Immer mittwochs schreiben wir uns Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe mit den lieben Kollegen von Seitenwahl. Richtig: Heute ist bereits Donnerstag. Weil wir nämlich unser 40. Jubiläum angemessen auskosten wollen, hat Maik bereits gestern bei Seitenwahl vorgelegt, und zur Feier des Tages antwortet heute ausnahmsweise nicht Mike, sondern Chrtistoph, der unter anderem an ein denkwürdiges Spiel erinnert.
Lieber Maik,
im November 2000 hatte es die Borussia, im zweiten Jahr ihrer Zweitligazugehörigkeit, im DFB-Pokal mit dem 1. FC Kaiserslautern, damals Bundesligist, zu tun. Die Erwartungen waren begrenzt, zumal die Borussia zuvor drei Zweitligapartien in Folge verloren hatte, die letzte davon hoch. Aber die Borussia sollte den höherklassigen Gegner nicht nur besiegen, sondern mit 5:1 geradezu aus dem Stadion schießen. Beim Stande von 4:1, so wusste ein Journalist einer bundesweiten Tageszeitung zu berichten, trug sich dabei folgende Begebenheit zu. Ein Gladbacher Verteidiger passte den Ball zu Uwe Kamps zurück, nichts Besonderes eigentlich, dennoch vom eigenen Anhang mit lauten Pfiffen quittiert. Auf der Pressetribüne schauten sich daraufhin zwei Kollegen wortlos an und brachen gemeinsam in schallendes Gelächter aus.
Kurz gesagt: Ungeduld und gigantische Anspruchshaltung von Borussias Fans sind legendär. Das ist wohl eine der Antworten auf die Frage, die Du aufwirfst: warum viele Prognosen nach dem schleppenden Start der laufenden Saison so überaus skeptisch ausfielen. Natürlich gibt es noch andere: die vielen Enttäuschungen der letzten Jahre einerseits, die Erfahrungen anderer Bundesligaabsteiger andererseits: Die Akklimatisierung in der Zweitklassigkeit brauchte oft Zeit, zumal wenn, wie in Gladbach, beinahe ein komplettes Team ausgetauscht wurde und zentrale Neuzugänge erst sehr spät dazu stießen. Ich selbst habe auch deshalb in meiner Saisonprognose auf eine Entwicklung wie die derzeitige nicht zu hoffen gewagt und bin nun umso dankbarer.
Durchwachsener, zuletzt aber wieder positiver, stellen sich die Ergebnisse des anderen VfL dar. Wie man in Kaiserslautern gewinnt, da ist die Borussia, gegen die die Pfälzer ja einen ihrer vier Punkte holten und beinahe gar gewonnen hätten, aktuell nicht unbedingt der richtige Ansprechpartner. Vielversprechender wäre die Rücksprache, was den nächsten Gegner angeht, die Alemannia aus Aachen. Hier und gegen die Kölner wären uns Osnabrücker Siege naturgemäß noch willkommener als in anderen Partien.
So oder so, Vakanzen auf dem Trainerstuhl sind bei beiden VfLs vorerst nicht zu erwarten, und das ist gut so. Das Trainerkarussell könnte bald – Du erwähnst es – Holger Fach besteigen, wo er mit Lothar Matthäus einem anderen Ex-Borussen begegnen würde. Den wiederum versucht ein Medienkartell unter Federführung von Udo Lattek und dem kicker zunehmend verzweifelt für deutsche Clubs interessant zu machen, ein Unterfangen, dem Matthäus überschaubare Erfolge als Trainer nicht eben zuträglich sind. Erfolgen in Belgrad steht mit Rapid Wien die schlechteste Platzierung seit 1911 entgegen. Die ungarische Nationalelf schaute sich unter Matthäus‘ Ägide die WM im Fernsehen an, und sein Engagement in Brasilien kündigte er nach einem Monat wieder, weil ihm inzwischen aufgefallen war, dass das weit von Europa entfernt ist. Als Giovanni Trappatonis Assistent in Salzburg hätte er sich schon aus sprachlicher Hinsicht („I hope we have a little bit lucky“) eignen müssen, aber seit diesem Juni ist auch sein dortiges Engagement Geschichte. Dass die beiden deutschen Bundesligen Matthäus scheuen wie der NDR die Hermann, könnte einen wieder Vertrauen in die menschliche Vernunft lehren. Weiteres Indiz: Endlich fällt niemand mehr auf Peter Neururer herein.
Herzliche Grüße,
Christoph
Donnerstag, 4. Oktober 2007
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