Der vierte Teil des VfLog-Interviews mit VfL-Coach Claus-Dieter Wollitz. (Teil 1 | Teil 2 | Teil 3)
Im ersten Saisonspiel geht es gegen Düsseldorf. Was für eine Mannschaft werden wir da erleben?
Ich werde meiner Linie, was das Offensivspiel betrifft, treu bleiben. Fußball muss nach vorne gespielt werden. Sowieso finde ich, dass die Leute das verdient haben: Spektakel. Spektakel im gegnerischen Strafraum. Ich glaube, was die erzielten Tore betrifft, sind wir da seit zwei Jahren über dem Schnitt. Aber ich muss die Mischung finden. Die Spieler, die nach vorne spielen, die müssen auch bereit sein, nach hinten zu arbeiten, sonst geht es nicht. Das gilt es jetzt zu finden. Dabei sind mir Namen egal. Es muss einfach passen. Und diese Mannschaft wird dann am 9. August um 19.30 Uhr gegen Düsseldorf auflaufen und hoffentlich eine erfolgreiche Saison einläuten.
Viele Neuzugänge sind zum VfL gekommen. Lassen Sie uns nur auf einen näher eingehen: Daniel Chitsulo, der offensichtlich auch beim FC St. Pauli im Gespräch war. Sie haben gesagt, der sei nach Osbabrück gekommen, weil er hier mehr gemeinsame Entwicklungschancen habe. Warum sind die in Osnabrück besser als in St. Pauli?
Das ist eine sehr, sehr gute Frage. Wenn man die letzten zwei Jahre zugrunde legt und die Statistiken sieht, wieviele junge Spieler hier zum Einsatz gekommen sind – Flottmann, Heider, Bernhardt, Schäfer, Kügler, Koch –, die konnten sich ja hier entwickeln. Ich setze auf junge Spieler, die eine gewisse Dynamik haben, die so eine gewisse Reife noch nicht besitzen und die mit Lust und Liebe jeden Tag zum Training kommen. Die wollen sich verbessern. Diesen Daniel Chitsulo, den beobachte ich schon seit dreieinhalb Jahren in Köln. Der ist sehr klein, hat aber ein unglaubliches Timing zum Kopfballspiel, ist unglaublich variabel, kann links spielen, kann rechts spielen, kann als Stoßstürmer spielen, kann hinter dem Stoßstürmer spielen und hat eine Schnelligkeit, die sehr wichtig ist. In den Gesprächen hat er uns immer das Gefühl gegeben: "Bitte nehmt mich doch. Ich möchte nicht nach St. Pauli oder nach Darmstadt!" Weil er natürlich auch sieht: Wenn er zum Spielen kommt, in einem tollen Verein, in einem tollen Stadion, dann kann er sich weiterempfehlen. St. Pauli ist auch ein toller Kult-Klub, aber ich glaube, dort hätte er nicht so viele Spielchancen bekommen wie hier. Darauf setzt er, und sowas fördere ich. Das ist genauso wie bei Aziz. Der ist 20 Jahre. Da fragt sich jeder: Wie kann der nach Osnabrück wechseln? Der hat 16 Tore in der Oberliga gemacht und 28 oder 29 vorbereitet – ein wirklich sehr, sehr guter Vorbereiter, ein richtig guter Linksfuß. Der kommt, weil wir uns schon seit September um den gekümmert haben. Oder Ndjeng, 25 Jahre, hat in der 2. Liga eine wirklich gute Serie gespielt, sich richtig gut entwickelt. Den wollten wir ja schon vor eineinhalb Jahren haben. Und die Spieler haben dann auch in den Gesprächen gemerkt: Die wollen in Osnabrück was aufbauen, da kann man unter positivem Druck Fußball spielen, sich weiterentwicklen und sich weiterempfehlen.
Wenn die Mannschaft sich draußen vor dem Spiel warm läuft, dann ist der Trainer nie dabei. Was machen Sie eigentlich so kurz vorm Spiel?
Das ist ein gewisses Ritual, mit dem ich in Krefeld angefangen habe. Damals spielten wir das erste Meisterschaftsspiel gegen Holstein Kiel. Ich bekam vom Betreuer die Aufstellung von Kiel. Da ich die in der Vorbereitung schon mehrfach beobachtet hatte, bin ich dann alle möglichen Eventualitäten durchgegangen: Was passiert, wenn der oder der eingewechselt wird? Was passiert bei diesem oder jenem Ergebnis? Und das habe ich dann auf mehrere Taktik-Zettel geschrieben, wie ich dann reagieren werde, damit ich in der Situation nicht lange überlegen muss. Das hat letztlich so viel Zeit eingenommen, dass die Spieler schon wieder reinkamen, als ich gerade damit fertig war. Seitdem gehe ich nicht mehr raus. Sicher auch, weil ich kein Trainer bin, der beim Warmmachen nochmal zu jedem Spieler hingeht, mit ihm redet, spüren will, ob er denn wirklich voller Leidenschaft ist, genug Spannung hat, um gut Fußball zu spielen. Damit würde ich die nur verrückt machen. Ich möchte die alleine lassen. Sie sollen sich so warm machen, wie sie das meinen. Damit bin eigentlich bisher gut gefahren. Sich da draußen hinzustellen und zu gucken, ob der eine drei Sprints oder vier Sprints macht, ich glaube das ist es nicht.
Wie immer in VfLog-Interviews sind Sie nun aufgerufen, einige kurze Satzanfänge zu beenden. Wir beginnen einfach!
11. Fußball ist...
...die schönste Nebengeschichte der Welt.
10. Nur in Osnabrück...
...(denkt nach, wiederholt "Nur in Osnabrück") muss ich erstmal schieben, darauf antworte ich gleich.
9. Manchmal beneide ich Arminia Bielefeld um...
...ich beneide keinen Verein, und ich beneide auch keine Menschen.
8. Am meisten gelitten habe ich in den letzten Jahren, als...
...ich leide nicht, weil ich mir das alles selbst ausgesucht habe. Ich bin manchmal enttäuscht über gewisse Sachen, die passieren, aber leiden tue ich nicht.
7. Am meisten gefreut habe ich mich...
...(denkt lange nach) dass Klinsmann jetzt den Erfolg hatte, den er sich gewünscht hat, den er sich hart erarbeitet hat und dass viele sich jetzt in den Allerwertesten beißen müssen, die ihn kritisiert haben. Das war nicht unter der Gürtellinie, sondern noch viel tiefer.
6. Meine am meisten unterschätzte Eigenschaft...
...ich weiß nicht, wer was bei mir unterschätzt. Was mich ein bißchen ärgert, ist eben, dass viele meinen, dass ich nur ein Motivator bin. Motivation gehört zum Job, klar. Ich glaube aber, dass die Leute, die sehr eng mir mir arbeiten, auch sehen, dass ich sehr akribisch bin und sehr gewissenhaft und immer top vorbreitet, sowohl auf das Training als auch auf den Gegner.
5. Wenn ich Freunde zu mir einlade, koche ich am liebsten...
...ich kann leider nicht kochen, ich bin dann für den Wein zuständig. Ich glaube, davon ein bißchen zu verstehen. Das Kochen überlasse ich meiner Frau, was sie sehr, sehr gut macht.
4. Mit Borussia Mönchengladbach verbinde ich...
...nicht viel, freue mich aber trotzdem, dass Jupp Heynckes dort Trainer geworden ist. Obwohl ich die Arbeit von Horst Köppel, also das, was ich aus der Ferne beobachtet habe, sehr geschätzt habe. Er hat die beste Saison nach dem Aufstieg gespielt, und damit hätte man ein bißchen fairer umgehen können. Aber Heynckes ist ein Fachmann. Ich glaube, dass er Osnabr… ääh Borussia Mönchengladbach ein bißchen weiter nach oben führen kann. In Gladbach - mit dem auch sensationellen Publikum, dem fantastischen neuen Stadion, dem fantastischen Umfeld und mit der Tradition - ist das der richtige Mann am richtigen Ort.
3. Der VfLog darf sich künftig mit meinem Zitat schmücken, dass...
...ich ein sehr netter Gesprächspartner war. (grinst)
2. In 10 Jahren ist Osnabrück...
...ja, dann hoffentlich da, wo die Leute den Verein gerne sehen würden.
1. In 10 Jahren bin ich...
...also, ich gucke jetzt auf die Saison 2006/2007, und da bin ich aktuell Trainer vom VfL Osnabrück.
Jetzt müssen wir die geschobene Frage 10 noch nachholen: Nur in Osnabrück...
...(denkt wieder lange nach, raunt "is ’ne schwierige Frage", wiederholt nochmal "Nur in Osnabrück...", lacht, zetert) Was ich auch sage, werde ich dann natürlich auch immer eingeschenkt bekommen in den nächsten Jahren. ‚Da hat er das gesagt, und so hat er das gesagt.’ Da muss man ja vorsichtig sein heutzutage, und ääh... (zetert weiter, "Nur in Osnabrück...") Ist für mich jetzt echt schwierig zu beantworten, muss ich ehrlich sagen. Tut mir leid.
Auch kein Problem. Herr Wollitz, vielen Dank für das Gespräch.
Mittwoch, 19. Juli 2006
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1 Kommentar:
lol @ dass Ihr das Zitat tatsächlich nutzt...
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