Montag, 10. August 2009

"wir hätten locker einen kader von 30 mann füllen können!"

Der dritte Teil der VfLog-Interviews mit Karsten Baumann. (Teil 1 | Teil 2)

Nutzen Sie die Kontakte zu ehemaligen Kollegen heute noch: Spielt etwa Tobias Nickenig deshalb jetzt beim VfL, weil Sie mal mit Pierre Litbarski zusammen in einer Mannschaft waren?

Mit Litti habe ich jetzt gar nicht gesprochen, aber natürlich gibt’s die Verbindungen, speziell natürlich zu Köln. Und mittlerweile ist es eben so, dass Mitspieler von damals auch in Positionen kommen, wo sie was zu entscheiden und was zu sagen haben. Das wird natürlich von Jahr zu Jahr interessanter. Wenn ich allein sehe: Mein ehemaliger Zimmerkollege Horst Heldt ist jetzt Manager in Stuttgart. Das ist schon schön zu beobachten.

Wann gibt’s den ersten Neuzugang hier aus Stuttgart?

Werden wir sehen, wann wir uns den leisten können. (lacht)

Sie sind im dritten Jahr Trainer? Was ist noch Traumjob, was nervt es?

Es ist definitiv noch ein Traumjob. Die tägliche Arbeit mit den Spielern, kein Tag ist wie der andere, es passiert immer was, man hat viele verschiedene Charaktere. Das macht unheimlich viel Spaß. Absoluter Traumjob!

Und das Drumherum, dass Sie sich mit Journalisten rumschlagen müssen oder gute Mine zu anstrengenden Sponsoren machen?

Ja, das ist ja alles noch harmlos. Als es in Erfurt mal nicht so gut lief, da war es nicht so angenehm, aber wenn man verliert, dann ist natürlich alles relativ. Dann muss man vielleicht auch bei der Lebensqualität ein paar Abstriche machen, aber das gleicht man durch Siege aus und durch Feiern.

In der Stadionzeitung stand: „Absolut begeistert vom VfL!“ In Erfurt gab es bestimmt auch eine Stadionzeitung, in der es hieß: „Absolut begeistert von RWE“. Was ist der Unterschied?

Ich glaube, die beiden Vereine kann man nicht miteinander vergleichen. Osnabrück ist sicherlich zwei, vielleicht drei Nummer größer als Erfurt. Osnabrück hat selbstverständlich das schönere Stadion. Hier gibt es eine ganz andere Fußballkultur in der Stadt, wo die Leute wirklich mit dem VfL und für den VfL leben. Die Begeisterung ist überragend. Die war in Erfurt zwar auch da, aber das war alles noch ein bisschen familiärer. Und hier bin ich gleich mit den Leuten warm geworden, das hat in Erfurt ein bisschen gedauert. Ich möchte aber nicht, dass irgendetwas Negatives über Erfurt rüber kommt, im Gegenteil: Erfurt war auch schön, aber es ist jetzt abgehakt.

Die Mannschaft startet mit 14 Neuzugängen in die Saison. Wenn Sie jetzt bereits in den Zeitung die große Analysen und Prognosen mit großem Lob oder harrscher Skepsis lesen – nervt das oder lachen Sie drüber?

Weder noch. Ich nehme es zur Kenntnis, schaue mir das an, und vielleicht trifft der eine oder andere ja genau meine Einschätzung. Dann freue ich mich, und über die anderen Dinge gehe ich hinweg.

Ihr Vorgänger Claus-Dieter Wollitz klagte immer sehr über die mangelhafte Infrastruktur in Osnabrück, was etwa die Trainingsbedingungen angeht. Stimmen Sie ein in das Klagelied?

Im Moment noch nicht, aber wir haben ja noch keinen Winter. Da werde ich mal den Winter abwarten. Bis jetzt bin ich absolut zufrieden. Das ist auf jeden Fall ein Quantensprung zu Erfurt. In der 3. Liga gibt es Vereine, die haben beileibe nicht die Möglichkeiten, die der VfL hat, wenn ich allein das Stadion und das Trainingsgelände sehe. In Wuppertal mussten wir immer mit Bullis zu verschiedenen Trainingsplätzen fahren. Da lag bis März Schnee, so dass wir nicht trainieren konnten. Da sind wir hier schon ein bisschen verwöhnt.

Osnabrück ist im letzten Jahr auch gescheitert, weil die Mannschaft keine Mannschaft war. Nun hört man, die Jungs zögen auch abseits des Platzes mal zusammen los. Wie wirklich ist das wirklich für Teamgeist und Zusammenhalt, wenn man mal gemeinsam kegeln geht?

(lacht)
Ich weiß nicht, ob sie kegeln waren, aber ich glaube schon, dass das wichtig ist. Bei so vielen neuen Leuten müssen sie sich natürlich auch erstmal beschnuppern. Man hat gemerkt, die ersten Tage waren sie alle ein bisschen reserviert. Jetzt tauen sie auf, und jetzt wird’s auch ein bisschen lauter in der Kabine. Und natürlich freue ich mich darüber, wenn sie dann mal mit der ganzen Truppe weg gehen. Das ist ja nicht so, dass die dabei nur Blödsinn machen, sondern die reden auch über Fußball. Letztlich ist es aber selbstverständlich trotzdem so, dass nur Spiele die Mannschaft zusammenschweißen können, und so was wie gegen Rostock war da natürlich genial für den Zusammenhalt.

Sie sagen, Sie hätten bewusst in Qualität investiert und nur die Spieler verpflichtet, die Sie unbedingt haben wollten. Kennen Sie den Markt so gut, dass Sie auf Anhieb 15 Neuzugänge auf dem Zettel hatten, die gut in die Mannschaft und zum VfL passen?

Ich bin ja nicht der einzige Verantwortliche. Lothar Gans hatte hervorragende Vorarbeit geleistet, und ich hatte mir natürlich auch meine Gedanken über Spieler aus der 3. Liga gemacht, die ich kenne und die wirklich gut sind. Lothar Gans kannte sich gut aus in der 2. Liga. Und so haben wir unsere Listen zusammen gefügt, und da standen ganz schnell eine Menge Spieler drauf. Wir hätten locker einen Kader von 30 Mann füllen können, aber das war nicht unser Ziel.

Ruft man nicht mal einen Spielerberater an und sagt: ‚Du, ich bräuchte noch...! Hast’e nicht...?’

Ne, es war andersrum. Wir haben gesagt: ‚Den Spieler wollen wir haben. Wer ist der Berater? Den rufen wir an.’ So rum war’s.

Am Mittwoch im letzten Teil des Interviews lamentiert Karsten Baumann über Standardsituationen und verrät Kabinenrituale vor dem Anpfiff.

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