Unter Umständen würden fünf Minuten Torwarttraining für die meisten voreiligen Torwartfehler-Rufer reichen, um sie künftig zum Schweigen zu bringen. Nun bringt es das Torwarthandwerk aber bedauerlicherweise mit sich, dass nahezu jeder verlorene Zweikampf umgehend kapitale Folgen hat, ärgerliche dazu. Das spielt den "Den muss er doch haben"-Protestierern mächtig in die Karten. Versuchen wir's trotzdem, und nähern wir uns den drei beliebtesten Situationen: Einem Freistoß, der von außen als Flanke getreten wird, einem Schuss aus 30 Metern und einem schnellen Konter.
Der Freistoß, gleichermaßen der Klassiker: Auf rechts außen ruht der Ball, eine Zweimannmauer davor ("Wenn er schon eine Mauer stellt..."), im Strafraum tummelt sich die versammelte Kopfballkraft der eigenen wie der angreifenden Mannschaft. Allein zwischen kurzem Pfosten und Torwächter - sechs Spieler: drei Stürmer samt Verteidiger. Der Ball wird von einem Rechtsfuß lasch in den Strafraum getreten, mit Drall Richtung Tor. Er fliegt an Freund und Feind vorbei, auch am Torwart, und holpert geradezu in die lange Ecke. Klarer Fall von Torwartfehler. An ihm schließlich wäre es gewesen zu antizipieren, dass keiner der ambitioniert zum Kopfball aufsteigenden Mit- oder Gegenspieler den Ball erreichen werde und deshalb gefahrlos die kurze Ecke zu vernachlässigen sei.
Der Weitschuss: Meist fallen Weitschusstore ja, wenn spielerisch nicht viel geht, wenn die Abwehr kompakt steht, wenn die Außen dicht sind, wenn überhaupt wenig Bewegung im Angriffsspiel ist. Dann stehen also gering geschätze fünfzehn Spieler höchstens 40 Meter vom Tor entfernt. Fünfzehn Körper, dreißig Arme und Beine. Einer von denen schießt mit, sagen wir, 80 km/h aufs Tor, sechs weitere versuchen, sich irgendwie dem Ball in den Weg zu stellen, leider vergeblich. Die Kugel schlägt nicht besonders platziert flach rechts unten ein. "Ein guter Torwart hat den!" Er hat ihn jedenfalls dann, wenn er vorher weiß, wer wann wohin und an wem vorbei schießt.
Der Konter, mittleweile auch ein Klassiker: Der Torwart von heute spielt mit, ist der letzte Verteidiger, ist fußballerisch auf der Höhe und anspielbar, wenn es mal hintenrum gehen muss. ("Unser Kipper ist nicht so ein Kahn, der kann was am Ball!") Dafür steht er, wenn die eigene Mannschaft angreift, gern auch mal etwas weiter vor dem Tor, 30, 35 Meter vielleicht. Leider vertendelt ein Vollhorst von Mittelfeldspieler den Ball völlig überraschend auf halbrechts. Blöd daran: Die ganze Mannschaft ist in Vorwärtsbewegung. Es geht ruck-zuck: Der Gegner am Ball, drei kurze Pässe, der Mittelstürmer lupft den Ball aus gut 40 Metern über "unseren Torwart, der viel zu weit vor dem Tor stand. Klarer Fall: Torwartfehler!"
Mittwoch, 4. Juli 2007
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