Montag, 19. September 2005

konstruktives misstrauen

Unser Beitrag von gestern hat für große Resonanz gesorgt. Einige Kritik, aber auch viel Zustimmung findet sich bei den Kommentaren auf unserem Blog und in diversen Foren. Die optimistischsten Fans hoffen, dass sich die Debatte nach einem Sieg gegen Werder morgen erübrigt. Doch daran kann ich nicht glauben – ein Sieg würde mich freuen, keine Frage, aber er ändert ja nichts an dem sehr grundsätzlichen Problem, dass wir beschrieben haben.

Auch ist es müßig, darauf hinzuweisen, dass nach einem Sieg gegen Köln alle begeistert gewesen wären und niemand eine Krise beschworen hätte. Natürlich hätten drei Punkte gegen Köln eine eigene, positive Dynamik gebracht. Selbstverständlich wäre dann hier niemals in der Nacht zu Sonntag "gebt uns unsere borussia zurück" gefordert worden und auch Tower hätte nicht anderswo "Hallo – Aufwachen!" gefordert. Nicht an diesem Wochenende, aber wohl doch am nächsten oder übernächsten.

Denn noch einmal: In der Kritik steht nicht primär das schlechte Spiel gegen Köln. In der Kritik steht nicht einmal allein der mäßige Saisonstart. Der Rückblick auf die letzten zwei Jahre ist es, mit seinen Trainerwechseln, dem bajuwaresken (allein: größtenteils erfolglosen) Transferverhalten und der zunehmenden Entfremdung von den Werten, die Borussia einst ausgemacht haben, dieser Rückblick stimmt traurig – Köln war nur der Tropfen, der hier das Fass zum Überlaufen brachte; den Kommentaren zu unserem Post ist zu entnehmen, dass einige Fans schon lange dieser Meinung sind und manch einer auf dem Weg zu ihr.

Daher ist es auch nicht richtig zu behaupten, hier würde eine Fortsetzung des erfolglosen dauernden Trainer-Wechsel-Dich-Spiels gefordert. Ich bin nicht dafür, dass X geht, Y kommt, 4 neue Spieler für Y verpflichtet werden und Y dann nach einem Jahr wieder gehen muss. Ich hoffe auf das grundsätzliche Eingeständnis, dass die Politik bei Borussia in den letzten Jahren gescheitert ist. In Teilen ist diese Einsicht offenbar auch längst vorhanden, sonst hätte Hochstätter kaum gehen müssen. Borussia ist heute nur noch ein Schatten ihrer selbst – nicht, weil sie nicht international spielt, darum geht es eben nicht. Das Bittere ist vielmehr, dass sich Borussia verhält, als wäre sie ein x-beliebiger Club, sie feuert Trainer, tauscht ganze Mannschaften aus und ist damit selbst: austauschbar. Unser Präsident hat recht, es gibt eine Marke Borussia. Diese Marke, die die Fans Mythos nennen, besteht vor allem in den Herzen der Fans – für BWLer: der Kunden. Wenn aber Borussia seine Werte und seine Alleinstellungsmerkmale vergisst, dann ist sie nur noch Mittelmaß, dann sind bald auch Mythos und Marke tot. Eine Borussia dagegen, die wie heute etwa Freiburg oder Mainz zu erkennbaren Werten steht, kann auch auf einem Abstiegsplatz stehen, und ihre Fans würden sie lieben.

Vor diesem Hintergrund ist meine Forderung, dass Horst Köppel gehen sollte, zu sehen. Es geht mir nicht um dumbes Trainer-Raus!-Gebrüll, sondern um ein konstruktives Programm: Ein Abschied von ihm macht für mich nur dann Sinn, wenn der Verein dies verbindet mit dem Eingeständnis einer grundsätzlichen Krise, für die Horst Köppel selbst nichts kann. Aber er ist eben auch nicht der Mann, der sie überwinden könnte (nicht zuletzt, weil er nie das uneingeschränkte Vertrauen der Vereinsführung hatte, seine dramatischen Fehleinschätzungen der letzten Wochen graben nur weiter an seiner Autorität). Ich wünsche mir ein Gladbacher Manifest, in dem der Verein sich dazu bekennt, anders sein zu wollen als Bayern München und Borussia Dortmund – nicht nur ärmer und schlechter. Ein Manifest, dass sich dazu bekennt, mit kreativen und intelligenten Mitteln am sportlichen Erfolg zu arbeiten, nicht mit mittelmäßigen Neuverpflichtungen und einem rasanten Trainerkarusell. Und für eine solche kreative, intelligente, sympathische, andere Borussia brauchen wir auch einen neuen Trainer, der für Zukunft steht und für eine solche grundsätzliche Neuorientierung.

Ein solcher Weg würde dann auch von den Fans viel Geduld verlangen. Aber er wäre ein Aufbruch, mit dem man wieder uneingeschränkt Stolz sein könnte, VfLer zu sein. Mit einem solchen Verein würde ich erhobenen Hauptes auch in die zweite Liga gehen. Es mag naiv, romantisch klingen und unangemessen in einer Zeit, in der Profi-Fußball auch Wirtschaft ist. Aber wenn ich einen Verein liebe, will ich auch romantisch sein dürfen.

14 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wer schönen Fußball sehen will, sollte zu den Amateuren gehen, hat DA doch mal gesagt. Vielleicht wärst Du mit Deiner Einstellung auch besser bei einem Amateurverein aufgehoben? Ich jedenfalls will Erfolg, keine Freiburger Fahrstuhl-Borussia, die dafür politisch korrekt und "sympathisch" ist!

Anonym hat gesagt…

Den Begriff Freiburger-Fahrstuhl Borussia gibt es gar nicht, da der FC Freiburg bei Leibe kein Fahrstuhl- Verein ist! Ganz im Gegenteil! Diesen Verein zeichnet heute noch das aus, was auch die Borussia mal ausgezeichnet hat. Ausgezeichnet hat wohlgemerkt.

Anonym hat gesagt…

Es ist so traurig, dass Eure beiden Artikel mir so aus der Seele sprechen!!

Anonym hat gesagt…

Tut mir leid...aber wenn ich diese und diverse Kommentare in den MG-Foren lese, schäme ich mich, seit 40 Jahren ein Fan dieses Vereins zu sein. Ich glaube, dass 95,989379 % a) nie Fussball gespielt haben, b) mithin gar nicht wissen, worüber sie sich unangemessen aufregen und c) dieses Scheiss-Internet als Plattform für eine Meinung vertreten, die sie einem niemals in die Augen sage würden.
Arme Fussballwelt..
Verlieren gehört zum Sport und wer dann nicht zu seinemVerein hält, mit ALLEN seinen Mitarbeiters, der sollte weiter Playstation spielen und andere Fans nicht nerven.

Anonym hat gesagt…

Vielleicht hat es damit zu tun,das den Horst alle gut leiden können.Etwas Kritik ist immer fördernd,aber bitte nur konstruktiv wie in diesem Beitrag.
Die Verschleissmechanismen greifen bei einem Trainer,der "mein Onkel" sein könnte etwas schneller wie normal.
Umdenken ist angesagt,auch über sich selbst.
Schönrederei bringt niemandem etwas.
Vor einem Jahr hies es noch "wir haben scheisse gespielt" und heute"Sprachprobleme,Abstimmungsprobleme"etc.Ich hoffe das die Besinnung,auf das was Gladbach mal auszeichnete,bald stattfindet(Angsthasenfussball ade!!).Dann darf aus dem "Onkel" auch ein "Schleifer" werden.
Ich hoffe das bei Horst diese Entwicklung stattfindet damit er im Amt bleibt.

Anonym hat gesagt…

ich glaube schon das die meisten hier wissen wovon sie reden. es ist nämlich absolut kein aufschwung zu erkennen. und das schon seit jahren. wir treten nicht einmal auf der stelle sondern bewegen uns jahr für jahr einen schritt zurück. die mannschaft zeigt keinen biss. horst köppel ist nur unser trainer weil peter pander vor der saison kaum eine andere wahl hatte. ich denke, es muß endlich ein junger und erfolgsorientierter trainer her. matthias sammer fände ich nicht schlecht.

Anonym hat gesagt…

auch ich verfolge das geschehen nun seit fast 25 jahren und muss heute sagen, dass es mir fast egal wird wie unsere borussia spielt. ich würde auch unterzeichnen, dass es stätig bergab geht, obwohl von jahr zu jahr gesagt wir:...wir sehen die fehler, wir verstärken uns...., wir wollen mit dem abstieg nichts zu tun haben. und wie lang ist die liste mit den spielernamen der letzten 5 jahre? kennen die neuen spieler noch den begriff derby? wissen zugereiste den wert eines spieles gegen köln? oder ist auch dies etwas wie ein normaler "arbeitstag nach vorschrift". jetzt gibt es jedoch wieder eine ausrede, wenn die leistung nicht stimmt, die da wäre: englische woche. ich habe diese ständig über das jahr verteilt und wenn ich meine leistung in der firma nicht bringe bin ich raus und verdiene dann nicht genügend geld auf der tribüne. somit bin ich auch der meinung dass ein neuer trainer kommen muss, der 1. ein mannschaftsgefüge findet, 2. genügend pepp und biss hat, 3. mit den medien umgehen kann sowie modernen fußball pflegt und endlich die angsthasenmentalität aus den köpfen und beinen holt. es tut mir weh, den zerfall meines vereins so mit ansehen zu müssen.

Anonym hat gesagt…

Im gleichen 'Atemzug' muss ich da lesen - "...und einem rasanten Trainerkarusell. Und für eine solche kreative, intelligente, sympathische, andere Borussia brauchen wir auch einen neuen Trainer" - und fasse mir angesichts dieses sich selbst wiedersprechenden Nonsens an den Kopf. Glaubt da wirklich jemand allen Ernstes, dass ein weiterer 'Söldner' - diesmal auf der Trainerbank - zum geforderten und nachgetrauertem 'Mythos Borussia' beitragen könnte?

Anonym hat gesagt…

Jetzt auf einmal brüllen Sie wieder Köppel raus. Vor ein paar Wochen noch wurde der Vorstand geradezu genötigt Horst Köppel weiterzubeschäftigen. Es ist doch erstaunlich wie schnell sich die Fähnchen im Wind drehen.

Anonym hat gesagt…

Der Artikel spricht mir aus der Seele.
Die Art und Weise wie sich unsere Mannschaft auf dem Platz präsentiert ist alles andere als erquickend und die Politik der letzten Jahre ist schon sehr befremdend. Ist hier ein Ende in Sicht? Nein! Nächste Saison brauchen wir altersbedingt wieder Ersatz für X Leute (Helveg, Elber, Ziege usw.). Wir wollen doch einfach nur ein bißchen mehr Kontinuität!

Anonym hat gesagt…

unglaublich, wie - wie wird hier gesagt - "romantisch" einige denken...im grunde nix schlimmes aber wenn ich höre, nach freiburger oder mainzer art...pöööh...hallo? warum spielt den mainz gerade in frankfurt im uefa-cup und nicht "am bruchweg"?...kohle machen, sie streben ebenso dazu, wirtschaftlichen aufschwung zu erlangen, sie machen ansonsten aus der not eine tugend...aber ich bin mir sicher, die meissten der fans und verantworlichen würden sehr gerne den "bruchweg" gegen den borussia-park tauschen wollen...es wäre fatal, wenn der verein mit der früheren wirtschaftlich erzwungenen vereinspolitik weitermachen würde...!
zugegeben - die letzten jahre waren sehr mau, zig neue spieler, mehrere trainer...aber diese vielfalt an den vorhandenen, durchaus qualitativ guten spielern muss jetzt ausgenutzt werden, aber ob profi oder kreisliga-spieler, wenn du eine neue mannschaft mit neuen fast komplett neuen spielern gründen willst, muss sie sich einspielen können...und dafür brauch sie zeit...einspielen im training ist eine sache, einspielen unter wettkampfbedingungen eine andere....also lasst all den akteuren noch etwas zeit, wie horschtl sagt, am zehnten spieltag mal einen strich drunter machen udn dann wird man weiter sehen...

Anonym hat gesagt…

Hey, Hey...

es ist doch alles schon zu spät. Glauben wir doch nicht, wir könnten das Rad noch einmal zurückdrehen, im hiesigen kapitalistischen System, solange sich die politischen (und auch weltwirtschaftlichen Gegebenheiten) nicht geändert haben.

Wundert ihr euch wirklich über die Entwicklung der Borussia, wenn sie einen König zum Präsidenten hat und sich ein superschickes Stadion hinbaut. Die vielen Trainerwechsel sind doch auf eben auf diese 'betriebwirtschaftlichen' Ambitionen zurückzuführen. Wenn ein Unternehmen halt nicht so recht funktioniert, dann wird der CEO ausgetauscht.

Kurz und knapp, mit diesem Präsidenten und mit diesem allgemeinen Trend der Vereinspolitik, wird sich hier auf alle Fälle nichts ändern.
Vielleicht sollte man es mal auf die Mainzer Art versuchen und immer jubeln und singen und klatschen, egal wie der Spielstand ist.

Dann hätte der Herr König zumindest Schwierigkeiten, seine 'Unternehmenspolitik' der ständigen Entlassungen und Neukäufe zu rechtfertigen.

Anonym hat gesagt…

Stell euch doch einmal vor, wie langweilig es wäre, wenn wir diesmal nicht gegen den abstieg spielen würden. Für das internationale geschäft langt es wohl eher nicht, dann lieber wieder zittern als langweilige spiele, wo es um nichts geht. Ist meine ehrliche meinung - lieber jede woche ein "Endspiel"!

Anonym hat gesagt…

Köppel, Horst:
bildet mit Jansen, Marcell zusammen eine der wenigen Konstanten und romantischen Eckpfeiler des aktuellen Kaders.
In den Augen vieler Fans der rote Faden zu den "sympathischen" Vereinszeiten.

Auch eine verblümte "Neuanfangs"Idee ist nicht neu, sondern ein Auswuchs dieser Unsitte des steten Wechsels, wenn es hakt. Viele Fans(-ja, sie sind es!)haben sich an diese Vorgehensweise scheinbar gewöhnt und sägen alsbald am schwächsten Glied.

Selbstverständlich ist Köppel kein offensichtlicher Hitzfeld, jedoch hat in der Tat noch bisher kaum einer eine eingespielte Mannschaft auf dem Platz gesehen in den letzten Jahren.

Der Rückschritt, den ein erneuter Wechsel bringen würde, scheint manchen nicht klar zu sein und das Risiko zu Beginn der Saison noch zu erhöhen, wäre nur fahrlässig.

Es ist ein wenig wie in der Nationalmannschaft: Da die Zahl der "Kleinen" abnimmt, erscheint man zwangsläufig auch kleiner.
Sollten erwähnte Mainzer&Freiburger mehr auf der Kante haben, so wie wir, erginge es ihnen genauso. Wo sit die Geduld für die 2-3jährige Umbruchphase hin verschwunden?

Ich hoffe, nicht nur aus persönlicher Unruhementalität und Veranlagung zum Zu-Viel-Denken(-ja, das gibt´s!)werden ständig neue Umbrüche gefordert.
Denn mit Vereinsentwicklung hat das nicht viel zu tun, sondern leider wirklich nur mit Fan-Entwicklung, obwohl die Unzufriedenheit, die über Jahre wuchs, durchaus ihre Berechtigung hat.

Der geforderte Neuanfang wäre in meinen Augen nur in 2 Zweitligajahren möglich.
Jedoch hätten wir einige Zeit nach dem Aufstieg diesselben Probleme durch neue Spieler und unruhiges Umfeld, Medien, etc.

Es ist die Gebetsmühle, doch gebt ihr eine Chance, ihr Treuesten der Treuen:
Der Kampfgeist wird zurückkommen, wenn auch nicht bei jedem verfluchten Spiel. Schade um´s Derby, die Mitgereisten und die Stimmung am Arbeitsplatz, aber gut für die nahe Zukunft.

Danke fürs Lesen und Glück/Erfolg auf,
Manuel Oswald !