Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Gerade noch jubelten wir über den 100. Briefwechsel mit unseren lieben Kollegen von Seitenwahl, schon zieht die Karawane weiter: In der 101. Ausgabe unserer Wochenschau über die Lage der Nation, d.h. der VfLs, schreibt heute Joachim seinen VfLiebesbrief an Maik. Dabei outet sich Joachim völlig zwanglos, öfter mal nach Köln zu fahren. Maik ist auf dem Esoterik-Trip und antwortet etwas benebelt bei Seitenwahl.
Lieber Maik,
ich bin ein wenig verwundert über die gefühlte Lage der Nation. Damit meine ich natürlich nicht das Land an sich (alles bestens, selbst Züge sind vereinzelt wieder unterwegs), sondern die Borussen-Nation. Vielleicht hatte ich mich auch nur zu sehr eingelullt in das behagliche Gipfelpanorama auf Platz elf. Die Vergangenheit schien bewältigt, die Gegenwart unter Kontrolle, die Zukunft rosig. Dann verloren wir gegen Bochum, und prompt habe ich gefühlte 1848 e-mails erhalten und Postings gelesen, in denen mir gleichsam mitten ins Gesicht in Großbuchstaben entgegensprang: FRUST!!! Seitdem schleicht sich bereits wieder diese Diskussions-Unkultur ein, die selbst in unserem esoterischen Forum zu Diskussionen über – halt Dich fest – mögliche Neuverpflichtungen wie Harakiri Altinschrott geführt haben.
Nun, ich empfand diese letztgenannte Diskussion als darmreinigend (in meinem Alter ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt), aber ebenso wie die meisten anderen Diskussionen der Sache nicht dienlich. Gewiß verstehe ich Frust: Einerseits bin ich häufiger in Köln und damit ständig mit frustrierten Fußballfreunden konfrontiert, zweitens darf, ja muß man nach dem Bochum-Spiel kurzzeitig übellaunig sein. Jedoch bin ich nunmehr, mit kurzem zeitlichem Abstand, weder selbst frustriert noch sehe ich hierzu wirklichen Anlaß. Zu deutlich ist schließlich, wo die Problembereiche lagen, und zu sehr erscheinen sie von kurzfristiger Natur.
Da ist zum einen die Spielweise von Bochum selbst: erfreuliches Engagement in Halbzeit eins, aber letztlich nur zwei seriöse Torschüsse, leider beides Tore. Das ist wie mit diesem Asusack oder wie der heißt aus dem Hinspiel, eine solche Effizienz erreichen die einmal pro Fünfjahresplan (gegen uns diese Saison leider zweimal). Dann zum zweiten die Stürmermisere. Ich denke nicht, dass wir ein Stürmerproblem haben, selbst wenn der Großteil der Herren gerade unpäßlich ist, denn Tore schießen wir durchaus nicht zu knapp, und zudem ist das ein Resultat der gesamten Mannschaftsleistung, wie man weiß (und wir haben am Samstag ja sogar ein Stürmertor erzielt, das ist überdurchschnittlich, wenn man es genau nimmt). Daß Bobadilla blaß blieb und sich zudem manchen Unmut ob einiger Kapriolen zuzog, ist nachvollziehbar, doch ich nehme ihn hier bewußt in Schutz: Für mich lief er einfach zu sehr auf den Flügeln herum (vor allem links), weil Arango seinen Job nicht gemacht hat, und Arango selbst war schlechter als sonst, weil die ganze linke Seite nicht funktioniert hat, was ich leider an Filip Daems festmachen muß. Drittens kommt der Kopf hinzu, sprich die laxe Haltung in Halbzeit eins, und schon hat man das bekannte Ergebnis.
Nichts von dem ist permanent. Jetzt fahren also nach Berlin, ein ganz schwerer Gegner, wie wir hören, nach den ganz schweren Hannoveranern und den ganz schweren Bochumern. Ich will das hier gar nicht weiter durch den Kakao ziehen, denn als Trainer oder Funktionär würde ich auch so reden. Andererseits kann uns niemand ernsthaft verklickern, dass Hertha nun vor heimischem Publikum vor Selbstbewußtsein sprüht, weil sie in Hannover gewonnen haben (gegen die sie in der Hinrunde ebenfalls siegreich waren, als hätt's was gebracht). Bleibt somit abzuwarten, wie Michael Frontzeck die Mannschaft aufstellt und mit welcher Einstellung sie auf den Platz geht. Ich glaube, diesbezüglich können wir uns nach den bisherigen Erfahrungen entspannt zurücklehnen.
Und wenn nicht, lieber Maik, dann nehmen wir einfach Martin als Motivator. Kaum jemals in der Geschichte des SEITENwechsels hat jemand eine solch motivierende Pausenansprache verfaßt wie er – Tenor: "Die Welt braucht uns, weil wir die Besten sind!" Vielleicht hält ja Michael Frontzeck seine ähnlich lautende Pausenansprache diesmal gar vor dem Anpfiff, das sorgt für den richtigen Ton und erspart uns hoffentlich weiteren Frust. Wie schön wäre das: Wir müßten nächste Woche nicht mehr über Fußball reden, sondern könnten sinnfrei über das Gipfelpanorama auf Platz zehn schwärmen!
Es grüßt Dich Afrika-Cup schauend und sieben Matmours gegen einen halben Pitroipa tauschend:
Dein Joachim
Freitag, 22. Januar 2010
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