Freitag, 16. April 2010

block f, reihe 6, platz 21

Immer, wenn Fußballfans in Stadien Feuerwerkskörper werfen, randalieren oder Dietmar Hopp einen Unmenschen schimpfen, kommt die Rede auf Stadionverbote. Manchmal, wenn die Fans mit besonders rauchigen Feuerwerkskörpern gespielt, besonders brutal randaliert oder besonders flegelhaft geschimpft haben, spricht der betroffene Verein so ein Stadionverbot aus. Wer sich also schlecht benimmt, muss damit rechnen, dass er nicht mehr reingelassen wird. Das kann man nun gut oder schlecht finden oder wissen, dass es in vielen Fällen ungerecht ist, es ist nun mal so. Die schärfste Waffe allerdings wird in deutschen Stadien nicht sanktioniert, und das ist bedauerlich: Das Mundwerk.

Neulich an der Bremer Brücke saß nicht weit von mir, in Block F, ein Mann, Ende dreißig vielleicht und auf den ersten Blick friedlich. Doch der VfL spielte anfangs nicht so gut, geriet schnell in Rückstand und bot also Anlass zu Gram und Sorge. Was dann, von jetzt auf gleich, völlig überraschend und mehrmals eruptierte, gehört in eine psychiatrische Klinik, aber in kein Fußballstadion.

Von einer Sekunde zur nächsten weicht alles, was bis gerade noch zurückhaltend und entspannt schien, einem stieren, wahnhaften Blick. Mit von Aggression verzerrten Gesichtszügen steigt der schiere rote Zorn auf und entlädt sich wieder und wieder, binnen Minuten sicher vier, fünf Mal:
Der Schiedsrichter pfeift ein glasklares Abseits ab. „Du schwule Sau! Du Schwuchtel! Mach die Augen auf, du Arsch!“ Als ein VfL-Profi den Ball statt zum freistehenden Mitspieler zum Gegner spielt, springt der Mann auf, wie wild geworden. Er brüllt schon wieder. „Boaah! Spiel den Ball ab, du Penner! Penner!“ Er setzt sich und springt wieder auf und schreit weiter, die Adern in seinem Gesicht sind angeschwollen. Speichel spritzt aus seinem Mund bei den Tiraden.

Solche Leute machen mir Angst, mehr Angst als betrunkene Halbstarke mit nacktem Oberkörper, die Rauchbomben werfen, oder Hoffenheim-Neider, die Dietmar Hopp in ein Fadenkreuz malen. Solche Leute sind von einem Fußballspiel, wahrscheinlich von jedem Spiel, intellektuell überfordert. Sie verstehen nicht, was relevant ist und was bedeutungslos, und wie alle Überaggressiven werden sie maßlos und selbstgerecht. Es interessiert sie deshalb auch nicht, dass Kinder ein paar Plätze weiter sitzen. Vor solchen Leute kann man sich fürchten, weil man ihnen ihre Verdorbenheit nicht auf Anhieb ansieht. Sie ist einfach plötzlich da. Wenn in deutsche Stadien nicht wiederkommen darf, wer sich nicht benimmt, dann sollte man vielleicht mal damit beginnen, die richtigen auszusortieren.

2 Kommentare:

Zechbauer hat gesagt…

puh... also ehrlich, that's football - wir sind doch nicht beim Tennis. Warum soll man denn nicht schimpfen dürfen? Nee, nee, das ist mir zuviel Gutmenschklinischreinheitsgebot für ein Stadion. Und der Vergleich mit Gewalttätern hinkt doch arg.

Anonym hat gesagt…

richtig, zudem ist es armselig, zwischen dem übertriebenen rauslassen von emotionen und wenig intelligenz nicht zu differenzieren.