Mit dem Aufstieg hat es im letzten Moment dann erwartungsgemäß nicht geklappt. Aber ein Traum ist dennoch in Erfüllung gegangen: Der VfL hat eine sensationelle Saison gespielt, der Mannschaft gebührt gehöriger Respekt für die vielen tollen Fights an der Bremer Brücke und besonders auch auswärts. Und die Fans haben sich das Prädikat "außergewöhnlich" einmal mehr verdient. Beide zusammen identifizieren sich so sehr miteinander, das es einem die Tränen in die Augen treibt.
Am 1. August 2004 begann alles mit einem glücklichen 1:1 bei den Amateuren des 1. FC Köln. Alexander Nouri, damals im ersten Spiel für die Lila-Weißen, feierte einen Einstand nach Maß: Mit einem Sonntagsschuss sicherte er gewissermaßen mit dem Schlusspfiff den Punktgewinn.
Dieses Spiel in Köln, das erste auch unter Coach Pele Wollitz, darf als Spiegelbild einer gesamten Saison herhalten: Wie geschätze weitere 68 Mal geriet man in Rückstand, konnte eine Niederlage aber nach aufopferungsvollem Kampf und manchmal gar spielerischer Eleganz abwenden. Wie geschätzte weitere 100 Mal spielte man unentschieden, vergab also wichtige Zähler im Aufstiegskampf gegen vermeintlich schwächere Teams.
Die gesamte Saison war ein abwechslungsreiches Auf und Ab - jedoch auf einem beachtlichen, ja geradezu sensationell hohen Niveau. Wer diese Mannsachaft vor Saisonstart unbesehen als Aufstiegsaspirant eingeordnet hatte oder gar einen verpassten Aufstieg als Scheitern verbuchen wollte, der hat wenig Ahnung von Fußball. Dieser Jemand hat sich überdies um das Vergnügen einer wirklich mitreißenden Saison gebracht.
Das Spiel am 14. August beim FC St. Pauli war dann der Knackpunkt: Nach einem 0:2-Rückstand gewann der VfL noch mit 3:2, für beide Mannschaften gab dieses Ergebnis die Richtung für die gesamte Spielzeit vor: Der VfL kletterte weiter nach oben und setzte sich dauerhaft in der Spitzengruppe fest, die Kiez-Kicker richteten sich im Tabellenmittelfeld ein und sollten bis zum Schluss keinen Anschluss mehr nach ganz oben finden. Dieser erste emotionale Höhepunkt einer an solchen Momenten nicht armen Saison sorgte für eine Aufbruchstimmung an der Bremer Brücke. Man wusste, dass man oben mitspielen kann und - noch wichtiger - dass die Mannschaft im Stande ist, Spiele zu drehen. Dieser Neigung sollte dann im Verlauf der Saison ein bißchen zu exzessiv gefrönt werden.
Außerdem sei erwähnt, dass der VfL bei dieser Partie in St. Pauli Fußballgeschichte mitgeschrieben hat: Unser Blog-Pate und VfL-Fan Robert Hoyzer pfiff eines seiner letzten Spiele und ließ selbstredend die richtige Mannschaft gewinnen.
Weitere Stationen, die stellvertrend die Leidenschaft und das Besondere dieses Vereins widerspiegeln, waren am 2. Oktober die enttäuschende 2:3-Heimniederlage gegen den Chemnitzer FC, nach der erstmalig (aber noch lange nicht letztmalig!) schon alles verloren schien, das 1:0 gegen den SC Paderborn am 12. April, dem knapp drei Wochen später, am 30. April, gar noch dieses atemberaubende 3:2 gegen Eintracht Braunschweig folgte. Dann, als alles möglich schien, hagelte es am 15. Mai die vielleicht größte Saison-Entttäuschung mit dem 1:3 daheim gegen insolvente Uerdinger. Auch diese Niederlage blieb jedoch nicht ohne Rehabilitation: Im letzten Heimspiel gegen den Wuppertaler SV folgte VfL-Dramatik, wie es sie anderswo nur selten so üppig gibt: Fans und Mannschaft feierten einträchtig ein furioses 4:3.
Schließlich gibt es wenige Spielzeiten, nach denen die Fans und Anhänger so ungebrochen und begeistert zu einer Mannschaft stehen, die sich ihren großen Traum nicht hat erfüllen können. Wohl bei nur wenigen anderen Vereinen wird bereits jetzt die neue Saison herbeigesehnt, um die Wollitz-Truppe wieder und weiter anzufeuern.
Enttäuscht sein ist also nur kurze Zeit erlaubt. Vielmehr gilt: Kopf hoch für's nächste Jahr, denn dann packen wir es mit dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga. Dann übrigens wird die Regionalliga noch attraktiver sein: Mit Essen, Oberhausen und nicht zuletzt voraussichtlich Emden sind drei weitere Fußballfeste bereits heute absehbar. Freuen wir uns in aller Ruhe drauf!
Übrigens: Die VfLog-Tipper haben ebenso viel Sachverstand wie emotionale Verbundenheit bewiesen: Bei 105 abgegebenen Stimmen zeigten sich enorme und exakte 64% vom Aufstieg überzeugt, sympathisch verklärte 9% rechneten gar mit Niederlagen von Braunschweig und Paderborn. 36% stimmten mit 'njet'.
Sonntag, 5. Juni 2005
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