Nach etwa zehn Minuten blinkte sie erstmals bedeutungsschwanger, begleitet von belustigtem Raunen des Publikums, das sie lange Jahre und eigentlich immer noch aus guten Gründen für verzichtbar hält: die Anzeigetafel. Nun gibt es sie, die DFL wollte es so. Und der erste Auftritt hatte es in sich. Ein dramatischer Gong ertönte, jeder im Stadion blickte gespannt auf, alle erwarteten die ersten Tore auf fremden Plätzen. Und passiert war: nichts. Das ist standesgemäß für eine erste Einblendung eines Instruments, das keiner braucht und doch alle haben müssen.
Nun blitzte und blinkte es gestern Abend an der Bremer Brücke glücklicherweise nicht nur auf Nord-West, sondern auch mitten auf dem Platz. Beide Mannschaften, Freiburg und der VfL, hatten sich fein herausgeputzt für dieses Debüt im schmucken, aufgemotzten Stadion. Sie lieferten sich einen tollen Kampf und sogar mehr als das: Ein tolles Zweitliga-Spiel, einen über weite Strecken offenen Schlagabtausch.
Beide Teams hätten früh in Führung gehen können: Thommy Reichenberger traf in der ersten Minute den Ball nicht richtig, als er mutterseelenallein vor Keeper Pouplin auftauchte, dann rettete Wessels seiner Mannschaft ein erstes Mal das Unentschieden, als er einen Kopfball gekonnt entschärfte. Anschließend zeigte Freiburg einige Minuten, warum es selbstbewusst sagt: 'Wir steigen auf.' Schnelle, kurze Pässe, die den Ball so geschwind von der Abwehr in den Sturm bugsierten, dass Osnabrück ein paar Mal ins Schwimmen geriet. Besonders die Innenverteidigung um den bisweilen unsicheren Thomas Cichon und Neuling Anderson hatte so ihre Problemchen, auch dann, wenn es darum ging, den mühsam eroberten Ball wieder mit Blick für eigene Angriffe nach vorn zu befördern.
Doch selbst wenn Freiburg durch Idrissou und Türker noch vor der Halbzeit hätte in Führung gehen müssen, selbst wenn die Gäste sehr gut gestaffelt standen, dem VfL wenig Abspielgelegenheiten boten, das Spiel immer wieder geschickt verlagerten: Osnabrück hatte ebenfalls Chancen. Pierre de Wit und Gaetano Manno zum Beispiel hätten beinahe die Führung schon viel eher geschossen. Von Mitte der ersten Halbzeit an, und abgesehen von einem zweiten, kurzen Päuschen vor dem Seitenwechsel, war der VfL ebenbürtig. Das sah ganz gut aus.
In der Abwehr agierte Andy Schäfer wieder einmal nahezu fehlerlos und sehr stark; im Mittelfeld spielte Mathias Surmann vorn wie in der Defensive mit viel Übersicht und unterstützte seine Mitspieler immer, wenn sie in Bedrängnis waren; Henning Grieneisen sorgte für viel Wirbel, erst auf der rechten Seite und später im Zentrum; vorn quittierte Reichenberger einmal mehr seinen Wert für den VfL. Insgesamt war überraschend, wie sehr die Mannschaft die Handschrift ihres Trainers schon auf den Rasen schreibt und bedingungslos nach vorn spielt, obwohl Wollitz jüngst noch Zweifel äußerte, ob das so schnell klappt.
Nach der Pause dachte sich Schäfer, es könne nicht schaden, sich bei einer Ecke für einen Distanzschuss anzubieten, und drosch Reichenberger den Ball auf die Hacke. Osnabrück ging in Führung, Freiburg glich aus. Bevor dann Freiburg in Führung ging und Osnabrück ausglich, spielten Manno und Grieneisen noch fein miteinander, konnten den Ball nur leider nicht im Tor unterbringen. Anschließend hätten beide Teams gewinnen können, Wessels, der vorher bei hohen Bällen zwei Mal etwas unsicher wirkte, rettete das Unentschieden schließlich mit einem Weltklassereflex knapp zehn Minuten vor Schluss.
"Leider habe ich das Spiel heute als Trainer sehen müssen und nicht als Fan, sonst hätte ich mich mehr darüber freuen können", meinte Freiburgs Robin Dutt anschließend. Er hatte "zwei gute Mannschaften" gesehen, "zwei Mannschaften, die Fußball gespielt haben". Analog hatte Claus-Dieter Wollitz immerhin einen Sieger ausgemacht: die zweite Bundesliga. Etwas stolz war er auf sein Team, das ihm lediglich in der ersten Hälfte zeitweise zu passiv auftrat und das das zweite Tor, den sehenswerten Weitschuss von Heiko Butscher, hätte verhindern müssen: "Der Einwurf muss in den eigenen Reihen bleiben. Da hätte sich Stefan Wessels anbieten müssen."
Dutt wünscht sich künftig Auswärtssiege, wenn man schon 2:1 führt (kann er haben.) Wollitz wünscht sich, dass sein Team irgendwann einmal stark genug ist, im 4-4-2-System spielen zu können. Gestern stand über weite Strecken eine 4-1-3-2-Mannschaft auf dem Platz. Die hat's vorerst auch getan.
Wieso Wollitz auf der anschließenden Pressekonferenz noch den denkwürdigen Satz "Wichtig ist, dass hier nicht so viel Scheiße geredet wird" sprach, erzählt er Montag im vierten und letzten Teil des großen VfLog-Interviews.
Samstag, 23. August 2008
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