Montag, 7. November 2005

wie wirklich ist die wirklichkeit?

Wir hatten es schon: 'Die Wirklichkeit', es gibt sie nicht, jedenfalls nicht 'objektiv' für alle gleichermaßen. Oder anders mit Egon Friedell: "Die Wirklichkeit ist überall gleich, nämlich unbekannt." So kann man auch über das gestrige Spiel der Borussia gegen den HSV viele Geschichten erzählen, viele Wirklichkeiten beschreiben.

Nur knapp sei eingestanden, dass sich auch die Geschichte zweier verlorner Punkte formulieren ließe, die gegen eine fast durchweg unterlegene Hamburger Mannschaft verschenkt wurden. Aber nach Jahren, in denen so viel so viel schlechter lief, wer möchte nicht die sich mindestens ebenso bietende Gelegenheit verstreichen lassen, all die schönen Narrationen auszuformulieren, die da zeugen von Hoffnung, von Erfolg, von Spielfreude, von Erfüllung?

Da wäre also die Geschichte von einer Borussia, die Hamburg mit dem Anpfiff unter Druck setzt, die sich gegen den Tabellenzweiten grandiose Torchancen nicht nur erkämpft, nein: erspielt! Auch die Rückkehr des Giovane Elber, das noch glanzvollere Spiel des Eugen Polanski, das Antreiben und Fighten des Peer Kluge, die Schlenzkünste des Oliver Neuville, das Selbstbewusstsein des jungen und doch schon so großen Marcell Jansen, sie waren gestern eigene Novellen wert.

Viele der zu singenden Lobeshymnen wurden bereits gesungen, gestern abend auf den Rängen, heute in den Medien. Doch zwei exklusive Meldungen wollen wir noch anfügen: Gut gefiel mir der frustrierte Ruf eines Fans, gerichtet an den jungen, fast hoyzeresk stylishen Linienrichter, der sich ab und an nicht ganz auf der Höhe des Spiels, wohl aber stets auf der Höhe der Frisurenmode zeigte: "Nimm datt Gel aussem Jesischt, dann siehsse au watt!"

Und, nun muss es raus: Ich will mich, nach vielen impliziten Huldigungen, nun auch ausdrücklich entschuldigen bei Horst Köppel. Nicht nur sah er gestern, adrett mit Hemd, Pullover und Jackett so richtig gut aus; seine Mannschaft sieht schon lange gut aus wie lange nicht. Es ist bekannt: Nach dem Desaster des desolaten Kölnspiels habe ich eine solche Wandlung unserem Coach nicht zugetraut. Auch die erste Halbzeit gegen Bremen schien mir recht zu geben. Doch inzwischen hat er mich Lügen gestraft. Ich bin beeindruckt und sage sorry! Horst, die Spieler, die zu großen Teilen noch vor wenigen Wochen wie orientierungslose Legionäre wirkten, sie sind unter Dir ganz offensichtlich zu einer Mannschaft gewachsen, die willensstark, kämpferisch, spielstark und selbstbewusst ist. Hut ab, und: Danke, Horst Köppel!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn der Privatdetektiv die Gattin beruhigt, ihr Mann habe keine jüngere Liebhaberin; wenn er dann entgegen den Gewohnheiten der letzten Monate abends öfter mal pünktlich nach Hause kommt; wenn er lieb und zärtlich zu ihr ist:

Vielleicht ist all das gar kein Grund dafür, sich bei ihm zu entschuldigen; vielleicht ist seine Liebhaberin auf Geschäftsreise; vielleicht hat sie Schluss gemacht; vielleicht hat sie Spätschicht; vielleicht wurde der Detektiv bestochen.

Anonym hat gesagt…

"Mach mal nen Punkt", sagt der Ungelduldige. Sei er froh, wenn sein Wunsch Gehoer findet - jedoch: erst drei Punkte bedeuten ihm das ersehnte "Und So Fort"

Es gruesst lyrisch und betrunken,
Das Deutsche Konsulat in Seattle

Anonym hat gesagt…

RESPEKT lieber Martin!

So wenig wie wir deine Kritik und deine Schlussfolgerungen aus dem K*** Spiel geteilt haben, so sehr müssen wir dir Respekt für deine Bereitschaft zollen, deine Meinung zu überprüfen und zu revidieren.

BEISPIELHAFT! Wie vieles am VFLOG...