Die Welt ist dieser Tage an vielen Stellen tragisch. Auch das Ende eines Jahres ist unter Umständen ein tragisches Ereignis. Trotz unserer lieben Mühe vom 29. September 2005, den Gebrauch des Wortes "tragisch" zu disziplinieren, bleibt alles wie gewohnt: Unbelesen und falsch. Ein guter Grund, es im Rahmen unserer Best-Of-Reihe und stellenweise aktualisiert noch einmal zu versuchen:
Die Tapete ist rot, das Bier schmeckt. Das Lokal ist halb gefüllt, ein schönes Lokal. Die Musik ist angenehm nebenbei. Beim Chinesen eben lief keine Musik, auch gut. Im Fernsehen vorher im Hotel spielte Hertha gegen Nikosia. Irgendwie hat Hertha gewonnen. Drei zu eins, vielleicht auch vier zu eins. Vielleicht auch zu null. Wen interessiert das schon.
Hertha gegen Nikosia oder Leverkusen irgendwo anders sind grundsätzliche Gründe für einen Abend ohne Fußball. Angesichts dieser Tragödien ziemte sich ein angemessener Umgang mit dem Wort "tragisch". Stattdessen muss man sich wundern, wie tragisch gemeinhin Mitmenschen mit dem Wort "tragisch" umgehen. (Ich sagte übrigens gestern zu Martin: Der Mensch an sich ist ein eher unangenehmer Zeitgenosse.)
Wie dem auch sei: Tragisch ist ein solcher Abend allemal. Die bewusste Entscheidung gegen Fußball ist notwendig auch eine bewusste Entscheidung gegen die Freuden des Lebens. Trotzdem ist Fußball nicht Berlin oder Leverkusen. Es wird aber suggeriert, es müsste so sein. DSF tut zum Beispiel so, aber auch Berti Vogts, der sogar mal in Leverkusen Trainer war. Tragisch also die Einsicht, dass Fußball und Freude sich in manchen Fällen abstoßen. Tragisch, trotz des schönen Lokals.
Genau genommen können Menschen aus Leverkusen und Berlin das Wort "tragisch" gar nicht korrekt gebrauchen. Sie sind davon erlöst. Tragik nämlich erfordert ja generelle Ausweglosigkeit. Generelle Ausweglosigkeit ist ein Stadium, das in Leverkusen und Berlin schon Lichtjahre überschritten ist. Fußball ist keine Kategorie mehr, in der dort gedacht wird. Wo VfL ist, wird noch Fußball gedacht. Wo Fußball als Leverkusen oder Hertha verpackt wird, ist Ausweglosigkeit bei den anderen. Und Tragik. Ob in einem schönen oder unschönen Lokal, ob mit Musik oder ohne. Der Abend ist ohnehin nicht mehr zu retten. Und die Tage bis Anfang Februar auch nicht.
Samstag, 29. Dezember 2007
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