Dienstag, 15. August 2006

seitenwechsel #2

Auf schillernde Juwelen kann man von vielen Seiten blicken und staunen. Seit 1997 bereits beobachtet Seitenwahl für seine Leser das Gladbacher Geschehen, 2004 gesellte sich der VfLog dazu. Beide Projekte haben ihren eigenen unverwechselbaren Charme. Zu Beginn der Saison 06/07 kommt es nun zum SEITENwechsel: Seitenwahl und VfLog beginnen einen Briefwechsel, in dem alles möglich ist: Fachsimpelei, Verbalfouls, Streit und Harmonie. Solange die Tinte reicht, wird auf http://www.seitenwahl.de/ und auf dem VfLog künftig dienstags nach Spieltagen der Brief der jeweils anderen Seite veröffentlicht.

Unten der zweite Brief von Mike an Martin, Martins Antwort gibt es bei Seitenwahl.


Lieber Martin,

welch erfolgreiches Wochenende! Osnabrück und Borussia starten mit Siegen in die neue Saison, wenn auch beide etwas holprig. Die Floskel „Hauptsache drei Punkte“ kommt mir als Ästheten zwar schwerlich über die Lippen, doch möchte ich mich nicht vollends der Realität entziehen. Zum Sieg benötigt man eben nicht nur das eigene Glück, sondern oft auch das Unvermögen des Gegners.

Dein Wunsch, dass das Umfeld ruhig bleiben solle, hatte bis zur Halbzeitpause am Samstag Bestand, als ein Pfeifkonzert die Spieler in die Kabine begleitete. Man muss sich damit abfinden, dass in Mönchengladbach die Ansprüche gestiegen sind. Auf welcher Grundlage sie stiegen, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis. Wer sich noch vor einigen Jahren fußballerischen Größen der Marke van Houdt, Pletsch, Korzynietz, Stassin und Carnell angetan hat, der müsste heute in Ehrfurcht erstarren, sähe er den aktuellen Kader. Doch Zufriedenheit ist, so weiß der Betriebswirt, lediglich der Quotient aus Erwartung und Erfüllung. Hat das Ergebnis ein negatives Vorzeichen, so nennen wir es Enttäuschung. Doch ist der Fan im Allgemeinen sehr leicht zufrieden zu stellen. Gewinnt die eigene Mannschaft, und darum dreht es sich schließlich, wird der Frust der just erlebten Grausamkeiten schnell vergessen. Der Fußball ist wahrlich faszinierend! Er füllt inzwischen gar Feuilletons, erweckt Nationalgefühle, schafft pseudo-intellektuelle Weblogs und Online-Magazine und am Ende beschränkt sich alles auf die Differenz zweier Zahlen, die durch einen schlichten Doppelpunkt getrennt werden.

Und der Rest der Liga? Das Wochenende verhieß anfangs nichts Gutes, als die DFL den Zuschauer mit einer „Eröffnungsfeier“ konfrontierte, die peinlicher nicht hätte sein können. Das pathetische Abspielen der Nationalhymne, die tanzenden Gestalten auf dem Rasen, das Feuerwerk zu den Klängen von Robbie Williams´ „Let me entertain you“, all dies sind böse Ankündigungen eines Zustandes, den die Liga und das Fernsehen so dringend, die Fans aber umso weniger wollen: das Fußballspiel wird ein „Event“!
Doch solange die Schnoors und Strassers der Liga weiter über den Rasen rennen, grätschen und fehlpassen, bleibt ein Stück echter Fußball erhalten. Borussia hat seinem Strasser, Jeff Strasser, nun den Laufpass gegeben. Ein Mann für den anderen VfL?
Honi soit, qui mal y pense!

SEITENwechsel !
Mike

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Okay, das ist hier ein Fussballblog, ich weiss. Ich bin auch kein Mathematiker. Darum schreibe ich (normalerweise) auch nichts zu diesem Thema, wegen weil Glashaus uns so. Nur heute kann ich es mir dann doch nicht verkneifen.

Zufriedenheit ist der Quotient aus Erwartung und Erfuellung? Klingt toll. Ist aber zumindest in dieser Reihenfolge Unsinn, davon ausgehend, dass der Nenner des Bruches zuletzt genannt wird. Bis hierhin reine Klugscheisserei, zugegeben...

Enttaeuschung ist, wenn das Ergebnis ein negatives Vorzeichen hat? Das ist aber endgueltig Schwachsinn! Ein negatives Ergebnis ist naemlich nur moeglich, wenn Zaehler oder Nenner (ich bleib mal bei den Bruch-Ausdruecken, damit ich mich mit Dividend und Divisor nicht vertun kann - Glashaus, wir erinnern uns) negativ ist. Soweit also die Erfuellung ueberhaupt einen negativen Wert (erreichte Punktzahl minus 40???) annehmen kann, ist Enttaeuschung in diesem Fall zu selbstverstaendlich um sie in mathematische Gleichungen packen zu muessen.
Interessanterweise ist das Ergebnis indes auch dann negativ, wenn der Nenner, hier also die Erwartung, negativ ist. Wenn wir also nur Scheisse erwarten ist uns Enttaeuschung garantiert?

Manche Dinge klingen eben viel klueger als sie sind.

Nix fuer ungut, aber da konnte ich mich leider nicht beherrschen.

Gruss
Jan