Der VfL Osnabrück hat erstmals seit dem 7. April 2004 wieder einen Trainer entlassen. Karsten Baumann darf nicht länger als Übungsleiter des VfL arbeiten. Diese Entscheidung hatte sich spätestens seit Samstagnachmittag, nach der ernüchternden 1:3-Pleite gegen Aachen, abgezeichnet. Sie überrascht also nicht, sie macht nicht übermäßig traurig, aber heiter stimmt sie erst recht nicht.
Ein weiterer benommener Nachruf auf diesen ehemaligen VfL-Trainer, eine weitere Lobeshymne auf einen anständigen, ehrlichen, zurückhaltenden Mann sei Baumann an dieser Stelle erspart. Es reicht, wenn das Hausblatt "Neue Osnabrücker Zeitung" den zuletzt glück- wie offenbar auch ratlosen Trainer in einem einzigen Artikel zugleich adelt und alsdann absägt - und diesen Kommentar auch noch mit der Überschrift "Respekt" versieht. Das wirkt zynisch, wenn es auch womöglich nicht so gemeint war.
Ein Problem von Baumann war zuletzt das Problem aller erfolglosen Trainer, nämlich die Erfolgosigkeit. Doch noch gravierender wog offenbar etwas, das Baumann gar nicht ändern kann: Sein Wesen. Mitreißend, emotional, fußballverrückt - all das ist Baumann sicherlich, doch nach außen strahlt er etwas anderes aus. Seine Mannschaft mag diese verborgende Seite ihres Ex-Trainers kennengelernt haben, der Öffentlichkeit, womöglich auch den VfL-Funktionären, zeigte sie Baumann nie.
Baumann ist Realist. Baumann sagt Sätze wie: "So werden wir die Klasse nicht halten." Und er sagt das nicht zuallererst, um sein Team zu motivieren, er sagt das nicht lauthals und nicht aufgebracht, sondern er sagt es so, wie es ist: ganz sachlich. Das macht ihn eigentlich sympathisch. Baumann ist kein Krakeeler, keine Windmaschine - und insofern gewissermaßen das Gegenmodell zu seinem Vorgänger Pele Wollitz, der seine Leidenschaft jeden sehen lässt. Baumann geht vorsichtiger mit ihr um. Man könnte meinen, er behütet sie.
Diese vermeintliche Reserviertheit ist ihm nun zum Verhängnis geworden. Ihretwegen gesteht man ihm keine maue Saison zu, keine andauernden Enttäuschungen und keinen Abstieg, wie man sie noch mit seinem Vorgänger durchlitten hatte.
Fußball ist immer emotional, Baumann ist es nur selten. Und so wie Baumann ist, so spielt auch seine Mannschaft: Unaufgeregt und unspektakulär. Lange Zeit machten beide auch einen unbeirrten Eindruck - doch genau der war ihnen in den letzten Wochen abhanden gekommen.
Am Ende ist das zu wenig, vielleicht nicht einmal für den Klassenerhalt. Der VfL steht schließlich nicht gerade überraschend auf Platz 16. Ehrlicherweise gehört Osnabrück da unten, irgendwo zwischen Platz 13 und 16, ja auch hin. Es braucht auch nicht viel, und der VfL darf in der kommenden Spielzeit erneut in der 2. Liga spielen. Doch es ist zu wenig in einem angespannten Umfeld, in einer aufgehitzten Öffentlichkeit, wie beides für das Ende der Saison, für den Höhepunkt des Abstiegskampfes, erwartbar war.
Heiter aber kann diese Entlassung nicht stimmen. Auf Baumann folgt als Interimstrainer Jo Enochs, ein Mann ohne Trainerschein, dem alles zu fehlen scheint, was ein moderner Trainer braucht: Methode, Ausstrahlung und ein zweitligataugliches Verständnis von Fußball.
Bis heute Mittag war der VfL nach Werder Bremen das Profiteam, das am längsten keinen Übungsleiter mehr entlassen hatte. Nun muss man hoffen, dass sich Osnabrück schnell einen neuen Coach leistet, der so viel kann wie Baumann - und zusätzlich auch noch mitreißt.
Montag, 21. März 2011
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1 Kommentar:
Der Nachruf hier im vflog ist sicherlich sehr richtig. Jedoch wird, wie bei jeder Trainerentlassung und dazugehöriger Diskussion, vergessen das es noch mehr handelnde Personen gibt, neben Karsten Baumann.
Der Trainer wird in Osnabrück hier und da einmal an Leistung gemessen (abgesehen von Pele Wollitz, der sich trotz Abstieg selbst kündigen musste, noch bevor der Wettskandal offensichtlich wurde), jedoch sehe ich in den letzten 10 Jahren kein Messen an Leistung im Bereich des sportlichen Leiters oder des Präsidiums an sich. Klüngel allenorten wo Söhne und Väter Hand in Hand arbeiten.
Auch nicht unerwähnt sollte da bleiben, das es fast unmöglich ist einen Kandidaten in das Präsidium zu wählen. Alleine die Wahlmodalitäten erinnern eher an Lybien, als an Demokratie. Nur so ist es zu erklären das trotz vieler Abstiege in den letzten Jahre die eigentlichen Machthaber die gleichen sind.
Man spricht gerne von einer nicht zweitligatauglichen Mannschaft. Das stimmt in weiten Teilen sogar für die aktuelle Mannschaft, aber noch weniger zweitligatauglich sind einige die über den Trainer sitzen.
Das wird jedoch in der Hauspostille des VfL (NOZ) nicht erwähnt, denn man diskreditiert keine Freunde. Die Monopolstellung der NOZ trägt prima dazu bei, das einige Personen im VfL Umfeld quasi unangreifbar sind. Zum Glück gibt es noch Fans und Sponsoren, die eine eigene Meinung haben. Ob diese reicht um nach einem evt. erneuten Abstieg auch die handelnden Personen zur Verantwortung zu bringen, wird man bei Zeiten sehen.
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