Am Ende waren jene völlig fertig und in Tränen aufgelöst, die das auch schon vor einem Jahr waren, damals vor Freude: Paul Thomik, Thomas Cichon, Thomas Reichenberger, Gaetano Manno, Koka Engel und Andreas Schäfer. Für sie war am Montagabend eine Welt zusammengebrochen. Den meisten derjenigen, die als Neuzugänge im letzten Sommer gekommen waren, hatte sich der Mythos VfL noch nicht offenbart. Beides spricht Bände. "Einige haben bis heute nicht begriffen, für welchen fantastischen Klub sie hier spielen durften", sagte Trainer Claus-Dieter Wollitz anschließend. Da war das 0:1 gegen Paderborn eine Stunde vorbei, der neuerliche Abstieg aus der 2. Bundesliga besiegelt. Gemessen an dem Potenzial, das der Verein in den vergangenen fünf Jahren reichlich angesammelt hat und dem auch die Abstiegsmannschaft Spiel um Spiel wieder Ausdruck verlieh, ist das sehr, sehr traurig.
Leichtfertiger ist ein Desaster kaum anzurichten. Gegner wie Frankfurt, Ahlen und Oberhausen haben womöglich nicht ein einziges Saisonspiel so guten Fußball gespielt wie der VfL gegen Aachen oder Fürth, doch wenn - wir berichteten desöfteren darüber -, sobald es drauf ankommt, der letzte Biss, der unbändige Wille, die Leidenschaft fehlt, ist alles Gute nichts. Diesem Team fehlte zuallererst die Qualität, eine echte Mannschaft zu sein. Wer die oft bedingungslose Unterstützung der vielen Tausend Fans in 18 Heim- und einer Menge Auswärtsspielen erlebt hat, muss das einigermaßen fassungslos feststellen. "Absolut überflüssig" nannte der mehr als bewegte Präsident Dirk Rasch dieses Schrecken ohne ersichtliches Ende. Symptomatisch hing der mögliche Klassenerhalt schließlich an einem Elfmeter, der - nachdem über die Saison so viele eindeutige Strafstöße verwehrt geblieben waren - verschossen wurde, zumal von einem der wenigen echten Führungsspieler. Mehr Gleichnis geht nicht.
Wie tief die Enttäuschung den Trainer Pele Wollitz ereilt, mag nur erahnen, wer seit Wochen beobachtet, wie er sich wider besseren Wissens voll und ganz vor seine Profis stellt und alle Verantwortung schultert. Der Mensch Wollitz, der immer darauf baut, dass zurückzahlt, wer Kredit bekommt, versteht diese Welt nicht mehr. Das wiegt schwerer als zwei schlechte Spiele gegen Paderborn. Dass seine Spieler nicht mit "Hingabe" und "Demut" - zwei Werte, die er immer wieder vorlebt - in Osnabrück Fußball spielen, war für Wollitz lange Zeit nicht vorstellbar. Es schmerzt umso mehr, wenn andere die eigenen Ideale verraten. Solidarität, Leidenschaft, Vertrauen, Geradlinigkeit und fliegende Fahnen - der VfL hat einen linken Trainer!
Der VfL hat aber auch einen linken Präsidenten. Dessen Hommage an seinen prominentesten Angestellten, dessen Bekenntnis zu einem nachhaltigen Aufbau, sein Verständnis von füreinander die Knochen hinhalten und dass er sich eine sentimentale Sicht auf den modernen Fußball leistet - all das ist mehr als bemerkenswert. Wenn Wollitz, Rasch, Vorstand und Präsidium jetzt die Lage erörtern, müssen sie sich alle Kritik gefallen lassen können: Die einen etwa für viele Transfer-Flops, die anderen dafür, nicht forscher das Ausmerzen dieser Flops forciert und ermöglicht zu haben. Wenn dieser Schulterschluss echt ist und von Dauer, dann kann man ehrlich stolz sein auf den VfL, sogar im elenden Moment des Abstiegs.
Richtig realisiert ist die Realität noch nicht. In der nächsten Saison geht es 38 Spiele lang abseits des großen Rampenlichts zu Werke. Ohne Premiere, ohne DSF, ohne Toto-13er-Wette, ohne Allianz-Arena und ohne Willi. Unglaublich ist das. Und bestenfalls doch ein nächstes Kapitel wert.
Dienstag, 2. Juni 2009
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