Immer wieder mittwochs. Oder donnerstags. Egal, jedenfalls ein Mal in der Woche gibt es ihn, den Seitenwechsel mit den lieben Kollegen von Seitenwahl. Seit der vergangenen Saison schreiben wir uns gewöhnlich mittwochs, manchmal auch donnerstags Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe - mit noch immer wachsender Leidenschaft. Diesmal montiert Dr. Mike Lukanz, 30, Kindersitze in sein Cabriot und sinniert über Gerechtigkeit. Martin, 30, antwortet bei Seitenwahl - als Vater und Sohn in Personalunion!
Lieber Martin,
nach einer kleinen Pause melde ich mich in dieser Woche und nach durchaus ereignisreichen Tagen zurück. Wie ich mit Freude lesen konnte, hat sich Christoph in der vergangenen Woche mit Euch auf hohem Niveau ausgetauscht. Er schafft es immer wieder aufs Neue, selbst vordergründig banale Dinge in bildreiche Sprache zu packen. Man könnte meinen, er hätte in Literaturwissenschaften promoviert.
Ja, seit ein paar Tagen bin auch ich 30. Ich habe eine schöne Feier im Kreise einiger guten Freunde und Familienmitglieder feiern können, war dabei nach langer Zeit mal wieder dem Alkohol zugeneigt. Schöne Geschenke habe ich bekommen! Ich werde zum Pokalfinale nach Berlin fahren, darauf freue ich mich sehr. Ein Vater-Sohn-Wochenende, wer macht sowas noch? 30 Jahre. Vor knapp zehn Jahren bedeutete diese Grenze für mich das Ende des Lebens. Ich sah mich mit Kombi, Reihenhaus und eigenem Kräuteranbau im Garten und diesen braunen "Herzlich Willkommen"-Fußmatten vor der Tür, natürlich inklusive des Türschildes aus Ton, das man immer auf Trödelmärkten kaufen kann und auf dem so lustige Dinge wie "Hier wohnen, lieben und streiten sich Mike, Maren, Jana-Maria und Philipp-Tobias Lukanz". Ups, hab ich Maren gesagt? Doch was ist heute? Ledig, kinderlos, freier Journalist und Student, Wohngemeinschaft, altes Cabrio und statt eines Tonschildes ein kleiner Papierstreifen mit meinem Namen auf der Türklingel und dem Briefkasten. Die Größe der Türschilder schickt die Singles in die Depression, ich sag’s Dir.
"Generation Doof" heißt das Buch, das ich zurzeit als Nachtlektüre lese und von einigen Kommilitonen zum Geburtstag bekam (und was als Tatsache alleine schon bemerkenswert ist). In der Uni sind zwar die "Feuchtgebiete" der Charlotte Roche der aktuelle Renner, aber schenken wollte mir das dann doch keiner. Die "Generation Doof", so steht es dort, ist die Gruppe der heute 15- bis 45-jährigen. Bedient werden übliche Klischees. 9 Live, Klingeltöne, Konsumkinder, DSDS & GZSZ statt einfach nur SZ. Nette Lektüre insgesamt, aber manchmal frage ich mich, was mehr nervt: die tatsächlich vorhandene "Generation Doof" oder der Rest dieser Generation, die ständig meinen, darüber etwas schreiben zu müssen. Ich habe das Buch noch nicht ganz durch, bin aber gespannt, ob das Verhältnis junger Männer zu Fahnen und Feuerwerk thematisiert wird. Da fällt mir ein: hat es einen Grund, dass die "wilden Kerle" genau so heißen?
Abschließen möchte ich einen Mönchengladbacher Fan zitieren, der in den Stunden nach dem Spiel am Montagabend seinen Traum in folgende Worte packte: "I have a dream. 34. Spieltag, K’Lautern-Köln. Beide brauchen einen Sieg, beide scheitern. Die Saison hat ihre Gerechtigkeit."
Liebe Grüße
Mike
Donnerstag, 10. April 2008
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