Montag, 29. Mai 2006

ein spiel hat 70 minuten

Oh Gott, war uns langweilig! Die vergangene Saison hat uns nicht glücklicher gemacht, und wir haben keinen Hehl daraus gemacht. Nun stellen wir fest: Andere haben noch mehr gelitten und machen sich so ihre Gedanken, wie das Spiel wieder attraktiver werden könnte.

Ganz vorne marschiert Jürgen Flimm, der als Intendant der RuhrTriennale zwar ganz oben in der ersten Kulturliga spielt (bald allerdings nach Salzburg wechselt, wo er womöglich die dortigen Festspiele in "Red Bull Salzburg Festival" umbenennen muss), im Fußballfach jedoch noch avantgardistischer agiert: In einem "Offenen Brief" an Jürgen Klinsmann, den das "Polit"magazin Cicero in der Juni-Ausgabe veröffentlicht, fordert er, Fußballer sollten ihre Gegner knutschen, HipHop und Tokio Hotel die National-Hymne ersetzen und das Spiel könne auch auf 70 Minuten verkürzt werden. Noch was? Ach ja, weniger Spieler reichten, der Torwart sei eh überflüssig.

Obacht, da klingelt aber der Ironie-Alarm! Wettert hier ein Altmeister gegen die Verdummung des Volkes, das alte Klassiker nicht mehr zu schätzen weiß (Nationalhymnen), dessen Aufmerksamkeitsspanne gerade noch für 2x35 Minuten reicht und das lediglich auf den geilen Kick des schnellen Tors spekuliert, dem ja ohnehin der Torwart nur im Wege steht? Brandmarkt hier einer gar das neoliberale Effizienzdenken, das womöglich bald auch im Fußball 20% Einsparungen von Humankapital fordern wird? Ja? Na dann, Hut ab! Und wir dachten schon, hier hätte einfach einer ein paar Euro vom Cicero für einen Artikel überwiesen bekommen und irgendwie so gar keine Ahnung gehabt, was um alles in der Welt er schreiben soll. Wär ja auch keine Schande. Geht uns fast täglich so - nur ohne die Kohle.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

MM,

brillianter Artikel :-)
Wenn nichts Weibliches mehr dazwischenfunkt, ist mein Tag gerettet.