Sonntag, 24. August 2008

der falsche dorfverein gewinnt verdient

Es waren ideale Bedingungen für ein kleines Fußballfest. Bestes Fußballwetter, und zwei Vereine, die noch den Zauber eines neuen Anfangs empfinden: Spiel 2 in Liga 1, das erste Heim- bzw. das erste Auswärtsspiel der Saison. (Auch wenn Gastgeber Hoffenheim noch selbst im fremden Stadion zu Gast war, wie der Platzwart vom Waldhof Mannheim am Haupteingang deutlich machte – ihm schien der Hinweis auf das Spiel von Waldhof gegen Freiburg II in der Regionalliga jedenfalls wichtiger als diese seltsame, äh, wie heißt das gleich ... Bundesliga?!)


Endlich wieder Bundesliga! Endlich wieder erstklassig! Die Spannung und auch die Nervosität waren groß vor dem Anpfiff auf den Rängen, und nach dem Anstoß leider auch auf dem Feld. Die ersten zwanzig Minuten etwa dominierte Borussia, jedoch ohne sich zwingende Torchancen herauszuspielen. Zu oft versuchte man es mit langen Bällen durch die Mitte oder mit Klein-Klein über links. Marin, anfangs fast verschwunden auf der anderen Seite des Spielfelds, wurde es dann auch bald zu bunt: Fortan verlegte auch er sich weitgehend auf links, was das Spiel durch seine kreativen Ideen immer wieder ansehnlich machte, aber auch keine zwingenden Chance brachte. So konnte man sich denn auch nicht über das 1:0 für Hoffenheim beklagen, das bis zum Führungstreffer ebenfalls wenig klare Chancen erspielt hatte – aber einen unsagbar fahrlässigen Fehlpass der Borussia so professionell ausnutzte, wie man es sich von den Fohlen wünschen würde.


Überhaupt mag man nach diesem Stadionbesuch nicht in den überaus öden Mainstream des Hoffenheim-Bashings einstimmen. Klar, wenn der Stadionsprecher verkündet, heute stünden die Fans "wie ein Mann" hinter der Mannschaft, liegt der Kalauer nah, dass es ja auch nicht so viel mehr Fans sind, die zu dieser in vielfacher Hinsicht jungen Mannschaft halten. Aber das Konzept, mit Nachwuchsarbeit, ohne Starverpflichtungen und einem ausgesucht perspektivreichen, jungen Team (Neuzugang Andreas Beck sah auf dem Anzeigetafel-Foto in etwa so aus wie der 12-jährige Bub auf der Kinder-Riegel-Verpackung) einen Verein zu etablieren, ist so eklig doch nun gar nicht. (Meines Wissens war auch Gladbach einmal ein neuer Verein in der Bundesliga aus einer kleinen Stadt, die eigentlich kein Mensch im Fußball-Oberhaus braucht. Und auch Mozart war einmal "neue Musik"...) Jedenfalls wesentlich sympathischer, als ein paar dümmliche Gladbach-Fans in der Gästekurve, die zu Beginn der zweiten Halbzeit Sponsor Hopp aufs Peinlichste per Poster beleidigten und ein tristes Bild von der Fohlen-Fankultur lieferten.

Doch die zweite Hälfte selbst wurde noch trauriger. Ganz getreu dem Fohlensong "Und geht das Spiel / auch mal verlor'n / dann macht uns das gar nichts aus" trat nun die gesamte Mannschaft weitgehend ohne erkennbaren Willen auf, das Spiel noch zu drehen. Versuchte es doch einmal jemand, fehlten die spielerischen Mittel. Und so war das Match vor allem deshalb bis zum Schluss spannend, weil es Hoffenheim versäumte, auch nur eine von gefühlt 5 bis 8 hundertprozentigen Chancen zu verwandeln. Irgendwie, so die stille Hoffnung, könnte ja doch noch ein Tor für Borussia fallen. Doch der einzige Spieler, dem dies zuzutrauen gewesen wäre, war gestern wohl Heimeroth, der seinen Patzer aus der Saisoneröffnung mit einer ganzen Reihe von Glanzparaden vergessen machte und einen kleinen, raren Hoffnungsschimmer für den längst begonnenen Abstigskampf gab. Mit einigen guten Szenen immerhin konnte auch Marin aufwarten, aber zugleich lässt es ein wenig bang werden, wie sehr das Gladbacher Spiel gestern von ihm abhing. Das bißchen Gestaltung, das bißchen Spielwitz, das dieses Team zu bieten hatte, ging fast immer von dem 19jährigen aus, der dann doch noch nicht die Erfahrung und das Format hat, eine Mannschaft zu führen.


Erinnern wir uns daran, dass Borussia gerne Fehlstarts hinlegt, auch der souveräne Aufstieg im vergangenen Jahr begann mit nur 2 Punkten aus den ersten 3 Spielen. So feierte am Ende Hoffenheim die Tabellenführung, während Gladbach sich auf Platz 18 wiederfindet. Alles richtig gemacht hat da anscheinend Marvin Compper, der vom Niederrhein an den Neckar wechselte, gestern ein prima Spiel machte und, so kann man in der lokalen Zeitung lesen, in seinem Wohnort Heidelberg am liebsten beim feinen Italiener "Da Vinci" essen geht. Also machten auch wir uns mit streng investigativen Zielen dorthin auf und befragten den Kellner: "Haben Sie schon einmal Marvin Compper bedient?" "Klar, der sitzt gerade an Tisch 21, direkt neben dem Tisch, den Sie reserviert haben!" Wir haben nicht gratuliert. Aber verdient hatte er es eigentlich, leider.

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