Freunde der VfLiebe! Es geht weiter: Woche für Woche schreiben wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl Briefe über die Lage der Nation, d.h. der VfLs. Derweil das Stellungsspiel auf unserem Redaktionsschachbrett anders als jenes der Borussia immer schlechter wird, haben wir die Schachuhr diese Woche angehalten: Aber der nächste Zug kommt bestimmt. So lange mögen wir es prosaischer, wie immer bei Seitenwahl. Joachim übt sich derweil als Tierquäler.
Lieber Martin,
ich sehe, Dir geht es wie mir: Du flüchtest von Zeit zu Zeit in die Berge, um niemanden sehen zu müssen. Sozusagen körperliche Anstrengung als Auslöser einer Katharsis (nein, das ist kein griechischer Erstligist). Und Du hast Erfolg: Du hast Dein Schachbrett vergessen, was die Gedanken von der Verluststellung fernhält, in die Du Dich hineinmanövriert hast. Oder planst Du eine Wiederauferstehung nach Art von Borussia? Kleine Rochade, sage ich Dir, das hilft immer, siehe erneut Borussia. Oenning nach Nürnberg, Meyer nach Mönchengladbach, eine feine Variante.
Nur kommt jetzt Bochum. Was haben wir in der Vergangenheit über Bochum gespottet und darob gar einen Leserbrief erhalten. Nun, die nächsten Stunden spotten wir nicht mehr, denn so, wie Du auf einer Fahrt nach Köln einen Dreier einplanst, so rechnest Du gegen den VfL aus dem staubigen Revier mit einem 2:2. Es gibt im Fußball solche Naturgesetzlichkeiten. Sie sind nicht erklärbar und dennoch real, anders als die Hirngespinste eines Fox Mulder, dem Scully von Zeit zu Zeit die Hammelbeine langziehen muß. Was mich tröstet, ist freilich, daß der schnauzbärtige Speckjacken-Mourinho für Arme derzeit in Duisburg weilt, da muß ich mich wenigstens nicht auf persönlicher Ebene echauffieren, wenn wir wieder in der letzten Minute der Nachspielzeit ein Gegendingens fangen. Doch nützt uns der Punkt? Nun, ich denke, jeder Punkt nützt, und man kann selbst als Rückrunden-UEFA-Cup-Platz-Inhaber nicht jedes Spiel gewinnen.
War sonst noch was? Ja; Du regst Dich über Gedenkminuten-Störer auf, zurecht. Gleichzeitig fehlt mir bei den sonstigen Unpäßlichkeiten in der verbotenen Stadt, über die berichtet wird, der Hang zum Dramatisieren. Wenn ich vorgestern wieder den Reporter bei Sängetiäng gegen Bremen gehört habe, weiß ich, warum. Der hätte ja am liebsten Hundertschaften der Feuerwehr plus beide Bushs persönlich einfliegen lassen, weil da ein paar Bengalos aufflammten. Ich dachte die ganze Zeit nur: Junge, komm mal runter, aber er kam nicht. Nun, bald stehen Länderspiele an, da kannste wieder die politisch korrekten DFB-Fan-Marionetten sehen, die sich nach Durchleuchtung im Nacktscanner und Abgabe aller Flüssigkeiten, einschließlich der im Hirn, mit offiziellen Fanclub-Artikeln ausstatten und höflich sitzend den Sieg gegen Liechtenstein beklatschen. Ich sage nicht, daß alle so sind, aber diese ganze Idee des DFB-Fanclubs ist wirklich malle: Als müßtest Du erst in einem Verein registriert sein, um die Mannschaft zu unterstützen, die Dein Land repräsentiert. Nun, mir kann es egal sein, ich bin Preuße, da stellt sich die Frage anders, auch wen ich vermuten würde, daß Podolski, Trochowski und Klose auch in der preußischen Nationalelf spielberechtigt wären.
Wie komme ich jetzt von Preußen nach Österreich, ohne über 1866 und Königgrätz zu sprechen? Weilst Du überhaupt noch in Österreich, oder bist Du schon in Südtirol? Nein, auch das leitet auf glattes Terrain, und damit meine ich nicht Deine Alpengipfel. Vielleicht sage ich es so: Das letzte Mal, daß ich in den Alpen wanderte (in einem herrlichen Hochtal in Österreich, dessen Lage ich nicht verrate, weil ich da auch beim nächsten Mal niemanden sehen will), begegnete mir allein eine Steinbock-Kuh (ich rede hier nicht vom Sternzeichen, sonder von echten Tieren), die sich ausgesucht höflich verhielt und mir nach kurzem Begutachten den Vortritt auf ihrem Trampelpfad ließ. Mir kam da sofort ein anderer Bock in Erinnerung, stinkender, kleiner, einfach schäbiger, mit Namen Hennes, und ich fühlte mich ähnlich wohl wie Du, als Du per SMS die Zwischenergebnisse des letzten Wochenendes abklopftest. Immerhin, und das gestehe ich jetzt mal gönnerhaft de Kölnern zu, haben sie überhaupt ein Tier als Maskottchen. Was habe die Bochumer, frage ich und warte auf neue Leserbriefe. Gibt es ein endemisches Tier im Ruhrpott, klein, Höhlenbewohner, mit wenig zufrieden, gerne vertikal pendelnd und immer mit ein wenig Panik nach Westen schielend? Wenn nicht, dann müßte es vielleicht erfunden werden, gerade wenn wir doch das nächste Spiel gewinnen sollten.
Wer will Klinsmann oder Daum, frage ich Dich mit zufriedenem Gruß, wenn er Meyer und Wie-heißt-er-noch hat,
Dein Joachim
Freitag, 20. März 2009
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