Der dritte Teil des VfLog-Interviews mit VfL-Coach Claus-Dieter Wollitz. (Teil 1 | Teil 2 | Teil 4)
Wer war der erste Neuzugang, mit dem Sie vor der Saison Kontakt aufgenommen haben?
Ich war weit vor Ende der Saison mit Dominic Peitz im Gespräch. Der verkörpert für mich das, was ich mir von einem jungen Spieler vorstelle: Zweikampfverhalten, Kopfballstärke, Laufstärke, Kommunikation in einer Mannschaft, Verantwortung übernehmen – hat der alles! Aber: Er muss sich spielerisch verbessern, das weiß er auch. Diese Ansage habe ich ihm damals schon gemacht. Außerdem war ich recht früh davon überzeugt, Tom Geißler von Aue zu holen, sollten die absteigen. Ich hab glaub’ ich schon im Februar seinen Berater informiert, dass ich großes Interesse hätte, sollten die in die 3. Liga müssen und wir drin bleiben. Das ist ein Kreativspieler, der viel Qualität und Potenzial hat und der eigentlich aufgrund seiner individuellen Klasse auch in der 1. Liga spielen könnte. Ich hätte gern noch, oder anders: Ich war mit Stürmern im Gespräch, unter anderem mit dem Berater von Marius Ebbers. Das ist ein Spieler, den ich gerne genommen hätte, aber da Osnabrück sich erst am letzten Spieltag retten konnte, war es für uns zeitlich nicht möglich, das zu arrangieren und ihn zu verpflichten.
Warum spielt Deniz Naki jetzt nicht für Osnabrück, sondern für Leverkusen?
Weil das einfach nicht so abgelaufen ist, wie es vereinbart war. Michael Reschke von Bayer Leverkusen hatte mich donnerstags angerufen, ob wir den Spieler gern noch dazu nehmen möchten. Da habe ich gesagt: ‚Eigentlich sind wir zu, ich möchte gerne noch eine Nacht drüber schlafen.’ Denn: Wenn ich einen jungen Spieler hole, dann möchte ich ihm auch gerecht werden, indem er Einsatzchancen bekommt. Ich habe dann freitagmorgens angerufen und Herrn Reschke gesagt, er soll sich mit Herrn Gans in Verbindung setzen: Wenn das finanziell möglich ist, würde ich das gerne machen. Innerhalb von zwei Minuten war das Gespräch zwischen Herrn Gans und Herrn Reschke geregelt, das war überhaupt kein Problem. Für uns, Bayer Leverkusen und Deniz Naki war alles klar. Ich habe dann sogar ein längeres Gespräch mit Deniz geführt, habe ihm gesagt, dass ich trotz Urlaub kurzfristig nach Leverkusen kommen möchte, um mich mit ihm an einen Tisch zu setzen und mal zu besprechen, welche Positionen für ihn in Frage kommen und wie ich Fußball interpretiere. Da war der so begeistert, der hat sogar gleich Pierre de Wit angerufen. Naja, und dann kam eben sein Berater, und über den möchte ich dann auch nichts weiter sagen, weil das keinen Sinn hat. Fakt ist, dass Deniz Naki weiter in Leverkusen spielt. Ich finde das schade, weil er ein Perspektivspieler ist. Die Mannschaft und ich, wir hätten ihn weiter entwickeln können. Aber das Buch ist zu.
Auch mit Dominique Ndjengs Berater gab es offenbar Unstimmigkeiten. Sind manche Spieler überberaten?
Letztendlich müssen die Spieler das selbst entscheiden. Mit manchen Beratern haben wir ja auch ein gutes Verhältnis. Nur ist der VfL Osnabrück nicht mehr dieser Verein, der alles mit sich machen lassen muss, und ich sowieso nicht. Ich habe da eine klare Richtlinie: Es gibt Deadlines und Absprachen. Wenn aber ständig ‚Immer mehr, immer mehr, immer mehr’ kommt – naja. Fakt ist, dass Dominique Ndjeng in der 2. Liga kein Stammspieler war, ein Jan Schanda zum Beispiel einen viel größeren Anteil am Klassenerhalt hatte. Und dann stellt Dominique Ndjengs Berater Forderungen, von denen ich einfach sage: Das entspricht nicht der Qualität, mit der er im letzten Jahr hier gespielt hat. Reichenberger etwa, der hat 16 Tore geschossen, der hat eine andere Ausgangsposition beim Verhandeln. Der bekommt sein Mehr nicht für dieses Jahr, sondern für das letzte, und jetzt muss er beweisen, dass er das auch wert ist.
In der Sommerpause haben Sie einen der wichtigsten Männer verloren. Oliver Bartlett, Fitnesstrainer, ist zu Borussia Dortmund gewechselt, ist jetzt sogar für die Nationalmannschaft zuständig. Können Sie verstehen, dass er gegangen ist?
Das mit dem Verstehen ist schwierig. Ich habe eine andere Einstellung zu so einer Geschichte. Ich will’s mal so sagen: Ich hätte jetzt schon mehrfach die Möglichkeit gehabt, zu besseren Vereinen zu gehen, damit meine ich Vereine, die bessere finanzielle Möglichkeiten haben, die mehr in die Infrastruktur investiert haben, die jahrelang im bezahlten Fußball sind – ob in der ersten oder der zweiten Liga. Aber für mich ist eine Vision eine Vision! Die lebe ich, und die lebe ich mit Osnabrück, weil ich mich dazu entschieden habe. Und ich entscheide mich nicht heute so und morgen so. Oliver Bartlett hat das natürlich als eine große Chance gesehen: 80.000 Zuschauer, ein Traditionsverein vor dem Herrn. Grundsätzlich kann man das nachvollziehen, wenn man auf diese Chance lauert. Aber ich lauer auf keine Chance, weil ich mich hier gebunden habe. Und in dem Moment, wo ich mich gebunden habe, kann ich mich nicht hinterm Rücken für andere Vereine interessant machen. Ich blocke da ab.
Auch Rouwen Hennings ist gegangen, dem Sie in der vergangenen Saison immer wieder das Vertrauen geschenkt haben, obwohl er nicht immer bärenstark gespielt hat. Sind Sie enttäuscht, dass der jetzt für St. Pauli spielt?
Ach, ich hab das der Mannschaft vor dem St. Pauli-Spiel noch gesagt: Für mich hat Rouwen Hennings 29 Spiele gemacht, hat seinen Anteil dazu beigetragen, dass Osnabrück in der zweiten Liga spielt, und damit ist die Sache zwischen Rouwen Hennings und dem VfL Osnabrück für mich abgeschlossen. Er hat angekündigt, in St. Pauli zehn Tore zu schießen. Wenn er am Ende der Saison zehn Tore geschossen und seine persönlichen Ziele erreicht hat, und wenn auch St. Pauli die Ziele erreicht hat, dann ok. Aber für mich ist ein einzelner Spieler nicht wichtig, für mich ist nur die Mannschaft wichtig. Ich wünsche ihm alles Glück, ich hätte ihn gerne behalten, ich hätte ihn gerne weiter entwickelt, und ich glaube, dass ich, auch was die Position angeht, auf dem richtigen Weg war. Wenn man die Strategien der anderen Mannschaften verfolgt, sieht man: Es wird fast überall mit einer Spitze gespielt. Ein gestandener Stürmer, der vorn drin steht. Ich habe Rouwen trotzdem die Möglichkeit gegeben, mit allen Freiheiten nach vorn zu spielen, sofern er in der Rückwärtsbewegung dort den Raum schließt, wo er sich gerade bewegt. Für seine Zukunft in den nächsten zwei, drei Jahren war das, glaube ich, der richtige Weg. Denn: Als Fronstürmer setzt den keiner, selbst St. Pauli nicht.
Als Jürgen Klopp bekannt gab, er gehe zu Dortmund, gab’s einige Gerüchte, Sie seien bei Mainz im Gespräch. Hat Mainz angefragt?
Ich habe mich damals nicht beteiligt und beteilige mich auch heute an keinen Spekulationen.
Na, wenn Mainz gefragt hätte, wäre das ja keine Spekulation.
Nein, ich sage da nichts zu. Dann müsste ich mehrere Namen und Vereine nennen. Ich weiß nur eins: Mein Name kommt gewiss nicht durch mich oder mein Umfeld in die Presse. Ich war bei Bielefeld im Gespräch und habe mich dazu nicht geäußert. Ich war bei Nürnberg im Gespräch und habe mich dazu nicht geäußert. Ich war bei Mainz im Gespräch und habe mich nicht dazu geäußert. Ich äußere mich nur zu zwei Themen: VfL Osnabrück und meine Mannschaft.
Wenn in Mainz gesagt wird: ‚Mensch, der Wollitz, das wär einer!’ Bedeutet Ihnen das was?
Es bedeutet mir was, wenn der VfL Osnabrück am Ende der Saison weiter in der zweiten Liga bleibt. Ich habe mit dem Präsidium, dem Management, dem Trainerteam und mit Spielern, die einige Jahre hier sind, so viel in diesen Klub investiert, mehr als normal ist. Und ich möchte, dass das am Ende so aufrecht erhalten bleibt, dass sich Osnabrück in der zweiten Liga hält. Da bringt es doch nichts, sich über andere Sachen zu freuen oder sich darüber Gedanken zu machen.
In welchen Bereichen hätten Sie sich in der Vorbereitung schnellere Fortschritte gewünscht?
Schwer zu sagen. Es war auf jeden Fall die grundsätzliche Bereitschaft da, dieses schnelle Spiel umzusetzen, was landläufig immer als „two touch“ oder „one touch“ bezeichnet wird. Ich glaube nicht, dass es in der nächsten Zeit viele Mannschaften geben wird, die dieses schnelle Spiel – zwei Kontakte, ein Kontakt – in der zweiten Liga so perfekt beherrschen, wie ich das gerne hätte und wie es meine Vorstellung ist, mal als Trainer arbeiten zu dürfen. Ich hatte im letzten Jahr aber immerhin eine Mannschaft, die bereit war, ganz schnell gegen den Ball nach vorne zu spielen, egal wo, egal gegen welchen Gegner. Sie hatte Respekt vor jedem Gegner, aber sie hatte auch immer das Ziel, das Spiel zu gewinnen. In der Vorbereitung jetzt war es in manchen Phasen so, dass wir bedacht waren, Ruhe ins Spiel zu bringen und das Tempo raus zu nehmen. Ich glaube, dass wir noch nicht soweit sind. Unser Ziel muss es sein, in jeder Phase des Spiels aus einer kompakten Grundordnung heraus nach vorne zu spielen. Das ist die zweite Maßgabe: Ich muss eine Ordnung haben, und aus der kann ich flexibel spielen. Wenn ich keine Ordnung habe, nützt mir alle Flexibilität nichts. Das sind Feinarbeiten, die man nach und nach weiter verbessern kann. Was schade war und ein Hauptproblem: Viele Spieler waren nicht dabei. Mit 15 oder 16 Spielern eine Vorbereitung auf diesem Niveau zu bestreiten, ist sehr, sehr schwierig. Wir müssen das irgendwie in den nächsten Tagen und Wochen kompensieren, so dass wir irgendwann Ende September in einer Art Gleichgewicht sind.
Im vierten Teil verrät Pele Wollitz, ob er wirklich die Pressekonferenzen in Kaiserslautern und Koblenz schwänzt - und welchen Wein er am liebsten trinkt. Allerdings: Wann er das erzählt, ist ungewiss, denn an dieser Stelle des Interviews ist unser Aufnahmeband unwiederbringlich zerstört. Ehrgeizige Prognose: Kommenden Montag.
Mittwoch, 20. August 2008
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2 Kommentare:
Maik, Martin. Warum eigentlich gibt es hier zu keinem der Interviewteile einen einzigen Nutzerkommentar? Das Interview ist unbeschreiblich, auch in mehreren Teilen. Großer Sport, Goldmedaille, vielen Dank!
Vielen Dank für Eure Mühe. Unserem Trainer zuzuhören, bzw. Euer Interview mit ihm zu lesen, ist die reine Freude. Bin gespannt auf Teil 4.
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