Mittwoch, 4. März 2009

seitenwechsel #76

Erst wenn der letzte Tropfen Tinte zu Papier gebracht ist, wird diese Brieffreundschaft enden. Woche für Woche schreiben sich Joachim von Seitenwahl und Martin einen Brief über die Lage der Nation, d.h. vor allem der VfLs. Zur Ablenkung spielen sie jetzt auch noch Schach, was Joachim ganz kurzatmig werden lässt. Martin holt für seine Antwort weit aus, wie immer nachzulesen bei Seitenwahl.

Lieber Martin,

Sb8-c6. Bringen wir also Springer ins Spiel, wobei ich die Pferde im Schach meine, sonst hätte ich ja Gaul gesagt. In ein paar Zügen tauschen wir sie dann ab, dann sind wir sie los. Die Springer. Oder wir behalten sie noch ein wenig, um sie dann unvermeidlich doch noch los zu werden. Die Springer-Dinger. Im Schach. Oder so.

Du siehst, meine Sätze werden immer kürzer. Ich möchte ja heute auch mal von Teilen der Leser verstanden werden, denen ich sonst intellektuell zu hoch bin. Daher bemühe. Ich mich jetzt. Wenigstens ein paar. Sätze mit höchstens.
Vier Wörtern. Zu verwenden.

Und Absätze einzubauen.

Ich sollte auch noch ein paar dieser Wörter fett drucken. Und ein Bild verwenden, das zwar inzwischen sechs Jahre alt ist, aber scheiß drauf.

Hauptsache.
Die.
Story.
Paßt.
Zwischen die Bilder.

Du mußt zugeben, das hat was von konkreter Poesie. Und stell Dir vor, wie viele Leser ich dann hätte! Naja, ich habe früh gelernt, daß Qualität und Erfolg einsam machen. Genauso übrigens wie Mißerfolg, wobei wir bei Borussia wären (wir sind eigentlich immer bei Borussia, aber jetzt sind wir mittenmang, wie Ihr im Norden sagt). Borussia hatte es ja fast geschafft, den Nordpark-Publikumszulauf auf Bökelbergverhältnisse herunterzuwirtschaften, da hat sie plötzlich gewonnen. Wir durften eine Woche hoffen, dann kam das Anti-Bremen-Erlebnis: Gut gespielt (zumindest eine Halbzeit), doch verloren.

Geht es uns jetzt schlechter? Und was sagt uns das für das Hamburg-Spiel?
Meine Antworten als Fohlen-Nihilist lauten "nein" und "nichts" (sollte ich anstatt "Fohlen-Nihilist" besser "Pferde-Verächter" oder "Springer-Neinsager" sagen, um von meinen kurzsätzigen Lesern besser verstanden zu werden?). Bald haben wir die Beletage der Liga durch, dann kommen die Schmuddelkinder, und wir müssen punkten. Und ich denke, wir werden punkten, so wie wir gegen Hannover gepunktet haben. Dann geht es uns besser, und Fußball-Deutschland sieht es auch.

In diesem Sinne, lieber Martin, fasse ich mich heute kurz. Ich jette jetzt nach Florenz, und wehe, da liegt noch der Dante auf dem Krankenbett. Dem werde ich dann mit dem Mutu der Verzweiflung Beine machen. Und wenn ich ein Talent sehe, 16 Jahre alt, 1 Meter 55 groß und mit zwei linken Beinen, dann kaufe ich es für Borussia. Für die dreißig Cent, die ich dann Wechselgeld retour bekomme, kaufe ich mir noch einen Reporter und lasse ihn darüber berichten, wie dieser mediterrane Siegfried von Rotkäppchen gemobbt wird.
Spaß muß sein. Hauptsache, die Zote stimmt (oder heißt das "Quote")?

Den Klassenerhalt mit einer Pulle Prosecco feiernd grüßt Dich

Dein Joachim

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Chapeau für den längsten Blog-Satz ever und große Kunst!