Am Abend startet der VfL in die Bundesliga der Herzen. Vor dem Eröffnungsspiel gegen Freiburg spricht VfL-Coach Claus-Dieter Wollitz im letzten Teil des Interviews über neue Spieler, alte Haudegen und den Klassenerhalt. (Teil 1 | Teil 2 | Teil 3)
Viele Neuzugänge sind sehr junge Spieler. Fürchten Sie, der Kader könnte zu wenig Erfahrung für den Abstiegskampf mitbringen?
Für mich ist das immer noch zu alt. Wir sind die älteste Mannschaft im Durchschnitt. Wir sind 27,9, der Zweite ist 26,9. Das geht runter bis 23-komma-soundso. Wir haben jetzt ein paar richtig junge Spieler mit richtig guter Qualität verpflichtet. Aber wir müssen in den nächsten Jahren die Mannschaft noch weiter verjüngen, sonst bist du nicht mehr konkurrenzfähig.
Einer der ältesten, Jo Enochs, ist nicht unbedingt mehr als Stammspieler gesetzt, spielt sogar ab und zu bei den Amateuren. Wie geht so ein Rekordspieler damit um?
Der hat letzte Woche ein Mal in der Amateurmannschaft gespielt, weil er da spielen möchte. Wir sind am Anfang der Saison, und wir haben auf der Position Heidrich und de Witt verpflichtet. Wir haben außerdem noch Großöhmichen, Nouri, Schuon und Schanda im Mittelfeld. Mathias Surmann auch, wenn der wieder fit ist. Das hat nichts mit Alter oder Rekord zu tun. Ich handele nach dem, was ich im Moment sehe und wie die Vorbereitung war. Wenn Jo besser ist als die anderen, dann wird Jo spielen, wenn die anderen besser sind als Jo, dann werden die anderen spielen.
Wie machen Sie das einem solchen Urgestein klar?
Ich hab ihm vor zweieinhalb Wochen gesagt, wie ich das sehe. Er sagt, er will um seinen Platz kämpfen - und das ist doch gut so. Ob jemand 100 Spiele hat oder 20 – da hat niemand irgendwelche Ansprüche zu stellen. Ich stelle auch keine Ansprüche gegenüber dem Verein, dass ich gern noch zehn Spieler hätte, die aber alle 200.000 Euro Ablöse kosten.
Kürzlich geisterten Gerüchte, es gebe Meinungsverschiedenheiten zwischen Ihnen und Neuzugang Uwe Ehlers. Was war da?
Meinungsverschiedenheiten? Da wird hier ja immer so ein bisschen hochgepusht. Fakt ist, dass Uwe Ehlers in den ersten drei Wochen nicht den Ansprüchen gerecht geworden ist, die wir an ihn gestellt haben. Wir haben ihn verpflichtet als erfahrenen, aggressiven, kopfballstarken, zweikampfstarken Spieler. Das war nicht zu erkennen, deswegen habe ich mit ihm ein Gespräch geführt, wie ich das auch mit anderen Spielern geführt habe, mit denen ich nicht zufrieden war. Ich habe ihm gesagt, dass er so aktuell keine Chance hat, bei mir zu spielen und überhaupt in den Kader zu kommen. Die Leute haben sich ja gefragt, warum er in den Vorbereitungsspielen nicht spielt – und was soll ich da rumtaktieren, warum soll ich lügen? Das mache ich nicht. Er hat mir dann übrigens gesagt, dass er das genauso sieht. Er ist jetzt, nachdem er auch noch 14 Tage lang einen Virus hatte und Antibiotika nehmen musste, auf einem guten Weg, arbeitet richtig hart, macht Sonderschichten. Das ist jetzt sehr angenehmen und akzeptabel, und nun muss er eben diesen Weg weitergehen. Noch einmal: In den ersten drei Wochen war für mich nicht ausreichend, was die Fitness betraf und wie man sich als Neuzugang in einer Mannschaft präsentiert. Das habe ich gesagt. Das sind keine Meinungsverschiedenheiten, sonder einfach Tatsachen und Fakten, die ich gesehen und einfach angesprochen habe.
Wenn Sie abends mit einem Gläschen Wein im Sofa sitzen und überlegen, dass der Saisonstart für einen Aufsteiger ja nicht unbedingt optimal laufen muss: Haben Sie da gar manchmal Angst, dass Sie bald Ihren Job los sein könnten?
(lacht) Ich habe keine Angst. Ich habe keine Angst wegen Fußball und auch keine Angst wegen des Jobs. Warum sollte ich das? Das Ziel war aufzusteigen, und das Ziel haben wir erreicht. Das neue Ziel ist jetzt, die Klasse zu erhalten.
Ja, aber man denkt ja vielleicht manchmal…
Ich kann nicht am fünften Spieltag die Klasse halten, und ich kann nicht am fünften Spieltag absteigen. Das Entscheidende ist die Geduld. Doch in Osnabrück ist die Erwartung eben immer höher, viele glauben auch, dass Osnabrück in der Tabelle ganz oben sein müsste. Die Realität ist aber einfach, dass Osnabrück eigentlich ein Regionalligaverein ist, von dem man immer sagt: „Die gehören in die zweite Liga!“ Mit welcher Begründung gehört Osnabrück in die zweite Liga? Wenn ich jemanden frage, kann mir keiner eine Begründung geben. Braunschweig etwa gehört nicht in die zweite Liga? Düsseldorf gehört auch nicht in die zweite Liga?
Was muss denn passieren, damit es mit dem Klassenerhalt klappt?
Dass wird zusammen halten. Dass wir vom ersten bis zum letzten Spieltag die Unterstützung bekommen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Mannschaft das ins Rollen bringt, indem sie leidenschaftlich Fußball spielt. Sie kann aber nur leidenschaftlich Fußball spielen, wenn sie Selbstvertrauen hat und von außen Selbstvertrauen bekommt. Dann wird sie auch leidenschaftlich Fußball spielen. Das ist ein Geben und Nehmen. Sie muss spüren, dass sie auch mal ein schlechtes Spiel machen kann, man muss auch akzeptieren, dass sie mal chancenlos ist. Trotzdem kann man am Ende das Ziel erreicht haben. Das allein wird die Frage sein: Ist das möglich oder ist das nicht möglich? Wenn das nicht möglich ist, wird alles noch einmal schwieriger. Ist das möglich, dass man das Vertrauen und die Geduld hat, dass man die Erwartungen ein bisschen runter schiebt und dieser Mannschaft permanent auf eine Welle der Begeisterung verhilft, dann werden wir sogar die Klasse halten.
Worauf freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich auf jede Begegnung in der zweiten Liga, weil das was Besonderes ist - als Aufsteiger und als VfL Osnabrück sowieso. Ich finde, man kann nach wie vor nicht behaupten, dass wir dahin gehören. Aber wir werden alles dafür tun, dass wir da länger bleiben. Und wenn wir da länger bleiben, dann können wir auch sagen: Da gehören wir rein!
Ein Frage bleibt noch: Beim letzten Gespräch gab es am Ende elf Satzanfänge, die Sie vervollständigen sollten. 10 Mal waren Sie erfolgreich, einmal nicht. Auf ein Neues also. Ergänzen Sie „Nur in Osnabrück…“
(grinst) Also, ich hab mir damals danach keine Gedanken mehr gemacht und jetzt werde ich natürlich wieder mit dieser Frage überrollt. Was soll ich darauf antworten?
Vielleicht gibt’s ja irgend etwas Tolles, was diese Stadt einzigartig macht. Vielleicht der Trainer des örtlichen Zweitligisten…
Das müssen ja andere beurteilen, das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur eins: Nur in Osnabrück arbeite ich sehr gerne. Ich glaube, dass in Osnabrück noch richtig was zu machen ist. Ich finde aber trotzdem, dass hier manchmal zu viele Störfaktoren herrschen. Zum Beispiel diese Geschichte, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen Ehlers und Wollitz gibt. Es gibt keine Meinungsverschiedenheiten. Es gibt einfach eine Absprache, wenn ich einen Spieler verpflichte. Ein Spieler muss wissen: Wenn ich zu einem neuen Verein gehe, muss ich mich dementsprechend präsentieren, ich muss eine gewisse Fitness schon mitbringen. Ansonsten ist es gerade in einer Aufstiegsmannschaft für einen Trainer schwer zu handeln. Und wenn er nicht fit ist und die Leute fragen „Was ist mit Uwe Ehlers?“, dann kann ich nicht rumtaktieren oder die Öffentlichkeit anlügen. Das ist aber keine Meinungsverschiedenheit, das ist einfach nur eine Feststellung der Tatsache, dass das im Moment nicht ausreicht. Damit möchte ich aber dem Spielern sagen: „Tu mal bitte was!“ Ich habe den Spieler darüber natürlich vorher auch schon unter vier Augen informiert. Das heißt bezogen auf die Frage: Nur in Osnabrück gibt es mit Manager Lothar Gans, Co-Trainer Rolf Meyer, Physiotherapeut Günther Schröder und Fitnesstrainer Oliver Bartlett ein Funktionsteam, mit dem ich super zusammenarbeite – und wenn man uns in Ruhe arbeiten lässt, geht es hier in Osnabrück weiter aufwärts.
Freitag, 10. August 2007
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