Freunde der VfLiebe! Zum 82. Mal verständigen wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl über die Lage der Nation, d.h. der VfLs. Joachim bringt diese Woche einiges durcheinander und navigiert sich schon nach Unterhaching - da hat er wohl die Rechnung ohne Osnabrück in der Relegation gemacht. Martin antwortet wie immer bei Seitenwahl und zitiert - wie es sich gehört, wenn vieles im Arsch ist - Goethe.
Lieber Martin,
ich wollte eigentlich mit einigen Anmerkungen über Borussia beginnen, doch die Bayern haben uns mal wieder die Butter vom Nachrichten-Brot genommen. Hast Du das verstanden? Da verlieren sie gegen Schalke, und weil Cottbus Wolfsburg schlägt, schicken sie Klinsmann in die kalifornische Wüste und verpflichten Jupp Heynckes, um die Mannschaft psychisch zu stabilisieren, so daß sie doch noch Meister werden kann.
Gehen wir das einmal zu Fuß durch. Die Ausgangslage für die Bayern hat sich nicht verschlechtert. Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall, denn Wolfsburgs Siegesserie ist gerissen, und die Bayern selbst empfangen am nächsten Samstag zu Hause einen Aufbaugegner. Dennoch ist plötzlich der Drang vorhanden, entgegen allen Versprechungen (auch jüngsten Datums) ein mit gewaltigem Getöse angelegtes Projekt, das erhebliche Umschichtungen von Ressourcen mit sich brachte, holterdipolter zu beenden, um kurzfristig auf einen zweifelhaften Neuer-Trainer-Effekt zu setzen. Dieses psychische Meisterstück traut man ausgerechnet Jupp Heynckes zu (das muß man sich mal auf der Zungen zergehen lassen), der bei seinen letzten Trainerstationen nicht gerade für Abgeklärtheit, Nervenstärke und souveränen Umgang mit seinen Spielern berühmt wurde – und das alles nur, weil Jupp Heynckes ganz zufällig letztes Wochenende bei Familie Hoeneß im Urlaub war, um am schönen Tegernsee ein Weißbier zu trinken.
Ich bin ja an dieser Stelle geneigt, einen Rotkäppchen-Piccolo auf das Wohl von Rolf Königs zu köpfen. Was erscheint mir Borussia im Vergleich hierzu doch plötzlich als gut geführter Verein! Ich warte nur noch darauf, daß irgendein Vereinsvorstand demnächst in der Halbzeitpause des 34. Spieltags in die Kabine geht, sich im ARD-Videotext die Zwischenergebnisse aus den anderen Stadien anschaut und dann den Trainer feuert, weil auf einmal die Saisonziele in Gefahr sind und ein möglicher Nachfolger zufällig bereits im Stadion gesichtet wurde. Wäre das nicht wirklich konsequent?
Noch spaßiger finde ich dies alles, weil ich kurz zuvor vernehmen durfte, daß es Horst Köppel noch einmal wissen möchte und in Ingolstadt angeheuert hat. In In-gol-stadt… Gilt der Vertrag eigentlich für die Dritte Liga? Und ist das die große Fußballwelt? Bekommt Borussia in solchen Fällen noch Ablöse, und wenn nicht, wer hat da wieder gepennt? Und können wir noch andere gescheiterte Ex-Trainer an die Konkurrenz verramschen? Rausch nach Rostock, Bongartz nach Bochum, Werner nach Wuppertal, wir haben doch einen für jeden Anfangsbuchstaben (nur Advocaat geht vielleicht nach Belgien, wenn König Albert Wallonien an Abu Dhabi verkauft). Und wen kriegt dann Osnabrück? Otto, den Torhagel?
Andererseits, lieber Martin, und nun schlage ich wieder den Bogen zu den eigentlich wichtigen Dingen, nämlich der Dramatik dieser Borussen-Saison, eigentlich ist das alles doch erneut ganz großes Kino. Die Saison war ja Sonntag abend plötzlich schon fast gelaufen. Zwar herrschte im Borussia-Park nach dem Schlußpfiff eher Lethargie als die legendäre 1997er Duisburg-Katastrophenstimmung (Dus siehst, wir sammeln unsere Jahrgänge nicht beim Wein, sondern im Abstiegskampf), doch im Prinzip brach so manche Fußballwelt zusammen, und alle begannen, als letztem Strohhalm zum Cottbus-Spiel zu schauen und die Reise nach München als ärgerlichen Umweg in Kauf zu nehmen. Selbst Baumjohann hatte gerade die letzte Möglichkeit genutzt, sich selbst in München vom Platz zu entfernen. Und nun spielen wir nicht gegen die Bayern, sondern sind zu Gast bei Jupp Heynckes! Das hat doch was, zumal ich nicht glaube, daß die Bayern-Spieler auf einmal motivierter herumlaufen werden, nur weil Osram für mehr Licht sorgt. Nicht, daß ich Dir sagen könnte, wer da jetzt unsere Mannschaft inspirieren sollte, wo Baumjohann ausfällt und Marin völlig indisponiert ist, aber das ist ja egal, wir wissen, wie solche Spiele plötzlich laufen können. Und wenn nicht, müssen wir halt in Cottbus gewinnen. Und wenn wir das auch nicht tun, steigen wir halt ab – aber dann ist es ohnehin verdient, und wer bin ich, um mit dem allzeit gerechten Fußballgott zu hadern?
Übrigens, lieber Martin, ist auch Schach gerecht, und so verzehre ich – nachdem Du Deinen König auf f1 versteckt hast – mit meiner Dame genüßlich Deinen Springer auf g4 (Da steht er doch noch? Mein Zettel wird langsam unübersichtlich. Ich sollte mir mal ein Schachbrett kaufen, aber der Ewald hat mir so viele Zettel hinterlassen, als er gehen mußte, da zehre ich immer noch von.).
Es grüßt Dich in der Hoffnung, daß unser Navigationssystem uns weiter in die Allianz-Arena und nicht nach Unterhaching führt, wenn wir "München" eingeben,
Dein Joachim
Donnerstag, 30. April 2009
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