Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein, weil sie eines im Leben können: Füreinander da zu sein. Deshalb gibt es ihn weiter, den Seitenwechsel: Seit 1997 bereits beobachtet Seitenwahl für seine Leser das Gladbacher Geschehen, 2004 gesellte sich der VfLog dazu. Einmal pro Woche schreiben sie sich gegenseitig einen Brand-, Schmäh- oder Liebesbrief. Diese Woche hat Maik bei Seitenwahl vorgelegt. Unten antwortet Mike - und outet sich als Zweckpessimist.
Meine lieben Freunde,
es freut mich ein jedes Mal, dass Ihr über einen wachen Geist verfügt, denn dies beweist Ihr jede Woche aufs Neue. Natürlich ist ein "Siegzwang" für Borussia ganz großer Quatsch! Doch, das schrieb ich Euch bereits in den vergangenen Wochen, überraschen mich die Reaktionen nicht wirklich. Selbst wenn man die oft vergessene Tatsache ignoriert, dass der normale Fußballfan sein Gemüt einzig am Ergebnis des Wochenendes ausrichtet, sollte man berücksichtigen, dass die Wunden nach der vergangenen Erstliga-Saison nicht lange nicht verheilt sind. Die einigermaßen harmonische Vorbereitung, die neu verpflichteten Spieler und das dem Fußballfan eigene "Mund abwischen, weitermachen!"-Syndrom sorgten zwar noch vor dem ersten Pflichtspiel in Osnabrück für vorsichtigen Optimismus, doch war uns allen klar, dass dieser auf wackligen Beinen steht. Sieg in Osnabrück, kämpferisch überzeugt in Kaiserslautern, so weit, so gut. Borussia hat in diesen Spielen spielerisch nicht wirklich überzeugt, da bin ich Eurer Meinung. Doch wir sollten die Reihenfolge der Dinge nicht verändern. Für Borussia kommt erstmal die Pflicht, dann die Kür. Und in Mönchengladbach ist es oberste Bürgerpflicht, dem Publikum zuerst zu beweisen, dass man sich (wieder) den Arsch aufreißt für das, was für die Menschen auf den Rängen mehr ist als ein Arbeitgeber für Fußballprofis.
Du sprichst von "Saisonanfangsgerede", und der Fußballgott weiß, dass Du recht hast. Doch vergib den Journalisten! Auch diese mussten die lange Sommerpause durchstehen und sich mit unwichtigem Füllstoff für den Sportteil ihrer Zeitungen herumschlagen. Die Erfahrung lehrt, dass das Niveau der Sportberichterstattung am Anfang und am Ende einer jeden Saison im Vergleich zur restlichen Zeit eher bescheiden ist.
Übrigens, Jos Luhukay hat seine anfänglich ängstlich wirkende Aufstellung taktisch fundiert begründet. Wer wollte ihm widersprechen? Doch im Fußball spielt Psychologie eine nicht unwesentliche Rolle. Und es ist sowohl für den Gegner als auch für das Publikum ein gewaltiger Unterschied, ob ich mit einem Mittelfeldspieler als einzige Spitze auflaufe oder mit zwei bis drei echten Spitzen zu Beginn. Zeichen setzen, nennt man sowas. Dem Gegner signalisieren: Du bist heute Gast im BorussiaPark, darfst gucken und staunen, aber die Punkte bleiben hier.
Doch Hut ab für die bisherige Leistung des VfL Osnabrück. Zwar waren auch die bisher geholten vier Punkte nicht das Ergebnis einer fußball-ästhetischen Offenbarung, doch legte man diesen Maßstab an, müsste die komplette Fußballgeschichte umgeschrieben werden (Griechenland Europameister! Italien Weltmeister!). Dass Pierre de Wit nun lange ausfallen wird, ist für die Lila-Weißen speziell in dieser Phase der Saison besonders bitter, doch kommt mit dem SC Paderborn ein dankbarer Gegner an die Bremer Brücke. Holger "Breitling" Fach wird spätestens nach diesem Spiel von der fehlenden Qualität seiner Mannschaft sprechen, wenige Wochen später seinen Hut nehmen und dann auffällig oft auf den Tribünen diverser Zweitligisten auftauchen. Eine schöne Gelegenheit demnach für den VfL, diesem schon oft zu beobachtenden Szenario weiteren Vorschub zu leisten. Obwohl, ein Gastspiel des SC Paderborn in Mönchenglach mit einem Trainer Holger Fach....es ist immer wieder amüsant zu beobachten, welch geradezu herzliches Verhältnis Holgi mit Mönchengladbacher Journalisten pflegt. Einige der Kollegen seufzen noch heute ob seiner Entlassung, da seitdem keiner mehr mit ihnen in den Trainingslagern so lange an der Theke gesoffen hat, bis auch das letzte Gehalt, das letzte Gerücht und die letzte Geschichte bekannt wurde. Die gute, alte Zeit.....
In der guten, alten Zeit gab es auch wenige Menschen vom Schlage van der Vaarts. Ich nehme es vorweg: natürlich könnte und wird es solche Spieler auch bei den VfLs geben. Ein Zeichen wäre es, wenn sich sowohl der FC Valencia von ihm abwendet als auch der HSV. Valencia, weil sie keinen Spieler auf diese Weise verpflichten und der Hamburger SV, weil sie keinen Spieler in der Mannschaft haben wollen, der einen Wechsel auf diese widerliche und peinliche Art provoziert. Ein Jahr Tribüne, das wäre in der Tat ein Zeichen, auch eines mit Folgen: verpasste EM-Teilnahme mit der Nationalelf und im nächsten Sommer maximal ein Angebot aus Wolfsburg oder Duisburg! Herrlich, Sylvie van der Vaart beim Shopping durch die Duisburger Innenstadt, begleitet von "BILD".
Aber, das frage ich Euch, wollen wir das überhaupt? Wollen wir die gute, alte Zeit zurück? Ohne Kommerz, dämliche Gewinnspiele, ohne Cheerleader, Maskottchen und 200 Seiten starken Fanartikelkatalogen? Sind wir inzwischen nicht auch so, dass wir uns über jede selten dämliche "Humba" freuen, die die Mannschaft nach jedem gottverdammten Spiel abhält (abhalten muss)? Der SC Freiburg, das Lieblingskind der Intellektuellen, macht die "Humba" nach einem gewürgten 1:0-Heimsieg am 2. Spieltag! Ein weiteres Beispiel: im Radio lief vergangene Woche ein Gewinnspiel, bei dem die Zuhörer zwei Karten für das Derby Schalke - Dortmund gewinnen konnten. In der Leitung war eine junge Frau, die angab, ein "riesiger Schalke-Fan" zu sein. Auf die Frage, wie Schalkes brasilianischer Innenverteidiger heißt, kam nach langem Schweigen ein mit Kichern durchzogenes "Keine Ahnung!". - Ja, genau, scheiß egal, wer da spielt....Hauptsache Paaaaaarty, peinliche Lieder á la "Viva Colonia", Fähnchen am Auto und Pfeifkonzert, wenn es zur Halbzeit noch 0:0 steht.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass das ganze Theater drumherum immer größer wird, weil das, worum es geht, immer schlechter wird.
Eine letzte Antwort: Osnabrück!
Es grüßt
Mike
Mittwoch, 22. August 2007
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1 Kommentar:
Hallo Mike,
du sprichst mir aus der Seele was diese sogenannten "Fans" angeht und wenn selbst bei der guten alten Sportschau erst 3 Werbeblöcke kommen bevor es losgeht dann gute Nacht Fussball. Aber das Rad lässt sich leider nicht zurückdrehen.
Ein seit 36 Jahren begeisterter und leidender Anhänger der Borussia
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