Mittwoch, 2. Mai 2007

seitenwechsel #29

Schillernde Juwelen sind rar - deshalb sollte man sie von vielen Seiten beschauen und staunen. Seit 1997 bereits beobachtet Seitenwahl für seine Leser das Gladbacher Geschehen, 2004 gesellte sich der VfLog dazu. Zu Saisonbeginn haben Seitenwahl und VfLog einen Briefwechsel begonnen, um den Blick zu weiten. Diese Woche hat zur Abwechslung einmal wieder Martin den ersten Brief geschrieben, seine Vorlage steht bei Seitenwahl. Mikes abgeklärt souveräne Antwort hier.


Lieber Martin,

das Betrachten der Champions League bereitet mir seit jeher keine Kopfschmerzen oder treibt mir gar sehnsüchtige Gedanken in den Kopf. So euphorisch ich manchmal bin: den Verstand habe ich nicht völlig verloren.
Sind schon 17 Mannschaften in der aktuellen Saison besser als unser Mönchengladbach, wie groß ist dann die Welt zwischen Borussia und Manchester United? Bevor Borussia die Champions League gewinnt, hat einer von uns beiden den Pulitzer-Preis gewonnen. Doch es ehrt Dich und Deine positive Einstellung, dass Du just in der Woche, in der Gladbachs Abstieg besiegelt wurde, das Champions League-Finale unserer VfL forderst. Den Optimisten gehört das Land! Solange weder der VfL Borussia noch der aus Osnabrück einst so enden wie der besagte Ex-Kanzler...

Du möchtest nacht vorne schauen? Nun, noch wurde kein Transfer vermeldet, weder bei den Ab-, noch bei den Zugängen. Insofern ähnelt ein Ausblick am heutigen Tage dem berühmten Blick in die Glaskugel. Nichts Genaues weiß man nicht, um wie Du in der Fußballersprache zu bleiben, oder, um mit Schillers Johanna, der Jungfrau von Orleans, zu sprechen: "Nichts von Verträgen!
Nichts von Übergabe!" Eines steht jedoch fest: die Jagd auf Präsident Königs wird weitergehen. Die Meute ist nach den Köpfen von Köppel, Heynckes und Pander noch nicht satt. Entweder Königs´ Kopf rollt sofort, oder man opfert gar Jos Luhukay. Der Zweck heiligt die Mittel, wie Du weißt. Ganz speziell in Mönchengladbach. Eines jedoch vergisst die Meute. Sie hat sich durch ihr Verhalten dem ihres nächsten Opfers schon mehr genähert, als es ihr lieb ist.

Natürlich beinhaltet der Gang in die 2. Liga auch die Möglichkeit des Selbstreinigungsprozesses, den viele schon seit Jahren postulieren. Doch, sind wir mal ehrlich! Ein Verein wie Borussia Mönchengladbach ist einfach nicht in der Lage, zwei oder drei Jahre Anlauf zu nehmen, um dann runderneuert den Wiederaufstieg anzugehen. Borussia wird in der nächsten Saison vom ersten Tag an der große Favorit sein. Mannschaften wie Wehen, Augsburg oder Koblenz reiben sich schon die Hände (inkl. des jeweiligen Schatzmeisters), um der "großen" Borussia eins auswischen zu können.
Außerdem impliziert die angestrebte Runderneuerung eine Logik, nach der ein solcher Weg planbar wäre. Nicht nur der 1.FC Köln merkt zurzeit, dass zu einer Runderneuerung mehr gehört, als das bloße Austauschen von Namen. Nein, der direkte Wiederaufstieg muss das Ziel sein. Solange man in Mönchengladbach realistisch bleibt und an einem Strang zieht, sollte ein Chaos, wie es zurzeit in Köln herrscht, zu vermeiden sein. Hans-Jürgen Görler, der geistige Vater von SEITENWAHL, schrieb, angesprochen auf die Ähnlichkeit Borussias mit dem 1. FC Köln, vor einigen Tagen einen klugen
Satz: "Wenn Du heute einem Gladbacher erzählst, dass der Aufstieg in zwei Jahren gelingt und sechs Jahre später der Einzug in den UEFA-Cup, freut der sich ein Loch in den Bauch und beantragt gleich acht Dauerkarten im Voraus.
Der FC-Fan würde bei solch einer Info sofort seine Mitgliedschaft kündigen."

In einer Sache sind sich wohl alle einig: Borussia muss wieder Spaß machen, Leidenschaft entfachen, ein Club zum Anfassen und zum Mitfiebern werden.
Denn nur dann werden schon bald wieder Spieler und Fans vor dem BorussiaPark stehen, am Zaun rütteln und rufen: "Ich will hier rein!". In dieser Saison standen zu viele der Herren Profis gedanklich auf der anderen Seite des Zaunes und riefen: "Ich will hier raus!".

In diesem Sinne
Mike

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