhukay immerhin ein bißchen schuld, nur die Herren Profis kommen wie immer zu gut weg.

Ist es da ein zynischer Wink des Fußballgottes, dass am kommenden Samstag der Nicht-Aufstieg Osnabrücks im BorussiaPark besiegelt werden könnte? Dem Ort, der spätestens seit dieser Saison für den Inbegriff des Scheiterns steht, für Niederlagen, seelenlose Auftritte und durchschnittliches Essen im Presseraum?
Glaubt man den Fans Borussias, und das tun wir, ist vielen die Liebe zur Borussia abhanden gekommen. Denn eigentlich ist der harte Kern nicht der Kategorie "Erfolgsfan" zuzuordnen. In Mönchengladbach ist man Niederlagen gewöhnt, auch bittere Niederlagen. Das war schon zu Fohlenzeiten so. Aber man verlor früher schöner, ja, man starb fast in Schönheit. Es war immer dieser entscheidende Unterschied zum kühlen Ergebnisfußball der Münchener Bayern, der bis heute das Sinnbild Borussias sein sollte und immer noch der Grund für die besondere Rivalität der ehemaligen Konkurrenten auf Augenhöhe ist. Eine Tatsache, die heute, fernab von Marken, Modefans und Merchandising, von vielen jungen Fans nicht mehr verstanden wird. Wenn jedoch Liebe und Leidenschaft verloren gehen, ist es fünf vor zwölf.

Als ich heute auf Borussias offizielle Vereinshomepage surfte, blickte ich auf ein Pop-up-Fenster, das mir entgegensprang. Für eine Partnervermittlung wurde dort geworben, es hieß: "Meetic - Eine Chance zum Verlieben". Angesichts der soeben von mir aufgeführten geschundenen Seele der Fans ist eine solche Werbung fast schon zynisch. Doch, und damit komme ich auf meine Kaffeetasse aus Weimar zurück, gibt es diese Tage, an denen solche Dinge ein Gesamtbild ergeben, so, als ob der Fußballgott uns etwas mitteilen wollte. Denn während ich "Eine Chance zum Verlieben" las, nippte ich an meinem Kaffee und las das - genau - Zitat Goethes, das in schwungvollen Lettern auf der Tasse verewigt ist:

"Freudvoll und leidvoll,
gedankenvoll sein,
Hangen und Bangen
in schwungvoller Sein.
Himmelhoch jauchzend
zum Tode betrübt,
glücklich allein
ist die Seele, die liebt."

Nein, diesmal ist es nicht der "Faust", der hier Pate stand, es ist "Ein deutsches Trauerspiel".
Es grüßt
Mike

P.S.: Wenn Ihr die Biographie Gospodareks auswendig lernen wollt, tut dies bei uns!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Mahlzeit!

Ich verfolge diesen blog bereits seit geraumer Zeit & muss konstatieren:

Ihr trefft meine Raute im Herzen - in den Nerv. Macht weiter so (auch wenn´s Schmerzen bereitet).

In tiefer Verbundenheit,
Paulchen aus Hannover