Mittwoch, 26. Januar 2011

weil's so schön war

Es ist kein Geheimnis, dass wir auf diesem kleinen Familienblog noch nie Freunde des Erfolgstrainers Michael "Dick" Frontzeck waren. Aber manchmal hat er uns doch schöne Momente beschert, lyrische Lichtblicke. Weil's so schön war veröffentlichen wir heute noch einmal unseren Beitrag vom 15. Oktober 2009.

in gefahr und höchster not

Wie der geneigte Leser weiß, ist dies ein Blog, der auch die finstersten Methoden nicht scheut, wenn sie der guten VfL-Sache dienlich sind. In unseren größten Krisen sind wir gar bereit, die wohl übelste Methode anzuwenden, die auf dieser Welt an Folterwerkzeugen fleucht und kreucht: die Hermeneutik.

Widmen wir uns also einem kleinen literarischen Text, er stammt von einem gewissen Michael Frontzeck, bisher als Autor nur Insidern bekannt, und wurde in dem Liebhaberblatt "BILD" veröffentlicht. Eilige finden ihn heute auch auf borussia.de zitiert:
„Es geht um einen Mittelweg aus Kompaktheit und gutem schnellen Fußball. Wolfsburg ist individuell top besetzt, aber wir müssen zuerst wieder an die eigenen Stärken glauben.“
(Trainer Michael Frontzeck in der Bild)
Fragen wir uns zunächst: Wofür steht das "Es"? Für das Unbewusste, Unterdrückte, für das Andere, Verdrängte. Für dieses "Es" geht es also "um einen Mittelweg aus Kompaktheit und gutem schnellen Fußball". Kompaktheit mithin ist in dieser Dichotomie schlechter, langsamer Fußball, verachtenswert. Dieser Ekel vor kompakter Abwehrarbeit ist liebenswert und lässt sich intertextuell als Anspielung auf das jüngst veröffentlichte Gedicht "Tabelle" (vom chilenisch-chinesischen Lyriker Bun dés Liga) lesen, in der Borussia die drittschlechteste Abwehr angedichtet wird. Doch auch guter Fußball wird vom "Es" des lyrischen Ichs nicht angestrebt, vielmehr, so geht es in diesem vom Hauch einer feinen Dialektik durchwehten Gedicht um die Synthese, es geht um "einen Mittelweg". Von dem weiß schon der Volksmund, dass er "in Gefahr und höchster Not" vor allem eins bringe: den Tod. Schon die erste Zeile dieses bedrängenden Werks strotzt also von nihilistischer Todessehnsucht und lässt dem Leser wohlige Schauer über den Rücken laufen.
Der zweite Teil von Frontzecks Miniatur widmet sich dem Spiel mit Paradoxien. Zwar sei "Wolfsburg" stark, doch dürfe man dies zugleich nicht glauben, jedenfalls nicht "zuerst". "Zuerst" nämlich, so das lyrische Ich, gelte es "an die eigenen Stärken zu glauben", die jedoch nicht weiter benannt werden. Hier entwickelt Frontzecks Prosa eine soghafte Wirkung, zieht sie den Leser doch in eine nicht enden wollende Reflektion, welche Stärken dies seien könnten, an die er zu glauben habe vor Anerkennung Wolfsburgs. Es ist, wie so oft in Frontzecks Oeuvre, das Unanausgesprochene, die Leerstelle, die die größte Faszination seines Wirkens ausmacht. Frontzeck ist und bleibt ein Meister der weltverneinenden, dunklen Seite der Literatur.

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