Donnerstag, 30. Juni 2005

regel elf a

Damit wir uns richtig verstehen: Von den vielen Vorschlägen und Rufen nach einer Neuregelung der Abseits-Frage ist die Forderung 'Zurück auf Start' noch eine der vernünftigsten! Die komplette Abschaffung des Passiven Abseits' ist allerdings eine Alternative, deren Vorteile von den meisten Streithähnen gar nicht verstanden werden: Ruinös ist womöglich die Finanzpolitik der falschen Borussia, ruinös ist vielleicht auch die Heuschnupfenplage in manchem Bundesligastadion, die Forderung nach einer völligen Abschaffung des Passiven Abseits' ist es jedenfalls nicht. Beziehungsweise: Sie ist nicht ruinöser als die einfache Rückkehr zur früheren Regelauslegung.

Es geht doch beim Passiven Abseits offenbar um die Regelung von Ausnahmefällen: "Dass ein Spieler, der verletzt an der Eckfahne liegt, womöglich minutenlang jeden Angriff unterbindet, weil er sich ja im Abseits befindet", das darf ,wie Kompagnon Martin dezidiert darlegt, nicht sein. Unbenommen - Recht hat er! Die Konsequenz sei nun also die Regelung 'Passives Abseits', die dies einzig wirksam unterbinde. An dieser Stelle erfolgt mein Einspruch!

Der Ausnahmefall, den das Passive Abseits regelt, ist ja jener: Ein Spieler steht eigentlich abseits, greift aber bis zum Ende eines Spielzugs nicht ins Spielgeschehen ein. Obwohl er de facto abseits steht, wird - das ist die Ausnahme die hier zur Regel wird - auf 'passiv abseits' entschieden: Das Spiel läuft weiter. "Dies abwarten zu können, macht einen guten Schiedsrichter aus. (Aber eben nur im Zweifelsfall, nicht aus Grundsatz.) Dies auszuhalten sollte jedem Zuschauer zumutbar sein", wie Kollege Zierold treffend feststellt.
Nun einmal andersrum gedacht: Passives Abseits ist abgeschafft. Ein Spieler liegt verletzt an der Eckfahne, normalerweise müsste er jeden Angriff unterbinden, weil er sich im Abseits befindet. Ohne jede verkomplizierende Extraregelung wäre es denkbar, in solchen Fällen - Ausnahme! - das Spiel nicht zu unterbrechen und den Spieler nicht als 'abseits' zu maßregeln. Man könnte meinen: Eine solche Situation richtig einzuschätzen, macht einen guten Schiedsrichter aus. (Aber eben nur im Zweifelsfall, nicht aus Grundsatz.) Dies auszuhalten sollte jedem Zuschauer zumutbar sein.

Zwei Gründe sprechen für die Abschaffung der umstrittenen Regel. Beide sind streitbar, und über ihre Triftigkeit verleiht vielleicht die geringschätzende Verachtung Ausruck, die ihnen gemeinhin entgegengebracht werden, insbesondere der zweite Einwand wird häufig belächelt.

1. Ich will intelligentes Verteidigungsspiel sehen, weil ich mich darüber zumeist mehr freuen kann als über krude, abseitsverdächtige Torerfolge. Das gilt insbesondere für die ja schon beinahe in Vergessenheit geratene Abseitsfalle, die heute im Prinzip unspielbar ist, weil kein Verlass mehr auf ein entsprechendes Votum der Schiedsrichter mehr sein kann. Wenn bei einem Freistoß oder Konter die Abwehrreihen beispielsweise kurz vor dem Moment der Ballabgabe aufrücken und gegnerische Stürmer in Abseits stellen, dann muss gepfiffen werden, unerheblich, ob 'abseits' positionierte Stürmer dann auch zwingend ins Spielgeschehen eingreift. Das ist ein Ausweis wirklich gekonnter Verteidigung, und darüber möchte ich mich wieder freuen dürfen anstatt verdächtig abseitsverdächtigen Stürmern beim Jubeln zuzusehen, wenn Abwehrreihen eigentlich alles richtig gemacht haben.

2. Wenn es Passives Abseits für einen Stürmer gibt, dann muss es das ganze umgekehrt auch für den Verteidiger geben. Beispiel: Angriff auf das VfL-Tor über die rechte Seite. Der gegnerische Stürmer erhält einen Pass und steht nur deshalb nicht im Abseits, weil auf der weit entfernten linken Seite ein VfL-Verteidiger näher zum Tor steht. Damit wird gewissermaßen nur passiv Abseits verhindert - erfolgen müsste ein Pfiff, jedenfalls wenn man der Passives-Abseits-Logik folgt. Der VfL-Verteidiger wird nämlich als Abseits-Verhinderer mißbraucht, obwohl er gar nicht aktiv ins Spielgeschehen eingreift. Bleibt alles beim Alten, muss endlich eine Erweiterung des Regelwerks um diesen Fall erfolgen. Kann man das wollen? Nein! Zur Vereinfachung des Spiels und für eine gewinnbringender vorzutragende Verteidigungs-Taktik leuchtet es vielmehr ein, die Causa 'Passives Absatz' ersatzlos zu streichen.

Mittwoch, 29. Juni 2005

regel elf

Es gibt Debatten, die sind so alt wie die Welt und so belanglosdumm wie die Geschichte der Menschheit. Kluge Menschen ignorieren sie im tiefen Vertrauen, das Gerede werde weder jemals enden noch irgendwann einmal Konsequenzen haben. Bis vor kurzem zählte die Diskussion um das "passive Abseits" dazu.

Doch wie es nunmal so ist mit der FIFA: Sie hat sich noch nie gescheut, Unsinn in Worten Blödsinn in Taten folgen zu lassen. Also müssen wir, auch heute abend wieder beim Confed-Cup-Finale, eine "neue" Abseitsregel wenn nicht bewundern, so doch befolgen. Dass die neue Regel plumper Quatsch ist, leuchtet wirklich jedem ein, selbst der DFB hat das schnell erkannt – bekanntlich keine Selbstverständlichkeit. Doch die Probleme setzen viel früher an. Es ist Zeit, mit einer Serie unseliger Operationen aufzuhören, und zurückzukehren zu einer Zeit, als die Abseitsregel sinnvoll und einleuchtend war.

Es ist ja ohnehin eine Mär, dieser Paragraph 11 der Fußballregeln sei kompliziert. Er ist so einfach:

Abseitsposition
Die Abseitsstellung eines Spielers stellt an sich noch keine Regelübertretung dar.
Ein Spieler befindet sich in einer Abseitsstellung, wenn er der gegnerischen Torlinie näher ist als der Ball und der vorletzte Abwehrspieler.

Um den ersten Satz dieser kleinen, simplen Regelung entbrannte aller Streit. Wann ist eine Abseitsstellung strafbar? Ich flehe den Fußballgott an: Mach Schluß mit der Dödel-Debatte um das "passive Abseits". Schluß damit und aus! Statt nunmehr seit Jahren zu diskutieren, an den Regeln herumzudoktern und insgesamt ein jämmerliches Bild abzuliefern: Zurück zur früheren Regelauslegung und fertig.

Abseits kann nur stehen, wer aktiv ins Spielgeschehen eingreift. Dies gilt für einen angespielten Stürmer (auch wenn er letztlich nicht den Ball annimmt), für jeden Spieler, der den Torwart oder seine Sicht irritiert und es gilt vor allem auch, solange ein Spielzug währt. Die in den letzten Jahren etablierte Behauptung, durch einen Querpaß am Elfmeterpunkt würde eine "völlig neue Spielsituation" entstehen, ist so bodenlos debil, dass es Wunder nimmt, wie sie je jenseits der Räume eines Funktionärzimmers ernsthaft ausgesprochen werden konnte.

Über den Confed-Wahnsinn des Fähnchenhebens nach Ballannahme möchte ich gar kein Wort mehr verlieren. Er entspringt letztlich der von dumben Ahnungslosen lancierten Forderung, nur der Spieler solle abseits stehen können, der tatsächlich angespielt wird. So aber war die Abseitsregel nie gedacht. Sie sich so wünschen kann nur, wessen Aufmerksamkeitsspanne nichtmals für die 30-60 Sekunden eines Spielzugs ausreicht, in denen sich entscheidet, ob aus einem Abseits ein Vorteil entsteht. Diese abwarten zu können, macht einen guten Schiedsrichter aus. (Aber eben nur im Zweifelsfall, nicht aus Grundsatz.) Dies auszuhalten sollte jedem Zuschauer zumutbar sein.

Die jetzige FIFA-Vorgabe läd dazu ein, taktische Tendeleien einzustudieren, die wenig mit Fußball zu tun haben. "Du stellst Dich abseits, wir spielen Dich scheinbar an, alle sind irritiert, dann sprintet XY vor, nimmt den Ball an -- zack stehen zwei Mann frei vor dem Tor. Völlig regulär." Ein irres Gedankenspiel? Wer das glaubt, sei an Ailtons Tor gegen Werder Bremen in der vergangenen Saison erinnert. So etwas wird es dann öfter geben. Das Tor hielt wirklich jeder für irregulär, selbst die Schalker wußten, daß sie mehr Glück als Verstand hatten.

Ruinös ist aber aber auch die vollkommen kurzsichtige Forderung nach der "völligen Abschaffung" des passiven Abseits. Was, bitte schön, soll das bedeuten? Dass ein Spieler, der verletzt an der Eckfahne liegt womöglich minutenlang jeden Angriff unterbindet, weil er sich ja im Abseits befindet?

Also bitte: Zurück auf Start, und dann Aus und Ruhe im Karton. Wer die Abseitsregel nicht kapiert, soll nicht an ihr basteln, sondern nach Hause gehen und mit Murmeln spielen. Basta.

Dienstag, 28. Juni 2005

das vflog-fußball-abc #3: verlieren

ver|lie|ren [mhd. verliesen, ahd. farliosan, verw. mit los]: Seit nunmehr beinahe 20 Jahren bin ich mir über eines im Klaren, seit Stephan Remmler das alte Wiener Naabtal Duo-Volkslied "Einer hat immer das Bummerl" unvergesslich adaptierte, sind mir seine eingängigen Zeilen stets Trost und Zuflucht zugleich: "Einer ist immer der Loser, einer muss immer verliern." Was heißt das nicht alles!

Im Endeffekt liegt in diesen neun Worten die Weisheit der Welt. Damit irgendwer gewinnen kann, muss immer auch irgendwer verlieren. (Andernfalls endet alles unentschieden; und was es heißt, wenn Unentschieden Überhand gewinnen, kann man ehrfürchtig und deutlich am lila-weißen VfL der letzten Spielzeit ablesen.) Der Verlierer hat also maßgeblichen Anteil am Reiz des Lebens, ergo: am Reiz des Fußballs. Ohne Verlierer wäre der Gladbacher VfL nie Meister geworden, der VfL aus Osnabrück wäre nie in die Zweite Liga aufgestiegen, und gar kein Verein hätte jemals irgendeinen Erfolg feiern können. Nach katastrophalen 1:5-Klatschen oder wehrlosen 0:1-Trauerspielen mag einem diese Einsicht vielleicht bald helfen, eine Warte der Weisheit zu erklimmen, die solche schlimmen Erlebnisse erträglich macht.

"Mal verlieren wir, mal gewinnen die anderen!", auch das ist schon oft VfL-Alltag gewesen: Wer erinnert sich nicht ungern an die Abstiegssaisons, von denen es in Osnabrück sogar noch einige mehr gab als in Gladbach. Aber mal angenommen, der Fußballgott ist gerecht - und das ist er nicht, denn er ist im innersten seines Herzen VfLer -, dann darf man auf gebührenden Ausgleich in den folgenden Jahren hoffen, wenn die anderen verlieren, wenn die Sonne nicht mehr untergeht, wenn irgendwann am fernen Horizont das Champions-League-Finale zur festen Gewissheit wird. All das wäre ohne Verlierer nicht möglich.

Dabei darf zweierlei nicht vergessen werden: a) Verlieren ist bitter. Das hätte Michael Schanze und seinem unvermeidbaren Bobby Flitter mal gleich zu Beginn einer sagen sollen! b) Dass schon der Wiener Original-Song sinngemäß mit den Textzeilen endet, "Ich war ein Leben lang der Loser, ganz unten, ganz hinten am Arsch", ist symptomatisch: Diese Konstante wird sich, was den österreichischen Fußball betrifft, auch langfristig nicht ändern. Aller guten Vorrede zum Trotz!

Bisher erschienen: Verein | Versager |

Montag, 27. Juni 2005

ein zarter hauch

Tropische Temperaturen, bei denen selbst das letzte Hemd noch zu warm ist. Die Globalisierung beschränkt sich dieser Tage fernab von unserer Balkonliege und fast unbemerkt auf asiatische Märkte, selbst die Managerkehlen sind trocken, und eine konjunkturelle Verbesserung muss, so scheint es, auf kühlere Tage verschoben werden. Selbst der Fußballgott liegt träge in seiner Hängematte im siebten Fußballhimmel und erholt sich vom Deutschen Evangelischen Kirchentag. Was kann da noch Quell von Freude sein? Ein zarter Hauch Nichts! Zum Beispiel ein GDNAGS-Brustwarzenpiercing oder: Unser VfLog-String-Tanga! Dieses Kleinod sportlicher Bekleidungskultur eignet sich auch als Augenbinde zur Abwehr allzu hellen Sonnenlichts, im Zweifel taugt es sogar zum Ohren-Füllstoff, um leidige Fußballreportagen à la Kerner oder Beckmann gekonnt auszublenden. Probieren Sie es aus! Leicht und beschwingt geht es dann auch wieder aufwärts mit Deutschland!

"mit einer träne im auge"

Der vierte und letzte Teil des VfLog-Interviews mit VfL-Medienchef Markus Aretz. (Teil 1 | Teil 2 | Teil 3)

Wagen wir jetzt einen Ausblick auf die nächste Saison. Im Gladbacher Umfeld ist die Erwartungshaltung, auch wenn man gerade die x-te Saison ganz knapp nicht abgestiegen ist: „Jetzt wollen wir in die Champions League!“ Was macht man dagegen? Und zweitens: Worauf darf man realistischerweise hoffen im nächsten Jahr, was wäre ein Ziel?

Nach der letzten Saison ist wohl der Wunsch bei uns allen hier, mal eine Saison in Ruhe zu spielen, ohne Trainerentlassung, und dann irgendwo in der Bundesligatabelle zu landen, wo man nicht diesen Druck hat, dass die nächste Saison in der zweiten Liga stattfinden könnte. Wobei ich auch der Meinung bin, dass es nie eine Situation ohne Druck geben wird in der Bundesliga. Wenn da einer schreibt: „Jetzt hat man schon wieder so viel Druck vor dem Heimspiel.“ – das ist ja so ein Quatsch! Druck hat man immer. Wenn man auswärts verloren hat, hat man Druck: Klar, man muss zu Hause gewinnen, um nicht abzurutschen. Wenn man auswärts gewonnen hat, gibt es aber genauso Druck, weil dann alle schreiben: „Aber jetzt habt ihr die Chance, mit einem Heimspiel mal richtig nach oben zu gehen…“
Es gibt ja in der Bundesliga auch keine Zone in der Tabelle, wo man so jenseits von gut und böse spielt, wie das vielleicht in Holland ist. Oben geht es um die Meisterschaft, danach um den UEFA-Cup, UI-Cup, und der Zehnte ist ja nicht in Sicherheit vor dem Abstieg – vielleicht in den letzten drei Wochen, aber bis dahin auch nicht. Wir wünschen uns, mal eine Saison zu haben, in der es so erfolgreich läuft, dass man nach unten nicht diese Angst hat. Mit dem Druck nach oben könnten wir gut leben. Was die Erwartungshaltung angeht, kann man auch versuchen, mit aktiver Kommunikation darauf ein bisschen einzuwirken, aber auch das ist sehr, sehr schwierig.

Ankündigungen wie „Ein einstelliger Tabellenplatz ist das Ziel“ wird es also vor der nächsten Saison nicht geben?

Die wird es sicher nicht geben, und es war vielleicht auch im vergangenen Jahr nicht so schlau, das so zu sagen. Aber wenn man zwei Mal Zwölfter wird und ein Jahr Elfter und dann gefragt wird, „Was wollt ihr denn nächstes Jahr machen?“, dann sagt man natürlich nicht, „Wir wollen wieder Zwölfter werden oder wir wären auch mit Platz Dreizehn zufrieden“. Man muss sich ja jedes Jahr ein Ziel setzten, das ein bisschen höher gesteckt ist. Und dann sagt man: „Nach diesen drei Platzierungen hätten wir jetzt gern mal was Einstelliges.“
Man kann auch nicht so naiv sein zu glauben, dass man kein Ziel ausgeben müsste. Schwierig ist es natürlich, wenn man mit dem Ziel daneben liegt und die Medien fragen: „Warum haben die das gemacht?“ Das sind dann aber die gleichen Leute, die vor der Saison gefragt haben: „Wo wollt ihr denn hin? Sagt uns das mal! Ihr müsst doch ein Ziel haben!“ Das wird auch dieses Jahr wieder so sein, dass alle wissen wollen, wo wir denn landen wollen.

Mit dem Stadion und den Strukturen, die hier geschaffen wurden, ist natürlich das internationale Geschäft nicht aus dem Fankopf und aus dem eigenen Herzen rauszukriegen. Gibt es da intern wirklich so eine Art Stufenplan, indem man sagt, bis zu einem bestimmten Jahr wollen wir da und da stehen?

Auch intern ist es unsere Überzeugung, dass wir erstmal zusehen müssen, uns zu festigen. Klar hat jeder, der hier arbeitet, auch die 70er und 80er Jahre im Kopf und möchte international spielen. Und jeder wäre auch fehl am Platz, der sagen würde: „Da sehen wir Borussia Mönchengladbach nicht. Wir wollen immer Zehnter werden.“ Das ist ja Quatsch. Es wird auch irgendwann soweit kommen, dass Borussia wieder weiter oben spielt, das erfordert nur auch sehr viel Geduld.

Zum Abschluss eines langen Gesprächs möchten wir Sie noch um ein paar kurze Statements bitten: Gibt es für Sie irgendwelche ‚Nerv-Fragen’? In der vergangenen Saison zum Beispiel bestimmt die Frage, wann Elber fit ist oder wann die Trainer-Frage mit Köppel entschieden wird. Gibt es daneben noch ganz allgemein eine Frage, die Sie gern nie mehr hören würden?

(Lange Pause)
Ja, vielleicht die Frage, die mir vormittags jeden Tag gestellt wird: „Gibt’s was Neues?“ (lacht.) Ich find das so überflüssig. Das ist offenbar so: Da kommen Journalisten in die Redaktion und rufen erstmal hier an für ihre Tagesplanung. Ich denke dann immer, inzwischen müsste doch jeder wissen, dass wir uns melden, wenn es etwas gibt…

Gibt es umgekehrt eine Frage, vielleicht gerade nach Krisenzeiten, auf die Sie die ganze Zeit warten – wo Sie denken, da könnte ich so viel Positives erzählen, die aber noch nie gestellt wurde?

Nein, wüsste ich nicht.

Es ist also ok, was kommt?

Ok ist es nicht immer, aber in jedem Fall so erschöpfend, dass ich keine Frage vermisse. In Krisenzeiten ist es ja auch so, dass man meist ohnehin nicht so viel Positives zu erzählen hat. Ich würde mir da eher wünschen, dass es ein bisschen mehr Vertrauen in die handelnden Personen gibt. Ich finde, dass die Leistungen des Präsidiums in den letzten Jahren schon vorzeigbar sind. Und wenn dann zum Beispiel ein Spieler rausfliegt, dass man dann auch davon ausgeht, dass wir dafür gute Gründe haben und uns das auch überlegt haben. Auch wenn man die Gründe vielleicht nicht immer veröffentlichen kann.

Ganz zum Schluss möchten wir Sie jetzt nur noch bitten, zehn Satzanfänge zu vervollständigen.

1. Fußball ist … mein Lieblingsspiel.
2. Nur in Gladbach … dreht sich in einer Stadt alles, aber auch wirklich alles nur um den örtlichen Fußballverein – selbst, wer sich angeblich nicht für Fußball interessiert, weiß, wie der Verein gespielt hat und hat seine Meinung dazu.
3. Wenn der Bökelberg abgerissen wird, … werde ich auf der Bökelstraße stehen und das mit einer Träne im Auge mit ansehen.
4. Was ich einem Journalisten nie verzeihe, … ist, wenn er wissentlich lügt.
5. Manchmal beneide ich den FC Köln um … die schöne Stadt Köln (lacht).
6. Das Wort Mythos … spielt eine große Rolle bei Borussia, sollte aber nicht überstrapaziert werden, sonst könnte es auch zur Belastung werden.
7. Am meisten gelitten habe ich in den letzten Jahren, als … wir in Aachen das Pokalfinale verspielt haben.
8. Am meisten gefreut habe ich mich … bei einzelnen entscheidenden Spielen, von denen so viel abhängt. Zum Beispiel das Spiel, das den Aufstieg entschieden hat oder als zuletzt der Abstieg verhindert wurde…
9. In zehn Jahren ist Gladbach … wie jetzt schon einer der am besten aufgestellten Vereine der Liga und dann auch sportlich hoffentlich auf gleichem Niveau.
10. Und zum Abschluss: In zehn Jahren bin ich … – puh, keine Ahnung, da habe ich mir in meinem Leben noch nie Gedanken drüber gemacht. Dass ich sechs Jahre einen Job mache, ist schon sehr ungewöhnlich, ich habe vorher nie länger als drei Jahre an einem Ort gelebt. Jetzt bin ich schon seit 14 Jahren in Mönchengladbach, seit sechs Jahren Pressesprecher und ich kann mir auch gut vorstellen, das in zehn Jahren noch immer zu machen – das kann sich aber auch von einem Tag auf den anderen ändern.

Herr Aretz, vielen Dank für dieses Gespräch!

Sonntag, 26. Juni 2005

das vflog-fußball-abc #2: versager

Der VfLog macht sich auf die Spuren einer schier unerklärlichen Leidenschaft, die so manchem Außenstehenden ungläubiges Kopfschütteln abverlangt. Das VfLog-ABC mag mithelfen, sie zu begreifen.

Ver|sa|ger, der; -s, -: jmd., der [immer wieder] versagt, der das Erwartete nicht leisten kann: Der Versager bündelt in sich gewissermaßen alle Emotionen, die ein Fußballspiel auslösen kann, und das sind einige. Er bildet eine Art Synthese, eine Klammer, die die Fans der beiden gegnerischen Manschaften eines Spiels zusammenhält, insofern er sich sowohl für größtmögliche Trauer als auch für unfassbarstes Glück verantwortlich zeigt. Der Versager zeichnet sich dadurch aus, dass er in alles entscheidenden Situationen Nerven zeigt: Er verstolpert die 300%ige Chance zum Ausgleich in der Nachspielzeit, der den Abstieg verhinderte; er bricht sich vor dem historischen Endspiel ohne Einwirken eines Mitspielers im Training den großen Zeh, so dass die Mannschaft ohne ihn chancenlos Zweiter wird; er versucht in der 1. Pokalrunde beim Stand von 1:0 gegen Bayern München in der 90 Minute auf der Linie zu klären, tritt unglücklich über den Ball und verschuldet den Ausgleich in einem Spiel, das nach Verlängerung 4:1 für Bayern ausgeht.

Bekannte und ehrwürdige Versager verdienen sich ihren Ruf aber zumeist im Elfmeterschießen einer wichtigen Partie. So geriert im Prinzip jedes Elfmeterschießen mindestens einen Versager. Sie sind leicht daran zu erkennen, dass alle Mannschaftskameraden im Nachhinein betonen, der Übeltäter sei schuldlos und solle sich keine Vorwürfe machen, obwohl jeder weiß, dass er eben ein Versager ist. In diesem Sinne legendäre und schwer zu übertreffende Versager sind beispielsweise Lothar Matthäus (31. Mai 1984, DFB-Pokalfinale in Frankfurt, Gladbach-Bayern 6:7 n.E.), Roberto Baggio (17. Juni 1994, WM-Finale in Los Angeles, Italien-Brasilien 2:3 n.E.) oder unvergessen Uli Hoeneß (18. Juni 1976, EM-Finale in Belgrad, Deutschland-CSSR 5:7 n.E.), der den Ball wuchtig dem Belgrader Nachthimmel übereignete.

Obwohl Versager natürlich die Schande einer jeden Fußballmannschaft sind, sind sie aus zweierlei Gründen auch schützenswert: Entweder vermögen Sie es, die schmerzlichsten Niederlagen detailreich und minutiös ins Gedächtnis einzubrennen; oder aber der Versager war Mitspieler in der gegnerischen Mannschaft, dann gibt es kaum schöneres, als diese Schadenfreude immer und immer wieder aufs Neue zu reanimieren. In jedem Fall machen sich Versager in einer dramatischen Weise unsterblich.

Bisher erschienen: Verein |

Samstag, 25. Juni 2005

das vflog-fußball-abc #1: verein

Die Sommerpause ist lang und unerbittlich. Sie lässt kaum mehr verbergen, dass es Zeiten gibt in diesem Lande, in denen selbst die Androhung einer Neuwahl die Lethargie der größten unorganisierten Minderheit nicht aufbrechen kann: Die VfL-Fans darben! Was tun? Wohin mit den mühsam für Fußball reservierten Freiräumen im sonst so durchgeplanten Alltag? Transfer-Sensationen bleiben aus, der Trainingsauftakt lässt nur die pathologisch infizierten Übungseinheitengucker mehr als nachhaltig aufmerken. Warum also dann nicht gleich aus der Not eine Tugend machen!

Unser kleiner Familienblog kümmert sich ab heute in einer unregelmäßigen Serie um diejenigen Zeitgenossen, denen der entscheidende Deut VfLthusiasmus fehlt, er wendet sich an jene Mitmenschen, zu denen "der letzte Funke, der das Fass zum Überlaufen bringt" (diverse), noch nicht übergesprungen/-gelaufen ist. Wenn also die Freundin die Augen verdreht, die Tochter meckert, der Tennispartner abwinkt oder die Kino-Freunde ungeduldig auf die Uhr schauen - das VfLog-ABC mag mithelfen, eine Leidenschaft zu begreifen.

Ver|ein, der; -[e]s, -e [rückgeb. aus vereinen; frühnhd. vereine = Vereinigung, Übereinkommen]: Der Verein ist, will er angemessene Relevanz beanspruchen, nur als Fußballverein denkbar. Er ist eine makrosoziologische Organisationsform und wird gemeinhin als ein System verstanden, das aus verschiedenen Subsystemen, nämlich den Mannschaften eines Vereins, besteht. Vereine tragen Namen wie "Optik Rathenow" oder "FV Motor Eberswalde". Mitglieder eines Vereins können aktiv (Spieler, Schiedsrichter, Trainer etc.) oder passiv (Spielerfrauen, Schiedsrichterfrauen, Trainerfrauen, Sponsoren und Fans sowie deren Frauen) sein. Gute Fans beziehen einen Großteil ihrer Identität durch die Identifikation mit 'ihrem' Verein, der Verein wird zur legitimen Lebensgrundlage 'seiner' Fans. Um Fan eines Vereins zu sein, ist die Mitgliedschaft jedoch nicht vonnöten - vielmehr zeichnen sich besonders tolle Vereine dadurch aus, dass sie extrem viel mehr Fans als Mitglieder haben.

Eine Menge Mitglieder und viele Fans sind jedoch nur notwendige Bedingungen für den 'reinen' Verein - zur hinreichenden Bedingung wird der Namenszusatz "Verein für Leibesübungen (VfL)". Doch auch hier ist Vorsicht geboten. So mischen sich immer öfter Blender und Trittbrettfahrer unter die reinen Vereine. Werksklubs wie der VfL Wolfsburg nennen sich schamlos ebenso "VfL" wie die Inselanimateure vom VfL Bergen 94. Als "reine Vereine" zertifiziert sind bisher hingegen nur der VfL Borussia Mönchengladbach und der VfL Osnabrück. Die Anhänger dieser Vereine zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche Begeisterung und aufopferungsvolle Hingabe aus. Einen VfLer von seiner Passion abbringen zu wollen, ähnelt dem Unterfangen, einen Schlafwandelnden zu wecken, und endet nicht selten im mentalen wie emotionalen Tod.

Außerdem erschienen: Versager |

Freitag, 24. Juni 2005

"mit einem lächeln im gesicht"

Der dritte Teil des VfLog-Interviews mit VfL-Medienchef Markus Aretz. (Teil 1 | Teil 2 | Teil 4)

Der Kanzler hat mal gesagt, er könne allein über BILD, BamS und Glotze regieren. Das ist lange her, aber gibt es im Fußball heute auch so etwas wie Leitmedien für Sie?

Generell behandeln wir alle Medien gleichrangig. Bundesweit haben natürlich BILD, Kicker und Premiere, weil die live übertragen, die größte Ausstrahlung. Der Doppelpass im DSF hat sich auch etabliert als Diskussionsforum. Und bei uns ist auch die regionale Tageszeitung vor Ort, die Rheinische Post, wichtig, weil die in der Stadt die Stimmung mitbestimmt.

Und die Öffentlich-Rechtlichen sind abgemeldet? Sportschau und Sportstudio?

Beide sind schon noch wichtig. Das Sportstudio hat vielleicht nicht mehr die Quoten wie früher, aber nach wie vor einen guten Ruf. Und die Spieler gehen auch gerne hin, wenn sie eingeladen sind. Das ist immer noch eine Art Ritterschlag.

Die Fernsehrechte werden bald auch neu verhandelt. Was ist die Position, die Gladbach da vertritt und an die DFL weitergibt?

Keine andere als die meisten anderen Vereine sie auch vertreten. Wir möchten schon die Einnahmen erhöhen und uns den anderen Ligen anpassen, also zum Beispiel Italien, Frankreich oder England. Gerade Frankreich ist ein guter Bezugspunkt, weil dort die Rechte viel mehr kosten, obwohl die Liga dort keineswegs spannender oder fußballerisch interessanter ist. Da sollte sich schon etwas verändern. Aber das darf nicht dazu führen, dass man Bundesliga nur noch im Pay-TV sieht.

Es gibt ja auch Überlegungen, den Spieltag auseinanderzuziehen, samstags früher zu spielen usw. Was finden Sie davon gut, und wo sehen Sie auch die Grenze, bevor die Fans dann wegbleiben?

Ich bin keiner von denen, die neun Spiele am Samstag um 15.30 haben müssen. Aber alles muss zuschauerfreundlich bleiben. Was spricht dagegen, ein interessantes Spiel rauszuziehen und samstags um 20 Uhr zu zeigen? Auch der Sonntagstermin um 17.30 Uhr ist heute wirklich etabliert und sogar ziemlich familienfreundlich, der Freitagstermin früher war ja auch sehr beliebt. Um das Thema wird auch viel Palaver gemacht.

Wäre für Gladbach auch eine komplette Selbst-Vermarktung interessant, wie sie ja die Bayern immer fordern? Vielleicht gar mit eigenem Kanal bei Premiere als Fohlen-TV?

Das sind natürlich primär Themen für unseren Manager. Ich persönlich denke, dass ein eigener Fernsehkanal wohl ein bisschen übertrieben wäre. Ansonsten wäre die Selbstvermarktung für Borussia sicher interessant, da gibt es sonst nur wenige Vereine in der Liga, für die sich das lohnen würde. Eigentlich nur die, die bundesweit viele Anhänger haben, also Bayern, Dortmund, Schalke und Gladbach. Aber ich halte trotzdem das Prinzip für richtig, dass die Liga zentral vermarktet wird und das Geld nach einem Schlüssel umgelegt wird. Das funktioniert, und wie es ist, ist es auch gut.

Für Vereine ist auch das Internet zu einem interessanten Medium geworden, weil sie hier die Inhalte auch komplett selbst bestimmen können. Gladbach tut das mit borussia.de, parallel gibt es aber auch aufwendige und noch umfangreichere Seiten wie Torfabrik oder Seitenwahl, die das Geschehen auch journalistisch aufbereiten und kommentieren. Gibt es da eine bewusste Aufgabenverteilung?

Borussia.de ist sehr wichtig für uns, weil wir darüber unmittelbar, ganz schnell und gezielt Vereinsmeinungen kommunizieren können. Das versuchen wir auch immer. Wir wollen Neuigkeiten an die Fans bringen, bevor sie in den Medien sind, aber auch auf Berichte reagieren können und denen die Vereinsmeinung gegenüberstellen. Das konnte man früher nicht, das ist für die Vereine eine positive Entwicklung.
Wir können aber auf der vereinseigenen Seite keine kontroversen Diskussionen über den Club führen. Dafür wäre das der falsche Ort, auch wenn wir der Meinung sind, dass es so etwas auch im Internet geben muss. Deswegen haben wir auch früh die Zusammenarbeit mit Torfabrik und Seitenwahl gesucht. Wir wollen auch diesen Fanseiten ermöglichen, ins Stadion zu kommen oder Interviews mit Spielern zu führen. Das läuft gut, die Seiten sind ja auch professionell gemacht, und wir unterstützen das, wo wir können.

Auf der einen Seite gibt es nun die sehr professionellen journalistischen Angebote im Netz, andererseits gibt es auch noch die Fanforen, die vielleicht weniger professionell, dafür aber umso emotionaler sind. Hat man die als Verein auch im Blick?

Da guckt man schon rein, das beobachtet man, aber nicht so, dass man jetzt morgens direkt nach der Zeitungslektüre in die Foren schaut. Dafür haben wir ja auch die Fanbeauftragten, deren Aufgabe es ist, in den Verein weiterzugeben, wie die Befindlichkeit bei den Fans ist und was die beschäftigt. In den Foren zeigt sich auch, wenn die Fans Probleme haben, ihre Dauerkarte zu kriegen, oder sich zum Beispiel beschweren, dass in Block 19 der Zaun zu hoch ist. Dort kann man also ein bisschen fühlen, was bei den Fans so gedacht wird und dann darauf reagieren.
Man muss aber auch sehr, sehr aufpassen mit diesen Foren. Ich glaube, das ist auch ein Nachteil, den die Entwicklung mit dem Internet heute hat, dass wirklich jeder in der Lage ist, anonym seine Meinung abzusondern, was dann natürlich auch wieder von den Medien aufgenommen wird.

Sie sagen, Sie möchten über borussia.de auch Falschmeldungen korrigieren. Ab wann reagieren Sie da, und was ist so ein übliches Grundrauschen, das man unkommentiert lässt?

Die Schmerzgrenze ist schon ziemlich hoch. Wenn man auf alles reagieren würde, was einen stört, da käme man gar nicht mehr hinterher. Ich denke, der Verein muss einschreiten, wenn etwas bewusst und nachweislich falsch dargestellt wird. Zum Beispiel hatten wir das Problem, dass die BILD-Zeitung im Januar permanent geschrieben hat, wir hätten für sieben Spieler zwölf Millionen Euro ausgegeben. Es waren aber nur drei Millionen. Das haben wir eigentlich in jeder Pressekonferenz und auf der Homepage so oft wie es ging gesagt. Aber wie gesagt: Man kann auch nicht auf alles reagieren, beim besten Willen nicht.

Dazu vielleicht auch noch eine Frage zur Zusammenarbeit mit Journalisten. Fragt man sich nicht an irgendeinem Punkt, wie man täglich mit Menschen zusammenarbeitet, von denen man am Frühstückstisch auch mal einen Artikel gelesen hat, wegen dem man ihnen vielleicht am liebsten den Hals umdrehen würde…?

Ja, das gibt es, und das ist ganz schwierig. Mit einem Lächeln im Gesicht muss man das ertragen.

Mal ganz unabhängig von Gladbach: Wie zufrieden sind Sie mit dem deutschen Sportjournalismus? Es gibt eigentlich drei Genres: Kicker/Sportbild, dann die Tageszeitungen und schließlich so etwas wie 11Freunde. Es gibt nur relativ wenig dazwischen. Würden Sie sagen, da ist noch Raum? Und ist vielleicht auch Raum für eine tägliche Sportzeitschrift, wie es sie in Frankreich oder Italien gibt?

Ich wäre begeistert, wenn es sowas geben würde! Ich war immer fanatischer Liebhaber der Equipe in Frankreich, weil ich immer gern in Frankreich Urlaub gemacht habe und Französisch spreche. Da gehört es für mich jeden Tag dazu, die Equipe zu holen und von vorn bis hinten zu lesen, sehr zum Leidwesen meiner Freundin. Das finde ich toll, und das hätte ich gern hier auch. Ich glaube auch, dass dafür Platz wäre.
Was die Qualität des Sportjournalismus angeht: Man kann das schlecht vergleichen mit dem Ausland. Wenn ich an Tagen, an denen mal wenig los ist, genüsslich Sportberichterstattung lese, dann ist das oft in der Süddeutschen Zeitung oder FAZ, weil da ausgeruhte Geschichten stehen, die man mal in Ruhe lesen kann: hintergründig und nicht nur den Ergebnissen hinterherhechelnd, nicht reißerisch aufgemacht. Das ist für mich qualitativ hochwertiger Sportjournalismus, den es natürlich nicht nur in SZ oder FAZ gibt.

Wie ist das mit den journalistischen Formen: Der Kicker hat seit jeher einen sehr zahlenorientierten, nüchternen Stil, da gibt es zum Beispiel in FAZ und SZ schon vielmehr Journalismus in essayistischer oder Reportageform. Würden Sie sich auch einfach mehr Experimente und Innovationen wünschen?

Absolut. Aber da bin ich vielleicht auch Angehöriger einer kleinen Minderheit, die das bevorzugen würde.

Zum Schluss dieses Journalismus-Blocks sei uns eine Frage in eigener Sache gestattet: Haben Sie schon mal einen Blick auf den VfLog geworfen?

Ja, den habe ich mir angeschaut. Den Ansatz finde ich sehr interessant, das ist ja schon sehr außergewöhnlich. Und die Geschichten gefallen mir gut, die sind gut geschrieben. Das ist eine wirklich nette Ergänzung, auch nicht mit dem Anspruch „Wir müssen jeden Tag die neuesten Nachrichten aus Gladbach und Osnabrück auf der Seite haben“. Aber das, was so passiert, wird originell aufgearbeitet und durchaus auch mit der Meinung der Autoren verknüpft. Finde ich schön.


Lesen Sie am Montag im letzten Teil, warum Holland jenseits von gut und böse spielt, von den Zielen für die nächste Saison und was passiert, wenn der Bökelberg abgerissen wird.

Donnerstag, 23. Juni 2005

fair gehandelt

Was noch vor wenigen Wochen niemand recht zu glauben schien, nimmt immer konkretere Formen an: Dem VfL ist es offensichtlich wirklich gelungen, das Fast-Aufstiegsteam aus der letzten Saison komplett zusammen zu halten. Es verwundert schon ein wenig, wieso manche Akteure, denen ohne weiteres Zweitliga-Format zu attestieren ist, gern und überzeugt in Osnabrück bleiben; und dies spricht einmal mehr für Mannschaft und Umfeld.
Auf dem Transfairmarkt wurde sich dementsprechend zurückhaltend bedient: Mit Florian Heidenreich (Bremen (A), defensives Mitttelfeld), Marcus Wedau (Essen, offemsives Mittelfeld) und Shergo Biran (Wolfsburg (A), Angriff) sind bisher nur drei Neuzugänge zu vermelden - darunter zur Überraschung vieler keine Verstärkung für die Abwehr.

Bis zum erfolgreich vermeldeten Biran-Transfair gestern musste man sich zeitweise sorgen, ob der VfL als Verein überhaupt noch existiert - so verschlossen waren die Türen, hinter denen seriös und unbesehen der Kader für die Saison geplant wurde. Nichts drang heraus, und man wähnte sich in Zeiten zurückversetzt, in denen es noch die Regel war, dass ein Mannschaftsgerüst intern geformt wurde und nicht Presse und Fans eher informiert waren als die dann zu verpflichtenden Spieler.

Nun, so der öffentliche Tenor, fehlt noch eine Verstärkung für die Abwehr. Insbesondere auf den Außenbahnen konnten Ewertz und Koch in der vergangenen Spielzeit selten überzeugen; Schanda und erst recht de Jong spielten hingegen oft stabil und, abgesehen von Defiziten in der Schnelligkeit, sicher. Kommt also noch ein Neuzugang, der neue Alternativen für die Verteidigung eröffnet? Die Namen Banecki (Bremen) und Afryie (U21- Nationalspieler) kreisten schon in dem ein oder anderen Fan-Forum, vermutlich aber vollkommen grundlos. Dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt "für jeden Mannschaftsteil die geplanten Verpflichtungen vorgenommen" wurden, mag man jedoch auch nicht so recht glauben.

Aber selbst wenn: Pele Wollitz setzt seit jeher auf einen ausgeprägten Offensivfußball, der uns in der vergangenen Saison viel Spaß gemacht hat. Sollte mit Heidenreich für noch mehr defensive Stabilität gesorgt sein, könnte im Gegenzug auch unsere Abwehr gleich einen sichereren Eindruck machen. Die Mannschaft jedenfalls darf sich so, wie sie ist, ohne Frage zu einem Aufstiegsfavoriten zählen, und das tut sie sympathischerweise ja auch. Ob mit oder ohne neue Abwehr-Power? Wir dürfen gespannt sein, ob hinter den wieder verschlossenen Türen gerade verhandelt wird...

Mittwoch, 22. Juni 2005

"weltuntergangsstimmung rund um den klub"

Der zweite Teil des VfLog-Interviews mit VfL-Medienchef Markus Aretz. (Teil 1 | Teil 3 | Teil 4)

Der Trainerwechsel von Hans Meyer zu Ewald Lienen war so ein Ereignis, wo man als Gladbachfan auch stolz sein konnte auf seinen Verein. Das war harmonisch wie nur wenige Wechsel in der Bundesliga. Stand das auch für einen Wert wie Kontinuität, den wir zuletzt bei den Trainern verloren haben, aber wiederfinden können und sollten, oder ist so was im Profigeschäft eine Illusion und Wunschdenken?

Das hätte natürlich jeder liebend gerne. Trainerwechsel gibt es nun einmal in der Bundesliga, auch vorzeitige, da ist keiner vor gefeit. Beim einen geht es vielleicht etwas schneller, bei anderen dauert es etwas länger; aber wie so etwas vonstatten geht und kommuniziert wird, hängt auch sehr von den handelnden Personen und der allgemeinen Situation ab.
Der Übergang von Meyer zu Lienen war auch deshalb so harmonisch, weil Hans Meyer optimal mitgespielt hat. Er hätte vielleicht auch Gründe gehabt zu sagen, dieses und jenes passt mir nicht und ich gehe hier im Zorn. Aber er hat immer die Interessen des Vereins vertreten, sogar als er gegangen ist. Wir haben damals ja auch gegen den Abstieg gespielt und er wusste einfach: Der Verein braucht Ruhe.

Bei Advocaat war es dann so, dass viele ihn sehr früh weghaben wollten. Aber es gab auch Stimmen, die in ihm die Vision einer internationalen, erfolgreichen Borussia der alten Schule verkörpert sahen und kritisiert haben, dass diese Perspektive, wegen der man Advocaat ja auch verpflichtet hatte, nicht länger kommunikativ verteidigt wurde. Gab es da zuviel Druck von außen oder war man auch im Verein uneins?

Intern war da überhaupt nichts, da haben alle absolut zu ihm gehalten, sowohl das Präsidium als auch alle anderen Mitarbeiter im Verein. Aber der Druck durch die Öffentlichkeit ist massiv geworden, nicht nur durch die Medien, sondern auch durch die Fans. Das habe ich, seit ich hier bin, nie so erlebt. Die große Mehrheit war gegen ihn und wollte ihn loswerden, wir hatten eine Atmosphäre im Stadion, die klar gegen den Trainer und auch gegen den Sportdirektor war, was dann auch noch auf die Mannschaft übergeschwappt ist. In die Online-Foren brauchte man ja gar nicht mehr reinzugucken. Das war eine Weltuntergangsstimmung rund um den Klub. Und das hat dann auch dazu geführt, dass er gesagt hat, es hat keinen Sinn so.

Und das kam auch wirklich von Advocaat selbst?

Ja. Das kam nach dem Spiel gegen Mainz von ihm, da hat das Präsidium sich geweigert und gesagt: „Nein. Wir ziehen das durch mit dir.“ Er ist dann noch einmal einen Tag nach Holland gefahren, kam danach aber zurück und meinte erneut, dass es so nicht weitergeht. Und ich glaube, dass er letzten Endes auch recht damit hatte. Denn als er weg war, ist so ein Druck vom Verein abgefallen – dass war wie wenn man beim Kochtopf den Deckel entfernt: Alles konnte entweichen, und es war wieder Ruhe im Verein.

Bei Dick Advocaat gab es ja auch sehr, sehr früh schon heftige Kritik von der Presse. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Bei Dick Advocaat war die Situation so: Er hatte während seiner Zeit als Nationaltrainer in Holland schlechte Erfahrung mit der Presse gemacht und war vorher Trainer in Schottland. Da arbeitet man ganz anders, da gibt es eine Pressekonferenz vor dem Spiel, eine danach und das war’s. Sonst arbeitet man völlig abgeschottet. Das war für ihn eine heile Welt, ungestört. Und so wollte er das hier auch haben. Wir haben ihm natürlich gesagt: „Das läuft so nicht in Deutschland, Du musst auch zwischendurch zur Verfügung stehen.“ Aber er hat darauf bestanden, dass wir es zumindest bis Weihnachten so machen, wie er es will und dann gucken, ob es geht. Nur: Da war das Kind dann natürlich längst in den Brunnen gefallen, auch wenn er später zu angemeldeten Interviews bereit war. Und selbst das war auch zu wenig. Heute wollen Journalisten den Trainer nach jedem Training ansprechen können, zumindest kurz einen Satz hören, und wenn es nur um Kinkerlitzchen geht.

Wie ist denn ihre Position dazu? Denken Sie manchmal, es wäre schön, wenn man heute noch arbeiten könnte wie früher und weniger unter Beobachtung wäre? Oder finden Sie die hohe mediale Aufmerksamkeit positiv?

Ich kann privat jeden verstehen, der nur mit Menschen reden will, die ihm sympathisch sind. Aber so geht es heute eben nicht mehr. Und man muss es auch so sehen, dass wir alle davon leben. Wenn man heute in die BILD-Zeitung guckt, die Seiten zählt, das ist doch gigantisch geworden: Es gibt ja in Deutschland kaum Wichtigeres mehr als die Bundesliga. Deswegen sind Sponsoren und Fernsehsender bereit, viel Geld auszugeben, von dem wir die Spieler bezahlen und die Mitarbeiter. Das hält erst das Geschäft am Laufen und sorgt auch dafür, dass man international mithalten kann.
Der idealistische Fan, der keine Sponsoren will, keine VIP-Logen, keine zerstückelten Spieltage wäre wahrscheinlich auch nicht glücklich, wenn er sich durchsetzt, dann aber alle guten Spieler ins Ausland gehen und wir auf einem Niveau wie zum Beispiel in Belgien spielen würden.

Bei all der Aufmerksamkeit der Medien ist es auch klar, dass man in Krisen sofort in eine Position gerät, in der man nur noch reagieren kann. Aber was ist denn ihre persönliche Vorstellung einer aktiven Medienarbeit der Borussia?

Aktive Medienarbeit ist das, was jeder Pressesprecher in der Bundesliga am liebsten hätte. Und das versucht man auch, indem man zum Beispiel mit der Vereinsführung vor Entscheidungen spricht, mögliche kommunikative Konsequenzen aufzeigt und sich auch auf Reaktionen von Fans und Medien vorab einstellt. Aber das kann man letztlich nur so lange machen, wie es gut läuft. In der Realität ist es so, dass man meistens in reaktive Situationen gedrängt wird und sich da kaum wehren kann. Da bringt es auch nichts zu jammern: Das Ergebnis auf dem Platz überlagert alles, da kann man noch so gut aufgestellt sein, Marketingeinnahmen erzielen, viele Mitglieder haben, Dauerkarten verkaufen, gute Medienarbeit machen. Wenn die Mannschaft dreimal verliert, ist alles schlecht. Das wäre blauäugig, wenn man meinte, eine Saison lang nur aktive Medienarbeit machen zu können. Man muss sich aber so aufstellen, dass man gut und angemessen reagieren kann, wenn es schlecht läuft.

Hatte eigentlich Peter Pander ganz andere Vorstellungen von Medienarbeit als Christian Hochstätter oder konkrete Änderungswünsche?

Kaum, auch die Unterschiede in der Medienarbeit zwischen den Bundesligavereinen sind ja wie gesagt nicht mehr so groß. Das wird immer ähnlicher und es geht dann nur ums Detail. Aber da ändert man dann auch mal etwas. Peter Pander hat zum Beispiel am Anfang Ruhe in den Verein und auch in die Medien bringen wollen. Da hat er wirklich jede Interviewanfrage angenommen. Das war auch richtig und hat geholfen. Es ist immer besser, wenn man mitreden kann, wenn über einen gesprochen wird.


Lesen Sie am Freitag, ob der Kanzler recht hat, ob es künftig 'Fohlen-TV' auf Premiere gibt und was kleine Minderheiten schätzen.

Dienstag, 21. Juni 2005

...muss ich neidlos anerkennen

Es wird Wahlkampf im Lande - und man kann sich darauf verlassen, dass in absehbarer Zeit wieder Neiddebatten die Gazetten erobern. Neiddebatten sind solche Debatten, in denen die einen sagen, sie könnten nicht wie sie können müssten, weil die anderen mehr können als sie eigentlich können dürfen sollten. Der gewöhnliche Reflex auf derartige Debatten ist der, die einen abzukanzeln, eben weil sie neidisch seien, die anderen aber mindestens dafür zu kritisieren, dass sie nicht selbst einsähen, ungerecht viel zu können. Wieso diese Debatten generell immer umgehend für unlauter befunden werden, ist bemerkenswert, aber für unseren kleinen Familienblog ein zu weites Feld. Warum aber, darf sich der Fußballfan verwundert die Augen reiben, entfachen sich solche Kontroversen nicht auch in unserem Business?

Mal abgesehen von den zarten und ehrenwerten Versuchen eines Marco Bode, der dereinst den Krankenschwester-Vergleich für ein paar Tage sogar auf die BILD-Titelseite hievte - bis das Blatt wohl recht schnell einsah, dass es nicht uneingeschränkt klug ist, das Pfund, mit dem sich so fein wuchern lässt, für umoralisch zu befinden -, abgesehen von diesem Marco Bode also versuchen sich auffällig wenig Aktive wie Fans, diesem Thema Bedeutung beizumessen. Wahrscheinlich aus den gleichen Gründen wie denen der BILD.
Dabei, mag man meinen, sollte das eklatante Missverhältnis jedem Stadionbesucher an jedem Wochenende erneut auf den Magen schlagen: Millionen-Gehälter für 'Stars' auf dem grünen Rasen, Bruchteile dieses Salärs für die Fans auf den Rängen, die oft sogar auf andere Annehmlichkeiten verzichten, um ihrem Klub die Daumen zu drücken. Das fußballerische Ausnahmekönnen eines Michael Ballack oder Giovane Elber, eines David Beckham oder Ronaldo anzuerkennen, müsste ja noch lange nicht bedeuten, deren Gehaltsgefüge gleichmütig als recht und billig hinzunehmen. Tut es aber. Und sogar die vielen Holzfüße und Fußballarbeiter mit weniger klangvollen Namen verdienen ein Vielfaches derjenigen, die sicher nicht weniger leisten. Leistung scheint also (auch hier) nicht das Kriterium zu sein.

Ist es womöglich Knappheit, wie oft in wirtschaftsliberalen Kreisen vermutet? Liegt das exorbitante und unverhältnismäßige Gehalt unserer Helden darin begründet, dass sie Exklusivität beanspruchen können, weil es eben sonst wenige Menschen gibt, die ähnlich beschlagen an den Ball treten können? Vordergründig mag das eine Erklärung sein, aber: Selbst wenn es nur einige wenige außergewöhnlich gute Kicker gibt, ist dies Legitimation genug für deren üppiges Salär? Warum geht hier kein Ruck durch's Land - diesen späten Gefallen könnte man Herzog, ob Roman oder Andreas, doch tun. Warum beklagt sich niemand, warum werden keine Fragen gestellt?

Wenn sich eine solche Diskussion entzündet - und das gelingt immer für kurze Zeit dann, wenn die Helden stolpern, wenn veloren wird und "Millionarios"-Sprechchöre chic sind -, dann darf sie als kurzes moralisches Strohfeuer herhalten. Die Leute gehen trotzdem ins Stadion, zahlen trotzdem eine Menge Geld für die schlechte Arbeit überbezahlter Hobby-zum-Beruf-Macher. Ein Störfeuer sähe anders aus.

Vielleicht muss man einmal sagen: Das darf kritisier werden! Das Gehaltsnivieau überduchschnittlich guter Fußballspieler - 'Stars' - ist einigermaßen pervers!
Andere mögen nun wieder Gründe dafür finden können, warum das viele Geld dennoch legitim verteilt ist - mit ein wenig Mühe kann man womöglich gar geteilter Meinung sein. Sicher könnten einige erkleckliche Erklärungen dafür gefunden werden, wenn man denn nur nach ihnen suchen würde. Verwunderlich ist doch aber, dass diese Fragen überall anders gestellt werden, nur eben Stars werden damit höchst selten konfrontiert, auch nicht im Spitzensport, und wenn, dann mehr als zaghaft und folgenlos.

Wieso nicht? Ist der Mehrwert, den die Kicker und Rennfahrer und Schlägerschwinger tagtäglich transportieren, der Gewinn an (Fan-)Identität und womöglich auch die Ablenkung von alltäglichen Sorgen und Nöten, wertvoller und nicht mit Geld aufzuwiegen? Gönnt man ihnen gar ihre finanzielle Besserstellung zugunsten des eigenen emotionalen Benefits, zu dem die Verehrung unserer Stars gereicht?
Ist diese Erklärung aber nicht andererseits viel zu einfach? Wandelt man auf diese Weise nicht zu naiv auf den Pfaden der Frankfurter Schüler (wohlgemerkt nicht die der Frankfurter Eintracht), indem man den gemeinen Fußball-Fan für derart verblendet erklärt, dass er die materiellen Klassenunterschiede hinnimmt, im Unwissen und unfähig zu erkennen, dass der von ihnen in Anspruch genommene Mehrwert nur ein deutlich scheinbarer und unaufgeklärter ist und dass die Profiteure enorm unverhältnismäßig profitieren?
Außerdem sind nicht alle Krankenschwestern und Handwerker und Angestellten dieser Erde Fußballfans oder solche, die ihre Sinnsuche mit Stars anreichern und sogar fündig werden.

Wieso also keine Neiddebatte in diesen Bereichen, wieso kein Aufschrei der Fußballfans? Warum funktioniert es, sie von vornherein als unlauter zu brandmarken und zu (ver)schweigen?
preisbloggen
Zu dem Thema hat auf den Foren von borussia.de eine Debatte mit Umfrage begonnen. Der folgende Link führt Sie zu dem entsprechenden Forum. Gerne können Sie aber auch hier Ihre Kommentare hinterlassen.

Montag, 20. Juni 2005

"alles in schutt und asche"

Neben dem Job auf dem grünen Rasen oder womöglich noch dem an der Seitenlinie gibt es einen weiteren Traum-Beruf im Fußball, besonders bei unseren VfLs: Den des Presse- und Medienchefs. Beim VfL in Mönchengladbach heißt der Mann Markus Aretz, und der VfLog hat sich mit ihm zum Gespräch getroffen. In vier Folgen lesen Sie von heute an, wo der VfL nächste Saison hin will, wie es zum Abschied von Dick Advocaat kam und wann Aretz in den letzten Jahren am meisten gelitten hat. (Teil 2 | Teil 3 | Teil 4)

Herr Aretz, am Anfang würden wir gern etwas über Sie persönlich erfahren. Manche Mutter fragt sich wohl, was sie falsch gemacht hat, wenn ihre Jungs sogar noch studiert haben, aber dennoch nicht vom Fußball wegzubringen sind und einfach keinen anständigen Beruf ergreifen... Was ist bei Ihnen schiefgelaufen, dass Sie bei Gladbach Medienchef wurden?

Das war völlig ungeplant. Eigentlich war ich durch meine Eltern sehr in Richtung Ausland geprägt, weil mein Vater bei der Bundeswehr war. Daher war ich als Kind viel im Ausland und wollte später unbedingt etwas mit Fremdsprachen machen. Deswegen bin ich nach dem Abi zum Auswärtigen Amt gegangen, habe die Diplomatenschule in Bonn besucht und bin dann im Anschluss auch an Botschaften gegangen. Irgendwann habe ich dann aber den Flash bekommen und mir gesagt: „Jetzt bist Du 24 und Beamter – zwar im Ausland, was superinteressant und spannend ist. Aber das kann noch nicht alles gewesen sein. Du möchtest noch studieren!“ Deswegen bin ich zurück nach Deutschland gegangen, habe gekündigt und in Köln angefangen, Politische Wissenschaften auf Magister zu studieren. Von Rumänien aus hatte ich in Mönchengladbach eine Wohnung gefunden, und eigentlich wollte ich nach einem halben Jahr nach Köln umziehen.
Aber wie das dann so ist: Freundin kennen gelernt, doch erstmal in Gladbach geblieben, dann über einen Job bei der Rheinischen Post mit Schreiben angefangen, eigentlich auch dort nicht zuerst mit dem Hintergedanken, unbedingt Sport machen zu wollen. Die brauchten aber zufällig gerade im Sport jemanden. Angefangen hat es, wie sowas immer losgeht, mit kleinen Fechtturnieren, Kreisligafußball und so weiter. Ich bin dann immer mehr da reingerutscht, habe richtige Redaktionsdienste gemacht, auch über Borussia Mönchengladbach geschrieben – und dann hat man mir ziemlich schnell ein Volontariat angeboten. Das habe ich angenommen und in Düsseldorf begonnen. Und nach einem Jahr Volontariat kam das Angebot, Sportredakteur zu werden. Dort habe ich das machen können, wovon man halt träumt, wenn man ein kleiner Junge und Gladbach-Fan ist: Erst träumt man davon, dass man selber Fußballer wird, dann sieht man irgendwann eines Tages ein, dass das nicht hinhaut. Und dann träumt man davon, da später irgendwie mit zu tun zu haben. Aber wie gesagt: Ich habe da eigentlich nie drauf zugearbeitet: Auf einmal war das eben so.
Außerdem hatte ich auch über Borussia geschrieben, war bei den Spielen immer dabei, und dann zeichnete sich ab, dass Borussia absteigt – im Winter 1999 stand das ja eigentlich schon fest. Im Frühjahr bin ich schließlich vom Präsidium angesprochen worden, ob ich mir vorstellen könne, Pressesprecher zu werden. Nach zwei Tagen Bedenkzeit war klar, dass ich das mache. Und dann war ich im Juni 1999 auf einmal Pressesprecher hier.

Auch wenn der Beruf im Fußball nie geplant war, Sie waren aber schon Fußballfan von Kindesbeinen an?

Ja, mein Vater war Gladbach-Fan, die Familie kommt aus Gladbach, ich bin in Mönchengladbach geboren. Mönchengladbach, das waren immer die Wurzeln, obwohl meine Eltern ständig durch die Weltgeschichte gefahren sind. Hier bin ich alle zwei Monate am Wochenende mit Mama und Papa hingefahren, und mein Vater hat das immer so gelegt, dass das an einem Spieltag war. Es war daher schon immer die Verbindung da.

Die richtig große Zeit des Vereins haben Sie aber wahrscheinlich nur als kleines Kind mitbekommen haben, oder?

Ja, ich erinnere mich da nicht mehr an viel, wo ich selber dabei war. Klar, vorm Fernseher habe ich viel gesehen. Ich weiß noch, dass ich da als kleiner Stöpsel immer um halb elf aufstehen durfte, wenn Europapokal kam – damals waren das ja noch die Zusammenfassungen. Und ich weiß auch, dass mein erstes Spiel im Stadion 1972 war, und zwar gegen Düsseldorf auf dem Bökelberg. Mein Vater hat mich da als kleines Kind immer mit hin geschleppt.

Stellen wir uns ganz kurz eine ganz furchtbare Welt vor, in der Fußball nie erfunden worden ist: Was wäre dann wohl aus Ihnen geworden?

Ich glaube, es wäre Richtung „politischer Journalismus“ gegangen. Da habe ich auch während des Volontariats mal meine Fühler ausgestreckt, die Rheinische Post hat ein Netz von Auslandskorrespondenten beschäftigt, und das hat mich schon sehr gereizt. Ich glaube, darauf hätte ich dann auch mehr hingearbeitet.

War das dann auch der Impuls, im Studium die Politikwissenschaft zu wählen?

Nicht so konkret. Damals, als ich das Studium angefangen habe, wusste ich ja noch nichts von Journalismus. Ich wusste schon, dass ich das gern ausprobieren würde. Aber als Berufsziel hatte ich das nicht. Ich hab mir damals einfach nur gesagt: „Du studierst jetzt was, das dich interessiert, das dir Spaß macht, und nicht etwas, von dem du meinst, das könnte dann in fünf Jahren mit deinem Berufsziel zusammen passen.“

Sie sind dann ja gewissermaßen Medienprofi auf der journalistischen Seite geworden und so bei Borussia gelandet. Nun wird allenorten eine Professionalisierung des Fußballs und der Kommunikationsarbeit festgestellt. Da gehört dann ja auch viel BWL und Management zu, gerade wenn man auch eine ganze Abteilung führt. Haben Sie das on-the-job gelernt?

Ich hab durch meine Zeit im Auswärtigen Dienst da einiges an Knowhow mitgebracht, weil man da gerade durch die eher bürokratische Ausrichtung viel lernt. Ich habe Verwaltungsabläufe kennen gelernt, habe gelernt, sich zu organisieren und auch Teams zu organisieren. Davon habe ich schon profitiert. Und on-the-job lernt man natürlich immer dazu.

Wie bewerten Sie denn allgemein die Professionalisierung des Fußballs? Die Medien werden immer aufmerksamer und präsenter und beobachten immer genauer. Was hat sich, auch in Ihrer Zeit hier, dadurch verändert?

Ich glaube, es hat sich sehr viel verändert im Bewusstsein der Vereine. Als ich 1999 angefangen habe, war dieser Prozess schon in vollem Gange, da hatte schon fast jeder Bundesligist einen Pressesprecher. Und inzwischen ist es ähnlich wie bei uns auch bei den meisten anderen Vereinen so, dass die Presseabteilungen ausgebaut wurden. Wenn man mal in die 80er Jahre zurückgeht, da hatten nur die Bayern einen Pressesprecher, den Markus Hörwick, der auch so eine Art Urgestein ist. Er war der erste in der Bundesliga, und die Bayern machen das natürlich auch perfekt. Sie hatten auch als erste das Bedürfnis, jemanden hauptamtlich einzustellen. Bei dem Rest der Liga ging das erst Anfang oder Mitte der 90er Jahre los, und das Medieninteresse hat gerade in den vergangenen zehn Jahren so rapide zugenommen, dass die Vereine ohne professionelle Medienarbeit auch gar nicht mehr leben können.

Wo stehen Sie denn in der Gladbacher Vereinshierarchie, und wieviel Mitspracherecht haben Sie auch vorab bei Entscheidungen? Können Sie sagen, „‚Leute, das ist vielleicht sinnvoll, aber kommunikativ nicht durchsetzbar“? Oder müssen Sie sozusagen rüberbringen, was auf den Tisch kommt?

Ich bin schon unmittelbar dem Präsidium und dem Geschäftsführer unterstellt, nehme auch regelmäßig an Präsidiumssitzungen teil und habe auch sonst einen engen Kontakt zum Präsidium, sehr engen zum Geschäftsführer und zum Sportdirektor. Wir reden also ständig miteinander, und ich gebe auch ständig meine Meinung ab. Ich sage auch zu jedem Thema, „Ihr solltet dies und das bedenken. Das kommt in der Öffentlichkeit so rüber. Hier können wir vielleicht entgegenwirken, aber da haben wir keine Chance.“ Ich will nicht sagen, dass ich da mitentscheide, aber ich glaube schon, dass meine Meinung bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt wird.

Zum Thema Professionalisierung gehört auch der Begriff der ‚Marke Borussia’, der auch vom Präsidenten gerne benutzt wird. Vor ein paar Jahren gab es im Prinzip die gleiche Diskussion für Parteien. Nach der Bundestagswahl 1998 wurde die SPD immer wieder mit dem Begriff ‚Marke’ in Verbindung gebracht, und ihre Anhänger waren empört darüber. Und heute sind es die Fußballfans, die sagen: "Unsere Borussia ist doch ein Verein und keine Marke." Ist Gladbach denn nun gleich Persil?

Das absolut nicht, das will auch keiner. Es ist einfach so, dass wir einen Präsidenten haben, der aus der Wirtschaft kommt und ein sehr erfolgreicher Unternehmer ist. Der weiß, was es bedeutet, ein Unternehmen zu führen, das ein gutes Markenprofil hat. Und genau das hat er bei Borussia Mönchengladbach vorgefunden. Hier hat eigentlich 1999 alles in Schutt und Asche gelegen, aber trotzdem war der Verein noch immer eine sehr, sehr gute, unverbrauchte Marke. Das bedeutet überhaupt nicht, dass man sich entfernen will von dem, was Fußball ausmacht, Stehplätze oder Fankultur abschaffen will. Aber Fußball ist nun einmal, zumindest in der Bundesliga, ein Geschäft geworden, bei dem viele Millionen umgesetzt werden, mit dem Werbung gemacht wird. Da ist es wichtig, dass man ein Profil hat. Und das merkt man auch in Verhandlungen mit Sponsoren oder Fernsehsendern – ob man das nun Markenprofil nennt oder sagt, das ist unser Mythos. Der Fan spricht von Mythos, der Präsident spricht von der Marke, aber eigentlich meinen sie das gleiche. Ich sehe diese Diskussion etwas entspannter, ich finde, da sollte man nicht allzu viel rein interpretieren.

Dortmund hat seine Markenrechte ja sogar verpfändet. Hat man in Gladbach mal ausgerechnet, was die Marke unserer Borussia wert ist?

Nein, nie. So etwas ist auch überhaupt nicht angedacht bei uns. Wir haben ganz bewusst kein einziges Recht mehr aus der Hand gegeben, im Gegenteil alles zurückgekauft im Lauf der Zeit, egal in welchem Bereich. Wenn ein Sponsor eine Bande kauft, dann landet das Geld zu 100% bei Borussia, weil wir uns komplett selbst vermarkten.

Letzte Frage zum Thema Vereine als Unternehmen: Wir haben auf dem VfLog auch schon das Thema Unternehmenskultur der Borussia diskutiert. Würden Sie so einen Begriff auch im Fußball akzeptieren und wenn ja, was wäre die Unternehmenskultur?

Ich glaube schon, dass es so was auch bei uns gibt. Hier wird ja viel von der Fohlen-Philosophie gesprochen, vom Mythos der Fohlen-Elf. Das sollte man auch nicht überstrapazieren, aber das ist schon etwas, was bei uns dahinter steckt: Underdog zu sein, Provinzstadt, die eigentlich nichts anderes hervorgebracht hat als einen erfolgreichen Fußballverein. Das steht bei vielen Menschen auch heute für Borussia Mönchengladbach, der kleine Verein zu sein, der mit innovativen Mitteln und mit anderen Mitteln als die der Großen mithalten kann. So wie das vielleicht im letzten Jahr auch Mainz verkörpert hat.
Auf diese Kultur sollten wir auch setzen, indem wir zum Beispiel die Nachwuchsarbeit noch verstärken. Es ist zwar eine Illusion, dass man heute im Profibereich nur mit einer guten Nachwuchsarbeit in der Bundesliga bleiben kann. Aber ein Verein wie wir, mit dieser Geschichte, dieser Philosophie, der sollte versuchen, jedes Jahr einen Spieler aus dem Nachwuchs hervorzubringen, der es schafft, einen Profivertrag zu bekommen. Das wäre schon sehr erfolgreich.
Darüber hinaus ist es auch ein Merkmal von Borussia, dass der Verein zwar vielleicht nicht gerade familiär, aber in jedem Fall sehr einfach und durchsichtig geführt wird. Bei uns soll es nichts geben, was der Fan nicht durchschauen kann, keine komplizierten Konstruktionen mit Tochterfirmen usw. Bei uns gibt es eine GmbH, in der der Lizenzspielbetrieb und das Stadion ausgegliedert sind, und dann gibt es den Verein mit den Jugendmannschaften, den Handball- und Tischtennisabteilungen – und das ist es dann auch. Die Struktur ist ganz einfach zu durchschauen, und soll es auch sein. Wir haben auch ein Präsidium mit nur zwei Mitgliedern, das gibt es auch selten in der Bundesliga – nicht kompliziert, und jeder weiß, woran er ist. Auch das macht Borussia aus.


Lesen Sie am Mittwoch, wie es zur Trennung von Dick Advocaat kam, ob sich Peter Pander von Christian Hochstätter unterscheidet und warum der idealistische Fan ein Belgier werden sollte.

Sonntag, 19. Juni 2005

heute...

...ist es heiß in Deutschland, außerdem findet die sonntägliche Satire heute als Realsatire statt, und zwar vermittels der so genannten Länderspiele Griechenland - Japan und Brasilien - Mexiko. Damit können wir nicht mithalten, darum pausiert der VfLog demütig, jedoch nicht annähernd so lustlos.

Ab morgen aber Sie hier das große Interview mit Markus Aretz, dem Presse- und Medienchef vom VfL aus Mönchengladbach. Wo der VfL nächste Saison hin will, wie es zum Abschied von Dick Advocaat kam, wann Aretz in den letzten Jahren am meisten gelitten hat - das alles gibt's hier, ab Montag in vier Teilen.

Samstag, 18. Juni 2005

willkommen zurück

Er war damals schon so sympathisch, der chice, ältere, gutaussehende Italiener mit seiner charmanten Ironie. Schön, dass er wieder da ist. Willkommen zurück, Giovanni Trapattoni.

Nachdem sich der Staub des ersten Tages gelegt, nachdem eine Vielzahl total witziger TV-Sender ihre "Ich habe fertig"-Bänder zum dreihundertsten Mal abgespielt hat, nachdem alle wieder committed sind auf den unvermeidlichen "Flasche leer"-Text, trauen auch wir uns mit dem Hinweis an die Öffentlichkeit, dass Giovanni Trapattoni neuer Trainer des VfB Stuttgart ist. Der offenbar unverdmeidbare Reflex der Journallie verstellt leider den Blick auf einen tollen Menschen und großartigen Trainer: Bei der Rede über ihren Ex bekommen selbst gestandene Bayern-Profis heute noch sentimental glänzende Augen.

Was in Stuttgart jüngst geschah, war sicher oft weniger rühmenswert. Jetzt aber hat der Klub einen neuen Trainer, einen, der eine Bereicherung für die ganze Liga ist. 32 Spiele darf er alles richtig machen.

Donnerstag, 16. Juni 2005

über die lust am essen

Jaja, ein erneutes Fußballfest gegen Braunschweig hätte es sein können, auch in Rostock oder Freiburg. Man hätte kämpfen können in Arenen so groß wie Kleinstädte, und mit ein bißchen Glück hätten wir unsere Helden gar montags am Abend live im DSF bestaunen können. Aber dennoch: Es hätte etwas gefehlt.

"So, zum Warmmachen spielen wir Fünf gegen Zwei - die beiden Jüngsten gehen zuerst im Kreis!", sagt der Jugendtrainer vom SV Holzwickede. "Da fang ich am Denken", gibt ein paar Kilometer weiter der Spielführer von Marl-Hüls zu Protokoll, "wer denn bei uns der Jüngste is."
"Am Ende geh ich immer zu Hause, da macht Mama lecker Essen", steuert sein Kollege aus Unna ungefragt bei. "Alten Sausack, ich danke Sie!", platzt es aus dem kleinen Fußballfan aus Bottrop, als ihm der Torwächter der Ersten ein Autogramm auf seine Mütze schreibt. "Ich krieg am Herz", wendet sich der 66-jährige Fanklubvorsitzende des SC Herne schmerzverzehrt ab, als die Mannen auf dem Rasen in letzter Minute den Sieg verschenken.

Der VfL darf in der nächsten Spielzeit wieder an der Hafenstraße antreten. Ich sach ma: Dat is einfach die Lust am Essen!

Mittwoch, 15. Juni 2005

niemals geht man so ganz?

Der Vorverkauf für das Abschiedsspiel von Stefan Effenberg hat begonnen. Es lohnt sich zuzugreifen, denn die Karten sind günstig und die Besetzung der Mannschaften ist hochkarätig. Mit Stefan Effenberg verbinden wir große Erfolge und schöne Erinnerungen. "Tiger, Tiger Effenberg", summe ich beim Tippen vor mich hin.
Und doch: Das Wort "Abschied" ist mir wichtig. Die Vorstellung den blonden Heißsporn in leitender Funktion bei den Fohlen wiederzusehen, behagt mir nicht. Gerade wenn man bedenkt, wie schnell und wohlfeil sich Effe (auch Matthäus, definitiv noch schlimmer) in der letzten Krise angebiedert hat. Da war es klug von Peter Pander, derlei Avancen zu parieren und ein schönes, verbindliches Abschiedsspiel zu vereinbaren. Wir sind dabei!

Dienstag, 14. Juni 2005

das letzte hemd

"Wir müssen uns auch an den asiatischen Märkten ausrichten, dort schlummern Millionen", hören wir all überall aus Managerkehlen, kaum vom Champagner getrocknet. Waldstadien werden zu Commerzbank-Arenen, und olympische Vergangenheit ist im Frühsommer 2005 nichts mehr, derer man sich qua Stadionnamen versichern müsste. Diese Allianz aus schnödem Mammon und falsch verstandenem Fan-Engagement macht einen einfachen Arbeiter im Weinberg des Herrn schaudern.
Wir können dieser entfesselten Globalisierung jedoch Einhalt gebieten, wenn wir es schaffen, die wirtschaftliche Zurückhaltung in unserem schönen Heimatland zu durchbrechen, wenn die Menschen wieder investieren, wenn die Binnennachfrage sprunghaft steigt.

Damit diese konjunkturelle Verbesserung nicht bis zur WM im nächsten Jahr auf sich warten lässt, damit andererseits nicht aus wirtschaftlichen Gründen Anstoßzeiten in den frühen Samstagvormittag verlegt werden müssen, gibt es den VfLog. Unsere GDNAGS hat ihren Dienst mehr als erfolgreich getan, eine lila-weiße Produktpalette ist sogar in Planung. Bis dahin aber sorgt der umfangreiche Devotionalien-Shop shirts.vflog.de für Abhilfe. Er ist so schön, dass er mit Worten kaum zu beschreiben ist. Eines von diversen liebevoll designten Shirts ist das rechts abgebildete blaue Retro-Trikot: Der Talar für gelebte Ökumene, gewebt vom Fußballgott persönlich während seines Redaktionsbesuchs am 8. April 2005.
Alles Weitere im Shop, für Frauen, für Männer. Zeigt Eure Zugehörigkeit. Aus Liebe zum Fußball, aus Liebe zu unseren VfLs.

Montag, 13. Juni 2005

"das paradies ganz nah"

Nur wenige Besucher des 30. Deutschen Evangelischen Kirchentags hatten die Chance, dabei zu sein: In der Vereinsgaststätte des ehemaligen Fußball-Zweitligisten TSV Havelse 1912 diskutierten prominente und weniger prominente Geistliche um "Das, woran die Deutschen morgen glauben". Mit von der Partie war neben der Ministerin für Moral, Erziehung, Emanzipation, Disziplin, Pflichtbewusstsein und strenge blonde Puristen-Frisuren des Landes Niedersachsen, Ursula von der Leyen, der hannover'schen Landesbischöfin Margot Käßman und Parteichefin Claudia Roth von Bündnis 90/Die Grünen auch der Fußballgott. Geleitet wurde das Streitgespräch vom unvermeidbaren Fernsehpfarrer Jürgen Fliege.

Fußballgott nästelt unterm Lederhemd am versteckten Funkmikro, flüstert dann zu mir: "Warum sitzen hier außer mir nur Frauen? Welcher Penner hat das organisiert? Fehlt nur noch Merk! So kann ich nicht arbeiten!"
Fliege: "...heiße ich Sie alle herzlich willkommen. Schön, dass sich auch einige junge Menschen..."
Roth zu Fußballgott: "Hübsches Hemd tragen Sie da. Sie sind der Herr Maffay, oder?" - "Ich geb Ihnen gleich Maffay. Ich bin der Fußballgott, ich bin erst das zweite Mal in Deutschland. Und für die Warze sorgen Sie in dieser Runde, Verehrteste. Sagen Sie: Wer ist denn der Kasper, der da vorn die ganze Zeit von Werten und Halt in der Religion und so faselt? Der soll sich mal locker machen!" - "Ist der Moderator. 'Fliege' heißt der. Den hat dieser Ratzinger, bevor er Papst wurde, im deutschen Fernsehen installiert, damit die Leute alle aus der evangelischen Kirche austreten. Läuft super, und hat noch keiner gemerkt."
Von der Leyen, von Fliege begrüßt, wendet sich nun ans Publikum: "...habe ich sieben Kinder und schaffe es mit meinem Mann trotzdem, Job und Familie..."

Fliege: "...freue ich mich außerordentlich, den Fußballgott in unserer Runde begrüßen zu dürfen. Sie kommen gerade aus Russland, wo die Saison ja noch lange nicht beendet ist, und schauen auf der Rückreise in den Fußballhimmel bei uns vorbei. Danke dafür auch den Kollegen vom VfLog..."
Fuballgott: "Dass das Ihre Kollegen sind, glauben Sie doch wohl selber nicht!"
Fliege: "...ja, äh, danke dann also an die Macher vom VfLog, die uns diesen Kontakt ermöglicht haben. Herzlich Willkommen in Hannover..."
Von der Leyen: "...habe ich acht Kinder, und wir sind, obwohl mein Mann und ich arbeiten, eine glückliche Familie..."

Fuballgott zu Käßmann: "Sie sehen mir so aus, als kämen Sie aus Hannover: Gibt es einen besonderen Grund dafür? - "Bitte? Ich arbeite hier. Ich engagiere mich für viele Menschen, die im Glauben an Christus und in dem, was Christus für uns heute..."
Fußballgott per Funk: "Ups, da hab ich in ein Wespennest gestochen. Anfängerfehler. Hört die nochmal auf zu sabbeln?" - Wieder zu Käßmann: "Schon gut, verstehe. Da haben Sie natürlich mit Hannover alles richtig gemacht. Hüten Sie sich nur davor, nach Osnabrück oder Gladbach zu expandieren. Da haben die Leute was Anständiges, an das Sie glauben können. Das fehlt natürlich in Hannover, das sehe ich ein."
Roth mischt sich ein, zu Käßmann: "Der Fußballgott will damit sagen, dass..."
Fußballgott wieder per Funk: "Hehe, alte Schule. Die andere Sabbeltasche angefixt, jetzt die beiden galant alleine weiterplaudern lassen."
Von der Leyen: "...habe ich neun Kinder und schaffe es trotzdem gemeinsam mit meinem Mann, Familie und Job unter einen Hut..."

Fliege beschwert sich über die Zwiegespräche zwischen Käßmann und Roth, zum Fußballgott: "...können Sie vielleicht einmal erklären, wie Sie damit umgehen. Was bedeutet so ein spiritueller Rückhalt für Sie?" - "Sie meinen den spiel-rituellen Rückhalt? Den finde ich ungeheuer wichtig. Ohne Spielrituale kein Spiel, ohne Spiel keinen Fußball, ohne Fußball keinen Gott. Und was wird dann aus mir? Der Fußball ist deshalb immer auch gebunden an eine Form von Spiel-Ritualität. Eine intelligente Form von Committment, von Arrangement dieser Ritualität mit Spielkultur und Fanszene, ist mir jedoch nur aus zwei Landesteilen bekannt. Das ist sicher nichts, was von heute auf morgen zu realisieren wäre. Manche gewachsene Strukturen werden auch auf lange Sicht unerreichbar bleiben. Aber das Wieviel ist nicht immer wichtig. Ich bin ein gnädiger Gott, ich weiß Anfänge wie zum Beispiel in Mainz durchaus zu schätzen." - Per Funk zu mir: "Boah, kann der mal deutlich sprechen, dieser Fliege. Egal, die Antwort saß jedenfalls. Der Stricher kommt bestimmt aus Wolfsburg, so wie der aussieht."
Von der Leyen: "...habe ich zehn Kinder, und mein Mann ist der tollste Hecht auf Erden, wir sind so glücklich zusammen, obwohl wir beide arbeiten..."

Roth tuschelt zum Fußballgott: "Das mit der Warze, das fand ich aber nicht fair. Wir müssen auch in der Auseinandersetzung mit Differenzen darauf achten..."
Käßmann mischt sich ein: "Ich glaube, Kraft durch den Dialog zu finden, das bedeutet immer auch ein Mehr an..."
Fußballgott: "Jau, ich habe auch ein riesiges Mehr - keine Lust nämlich. Sie beide haben schon einen kleinen Schatten, oder? Glaubt doch, was ihr wollt. Ich lasse einfach jede Mannschaft mal gewinnen, die einen öfter, die anderen weniger oft. Aber damit bin ich immer noch wirkungsvoller als Sie beide mit Ihren mal jen-, mal dieseitigen Heilsversprechen. Heil ist relativ, und nach dem absoluten zu streben, das haben wir Gott sei Dank mittlerweile eingestellt."
Fliege überbrückt mit Endlos-Monologen mühsam die Tuscheleien: "...möchte ich Sie ermutigen, selbst einmal die Kraft und die Erneuerung, die eine Auseinandersetzung, und sei sie kritisch..."
Fußballgott verlässt heimlich das Podium, per Funk: "Hehe, herrlich, diese Streitgespräche. Sollte ich mir öfter geben. Gerade in der Sommerpause. Und wenn die olle von der Leyen bei Elf angekommen ist, soll sie Bescheid sagen. Dann ist das Paradies ganz nah."
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Sonntag, 12. Juni 2005

der platz ist schon fertig

Das Champions-League-Finale VfL gegen (ach was, mit!) VfL ist das erklärte Ziel des VfLog. Wie gesagt: Das wäre besser als Sex. Dass die langfristigen Planungen für dieses Fußballspektakel bereits angelaufen sind, beweist einmal mehr der VfL aus Gladbach. Er hat jüngst auf seinem Trainingsgelände drei Kunstrasenplätzen (davon zwei Kleinfelder) in Betrieb genommen – "derzeit weltweit die einzigen, die die Anforderungen des '2 star field test' der FIFA erfüllen und damit theoretisch für alle internationalen Spiele einschließlich der Champions League zugelassen sind." Damit trainieren wir bereits jetzt auf Champions-League-Boden. Es geht aufwärts.

Samstag, 11. Juni 2005

braucht der fussballer sex?

"Braucht der Mensch Sex?" Diese Frage stellt die ZEIT. Also muss es eine kluge Frage sein. Dumme Fragen gibt es ja auch gar nicht, haben die dummen Lehrerinnen früher immer gefeixt, es gibt nur dumme Antworten. Die offensichtliche Antwort auf die kluge Frage der ZEIT lautet: Im Prinzip ja, aber...

Im Prinzip braucht der Mensch natürlich Sex, denn gerade der Mensch als generalisierter Platzhalter für die Menschheit insgesamt wäre ziemlich schnell ziemlich einsam und dann irgendwann auch irgendwie gar nicht mehr da, wenn er nicht ab und an Sex hätte – mit dem Papst mag man hinzufügen: und dabei auch auf Verhütung verzichtet. Neben dem Zwecke der Fortpflanzung brauchen die meisten Menschen auch sonst Sex. Eine kurze Google-Recherche zeigt unzählige Studien, die besagen, dass Menschen mit einem erfüllten Sexualleben insgesamt glücklicher sind, länger leben usw. blablabla. Also wieder gilt: Im Prinzip ja, aber... Aber, mag man zum Beispiel erneut mit dem Papst anfügen, es gibt die Ausnahme der Zölibatären. Die brauchen keinen Sex zum Glücklichsein, jedenfalls im Prinzip nicht. Mit diesen wenigen Überlegungen ist die recht allgemein gefaßte Frage der ZEIT auch schon beantwortet. Wir wollen sie daher zuspitzen und einen Spezialfall ansprechen:

Braucht der Fußballer Sex? Hier nun wird es diffizil. Insbesondere die Frage, ob in den Stunden vor dem Spiel erotische Kontakte der sportlichen Leistung hinderlich oder förderlich sind, ist geradezu eine Glaubensfrage. Das Thema kocht auch immer wieder in den Medien hoch, nicht zuletzt die BILD-Zeitung wittert nahezu immer Quote und heuchelt Skandale, wenn in einem Verein eine launige Bemerkung zuviel gefallen ist. Spätestens bei der WM 1986 wurde das Thema erstmals breit diskutiert. Die deutsche Öffentlichkeit war strikt gegen Scharmützel der Kicker während der WM, allein der brasilianische Star Socrates bekannte sich zu seinen Gelüsten. Seither macht Fußballsex immer wieder mal die Runde. Ronaldos Bekenntnis zum "Passivsex" war die vielleicht prominenteste Debatte der letzten Zeit.

Auch die Wissenschaft widmet sich dem Thema. Eine italienische Studie etwa besagt, Sex vor dem Spiel könne nur förderlich sein, "denn die Aggression, die ein Kicker auf dem Feld braucht, soll er sich zuvor im Bett holen". Jaja, die wilden Italiener. Und was machen deutsche Kuschelsexler? Gerade die sanfte Tour ist willkommen, befand schon Trainerlegende Merkel: "Wenn beim zweiten Mal die Knie immer noch nicht wund sind, ist's erlaubt." Und selbst der Terrier Berti Vogts zeigte sich als Trainer liberal: "Sex vor einem Spiel? Das können meine Jungs halten, wie sie wollen. Nur in der Halbzeit, da geht nichts."

Aber seien wir ehrlich: So spannend ist auch diese Frage nicht. Der Schaum vor dem Mund der Boulevardjournaille wann immer sie wieder Konjunktur hat, zeigt eher, wie verklemmt wir auch heute noch sind. Dabei wäre es hohe Zeit, die nackte Wahrheit auszusprechen: Wenn Gladbach und Osnabrück endlich gemeinsam im Champions-League-Finale stehen, wer bräuchte dann noch Sex? Guter Fußball ist besser als Geschlechtsverkehr. Und auch Jan-Aage Fjörtoft, Ex-Spieler von Eintracht Frankfurt, hat seine ganz eigene Perspektive auf die Schnacksel-Frage: "Ich halte nix von Sex vor dem Spiel, besonders weil ich mir das Zimmer mit Bachirou Salou teile."
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Freitag, 10. Juni 2005

einigung perfekt: köppel und wollitz kandidieren für gemeinsame liste

Die VfL-Coaches Horst Köppel und Claus-Dieter Wollitz wollen nach einer absehbaren Blamage der Deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2006 gemeinsam für das Amt des Bundestrainers kandidieren. Wenn die Gremien der beiden Vereine dem Bündnis zustimmten, träten sie an, sagte Köppel am Morgen dem Fernsehsender N24. Er sagte weiter, er könne sich eine Zusammenarbeit mit Wollitz gut vorstellen. Wollitz freut sich nach eigenen Worten auf eine Zusammenarbeit mit Köppel.

Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche vom Donnerstagabend sollen an diesem Wochenende den VfL-Vereinsvorständen und einer Versammlung aller Mannschaftskapitäne der VfL-Teams zur Beratung und Entscheidung vorgelegt werden.

Donnerstag, 9. Juni 2005

ein ladenhüter geht

Heute endlich hat er unterschrieben. Holger Fach, bis gestern immer noch auf Borussias Gehaltsliste, hat endlich einen neuen Verein gefunden. Ein falscher VfL nimmt sich seiner an. Ein Dank nach Wolfsburg, wir dachten schon, wir werden Fach nie los – lag er doch lange in Gladbachs Regalen wie sonst nur alte Semmeln und Marek Heinz. Müsste jetzt nicht Geld für weitere Transfers frei werden? Stichwort: Agger, Hogg, Martos, Marín?

lieber herr schmidt, lieber herr andrack!

Die ARD hat in den letzten Monaten viel von sich reden gemacht. Erst erfreute sie damit, den gruseligen UEFA-Cup, an dem ohnehin kein VfL teilnimmt, gegen Harald Schmidt einzutauschen. Bitter allerdings war für uns, dass wir nicht zuletzt wegen der harten Konkurrenz durch Online-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen keine Chance im Rennen um den Grimme-Online-Award hatten. Manch einer hat deswegen den Europäischen Gerichtshof angerufen. Als aber letzte Woche bekannt wurde, dass die ARD ein großer Anhänger des Product-Placement ist, haben wir die Chance umgehend genutzt und ein kleines Päckchen mit einem vflog-Shirt sowie € 1,75 an Harald Schmidt geschickt. Wir dokumentieren den Text des beiliegenden Briefes für unsere Leser im Wortlaut.

An
Harald Schmidt und Manuel Andrack
Kogel & Schmidt GmbH
Postfach 800 920
51009 Köln
2. Juni 2005
Weltmarktführer / ARD-Schleichwerbung

Lieber Herr Schmidt, lieber Herr Andrack,

in Ihrer wunderbaren Sendung suchen Sie zur Zeit deutsche Weltmarktführer. Gerne möchten wir uns Ihnen in diesem Zusammenhang andienen: Unsere Internetseite www.vflog.de – Der Weblog für alle Fæns von VfL Borussia Mönchengladbach und VfL Osnabrück – ist Weltmarktführer im Bereich „Weblogs für alle Fæns von VfL Borussia Mönchengladbach und VfL Osnabrück“ wie auch führend im Bereich „Fußballweblogs insgesamt“.

Doch nicht nur deshalb haben wir es verdient, in Ihrer wunderbaren Sendung vorgestellt zu werden. Unser Blog ist in diesem Jahr nicht für den Grimme-Online-Award nominiert worden. Dies liegt nicht zuletzt an der harten Konkurrenz durch (gebührenfinanzierte!) ARD-Online-Angebote. Stellvertretend für Ihren Sender könnten Sie mit gezielter Werbung für uns helfen, unseren Wettbewerbsnachteil ein wenig auszugleichen.

Auch haben wir heute mit Begeisterung gelesen, dass es möglich ist, Placements und ganze Handlungsstränge in ARD-Sendungen zu erwerben. Da wir uns die marktüblichen € 175.000 leider nicht leisten können, legen wir Ihnen € 1,75 bei. Dafür würden wir uns freuen, wenn Sie einmalig folgenden Satz in Ihre Sendung einbauen könnten:

"Bei vflog.de gibt es richtig geile Fußballtexte für lau. Ein Weblog mit Buchstaben, Satzzeichen und allem Drum und Dran."

Halten Sie doch, wenn irgend möglich, dabei das beigelegte T-Shirt aus unserem Merchandising-Sortiment in die Kamera. Vielleicht mag es Herr Andrack ja auch anziehen? Sollte er dies als FC-Fan nicht übers Herz bringen (übrigens Glückwunsch zum Aufstieg!), könnte ja auch Herr Schmidt uns Zuschauern endlich einmal wieder seine begehrenswert maskuline Brust zeigen und sich womöglich gar während der Sendung umkleiden? Ggf. wäre uns das weitere € 1,75 (inkl. MwSt.) wert! Das Shirt und weitere schicke Artikel, darunter auch den sexy VfLog-String-Tanga, kann man übrigens unter shirts.vflog.de kaufen. Vielleicht ließe sich auch hierzu ein kleiner Hinweis anbringen…?

Wir freuen uns sehr auf die gute Zusammenarbeit! Sollten Sie sich jedoch verweigern, bitten wir um Verständnis, dass wir erwägen müssten, das Bundesverfassungsgericht sowie den Europäischen Gerichtshof einzuschalten – oder doch zumindest den Bundespräsidenten anzurufen. Wir wollten uns am Sonntag gegen 18:50 Uhr ohnehin bei ihm melden, da ist er immer am Telefon.

Beste Grüße nach Köln,

Maik Gizinski & Martin Zierold
Chefredaktion vflog.de

Mittwoch, 8. Juni 2005

dfl erwägt aufstiegsverbot für paderborn

Der VfL ist mit einem bahnbrechenden Vorsprung die beste Mannschaft beider Regionalligen - jedenfalls dann, wenn nur die zweite Halbzeit berücksichtigt wird. Mit sagenhaften 71 Punkten wären wir mir opulenten fünf Punkten Vorsprung aufgestiegen, hätten zudem noch die meisten Tore geschossen und - zumindest in der Nord-Staffel - die wenigsten kassiert. Auf Position Zwei rangiert der VfB Lübeck mit 66 Punkten.

Gleich nachdem die frohe Kunde eintraf, brach es aus VfL-Manager Lothar Gans heraus: "Damit müssen wir noch aufsteigen! Welcher Fußballfan interessiert sich schon für erste Halbzeiten? Ein Spiel dauert 90 Minuten. Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Schluss ist, wenn wir Zweite Liga spielen!"
Auch DFL-Geschäftsführer Wilfried Straub blies ins gleiche Horn: "Paderborn hat in der Zweiten Bundesliga nichts zu suchen. Schauen Sie doch mal auf die Tabelle: Können Sie die finden? Da hat ja selbst der TuS Koblenz noch weniger Tore kassiert."

Erneute Verhandlungen seien für kommende Woche geplant, so Straub, Neuwahlen der vier Aufsteiger scheinen nicht mehr ausgeschlossen.

ich blicke in den spiegel und sehe: nichts

Ach, Spiegel-Redakteur müßte man sein. Dann könnte man den lieben langen Tag sich in der Gewissheit sonnen, zum Club der geilen Kerle zu gehören. Denn man wäre ja Spiegel-Redakteur. Man gehörte dann zweifellos zur 1. Liga des Journalismus, ach, was sage ich! Zur Champions-League! Was mann schreibt, wäre dann fast egal, denn im Spiegel sähe man morgens und abends immer einen Spiegel-Redakteur, auch wenn man den ganzen Tag nur Quatsch mit Soße in die Tastatur gehackt hätte.

So zum Beispiel Christian Gödecke heute im Spiegel-Online zum Länderspiel im Borussia-Park. Schon die Überschrift "Ein Mythos lebt auf" zeugt von beachtlicher Ignoranz gegenüber der in Gladbach schon fast ermüdenden Omnipräsenz des Mythos-Begriffs: Mythos-Borussia, Mythos-Bökelberg, Mythos-Fohlenelf, Mythos-Pipapo. Hier lebt nichts auf, hier ist etwas schon immer da, und zwar derart überstrapaziert, dass ich mir bisweilen ein wenig weniger Mythos und ein bißchen mehr Gegenwart wünschen würde.

Aber gut, der Spiegel spielt gerne die Historien-Karte, noch dazu wenn sich ein hanebüchener Vergleich konstruieren läßt, mit dem sich ein paar launige bedeutungslose Zeilen schinden lassen, die nichts sagen, nichts erklären aber einen netten Anfang mit einer kleinen menschlichen Anekdote und einen hübschen Schluss haben. Hier also gilt der Vergleich der Nationalelf und unserer Borussia: "Mit der Nationalelf kommt sozusagen das Abziehbild der erträumten Zukunft nach Mönchengladbach."

Also wirklich, Herr Gödecke, das verbitten wir uns! Was ein Schmarrn zu behaupten, Klinsis Kicker hätten "derzeit all das, was dem Traditionsverein vom Niederrhein (noch) fehlt." Als da wären: Erfolg, die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb und eine Vision. Wie erfolgreich ist denn jemand, der sich von ein paar Lederhosen-Kickern abziehen läßt? Wir haben die Bayern in dieser Saison immerhin geschlagen! Und die deutschen Adler für die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb (für den es keine Qualifikation gab) zu loben, gleicht als Kompliment der Bemerkung, Borussia spiele in der Bundesliga. So ist das halt: Vereine spielen national, Nationalmannschaften international. Und eine Vision fehlt uns in Gladbach sicher auch nicht. Die Gefahr scheint eher, daß die Visionäre die Gegenwart am Traum messen, an Träumen aber mangelt es nicht.

Alles, was dann im Spiegel folgt, ist ausnahmslos leeres Gewäsch. Der Gesang vom Abstiegskampf, vom Trainerverschleiß, von risikoreichen Transfers, von den dennoch vorhandenen und nicht zuletzt dem neuen Stadion geschuldeten guten Perspektiven des Clubs. Guten Morgen, Herr Gödecke, alles schon Dutzendmal gehört! Natürlich bleiben auch die üblichen Verdächtigen Netzer, Heynckes, Simonsen, Bonhof nicht aus. Da hat jemand aber fleißig recherchiert.

Wir schlafen schon fast, da kommt endlich das rettende, pseudo-originelle Ende. Gladbachs Ziel sei es, in drei Jahren den Anschluss nach oben zu schaffen. Und wieder folgt ein ach-so-plausibler Vergleich. Halten wir uns fest: "Und ob gewollt oder nicht: Auch hier gibt das Stadion die Richtung vor. Der Borussia-Park liegt 19 Meter höher als der Bökelberg." Oho, ohoho, haben wir gelacht.

Was von diesem Artikel bleibt, der blendend als Chiffre für so viele Spiegel-Texte taugt, sind wenige hübsche Pointen, viel heiße Luft, massig banaler Blindtext und eine unhaltbare Grundbehauptung: Nämlich die, Gladbach solle sich den DFB und die Nationalelf zum Vorbild nehmen. Was aber in Gladbach vom DFB zu halten ist, zu diesem Thema läßt sich bei den Kollegen von der Seitenwahl ein hübscher Artikel nachlesen. Die passende Überschrift: Danke für nichts!

Dienstag, 7. Juni 2005

ärzte geben ok

Wie von VfLog bereits berichtet, kommt Kasperle nun also definitiv. Willkommen in Gladbach!

sommerloch: pipi, ballaballa und strasser im knast?

Auch wenn das Wetter eine andere Sprache spricht: Wir befinden uns mitten im Sommerloch. Herzlich Willkommen! Nicht, daß uns die Ideen ausgehen würden. Wir haben noch viele spannende, lustige, listige, investigative Artikel im Köcher und einiges andere mehr. Aber draußen im Lande herrscht offenbar Leere. Kalte, dunkle Einöde. Wir fassen zusammen:

1. Die WZ setzt sich in einem beachtlich langen, auch umfassend recherchierten Artikel mit den Pipi-Nöten der Borussia-Fans am Rheydter Bahnhof auseinander. Knapp gesagt: Die Männer müssen, doch dort wo der Stadion-Shuttle abfährt ist wohl eine Hecke, jedoch keine Toilette. Nun streiten sich die Stadt und die Borussia, wer für Klohaus-Kosten aufkommen soll. Es äußert sich ein Herr Hübsch, Rheydter Bezirksvorsteher der CDU mit den mehr als hübschen Worten: "Verursacher ist Borussia, wir haben genug Geduld gehabt." Doch die Borussia kann offenbar noch länger einhalten: "Bei allem Verständnis, aber das ist nicht unser Thema, sondern das der Stadt", befindet VfL-Kommunikationschef Markus Aretz. Vielleicht sollte Herr Hübsch einmal bei den Chefs von Jever, Warsteiner & Co. anfragen. Denn sind letztlich nicht diese die wahren Verursacher des hemmungslosen Harndrangs?

2. Im Borussia-Park wurden diese Tage 150.000 gelbe Fußbälle ausgelegt. Das Stadion ist nun im Guinessbuch der Rekorde eingetragen. Eine Pressenotiz lässt uns wissen: 320 Mitarbeiter der Postbank, von der auch diese grandiose Idee stammt, waren im Einsatz, dazu bedarfte es noch dreier Containerschiffe sowie "27 Container, 10.125 Kartons mit einem Gesamtgewicht von 86.000 Kilogramm, zehn Busse sowie 40 LKW". Das alles haben wir vernommen. Aber nicht, was 150.000 gelbe Fußbälle in unserem Stadion sollen. Öfter mal einer im Gästetor wäre unser Vorschlag gewesen.

3. Wiederum an anderer Stelle lässt sich derzeit nachlesen, Jeff Strasser befinde sich im "Visier der Justiz", denn er habe seine "Persönlichkeitsrechte" zu Lauterer Zeiten an eine "Firma" abgetreten. Das Persönlichkeitsrecht ist laut Lexikon "das umfassende, d.h. auch postmortale, subjektive Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit." Wer unseren Kapitän mißachten möchte oder ihn an der Entfaltung seiner Persönlichkeit hindern will, braucht also nicht bei ihm selbst anzufragen, sondern kann sich gleich an eine Marketingfirma wenden. Ein Fall für Franz Müntefering, so finden wir. Noch eher aber handelt es sich bei dem Sachverhalt lediglich um Bild- und Namensrechte und somit um ein rein juristisches Scharmützel, bei dem primär Verantwortliche des FCK von der Justiz ins Visier genommen werden. Entwarnung also für Strasser und hohe Zeit, sich auf eine Luftmatratze in den Regen zu legen, anstatt weiter Sommerloch-Zeitungsartikel nachzuerzählen.