Die VfLs können einem dieser Tage wirklich ans Herz wachsen (VfLog berichtete). In den Zeitschriften-Läden stapeln sich die WM-Hochglanz-Sonderheftchen und angesichts des medialen, globalen, jovialen und sonstwie-alen Fußball-Hypes gibt es sogar in der WM-Stadt Kaiserslautern (sic!) kein Halten mehr. Einzig unsere VfLs bilden eine letzte Bastion gehen den Wahnsinn, eine Trutzburg gegen eilfertige Fußball-Inflation. Hier wird verloren, wo anderswo dem ganz großen Sieg entgegengesehen wird. Hier wird enttäuscht, wo anderswo das Prinzip Hoffnung zum Allheilmittel erhoben wird. Unsere VfLs machen nicht mit. Sie verwehren sich - und zeigen damit Rückgrat. Wie sympathisch!
Dass gerade im WM-Jahr der allgemeinen Heiterkeit Depression und leidenschaftsloser Graupenkick entgegengesetzt wird, zeigt wieder einmal, was für kluge Klubs wir lieben. Adorno triebe es die Freudentränen in die Augen, weilte er noch unter uns. "Es gibt kein wahres Leben im Falschen", das war stets seine Losung. Gepaart mit "Ein Spiel dauert 90 Minuten" wird daraus ein 2:5 in Nürnberg oder eine 1:3-Heimniederlage gegen Bremen II. Diesem kohärente Fortschreiben der kritischen Theorie mit Mitteln des einfachen Fußballsports gebührt Respekt. Wenn es auch sonst niemand zu schätzen weiß: Uns versetzt das gemeinhin schwer verdauliche Rasentreiben unserer Helden in fröhliche Heiterkeit.
Jenen ewig Meckernden noch dieser Trost: Zauber und Schauder sind zwei Seiten einer Medaille. Und: Einen WM-Titel weiß nur zu schätzen, wer auch Elend schon trefflich erlebt hat.
Montag, 8. Mai 2006
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