Donnerstag, 26. Juli 2007

ach, dummchen!

Nein! Nein, nein, nein! – So möchte man einmal wieder laut rufen, und ausnahmsweise ist es nicht Gladbach, wo einmal mehr etwas schief läuft, sondern diesmal Osnabrück. Dort nämlich, wo einer auch schon wieder vier Jahre alten Studie zufolge die glücklichsten Menschen Deutschlands leben, hat man nun eine Werbekampagne entworfen, die ihresgleichen sucht: Man bewirbt sich im Modus der totalen Verniedlichung: "Willkommen im Weltstädtchen" steht nun an der Stadtgrenze, vorm Rathaus steht "Capitölchen", vor einem Torbogen "Brandenburger Törchen", vor einer Skulptur "Sphinxchen" und - ja! - vor der Osnatel Arena "Hexenkesselchen"! Ein Wunder, dass auf der Website von Osnabrück noch "Friedensstadt Osnabrück" im Titel steht statt "Friedensstädtchen" (man stelle sich dies - nebenbei - einmal im selbstbewussten Münster vor! Undenkbar.). Bürgermeisterchen Boris Pistorius findet das alles "herrlich ehrlich", schließlich sei klar, dass man nicht Berlin, München oder Hamburg sei, auch nicht sein wolle, aber man habe praktisch all deren Angebote auch, "nur eben alles ein wenig kleiner". Na bravo!

Kurz blitzt die Frage auf, ob es nicht wirklich die Dummheit ist, die glücklich macht, aber das kann nicht sein, denn schließlich sind es nicht die glücklichen Osnabrücker Menschen, die sich diese Kampagne erdacht haben, sondern irgendwelche Marketingfuzzis, die in der Regel meist eher traurige Gestalten sind, und in diesem Fall mag ich anfügen: recht so! Was Pistorius und seine Männchen sich da ausgedacht haben und für selbstbewusst und selbstironisch halten, wirkt doch eher wie die Verzweiflungstat unterdrückter Minderwertigkeitsgefühle und krankt an einem zentralen Denkfehler: Kleine Städte sind nicht dann lebenswert, wenn sie genau wie Großstädte sind, nur kleiner. Sie sind lebenswert, wenn und weil sie anders sind als Metropolen.

Wenn ich das Capitol will, fahre ich nach Rom. Ich will entweder herausragendes Theater sehen oder gar keins. Kein Theaterchen. Ich möchte entweder großes Kino sehen, oder gar keins. Kein Daumenkino. Ich will entweder in einem Hexenkessel stehen, oder vor dem Fernseher lümmeln. Nicht im Hexenkesselchen Fangesängchen hören, während das Stürmchen ein Schüsschen aufs Törchen abgibt. Ist Osnabrück jetzt Legoland?

Osnabrück hat vieles, was es einzigartig macht. Dazu gehört der VfL. Wenn die Stadtoberen ihre Stadt künftig als "der herrlich ehrliche kleinere Abklatsch von Städten, die wir nie erreichen können" vermarkten möchte: bitte sehr. Aber aus unserem VfL lassen wir kein VfLchen machen. Die Osnatel-Arena bleibt ein Hexenkessel, die Atmosphäre bleibt einzigartig und wir begnügen uns auch nicht mit einem Pünktchen. Vielleicht geht dies mit sanften Schlägchen aufs Hinterköpfchen auch in das Hirnchen der Verantwortlichen(chen?).

Wer unserer Meinung ist, der schreibe doch eine Mail an oberbuergermeister@osnabrueck.de mit dem Betreff "Die Osnatel-Arena ist kein Hexenkesselchen". Gerne in CC an think-big@vflog.de, wir dokumentieren dann den Verlauf der Debatte.

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich erlaube mir ein Kommentärchen: Ihr sprecht mir aus dem Seelchen! Noch heute geht die Mail raus...

Anonym hat gesagt…

Ich könnte ausrasten! Wenn das kein Hexenkessel ist, weiß ich's nicht!

Anonym hat gesagt…

Hui, jetzt macht ihr aber Ernst, was? Osnabrück ist ja sooo einzigartig. Und der Osnabrücker an sich offenbar einzigartig unfähig, auch mal über sich selber ein bißchen zu lachen...

Anonym hat gesagt…

Wenn allerdings im "Hexelkesselchen" künftig folgerichtig auch nur noch ein verniedlichter Eintrittspreis fällig würde, könnte ich der Aktion auch etwas Gutes abgewinnen.

Anonym hat gesagt…

Ja, man stelle sich das mal im selbstbewussten Münster vor. Ich bin Münsteraner und wohne seit zwei Jahren in Osnabrück. Und ich finde die Kampagne gut. Richtig gut sogar. Weil sie nicht so peinlich ist wie das Getue um die "lebenswerteste Stadt der Welt nach Toronto". Gemeint ist Münster laut Eigenwerbung. Wie? Münster, Toronto - war da nicht noch ein kleiner Unterschied? Da lob ich mir die Marketingfuzzis, die Osnabrück den Stempel "herrlich ehrlich" aufgedrückt haben. Das gefällt mir an Osnabrück: dass sich die Stadt nicht größer macht, als sie ist - und sich mit dem, was sie hat, aber auch nicht verstecken muss. Hexenkesselchen find ich klasse. Was wohl ein ManU-Fan sagen würde, wenn sich die Bremer Brücke als Hexenkessel bezeichnen würde? Aua! "Hexenkesselchen" sagt mir: Wir sind hier nicht gerade in Manchester, aber hallo, hier geht die Post ab! Und Humor haben die in Osnabrück auch. Mehr als die Münsteraner.

Anonym hat gesagt…

@ Münsteraner

Genau so isses zu verstehen. Als in Münster lebenden Osnabrücker leuchtet's mir jedenfalls sofort ein ;-). MMn ist es jedenfalls gerade das Gemeckere über eine solche Kampagne, dass irgendwelche Minderwertigkeitsgefühle blos legt. Frei nach dem Motto: Wagt ja nicht, an unserem Besonderssein zu rütteln, es könnte ja sein, dass es leicht umzustoßen ist...
Der gemeine Westfale oder Süd-West-Niedersachse neigt aber halt auch nicht unbedingt zur Selbstironie...

Anonym hat gesagt…

Den Jungs hier auf diesem Blog vorzuwerfen, sie verfügten nicht über Humor oder Selbstironie wirkt auf mich denn doch so, als würde man George W. Bush vorhalten, er habe kein Verständnis für den Einsatz militärischer Mittel. Nun denn.

Vielleicht ist das Problem der Kampagne aber auch genau dies: In Osnabrück mag man sie, den sie schmeichelt dem Selbstbild, dass man doch gar nicht sooo provinziell ist und fein über sich lachen kann. Von außen aber wirkt sie aber doch eher bemüht und lachhaft. So jedenfalls meine Meinung als Borusse, der Osna nur dank dieses Blogs schätzen gelernt hat.

Anonym hat gesagt…

Für mich als Osnabrücker, welcher in Münster sein Geld verdient, die Preuxxen belächelt und dem VfL seit 1984 seine Ehre erweist, ist die Werbekampagne der Stadt mit dem Hexenkesselchen als gelungen zu bezeichnen. Wir müssen uns doch nichts mehr vormachen. Die Bremer Brücke heute als Hexenkessel zu bezeichnen, wäre leider weit hergeholt. Das war sicherlich mal Einer (in den 80ern) im erweiterten Sinne. Heutzutage kann man die Spiele, in welchem man die Brücke als Solchen bezeichnen kann, doch an einer Hand abzählen. Die Ost hat sich stark verändert. Aber gut. Ich kann mich ansonsten dem Münsteraner hinsichtlich seines Kommentares anschließen. Solange wir dem Gegner im Hexenkesselchen Bremer Brücke das Fürchten lernen, ist doch alles Roger!

Anonym hat gesagt…

Die Kampagne ist weder witzig , noch gut . Täglich fahre ich über die Mindener in die Stadt rein . Seit einigen Tagen vergeht mir die Lust hinter der AB Brücke weiterzufahren . "Willkommen im Weltstädchen" . Tut mir leid . das ist lächerlich . Gibt es wirklich irgendjemand , der das Banner "Brandenburger Törchen" lustig findet ?

Das Ding ist voll daneben , und ein schlechter, schlecht erzählter Witz .
Keiner lacht .

Anonym hat gesagt…

Und wer noch mehr Gründe hat, kein Disneybrück möchte und den VfL nicht zum VfLchen werden lassen möchte, bitte auf http://www.ganz-schoen-bloedchen.de/?p=4 mitmachen, und schreiben, was man "ganz schön blödchen" findet!