Mittwoch, 9. Dezember 2009

seitenwechsel #99

Bald schon werden wir dreistellig! Wer hätte das gedacht, als dereinst Mike Lukanz und wir begannen, uns unter der Woche närrische Zettel zuzustecken, um die Langeweile zu vertreiben?! Mike ging lange Wege, Joachim kam aus dem leeren Raum, und nun sind wir bei Brief 99 angekommen (genau genommen sogar schon bei Brief 197, denn es gibt ja - fast! - immer zwei.) Doch davon lassen wir uns nicht beeindrucken und bleiben sachlich. Joachim kramt alte Urlaubserinnerungen hervor und sinniert über fernöstliche Intelligenzspiele, während Martin sich immer mehr zum Nerd entwickelt, der über Schaltkreisen von LCD-Fernsehern brütet. Das ist, wie immer, nachzulesen bei Seitenwahl.

Lieber Martin,

die wichtigste Frage zuerst: Hat eigentlich jemand dieses Sudoku gelöst, das Ihr neulich abgebildet habt? Ich habe mich eine halbe Stunde damit beschäftigt, bin aber nicht weiter gekommen als Ihr. Zum Vergleich: Die Mannschaftsaufstellung kostet mich derzeit zehn Sekunden. Never change a losing team.

Ja, lieber Martin, „losing“, leider. Ich bin enttäuscht, aber nicht vergrätzt, denn der in den 70ern sozialisierte Siebenjährige tief in mir drin fühlt sich wieder wohl. Wir haben die Bayern im Sack, sterben aber in Schönheit, lang, lang ist’s her. Ich hätte mir kaum träumen lassen, daß der kicker nach einem Auswärtsspiel von uns bei den Bayern den Torwart des Gastgebers zum Spieler des Tages erklärt. Da mag ich mich gar nicht mehr über den Freistoß vor dem 2:1 aufregen, denn den finde ich gerade noch im pfeifbaren Bereich, wenngleich ich die Szene natürlich lieber anders bewertet gesehen hätte.

Trotzdem bin ich mit dem Fußballgott wieder leicht uneins, denn wir stehen erneut bei minus eins: Ein Punkt hätte es am Freitag der Leistung nach sein sollen. Nicht, daß wir hier größenwahnsinnig werden, aber gaaaanz objektiv betrachtet war das ein Duell auf Augenhöhe. Ich benutze das Wort „objektiv“ mit Bedacht: Vor Jahrzehnten wagte ich es einmal, damals noch im Olympiastadion, eine krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichters gegen Borussia lautstark zu kritisieren. Ein Bayern-Fan in der Nähe drehte sich um und rief: „Sei still, objektiv gesehen war die Entscheidung richtig.“ Wenn es zugunsten der Bayern ist, ist es immer „objektiv richtig“, das habe ich damals gelernt, und bis heute ist es nicht anders.

Nur dumm, daß jetzt mit Hannover wieder ernsthafte Arbeit wartet, dazu mit einer Träne im Knopfloch, denn der Name Robert Enke wird am Samstag im Borussia-Park präsent sein. Aus die Kür, her die Pflicht, und auf jeder der verschiedenen Sinnebenen wird die kommende Aufgabe schwieriger und wichtiger als die vorherige. Ich bin sehr gespannt, wie die Atmosphäre sein wird und wie sie sich auf dem Rasen niederschlägt. Gleichzeitig aber fordert der Punkte-Buchhalter in mir sein Recht, und daher schleudere ich Dir heute wie ehedem entgegen: Drei Punkte müssen her!

Was auch her muß, sind Leute mit Verstand, wenn es um die Vergabe von Fußball-Weltmeisterschaften geht. Heute morgen lese ich, Katar sei ernsthafter Kandidat für 2018 oder 2022. Haben die überhaupt Platz für mehr als ein Fußballfeld? Schon Südafrika wird herausfordernd genug. Mit Interesse habe ich vernommen, daß zu den ersten Spielorten unserer Nationalelf Durban und Johannesburg gehören. Ich habe vor vielen Jahren einen Sommer in Südafrika verbracht, aus beruflichen Gründen. Eigentlich müßte ich ja sagen „einen Winter“, denn Juli und August sind dort bekanntlich die Wintermonate. Wir sind am Wochenende von Johannesburg nach Durban zum Schwimmen im Meer gefahren, 600 Kilometer hin, 600 Kilometer zurück, das macht man da so (man packt Grillfleisch, Bier und Badehose ein und setzt sich ins Auto, fertig).

Die Unterschiede zwischen beiden Städten sind enorm: Während Du im Juli in Durban prima im Meer schwimmen kannst (von den Haien sehe ich mal ab), friert Dir in Johannesburg der Allerwerteste ab – gerade wenn Wind weht, denn dort ist ein Hochplateau auf immerhin rund 1800 Meter Höhe. Gut ist freilich, daß die meisten WM-Touristen daß kaum mitbekommen werden, denn wer klug ist, bleibt im Hotel, allen Sicherheitsversprechungen zum Trotz. Ich weiß, wovon ich rede, und dabei war die Sicherheitslage zu der Zeit, als ich vor Ort war, noch deutlich besser als jetzt. Nun, ich werde einfach vor dem Fernseher bleiben, der wird schon nicht explodieren (Frage an die Experten: Können LCD-Bildschirme explodieren, oder galt das nur für die dicken alten Kästen?).

Somit, lieber Martin, hoffe ich auf einen ruhigen Jahresausklang und zähle gelbe Karten, weil ich über die Fair-Play-Wertung gerne in den Europapokal möchte!

Dein Joachim

2 Kommentare:

Kapitän hat gesagt…

Hallo Joachim,

bzgl. LCD-Explosionen kann ich Dir leider nicht helfen.
Ich bin mir aber sehr sicher (auch ohne Google- u. Wiki-Einsatz ;-)), daß sog. Röhren-Monitore resp. -Fernseher im Zweifel nur IMplodieren konnten bzw. können.
Für die detaillierten Unterschiede zwischen IM- und EXplosion nun aber bitte die bekannten Online-Hilfsmittel verwenden.

Nichts für ungut! NfdV

Joachim Schwerin hat gesagt…

Hallo Kapitän,

da sieht man mal wieder, wofür Fußball-Blogs nützlich sind: Man lernt was fürs Leben. Der Unterschied zwischen implodieren und explodieren ist mir gerade noch bekannt (meine Physik-Abiturprüfung liegt erst 22 Jahre zurück...), und vielleicht hätte mir ein wenig Nachdenken diesen Fauxpas erspart (ich denke normalerweise nicht beim Schreiben, das ist eine Flow-Tätigkeit...), doch ob LCD-Bildschirme irgenwas-dieren können, werde ich nun also googeln.

Schönen Gruß,

Joachim