Mittwoch, 28. Februar 2007

leserbrief an karl kraus

Vor einer Woche haben wir um Leserbriefe an Karl Kraus gebeten. Wir haben Waschkörbe voller schöner Texte erhalten, den schönsten wollen wir heute, wie angekündigt, veröffentlichen. Glückwunsch an Torsten, der als Gewinn ein Reclam-Heft mit Gedichten von Heinrich Heine erhält, als Trost in diesen schweren Zeiten.

Mein lieber Karl Kraus, hochverehrter Kenner der feinen Schriften,

mit Schrecken las ich in Ihrer "Fackel", dem fußballinfizierten Hirne bleibe der Zugang zu Shakespears Werken verborgen. Da muss ich Ihnen kräftig widersprechen! Allsamstäglich erlebe ich, als getreuer Fußballanhänger, eine Tragödie, die sich weder Schiller, noch Goethe, noch oben genannter Shakespeare hätte erdenken können. Mit viel Liebe zum Drama, mit reichlich tragischen Helden tritt meine Borussia an, das Kulturgut auch auf dem Fußballplatze aufrecht zu erhalten.
Werter Herr Kraus, könnten Sie nur erleben, wie dort gelitten, geliebt, gebangt und gehofft wird. Sie müssten Ihre Worte umgehend widerlegen und würden in das allgemeine Wehklagen einstimmen. Sollten Sie einmal das Rheinland aufsuchen, lassen Sie es sich bitte nicht nehmen, den Fußballplatz der Mönchengladbacher Borussia zu besuchen. Sie werden sehen, dass ich mit keinem Wort übertreibe. Vielleicht darf ich Sie eines Tages neben mir auf der Tribüne begrüßen und wir fiebern gemeinsam einem guten Ende, wie es bisher nur der Großmeister der englischen Rede zu verfassen vermochte, entgegen.

Mit verbindlichsten und freundschaftlichen Grüßen,

Ihr Torsten Braun

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