Unsere treuen Leser haben Verständnis, dass wir auf diesem kleinen Familienblog nach dem Abgang von Michael Frontzeck in eine kleine Sinnkrise gestolpert sind. Etwa so, wie ein Demokrat in Amerika nach dem Sieg von Barack Obama gegen McCain. Das Böse war endlich abgewählt, die Hoffnung an der Macht, was soll da jemand schreiben, der sich über die Jahre vor allem an den Frustmodus an der Tastatur gewöhnt hatte.
Nach 10 Spielen unter Lucien Favre stellt sich die Lage jedoch anders dar als nach den ersten Monaten Obama: Die großen Hoffnungen wurden nicht enttäuscht, und wir bekennen gerne: Wir sind immer noch ein bißchen verliebt in diesen sympathischen Mann mit dem feinen Akzent und dem großen Sachverstand. Sympathie alleine ist im Fußball natürlich nicht genug, doch auch die Zahlen sprechen für den Schweizer: Hätte mit Favre die Saison neu begonnen, stünde Borussia heute auf Platz 7. Mit 16 Punkten, 4 Heimsiegen und einem Auswärtssieg. Zur Erinnerung: Unter Frontzeck hatte Gladbach nach 22 Spieltagen -- mehr als doppelt so vielen Spielen -- ebenfalls 16 Punkte geholt, war Tabellenletzter, und hatte insgesamt keine fünf Siege erreicht. Das durchschnittliche Ergebnis eines Spiels unter Favre lautet 1,6 Punkte und 1,3:0,8 Tore. Für Frontzeck lautet die Bilanz dagegen verheerende 0,73 Punkte pro Spiel und 1,45:2,54 Tore. Schon die nackten Zahlen sprechen dafür, dass die Trennung von Frontzeck richtig (wenngleich zu spät) und sich die Verpflichtung von dem Strategen Favre, dem viele kurzfristige Erfolge nicht zugetraut hatten, bewährt hat.
Zuletzt war der VfL kaum wiederzuerkennen, wenn man noch die letzten Kicks unter Frontzeck im Kopf hatte: Nicht, weil die Mannschaft auf einmal brasilianisch zauberte, sondern weil sie den neuen deutschen Meister daheim und den Tabellendritten auswärts mit engagiertem, kämpferischen Spiel und disziplinierter, leidenschaftlicher Abwehrleistung geschlagen haben.
Der Gedanke, dass dieser "Turnaround" unter Favre wahrscheinlich trotz allem nicht zum Klassenerhalt reichen könnte, ist besonders bitter. Doch wer die Fohlen in ihrer aktuellen Verfassung sieht, kann sich mit zwei Gedanken trösten: Dieser Mannschaft ist es zuzutrauen, tatsächlich ihre restlichen Spiele allesamt zu gewinnen und damit vielleicht den Wahrscheinlichkeiten eine Schnippe zu schlagen. Falls man doch wegen der Hypotheken der ersten Zweidrittel der Saison in Liga zwei absteigen, dann muss einem immerhin vor dem nächsten Jahr nicht bange sein. Bei Favre und seinem Team wäre das Projekt direkter Wiederaufstieg in guten Händen.
Und Effenberg? In diesem Beitrag voll Fröhlichkeit und Hoffnung wollen wir uns dazu nicht äußern. Morgen schalten wir wieder um in Frustmodus und nehmen uns des Bettvorlegers an, der einst ein Tiger war.
Sonntag, 1. Mai 2011
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