Falls es jemand noch nicht weiß: Ralf Rangnick wurde heute von einem Verein aus Gelsenkirchen entlassen. Ich gähne. Persönlich habe ich nichts gegen den Herrn, im Gegenteil. Doch was gerade auf Schalke passiert (Trainer im Management unbeliebt, Trainer will Vertrag nicht verlängern, damit es nicht heißt, sein Vertrag sei vom Management nicht verlängert worden, Management entlässt Trainer vorzeitig), ist so absehbar wie der Kopfschmerz nach einer durchzechten Nacht, und die Knappen demonstrieren einmal mehr, dass in und um die Diebels-, Warsteiner-, Veltins- oder wie-sie-auch-gleich-heißt-Arena nicht weniger Chaos herrscht als am Gelsenkirchener Hauptbahnhof. Doch während der gerade fit für die WM gemacht wird, ist mit einer Fertigstellung des Assauerschen Größenwahnprojekts S04 wohl niemals zu rechnen.
Doch nicht nur das Ruhrpott-Chaos der Zigarilleros und Gossen-Machos verliert an Unterhaltungswert. Ausgerechnet, während alle Welt von unserer WM-Euphorie spricht, während die Fernsehrechte an der Bundesliga wieder Rekordpreise erzielen werden, ausgrechnet da möchte ich anmerken: Ich bin bisher ein wenig enttäuscht vom Saisonverlauf 2005/2006.
Als Fohle habe ich natürlich keinen Grund zu klagen. Oder doch? Dieses Wochenende gab es wieder ein Unentschieden. Warum denn auch nicht. Wir verlieren nur sehr selten (und nur dann, wenn ich es ausdrücklich vorher genehmige). Und wir stehen auf Platz 6, neun Punkte von einem Abstiegsrang entfernt, neun Punkte auch entfernt vom ewigen Rivalen Köln. Hätte man mir dies vor einem Jahr als Vision angedient, ich hätte sofort angenommen. Aber, seien wir ehrlich: Von der Euphorie der Siegesserie, dem Sturm-und-Drang der neuen Borussia ist nur noch wenig zu spüren. Stattdessen: Kein Grund zu Klagen. Aber auch noch kaum ein Grund, zuzuschauen. Lähmende Sicherheit macht sich breit, wenn man samstags um 1530 auf die Uhr schaut und weiß, irgendwo in Deutschland treten gerade meine Borussen an. Die Sicherheit, dass man nicht verpassen wird, wenn man nicht dabei ist, dass man auch bei einer Niederlage nicht in Gefahr ist, die Ahnung, dass auch diesmal wieder kein Sieg herausspringen wird und dass das scheinbar im Gladbach vielen ganz egal ist.
Doch während die Raute im Herzen das totale Desinteresse ewig verhindern wird und dafür sorgt, dass ein guter Teil der hier behaupteten Gladbach-Ödnis nur rhetorisch vorgetäuscht ist, weil die grüne-schwarz-weiße-Liebe auch in ruhigen Zeiten Herzklopfen verursachen kann, lässt mich der Rest der Liga derzeit wirklich kalt. Auf Platz 1: Bayern. Natürlich. Gefolgt von genau den Klubs, denen man auch schon vor der Saison die Verfolgerrolle zugedacht hatte, im vollen Bewusstsein, dass sie alles es einmal mehr nicht packen werden. Die erste Überraschung in der Tabelle sind denn auch die Fohlen, und von denen wussten wir Gladbacher doch auch schon immer, dass sie mindestens auf Platz sechs gehören. Oben also nichts, was besondere Spannung verheißt.
Und selbst dem guten, alten Abstiegskampf, ohnehin in den letzten Jahren der hinkenden Titel"rennen" so etwas wie eine Ersatz-Meisterschaft, fehlt derzeit der Zunder. Auch unten steht niemand, der dort nicht auch hingehörte, und wenn die Plätze 15-18 unter sich ausmachen, wer der ersten Liga Adieu sagen muss, dann kann eigentlich sportlich niemand etwas dagegen haben. Aber wo bleibt da die Spannung?
Kurzum: Ich gratuliere Bayern München heuchelnd zur Herbstmeisterschaft, verabschiede mich mental bereits in die Winterpause, wünsche noch nette Kicks bis Weihnachten – und der Bundesliga für 2006 dann wieder einen echten Kick. Wenn Bayern nochmal richtig strauchelt, Ballack zu Leverkusen zurückgeht, Köln in der 93. Minute des letzten Spieltags die Klasse erhält (um uns am Niederrhein weiterhin differenztheoretisch aufzuwerten) und Gladbach in die Champions-League einzieht, bin ich auch mit dieser Saison wieder versöhnt.
Montag, 12. Dezember 2005
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