Du liest sehr viel. Hast Du drei Buchtipps, für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis?
(Lacht.) Für Profis würde ich „Schuld und Sühne“[1] empfehlen, das ist ein extrem geiles Buch. „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ eignet sich für Einsteiger, das ist verdammt philosophisch, aber auch sehr spannend zu lesen. Und mittendrin vielleicht „Der Fremde“ von Camus.
Und welche CD läuft gerade in Deinem Auto?
(Lacht.) Da läuft wirklich Mozart. Wir haben ja Mozartjahr, da habe ich mir so eine Jubiläumsbox gekauft, die höre ich gerade.
Stimmt die Legende, dass in der Mannschaft Dein Spitzname „Mozart“ entstand, weil in Deinem Auto Beethoven lief?
Nein, Orff, die Carmina Burana. Das war ganz witzig.
Kommen wir abschließend noch zu Zukunftsplänen. Zwischendurch gab es ja immer wieder Gerüchte um einen Wechsel, in Mainz ist Dein Wagen gesehen worden, Du warst bei 1860 im Gespräch. Ist das Thema abgeschlossen?
Damals hatte ich ja von Dick Advocaat die Aussage, dass er ohne mich plant. Es wäre fahrlässig gewesen, sich dann nicht nach Alternativen umzuschauen. Ich wollte ja nicht auf Teufel komm raus den Verein verlassen. Jetzt ist die Situation ganz anders. Ich spiele wieder regelmäßig, bringe wieder Leistung, auch wenn es immer noch besser geht. Aber ich fühle mich wieder recht stark, deswegen gibt es auch keinen Grund etwas in Frage zu stellen.
Wenn aber natürlich ein großer Name für meine Position kommt, und ich wäre dann das fünfte Rad am Wagen, dann ist es wieder eine andere Situation. Da kann man schwer Prognosen anstellen. Im Moment fühle ich mich wohl und es macht auch wieder Spaß.
Welche sportlichen Ziele hast Du persönlich noch, unabhängig von konkreten Vereinen?
Ich werde immer versuchen, mein Spiel der Kunst anzunähern. Ich mag diese Formulierungen nicht, „ich will DFB-Pokalsieger werden“, oder „ich will bei Bayern München spielen“. Solche Ziele treiben mich nicht um. Ich möchte mein Spiel ästhetischer und effizienter zugleich machen, das wäre mein Anspruch. Daneben steht noch der Wunsch, irgendwann auch mal ins Ausland zu wechseln, am liebsten nach Südfrankreich, in der Nähe des Meers… Das wäre verlockend.
Unvermeidliche Frage 2006: Wo landet Deutschland bei der WM?
Ich sehe das nicht so pessimistisch, ich glaube schon, dass es bis zum Viertel- oder Halbfinale gehen kann. Beim Confed-Cup hat man doch gesehen, was wir für eine starke Mannschaft haben, und mit der nötigen Leidenschaft und Euphorie ist sicher einiges möglich.
Jetzt kommt noch unser Abschlussspiel. 10 Satzanfänge, die Du bitte vervollständigst:
10. Meine am meisten unterschätzte Eigenschaft…
(Lacht.) Das ist verdammt schwer. Auf dem Fußballplatz: meine Laufstärke.
9. Wenn ich Freunde zu mir einlade, koche ich am liebsten…
…gar nichts. Ich bin kein Koch.
8. Mit dem VfL Osnabrück verbinde ich…
…Regionalliga?
7. Manchmal habe ich heimlich gehofft, bei der WM im eigenen Land…
Das wäre gelogen, wenn ich das formulieren würde, was Du suggerierst.
Wie wär’s dann mit: …Urlaub zu haben?
Nein, weder noch.
6. Die Vorstellung, nicht Fußballprofi geworden zu sein, und heute nach einem geisteswissenschaftlichen Studium arbeitslos zu sein…
…ist keine schöne Vorstellung. Aber die Möglichkeit, arbeitslos zu sein, habe ich für mich nie in Betracht ziehen müssen.
5. Wenn ich an den Bökelberg denke…
…dann habe ich noch diesen Bratwurstgeruch in der Nase, das war das Geilste: Diese Asymmetrie, das Uraltstadion und dieser Bratwurstgeruch.
4. Mein erstes Tor…
…war in der Bundesliga zuhause, am Bökelberg, gegen den HSV. Das war vom Winde verweht, ein ganz normal reingeschlagener Freistoß, der dann vom Wind ins Tor getragen wurde.
3. Südfrankreich ist für mich…
…hoffentlich eine zukünftige Station.
2. Wenn man mich zur Weißglut bringen will…
…muss man schon ein Zaubermittel anwenden oder extrem ungerecht sein.
1. Der VfLog darf sich ab sofort mit meiner Empfehlung zieren, dass…
…die Interviews für außerordentliche Qualität bürgen! (Lacht.)
Vielen Dank für dieses Gespräch!
[1] Anm. d. Red.: Wir empfehlen hier die neue Übersetzung des Romans von Dostojewski, die bei Fischer unter dem Titel „Verbrechen und Strafe“ erschienen ist.
2 Kommentare:
Ein floskelfreies Interview. Wirklich klasse.
Ich glaube, ich werde meinem Trainer heute abend mal vorschlagen, mein Spiel auch mehr der Kunst anzupassen. Wenn ich danach die Kunst des Rundenlaufens neu entdecken dürfte, würde es mich nicht wundern...
Bratwürste sind eh das geilste, vor allem im Stadion!!!
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