Von Tim
Es gibt Entscheidungen, die fallen einem leicht. Trinke ich noch ein Bier? Lasse ich die Socken an beim Sex? Akzeptiere ich den Lottogewinn? Und es gibt solche, die schleppt man schier ewig mit sich rum. Leiste ich mir den Flatscreen-Fernseher? Fordere ich jetzt endlich die längst fällige Gehaltserhöhung? Mache ich Schluss mit meiner ehemals großen Liebe, die längst keine mehr ist oder hoffe ich weiterhin darauf, dass die großen Gefühle noch einmal wiederkehren?
Die letzte Frage hat mich seit mehr als einem Jahr beschäftigt. Jetzt ist die Entscheidung gefallen. Ich mache Schluss. Schluss mit Borussia. Ich bin ab sofort kein Gladbach-Anhänger mehr.
Das eine vorweg: Diese Entscheidung steht in keinem Zusammenhang mit dem (absolut nachvollziehbaren) Rücktritt von Jupp Heynckes. Die Gründe sind andere.
Um mit einem Verein zu sympathisieren, mit ihm leiden zu können, ja, ihn vielleicht in einer bestimmten Art und Weise sogar zu lieben, muss es eine emotionale Basis zwischen Spielern, Verantwortlichen und Fans geben. Diese Basis ist zwischen mir und Borussia längst nicht mehr vorhanden. Da ist nicht mal mehr ein morscher Steg, der unter Umständen wieder zu reparieren wäre. Da ist nichts mehr.
Woran ich das merke? Man müsste mich wohl beim Bundesliga gucken beobachten, um es zu sehen. Oder besser: Um nichts zu sehen. Ausgleich für Mainz in der 90. Minute – kein vor Wut auf den Tisch schlagen. 0:2 in Cottbus – kein: „Ihr lahmen Luschen!“ Und selbst bei einem nie für möglich gehaltenen 1:1 in München: Keine Hand zum Himmel. Nicht mal ein Finger.
Natürlich habe ich mich nicht erst seit gestern gefragt, wie ich in dieses Stadium der Gleichgültigkeit verfallen konnte. Und da Fußball nun mal ein einfaches Spiel für einfache Menschen wie mich ist, ist auch die Antwort auf diese Frage eine einfache. Der Borussia fehlen seit Jahren die Typen. Da ist kein Spieler auf dem Platz, von dem ich auch nur ansatzweise behaupten könnte: „Wäre das geil, so Fußball spielen zu können wie der!“ Ich kenne von den meisten Rautenträgern nicht mehr als ihre Namen. Ich weiß fast nichts über sie. Ich interessiere mich nicht für sie. Weil sie mir nicht den Eindruck vermitteln, dass sie mein Interesse verdienen.
Natürlich ist das auch das Ergebnis einer verfehlten Einkaufspolitik. Ich will hier gar keine Vergleiche ziehen zu anderen Vereinen. Vielleicht nur soviel: Es ist durchaus möglich, innerhalb von mehreren Jahren den ein oder anderen guten bis sehr guten Spieler zu holen, der langfristig für Stabilität und Identifikationspotenzial sorgt. Dass für mich nicht ein aktueller Borussia-Spieler dieses Potenzial besitzt (Kasey Keller vielleicht ansatzweise ausgenommen), wird wohl niemanden verwundern.
Vor ein paar Wochen hat mich ein kleiner Junge gefragt, wer meine Lieblingsmannschaft sei. Nach kurzem Zögern sagte ich: „Ich hab’ keine!“ Und hatte damit eine Entscheidung getroffen. Zugegeben: Es ist leicht, das Schiff zu verlassen, wenn es im Begriff ist zu sinken. Beschimpft mich! Nennt mich Verräter! Zeigt mir den Effe!
Und dann fragt Euch, wie es war, als Ihr mal Schluss gemacht habt, weil da einfach nichts mehr war.
Freitag, 2. Februar 2007
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4 Kommentare:
Mit Borussia kann man nicht Schluss machen!
Nach heute nachmittag immer noch standhaft mit Deiner Entscheidung?????
Mit Sonck, Kahe, Delura, Degen und wie sie alle heißen kannst du Schluss machen. Mit Jansen auch?
Mit Simonsen? Mit Netzer? Mit Rahn, Mill, Kamps? Matthäus? Heynckes? Mit dem 12-0, dem 7:1, dem 10:0? Mit der schwarz-weiß-grünen Raute, die du in der Schule auf die Bänke geschmiert hast? Mit all den Toren, die du auf die Garage im Hinterhof gemacht hast, in der Vorstellung, du wärst Allan Simonsen? Mit dem weißen Trikot, mit den schwarz-grünen Längsstreifen, auf dessen Rücken deine Mutter eine "2" genäht hat? Mit dem viel zu langen Schal, den dir deine Patentante anlässlich des Spiels gegen Bayern im September 1978 gestrickt hat?
Also ich muß meinen Vorgänger echt Respekt aussprechen! Toller Beitrag!
Du kannst also mit Borussia einfach Schluss machen?
Ich könnte das nie! Meine Borussia ist eine Herzensangelegenheit, mir zerreisst das Herz bei einer Niederlage, mir zerbricht das Herz wenn der Whorst Case eintreten sollte- der Abstieg. Aber egal was passiert- ich bleibe IMMER Borusse, gemäß dem Borussen Lied!!!!!
Ich kann es nicht richtig beurteilen, aber wenn Du so schnell aufgibst, dann warst Du nie ein richtiger Fan. Was sollen denn Fans von Vereinen wie z.b. dem FC Kölle sagen? Die sind doch noch schlimmer dran als Aufzugsmanschaft..... und trotzdem haben die viele Fans.
Junge, geh mal in Dich und revidiere ggbf. Deine Entscheidung!
Gruß, ZUMI!!
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