Mittwoch, 21. März 2007

seitenwechsel #25

Auf schillernde Juwelen kann man von vielen Seiten blicken und staunen. Seit 1997 bereits beobachtet Seitenwahl für seine Leser das Gladbacher Geschehen, 2004 gesellte sich der VfLog dazu. Beide Projekte haben ihren eigenen unverwechselbaren Charme. Seit Beginn der Saison 06/07 gibt es nun den SEITENwechsel: Seitenwahl und VfLog haben einen Briefwechsel begonnen, in dem alles möglich ist: Fachsimpelei, Verbalfouls, Streit und Harmonie. Solange die Tinte reicht, wird auf Seitenwahl und auf dem VfLog der Brief der jeweils anderen Seite veröffentlicht.

Zu unserer Silberhochzeit, dem fünfundzwanzigsten Seitenwechsel nämlich, hat an dieser Stelle mal wieder Mike vorgelegt. Martins wenig euphorische Antwort über die blonde Dirne Abstieg lest Ihr bei Seitenwahl.

Lieber Martin, lieber Maik,

dass Borussia ein ganz besonderer Verein ist, ist weder Euch noch mir neu. In den vergangenen Jahren konnte man davon jedoch relativ wenig spüren, zu einfältig, zu langweilig wurde Borussia. Ein traditionsreicher Erstligist mit einem neuen Stadion, der krampfhaft und mit ständigem Hinweis auf Vergangenes wieder nach oben will: das ist noch heute eine Beschreibung, die man auf 50% aller Erstligisten zutrifft. Und heute? - Es ist bemerkenswert, unrational, ja, fast faszinierend, was sich zurzeit in Mönchengladbach abspielt.

Als gestern Voronin zum 1:0 traf, herrschte in der BayArena kurze Stille (denn das, was in Leverkusen der "Torjubel" ist, gilt in vielen anderen Stadien als Gemurmel während der Halbzeit-Bratwurst). Danach brüllten die Mönchengladbacher Fans "VFL, VFL, VFL!". Ein beeindruckender Moment, der sich da abspielte. Auf der Vereinshomepage von Borussia wird ein Artikel mit "Jetzt erst recht" überschrieben, selbst in meiner geschätzten Redaktion entwickeln sich chronische Pessimisten zu Hoffnungsträgern, die an den Klassenerhalt glauben. In den vielen Foren-Diskussionen häufen sich die Threads, in denen mutige Fans ihre Hochrechnungen präsentieren und es scheint, als überbiete man sich gegenseitig in den Argumenten, warum es für Borussia reichen wird. Ob dies an Luhukay, Ziege, einem Spieler oder dem verrückten Wetter liegt, ist schwer einzuschätzen; das sollen die Psychologen der schreibenden Bürgersteig-Presse machen.

Nun könnte man dem Mönchengladbacher Anhänger durchaus attestieren, er verkenne die Realitäten. Fünf Punkte Rückstand, noch ausstehende Spiele gegen drei Spitzenclubs, dazu der Dusel der Konkurrenten im Abstiegskampf, die dummerweise immer dann gewinnen, wenn sie unmittelbar vor Borussia platziert sind, die Mannschaft schießt immer noch wenige Tore, ist nach wie vor nicht zielstrebig genug.
Im Grunde ist es traurig, dass erst existenzbedrohliche Situationen entstehen müssen, damit man in Mönchengladbach wieder zusammensteht. Ich schrieb vor knapp zwei Wochen, dass die Fans am Niederrhein sich noch vor einigen Jahren freudig die Hände gerieben hätten beim Ausblick auf einige "Endspiele". Als ich dies schrieb, herrschte Resignation vor. Nun, einen Heynckes und einen Pander weniger, reibt man sich die Hände. Das ist schön, das ist wichtig. Wir haben uns bei SEITENWAHL dazu entschieden, für die letzten Wochen der Saison ein wenig von unserer sonst so kritischen journalistischen Distanz abzurücken und bekennen uns zum Motto "Ein Team".

Glaube versetzt Berge, so heißt es. Vielleicht schafft man es in Mönchengladbach sogar, durch den Glauben den eigenen Berg zu versetzen. Ein Stück Bökelberg, nein, den ganzen Bökelberg in den BorussiaPark. Also den Ort, der so lange für fußballerische Höhepunkte, für Leidenschaft, für unvergessene Spiele stand.
Und da Musik in unseren SEITENwechseln in den vergangenen Wochen oft ein Thema war - und sogar mein äußerst geschätzter Kollege Joachim Schwerin Liedtexte zitierte - schließe ich auch diesmal mit einigen Zeilen aus dem unerschöpflichen Fundus der Musik. Ich gebe zu, die Auswahl meiner Songs mag bisweilen einfach sein. Heute ist sie sogar kitschig-dramatisch, aber hat genau die Kraft und die Energie, die freigesetzt werden muss. So sangen die Herren von Manowar einst folgende Zeilen:

"From the darkness I walk into the light
From the day I walk into the night
From the shadows I will appear
With a message for all who will hear

For the weak of heart I will be strong
To the defenders of faith I will belong
Till the last of us fight till we die
Till the keys of the kingdome are mine

All stand together for the world to see
Now the time is right to live out all our dreams
Say the words forever, your strength will never leave
If you want to win the fight, say I BELIEVE!"


Ich glaube daran.
Es grüßt Euch
Mike

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