Was wird einem nicht alles präsentiert in Hannover. Eckbälle werden präsentiert, Tore auf anderen Plätzen, die aktuelle Zuschauerzahl wird präsentiert - das alles gibt es auch anderswo. Jedoch: In der AWD-Arena, wie wir das Hannoveraner Stadion redaktionsintern zärtlich nennen, wird sogar jeder noch so uninspirierte Freistoß im Mittelkreis präsentiert (und davon gab es heute eine Menge!), und zwar von einer städtischen Gebäude-Reinigungsfirma. Treffender als mit diesen vollends unsinnigen Placements lässt sich der provinzielle Charme der Expo-, Messe- und Nochkanzlerstadt nicht beschreiben, nicht einmal mit einer gehörigen Portion (erwartbarer) Fußballmagerkost von der Marke Hannover-Mainz.
Das Spiel war über weite Strecken grausam und in etwa so beschämend wie die Fans von 96. Hannover stand hinten eigentlich recht sicher, ohne Frage. Kopfballtore nach Ecken passieren, und wenn man versucht, einen Rückstand auszugleichen, fallen manchmal Konter-Tore, unbenommen. Irritierend war allein die wirklich erschreckende Ideenlosigkeit im Spiel nach vorn. Mainz war auch nicht viel besser, hat aber immerhin zwei Tore geschossen und sollte am Ende nicht unvedient mit 2:0 gewinnen. Ewald Lienen durfte als Hannover-Coach seinen Hut nehmen. Mit diesem Fazit werden jedenfalls eine Menge Hannover-Fans vor dem Schlusspfiff das Stadion verlassen haben. Wohl zu früh.
Den Lienen-Mannen gelang in fünf Minuten der Ausgleich, an den vorher gut 70 Minuten niemand mehr geglaubt hatte. Warum auch, es gab schlicht keinen Anlass für Zuversicht. Mit ein bißchen Glück endete das Spiel also 2:2, Lienen bleibt Trainer - jedenfalls vorerst -, und die einzigen wirklichen Verlierer ist die Handvoll Mainz-Fans, die sich schon im Gefühl des sicheren Sieges auf einer feucht-fröhlichen Rückfahrt wähnte. Jetzt wird sie eben nur feucht.
Was bleibt?
a) Das Spiel wird defintiv in meine persönliche Top 10 der fußballerisch besorgniserregendsten Spiele aufgenommen, bei denen ich live dabei sein durfte.
b) Der Pressebereich in Hannover ist eher enttäuschend. Nicht nur Yogi war nicht da, auch die Kollegen der BILD waren weit schüchterner als gewohnt, trotzdem: Das Catering war dem Spiel angemessen.
c) Hannover 96 hat bei der Bewerbung um die schlechtesten Fans der Liga heute gehörig zugelegt. Wo andere Teams bei Rückständen und mäßigen Leistungen angespornt werden, bedient man sich in Hannover schamlos und ohne Scheu des Holzhammers: Pfiffe, Trainer-Raus-Rufe, nicht zu vergessen natürlich das obligatorische Vom-Spielfeld-Abwenden. Einzig die Tribünengäste auf den Geraden ziehen bei dem beschämenden Prozedere noch nicht so überzeugt mit. Umso beachtlicher einige Transparente in der Nordkurve, die dem Vernehmen nach auch schon vor 65 Jahren unsere Truppen angefeuert haben. Zwischenzeugnis: Alles in allem noch nicht ganz so professionell wie in Berlin oder Kaiserlautern, aber auf dem richtigen Weg!
d) Wäre Ewald Lienen nicht und wäre man selbst nicht gefühlter Niedersachse, man hätte keine Argumente mehr, in einem Spiel gegen Mainz die Daumen für Hannover zu drücken.
Samstag, 5. November 2005
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1 Kommentar:
Das mit den präsentierten Freistößen ist ein Witz, oder?
Die Beobachtungen der H96-Fans decken sich ansonsten mit meinen Erinnerungen von deren Müngersdorf-Besuchen, auf die ich hier einfach mal verweise:
http://suedtribuene.twoday.net/stories/1058292/
(auf die unschöne Weise, weil ich keine Ahnung habe, ob hier Link-html fluppt.
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