Dienstag, 19. Mai 2009

schritt nach vorn, blick zurück

Ob die alten Zeiten in Erinnerung bleiben? Das ist keine simple Frage. Das ist für jeden Melancholiker existenziell. Glücklicherweise dürfen die Gespräche und Erfahrungen mit alten Menschen, Omas und Opas, hoffen machen. Was lange zurückliegt, wird offenbar nicht von neuen neuronalen Verknüpfungen versperrt, im Gegenteil: Die jüngere Vergangenheit scheint zuerst hintan gestellt zu werden. Es lohnt sich sehr zu wünschen, dass das zutrifft.
Seit der Abend begann, laufen hier Platten aus vergangenen Zeiten. Sie befördern so manches vergessen Geglaubte zutage. Wie oft hat man nicht zu jener Musik schon dies gemacht und zu dieser das. Und mit wem erst! Was für ein traurig-wunderbarer Abend.

Jeder, der etwas von Fußball versteht und also einem Traditionsklub anhängt, einem VfL, einem der beiden einzig denkbaren VfLs, hat dieses Problem in gesteigertem Maß: Die guten, alten Zeiten kommen nicht wieder, sie sind aber jede Erinnerung wert. Dieses Dilemma ist nicht auszuschalten. Manchmal könnte man wünschen, mit diesem Schwelgen einfach nicht mehr aufzuhören, unmerklich darin zu verweilen bis in alle Ewigkeit. In der Vergangenheit leben, nennen das abschätzig die Undankbaren, die nie das Glück des wohligen Zurückdenkens erfahren durften, das unschätzbare. Die Gewissheit, dass das Beste immer schon vergangen ist, geht mit dem Erinnern einher, das ist nun mal so; es gibt nichts absolut Gutes in Gegenwart und Zukunft. (Was gut ist, wie sollte man sich sonst daran erinnern?)

Die Dümmlichen, die ungebremst im Hier und Jetzt stehen und sich klug wähnen, stets nach vorn zu sehen, unterstellen auch gern, die finsteren Zeiten würden ausgeblendet im Rückblick, sie zeihen den Erinnernden unehrlich. Dabei ist die Rückschau nicht immer ungetrübt, auch Tiefschläge sind erinnernswert. Am 28. Oktober 1988 etwa das 0:0 gegen Homburg. Wie kommt man jetzt gerade auf dieses jämmerliche schlimme Spiel? Und wieso ahnte man damals noch nicht, wie schön es sein würde, dem Spektakel 19 Jahre später nachzusinnen. Oder, gar nicht so lange her, am 14. September 2004 das 1:2 gegen Dortmund II; ich habe es mit meinem Bruder im Stadion Rote Erde gesehen. Schön war das.
Zu selten sitzt man nur da und denkt nach, was schon so war. Es war nämlich schon eine ganze Menge.

Unser kleiner Familienblog darf es sich gottlob auch in der alles entscheidenden Saisonschlussphase leisten, nur an sich zu denken und an keinen unserer Leser. Egoismus, friedlich und ohne dass jemand darunter litte, gibt es schließlich nur noch allzu selten. Denen, die trotzdem bis hierher durchgehalten, sei gesagt: Es ist wünschenswert und dann allemal tröstlich, noch irgendwann in vielen Jahren zu wissen, wie das alles war, damals vor dem großen Spiel in Duisburg, das gewonnen werden musste. Zumal wir dann auch wissen werden, wie es ausgegangen ist.

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