Donnerstag, 30. Juni 2005

regel elf a

Damit wir uns richtig verstehen: Von den vielen Vorschlägen und Rufen nach einer Neuregelung der Abseits-Frage ist die Forderung 'Zurück auf Start' noch eine der vernünftigsten! Die komplette Abschaffung des Passiven Abseits' ist allerdings eine Alternative, deren Vorteile von den meisten Streithähnen gar nicht verstanden werden: Ruinös ist womöglich die Finanzpolitik der falschen Borussia, ruinös ist vielleicht auch die Heuschnupfenplage in manchem Bundesligastadion, die Forderung nach einer völligen Abschaffung des Passiven Abseits' ist es jedenfalls nicht. Beziehungsweise: Sie ist nicht ruinöser als die einfache Rückkehr zur früheren Regelauslegung.

Es geht doch beim Passiven Abseits offenbar um die Regelung von Ausnahmefällen: "Dass ein Spieler, der verletzt an der Eckfahne liegt, womöglich minutenlang jeden Angriff unterbindet, weil er sich ja im Abseits befindet", das darf ,wie Kompagnon Martin dezidiert darlegt, nicht sein. Unbenommen - Recht hat er! Die Konsequenz sei nun also die Regelung 'Passives Abseits', die dies einzig wirksam unterbinde. An dieser Stelle erfolgt mein Einspruch!

Der Ausnahmefall, den das Passive Abseits regelt, ist ja jener: Ein Spieler steht eigentlich abseits, greift aber bis zum Ende eines Spielzugs nicht ins Spielgeschehen ein. Obwohl er de facto abseits steht, wird - das ist die Ausnahme die hier zur Regel wird - auf 'passiv abseits' entschieden: Das Spiel läuft weiter. "Dies abwarten zu können, macht einen guten Schiedsrichter aus. (Aber eben nur im Zweifelsfall, nicht aus Grundsatz.) Dies auszuhalten sollte jedem Zuschauer zumutbar sein", wie Kollege Zierold treffend feststellt.
Nun einmal andersrum gedacht: Passives Abseits ist abgeschafft. Ein Spieler liegt verletzt an der Eckfahne, normalerweise müsste er jeden Angriff unterbinden, weil er sich im Abseits befindet. Ohne jede verkomplizierende Extraregelung wäre es denkbar, in solchen Fällen - Ausnahme! - das Spiel nicht zu unterbrechen und den Spieler nicht als 'abseits' zu maßregeln. Man könnte meinen: Eine solche Situation richtig einzuschätzen, macht einen guten Schiedsrichter aus. (Aber eben nur im Zweifelsfall, nicht aus Grundsatz.) Dies auszuhalten sollte jedem Zuschauer zumutbar sein.

Zwei Gründe sprechen für die Abschaffung der umstrittenen Regel. Beide sind streitbar, und über ihre Triftigkeit verleiht vielleicht die geringschätzende Verachtung Ausruck, die ihnen gemeinhin entgegengebracht werden, insbesondere der zweite Einwand wird häufig belächelt.

1. Ich will intelligentes Verteidigungsspiel sehen, weil ich mich darüber zumeist mehr freuen kann als über krude, abseitsverdächtige Torerfolge. Das gilt insbesondere für die ja schon beinahe in Vergessenheit geratene Abseitsfalle, die heute im Prinzip unspielbar ist, weil kein Verlass mehr auf ein entsprechendes Votum der Schiedsrichter mehr sein kann. Wenn bei einem Freistoß oder Konter die Abwehrreihen beispielsweise kurz vor dem Moment der Ballabgabe aufrücken und gegnerische Stürmer in Abseits stellen, dann muss gepfiffen werden, unerheblich, ob 'abseits' positionierte Stürmer dann auch zwingend ins Spielgeschehen eingreift. Das ist ein Ausweis wirklich gekonnter Verteidigung, und darüber möchte ich mich wieder freuen dürfen anstatt verdächtig abseitsverdächtigen Stürmern beim Jubeln zuzusehen, wenn Abwehrreihen eigentlich alles richtig gemacht haben.

2. Wenn es Passives Abseits für einen Stürmer gibt, dann muss es das ganze umgekehrt auch für den Verteidiger geben. Beispiel: Angriff auf das VfL-Tor über die rechte Seite. Der gegnerische Stürmer erhält einen Pass und steht nur deshalb nicht im Abseits, weil auf der weit entfernten linken Seite ein VfL-Verteidiger näher zum Tor steht. Damit wird gewissermaßen nur passiv Abseits verhindert - erfolgen müsste ein Pfiff, jedenfalls wenn man der Passives-Abseits-Logik folgt. Der VfL-Verteidiger wird nämlich als Abseits-Verhinderer mißbraucht, obwohl er gar nicht aktiv ins Spielgeschehen eingreift. Bleibt alles beim Alten, muss endlich eine Erweiterung des Regelwerks um diesen Fall erfolgen. Kann man das wollen? Nein! Zur Vereinfachung des Spiels und für eine gewinnbringender vorzutragende Verteidigungs-Taktik leuchtet es vielmehr ein, die Causa 'Passives Absatz' ersatzlos zu streichen.

2 Kommentare:

Martin hat gesagt…

Das ist die schönste Zustimmung, die je als Widerspruch verpackt wurde... Danke, Kollege!

Martin hat gesagt…

Nach Vervollständigung des Artikels kann ich den Kommentar natürlich nicht mehr aufrecht erhalten. Passives Abseits für Abwehrspieler! Pah... (to be continued)