Liebe Freunde der Leibesübungen,
verzeiht, ich bin einen Tag später dran als gewöhnlich, aber was hier oben im Fußballhimmel los war, könnt ihr euch nicht vorstellen. Irgend einer meiner Pappenheimer von Engeln hat sich kurz vor Weihnachten klammheimlich eine neue Versandoption für mein Demagogen-Shirt ausgedacht. "Lieferung garantiert bis zum Heiligen Abend", stand da auf einmal auf dem Bestellschein. Nicht genug, dass ich seit Tagen ununterbrochen Shirts nähe, nein: Jetzt musste ich auch noch bei der Auslieferung mit anpacken. Das Deluxe-Paket mit beflockter Rückennummer 20 und dem Spielernamen "Theo" habe ich vorgestern Abend höchstselbst in die Otto-Fleck-Schneise nach Frankfurt gebracht. Dabei hab ich mich schlimm erkältet. Gestern war deshalb an Schreiben nicht zu denken. Sorry nochmal, doch ich habe euch ganz bestimmt nicht vergessen.
Das war wieder ein Jahr für die VfLs, was?! Und ich kann verstehen, dass ihr viele Fragen habt. Meine Gnade und Güte mag Euch manchmal verborgen bleiben, doch seid gewiss: Ihr seid mein A und O. Der Reihe nach:
Willi. Er sitzt noch immer bei Wasser und Brot in seiner Zelle im Frankfurter Westend, dieser Tage jämmerlicher denn je, so ganz ohne Fußball und deshalb auch ohne öffentliche Aufmerksamkeit. Die Spendenmoral der Deutschen lässt zu Weihnachten alle Jahre wieder zu wünschen übrig. Alles geht an arme Kinder im Ausland, an Willi denkt niemand. Armer Tropf, das stimmt. Warum ich nichts tue? Liebe Freunde, verkennt nicht, dass ich tue, was ich kann. Vergesst nicht, dass ich der war, der ich gewesen sein wollte, als ich durch Euch vor einem Jahr die "Free Willi"-Bewegung auf den Weg brachte. Seitdem haben wir viel erreicht, auch wenn die Despoten der Fußball- und Leibesübungen (DFL) nicht locker lassen und Willi nach wie vor malträtieren. Wir müssen weiter kämpfen. Einfach in Frankfurt einmarschieren und alles platt machen, das ist meine Sache nicht. Steht mit mir auf und protestiert! Das ist unsere Wahl!
Jürgen, der Dorfverein, die EM. Manchmal sitze auch ich einfach nur auf meinem Thron, tendel ein bisschen mit meinem alten Azteca rum und amüsiere mich. Etwa wenn hochbegabte Übungsleiter wie Falko Götz wahrhaftig wieder einen nächsten Job bekommen, oder wenn der FC Bayern in Ermangelung meiner selbst einen eigenen vermeintlichen Fußballgott einkauft. Wenn sich der Transfer als weniger segensreich entpuppt als geplant, haben die Bayern glücklicherweise genug Geld, um diese Sünde mit dem ein oder andere Ablasshandel auszulöschen und Qualität nachzuverpflichten. Liebe Borussen, nehmt euch dieses goldene Kalb nicht zum Beispiel. Vertraut auf meine Kraft, das ist recht und billiger! Es schmerzt mich, das sagen zu müssen, aber nehmt euch doch ein Beispiel an dieser Mannschaft aus Haffenholm, diesem kleinen gallischen Dorf, das den Großen Paroli bietet. Dafür braucht man kein Geld, dafür reicht Leidenschaft und Engagement. Kennt Ihr diese Tugenden noch in Gladbach?
Im Sommer jedenfalls kanntet ihr sie noch. Damals, erinnert Ihr Euch, war die Borussia gerade aufgestiegen und hatte einen tollen Trainer, und auch der andere VfL sonnte sich glückselig im Erfolg. Das war schön im Sommer, so sorgenfrei, dass ich meinen ganzen Jahresurlaub auf einmal genommen habe. Ich war in Spanien, trank Rotwein in Massen und weinte vor Freude, wie damals am siebten Tage, als ich ruhte, nachdem ich am sechsten die beiden VfLs geschaffen hatte. Ich war so zufrieden, dass ich den Spaniern keinen Wunsch abschlagen konnte.
Die beiden VfLs. Ihr wart artig und sehr fromm, im ersten halben Jahr 2008! Nichts machte mich so stolz wie euch Wochenende für Wochenende zuzuschauen. Die Borussia stürmte von Sieg zu Sieg und war schneller am Ziel, als selbst ich es für möglich gehalten hatte. Und der andere VfL machte mich verlegen, so groß war das Opfer, das die Osnabrücker mir brachten. Bis zum letzten Spieltag ließen sie sich Zeit für den ganz großen Sieg. So süß war das, dass ich aus dem Bauch heraus entschied, mit Pele auf dem Balkon den Fans zuzujubeln. (Der Mann rechts auf dem zweiten Bild im, hüstel, rosa Hemd!) Ihr seid mir welche!
Und aktuell? Osnabrück ist mir nach wie vor eine helle Freude, doch Ihr Borussen, Ihr armen Tore, macht mir Kummer. Was veranstaltet Ihr bloß für Götzentänze? Für nichts und wieder nichts? Was mögt Ihr damit bezwecken? Ihr macht mich glauben, es sei Euch ernst mit Eurer Abkehr vom Guten und Richtigen. Ihr macht mich glauben, Ihr verleugnetet mich, doch ich weiß, Ihr werdet künden bald, dass Ihr irrtet. Meine Arme lassen Euch nie los. Dies wird sein in einem halben Jahr: Ich werde Euch den kleinen Finger reichen in der 2. Liga und Euch von Herzen wünschen, Ihr nähmt die ganze Hand.
Vergebung. Der Donner meines Zorns war grausam, als ich im Frühjahr von diesem Tölpel im Gotteskostüm Kenntnis bekam, und meine Hauptabteilung "XV/Inlandsaufklärung" hat schnell ganze Arbeit geleistet. Der Schuldige wurde ausgemacht und abgestraft, mit aller gebotenen Härte und ohne die Gnade, deretwegen ihr mich so schätzt. Doch jetzt ist gut. Am Ende eines Jahres möge auch dieser arme Sünder wieder leben dürfen. Er macht künftig ein Bühnenpraktikum am Berliner Ensemble.
"So sei es, und so wird es werden", sprach der Hirte Pal zum Engel Ernst. "Ich werde bei euch sein alle Tage", antwortete ich. Vertraut drauf!
Ach, und gebt nicht zu viel auf das Wort von diesem Christus. Geht lieber öfter mal ins Stadion!
Frisch auf!
Euer Fußballgott
Freitag, 26. Dezember 2008
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