Samstag, 28. Februar 2009

leere blicke

1:2 verloren. Defensiv, ideenlos, lustlos ins Spiel gegangen. Verdient zwei Tore in der ersten Hälfte bekommen. Es hätten mehr sein können.

Zur Halbzeit dieser lange, leere, ratlose Blick von Hans Meyer. Beide Hände drücken die Schläfen. Die Augen schließen sich, öffnen sich nur lustlos wieder. Ruckartig steht Meyer dann auf, geht Richtung Kabine und der Rest der Bank folgt, während die elf Spieler schon längst in den Katakomben verschwunden sind. Was ging da in Meyer vor? Fast sah es so aus, als habe er sich für einen Moment gefragt, warum man gegen Hannover nur gewonnen habe, damit die Trainerdiskussion vorerst beendet. Nach einer Niederlage gegen Hannover hätte er gehen können, vielleicht gehen müssen. So darf er bleiben. Oder: Er muss. Muss die gladbachüblich Medienkampagne gegen ihn aushalten und das so oft grottige Spiel seiner Mannschaft, das er zu selten nur bessern kann. Ob er lieber einfach sitzen geblieben wäre, auf seiner Trainerbank im Olympiastadion?

Er ging in die Kabine. Heraus kam eine Mannschaft, die wie ausgewechselt aussah. Und den Tabellenführer über 45 Minuten dominierte. Verdient ein Tor schoss. Es hätten zwei sein können. Kaufen kann sich davon keiner war. Aber es verlängert die Hoffnung bei gleichzeitiger kontinuierlicher Frustration. Als Gladbachfan fühlt man sich konstant wie Meyer auf seiner Bank kurz nach dem Pausenpfiff.

1:2 gegen den Tabellenführer verloren. Eine Halbzeit gut gespielt, ein Punkt wäre drin gewesen. Wäre Gladbach nicht Letzter, man könnte nicht meckern.

Freitag, 27. Februar 2009

ich lamm gottes

Meine Flucht über die sieben Berge zu den sieben Zwergen sollte man nicht als Urlaub missverstehen. Es ist vielmehr eine Art Pilgerreise. Auf den Gipfeln rund um Ischgl werde ich dem Fußballhimmel näher sein als in Osnabrück oder Gladbach, jedenfalls geographisch, was die reine Kilometerzahl angeht. Außerdem opfere ich dem Fußballgott ein Heimspiel, ein wichtiges Heimspiel, und widme mich ganz dem asketischen Verzicht. Kein Fußball, keine schlechten Gedanken. Stattdessen reinige ich meine von Niederlagen zerfurchte Seele und sage mich los von den vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten des irdischen Lebens. Das ist mein bescheidener Beitrag für drei Punkte gegen Ingolstadt. Und wenn es hilft, wenn es wirklich hilft, hänge ich zur Belohnung noch eine Woche Skiurlaub dran!

Donnerstag, 26. Februar 2009

seitenwechsel #75

Erst wenn der letzte Tropfen Tinte zu Papier gebracht ist, wird diese Brieffreundschaft enden. Und da zwar Märklin und Opel pleite gehen, aber Lamy und Pelikan bisher aus den Schlagzeilen herausgeblieben sind, dürfen wir noch auf viele Seitenwechsel hoffen. Und somit auch auf die heute von Joachim angekündigten insgesamt zwölf Partien Fernschach, die nun eröffnet sind. Auch sonst ist Joachim fidel wie eh und je. A propos "Fidel": Martin probt den Klassenkampf, wie immer nachzulesen bei Seitenwahl.

Lieber Martin,

das Wichtigste zuerst: e7-e5. Ich weiß zwar nicht, warum Du die weißen Steine hast, aber dies ist ja nur der Auftakt einer Fernschachmeisterschaft über zwölf Partien.

Dreizehn Partien hat Borussia gar noch, um dem Abstieg zu entgehen. Ich möchte nun nicht im Kaffeesatz lesen und Trends beschwören, die mathematisch keine sind. In einem magst Du mir aber recht geben: Diese Mannschaft ist nicht tot. Sie mag hanebüchene Fehler machen, sehr wechselhaft spielen, hier und da einen Mangel an Qualität aufweisen und in einigen Szenen zu unbedarft sein, aber sie lebt. Und kämpft. Und punktet! Mir war am Samstag nach dem Anschlußtreffer bewußt, daß aller Voraussicht nach noch der Ausgleich fallen wird, denn so ist unsere Borussia. Es handelt sich hier gleichsam um ein Naturgesetz, die Mönchengladbacher Unfähigkeitsrelation, Punktgewinne frühzeitig in trockene Tücher zu wickeln. Was gänzlich unsicher erschien, war, was nach dem Ausgleich passieren würde. Ich muß sagen, ich bin beglückt über die erneut nachgewiesene Fähigkeit, zurückschlagen zu können, wenngleich ich konzediere, daß dies halt Hannover war, bei allem Respekt. (Aber gut, auch gegen die Bayern und in Bremen wehrte man sich noch erfolgreich.)

Überhaupt zum Thema „beglückt“: Es war ein rundum faszinierendes Wochenende. Vor dem Spiel wurden die Presseplätze mit Aufklebern Marke „Borussia-Fans gegen Medienhetze“ tapeziert, und während der ersten Halbzeit erlaubten sich zehn Schlümpfe, die Pressetribüne zu beehren (übrigens völlig friedfertig, soweit ich das sehen konnte) und in einer Mischung aus Karnevalsseligkeit und Zivilcourage den anwesenden Medienvertretern ihre Unzufriedenheit mit Teilen des Journalismus zur Kenntnis zu bringen. Manch anregendes Gespräch in den der Presse vorbehaltenen Eingeweiden des Borussia-Park bewies anschließend, daß die Botschaft angekommen ist: Wer sich nicht angesprochen fühlte, reagierte erheitert, aber es gab auch mimosenhafte, verärgerte und schmallippige Kommentare, bei denen nicht viel gefehlt hätte, und es wäre ein Aufruf an die UNO zur Entsendung von Blauhelmen ergangen.

Man sollte doch hier etwas die Proportion wahren. Zum einen herrscht in der „fünften Jahreszeit“, gerade im Rheinland, eine Form von Ausnahmezustand, die man nicht mögen muß, die man aber im vorhinein kennt. Wer also provoziert, sollte wenigstens mannhaft reagieren, wenn dann eine karnevalsbeseelte Reaktion erfolgt. Zum zweiten wird immer wieder beklagt, unsere Jugend sei apolitisch; wie erfrischend ist es da, wenn die jungen Leute Bürgertugenden entdecken. Details zur Ausführung tun hier nichts zur Sache, es geht um den demokratischen Mehrwert, der unzweifelhaft geschaffen wird, solange es nur friedlich bleibt. Drittens zudem ist weithin Konsens, keineswegs nur unter den Borussen-Fans, daß es nun einmal Gruppierungen gibt, deren Interesse nicht das Wohlergehen des Vereins Borussia Mönchengladbach ist und die auch ansonsten keine Taten vollbringen, auf die man, selbst wenn man die Pressefreiheit für ein hohes Gut hält, nicht verzichten könnte. Daher mag die Abordnung der Schlümpfe etwas verloren gewirkt haben, sie ist aber nur öffentlicher Ausdruck eines allgemeinen Gefühls, das in Kenntnis der Tatsache existiert, daß aktuelle und qualifizierte Berichterstattung über Borussia Mönchengladbach auch ohne Teile der traditionellen Presseorgane in vollem Umfang gewährleistet bleibt.

Lieber Martin, eine ganz andere Frage stelle ich mir zum Ende hin, und da schließe ich an unseren Briefwechsel von letzter Woche an: Was ist die „Abwackprämie“? Zuerst dachte ich ja, Du meintest die „Abwrackprämie“, und fast hätte ich dümmlich-nichtverstehend Deinen Text korrigiert. Dann fiel mir die Brillanz Deiner Wortschöpfung auf (und wenn Du wirklich die Abwrackprämie gemeint hättest, hättest Du sowieso den beamtendeutsch-korrekten Ausdruck „Umweltprämie“ verwendet): Du beziehst Dich auf Dr. Franz-Xaver Wack, bis 2007 DFB-Schiedsrichter und nach wie vor Zahnarzt. Was also ist die Abwackprämie? Eine Prämie, die man zahlen muß, damit ein Schiedsrichter seine Pfeife an den Nagel hängt? Ein Bonus, den man als Schiedsrichter bekommt, wenn man mindestens so gut wie Dr. Wack pfeift? Ich fürchte, ich stehe ein wenig auf dem Schlauch, aber ich bin sicher, daß Du oder unsere Leser wissen, was gemeint ist.

Diese Woche grüßt Dich von der sonnigen Seite der Pressetribüne mit einem dreifachen „Humba humba Hoffenheim“

Dein Joachim

Mittwoch, 25. Februar 2009

was tun an tristen tagen

Es gibt Helden, mit denen steht man ziemlich alleine da. Mein Bruder etwa hatte einen Narren an Neale Marmon gefressen, einem mittelmäßig begabten VfL-Abwehrspieler in den 80er Jahren. Und Jean-Marie Pfaff fand er auch toll, den belgischen Schlussmann, der von unabhängigen Zeitgenossen wohl in die Top 5 der unsympathischsten Bayernspieler aller Zeiten einsortiert würde.
Die vielen Jahren, die seither ins Land zogen, haben einen älter gemacht. (Dieser Satz ist meine Bewerbung, als Lattek der 2. Liga zum DSF-Versöhnungsgipfel eingeladen zu werden!) Will sagen: Die Suche nach echten Helden unter den aktuellen VfL-Kickern wird schwieriger, denn ungern nimmt man sich Männer zum Vorbild, die jünger sind als man selbst. 30-Jährige, die sich Pierre de Wit-Trikots anziehen, sind mir suspekt.

Was also tun, zumal wenn es mal gerade nicht so läuft, der Anstoß zum nächsten Spiel noch irre weit weg ist und man sich dennoch sehnt nach etwas Größe?
"Endstation Freiheit" sei empfohlen. Das ist die Autobiografie von Rolf Zacher, über den der amerikanische Schauspieler Rod Steiger sagte: "Für einen wie Zacher würden sie in Amerika überall einen roten Teppich ausrollen." Ein wunderbares Buch. Die kleinen Triümphe und meist viel fieseren Niederlagen, der Rausch, auf den stets der Kater folgt, doch alles ertragen mit Rückgrat und ohne ein Deut Bitterkeit - das darf uns Trost und Vorbild sein in den schweren Wochen, die bis zum Saisonende noch durchlitten werden müssen. Und klappt dann der, klappen gar die Klassenerhalte, rollen wir hier im Blog völlig willenlos alle roten Teppiche aus, die wir haben, und verehren sogar 18-jährige Edeljoker.

Dienstag, 24. Februar 2009

minima moralia

Die Welt ist schlecht. Und immer schlechter wird sie. Aufgeheizt vom Konsum sogenannter "Comics", ekligster Massenware aus den Mutterland der Kulturindustrie, haben am Samstag irrgeleitete Menschen in blauen Kostümen die Pressetribüne des Borussiaparks gestürmt und ihr Unwesen getrieben. Dass sie damit nicht nur Hausrecht brachen, sondern auch die vierte Gewalt, die wichtigste Kontrollinstanz unserer noch jungen Demokratie von ihrer ureigensten Arbeit abhielten und somit selbst gegen unsere öffentlich-rechtlich Ordnung sich richteten, dieser Zusammenhang ist den vornehmlich jungen und verblendeten Menschen nicht ersichtlich gewesen. Was als Kritik sich verkleidete, es ist doch selbst vor allem Ausdruck des beschädigten Lebens, das junge Menschen in unserer Gesellschaft zu führen genötigt sind.

Ach, kennten diese armen Dinger doch Heinz Ehrhardt statt den Schlümpfen! Der verabschiedete einst auf der Bühne seine wenig begabte Sekretärin mit dem liebevoll gehauchten "Adieu, großer weißer Vogel!", und erläuterte diese Wortwahl auf Nachfrage so: "Wenn ich dumme Gans sagen würde, würde sie zur Gewerkschaft gehen!" Man würde manchem Fan wünschen, er wäre ähnlich wortgewandt.

Montag, 23. Februar 2009

talfahrt, kein ende

Schade ist, dass der FSV Frankfurt aus schleierhaften Gründen zögert, die Pressekonferenz vom Spiel am Sonntag ins Internet zu stellen. Das ist sicher nur Zufall und hat nichts mit dem heiteren Schlagabtausch zu tun, den beide Trainer sich nach Abpfiff boten. Bedauerlich wäre, wenn dieses Zeugnis unterschiedlicher Kampf-Strategien dauerhaft unzugänglich bliebe, schließlich hatten wir uns, wie sich das für einen modernen Familienblog gehört, doll Mühe gegeben, die vorerst verborgene Kontroverse trennscharf herauszuarbeiten, auf dass sie einjeder verstehe.
Fragen stellen, und zwar nach mehr als dem Stellungsspiel von Spieler XY oder verlorenen Kopfballduellen von Akteur WZ, das tun Sportjournalisten selten. Warum, ist nicht bekannt. Das zu erfahren, müssten sie sich ja einander selber: Fragen stellen. Jedenfalls opferten wir uns und liefern dem DSF gern seinen Stoff für einen anberaumten Versöhnungsgipfel.

Nachfrage 1 sorgte bei Pele Wollitz für einigen Ärger; es sei nicht sein Stil, Fußball mit Krieg zu vergleichen, und mit Menschen, die das täten, könne er sich nicht identifizieren; er sei darüber hinaus überrascht, dass DFL und DFB darauf seinerzeit nach dem Hinspiel in Osnabrück nicht reagiert hätten.
Grummeln und "Unverschämtheit"-Rufe bei den Frankfurt-Fans unter den Journalisten bzw. den als Journalisten getarnten Frankfurt-Fans, wer auch immer sich im Medienraum einen Kaffee genehmigte.
Nachfrage 2 brachte dann FSV-Trainer Tomas Oral in die Bütt; es sei "absolut schwachsinnig, was Herr Wollitz hier fabriziert", er habe Herrn Wollitz' Handschlag 35 Jahre nicht gebraucht, und er werde das sicher auch noch die nächsten 35 Jahre aushalten.
Unabhängig von allem, was ihre Schützlinge an diesem Sonntag schon zu Wege gebracht hatten: Großer Sport.

Dabei konnte sich sogar das, was vorher auf dem Platz stattgefunden hatte, über weite Strecken sehen lassen. Das Spiel war unterhaltsam, und die zweitligareife Kulisse (siehe Foto unten) wartete dank vieler Torchancen völlig unverdient 91 Minuten lang auf den genauso unverdienten Treffer des Tages. Frankfurt, das es allein in der ersten Viertelstunde auf acht Ecken brachte, hätte nach der starken Anfangsphase gut 2:0 führen können. Osnabrück hätte, der gleichen Logik folgend, nach 70 Minuten 2:4 führen müssen. Mit dem Tor in der Nachspielzeit hätte Frankfurt dann den verdienten 3:4-Anschlusstreffer geschafft, die Zuschauer hätten ein sensationelles Spiel gesehen und wohl nicht einmal die FSV-Fans Grund zu allzu großer Klage gebabt.

Doch alles lief so wie zuletzt immer beim VfL. Unglücklich, in entscheidenden Situationen womöglich auch unclever und schließlich unbefriedigend: Wollitz gratulierte also "der Mannschaft des FSV Frankfurt" zum Sieg gegen seinen VfL, bescheinigte "der Mannschaft des FSV Frankfurt" einen Lauf, über den sie sich freuen könne, und wünschte "der Mannschaft des FSV Frankfurt" viel Erfolg im Abstiegskampf. Wie es weiterging, ist bekannt.

Weiterhin nicht bekannt ist, wie es mit dem VfL weitergeht. Ein Sieg gegen Ingolstadt am kommenden Sonntag scheint überlebenswichtig. Zuletzt derart unter Druck stand die Mannschaft im Finish der vergangenen Saison, als ihr sieben Spiele lang kein Sieg gelungen war. Damals konnten die Spieler gut mit dieser Situation umgehen, ihr Trainer hatte trotz allem Siegertypen aus ihnen gemacht, und im entscheidenden Moment gelang der Befreiungsschlag.
Es spricht nicht viel dagegen, dass das auch diesmal gelingen kann. Es sind immerhin erst fünf Spiele ohne Sieg. Was allerdings auch stimmt: Die Mannschaft vergibt jede Woche auf's Neue zahlreiche beste Torchancen. Und: Irgendwie scheint es, als habe das Team nicht den ungebrochenen Willen der letzten Saison. Ihn wieder nach außen zu kehren, ihn in Körpersprache, Spielwitz und mutiges Powerplay zu transformieren, das ist in dieser Woche die schwierigste Aufgabe für den Trainer. Doch spricht genauso wenig dagegen, dass ihm das auch diesmal gelingen kann. Verdient wäre es allemal.

Sonntag, 22. Februar 2009

vfoli kann's noch / jugendherbergen nicht

Manchmal trügt auch Männer die Intuition nicht. Dieser Samstag war so ein Tag. Ich bin aufgewacht und wusste: Heute wird Gladbach gewinnen. Gut gelaunt habe ich also mein Tagwerk verbracht, das sich -- fragt nicht, warum -- in einer Jugendherberge in Bingen am Rhein abspielte und mich von Onkel Maik per SMS mit Bundesligaupdates versorgen lassen.

Zur Halbzeit 2:0. Selten hat man mich, auch in 13 Jahren Schulzeit mit diversen Klassenfahrten, lächelnder Hagebuttentee aus silbernen Kannen einschenken sehen, seltener habe ich gelassener die Reste meiner vegetarisch gefüllten Paprika in den Schweineimer voller Hackbratenüberbleibsel mit Zwiebelsoße gekippt und meinen leeren Teller auf den Rollwagen gestellt. Alles wird gut.

Gut war vor allem, dass ich die zweite Hälfte nicht verfolgen musste, sondern weiter fleißig tagend beschäftigt war. 3:2 zum Ende, die Seelenqualen bis zum Siegtreffer hätte ich womöglich nicht überlebt, nicht einmal mit Hagebuttentee. Dass der alte VfOli es noch kann, hätte ich -- ehrlich gesagt -- nicht gedacht, doch hier lasse ich meine Intuition gerne Lügen strafen. Vor allem aber war erfreulich, dass Hans Meyer ein Einsehen hatte, dass man gegen Hannover wohl auf drei Punkte spielen sollte und Marin seinen Einsatz gleich mit einem Tor krönen konnte.

Viel mehr kann ich nicht sagen zu dem Spiel. Denn während der Sportschau musste ich arbeiten, und als um 23:30h das Sportstudio noch einmal alle Tore zeigte, hatte der Zivi den einzigen Fernsehraum in der Jugendherberge längst abgeschlossen, sich auf dem Heimweg gemacht und die Gäste mit ein paar Teebeuteln zurückgelassen. So siegte der VfL zum ersten Mal seit 10 Spielen, und ich habe nichts gesehen. Und bin dennoch glücklich.

Samstag, 21. Februar 2009

eintracht in frankfurt?

Peter Neururer und Holger Fach mögen sich nicht. Das ist ein nächstes Indiz dafür, dass Neururer ein ganz schlechter Trainer nicht sein kann. Jedenfalls herrscht frostige Stimmung, wenn die beiden sich an den Trainerbänken der Republik treffen, seit Neururer sich seinerzeit öffentlich mokierte, als Fach der Nachfolger von Ewald Lienen in Gladbach wurde. Unanständig sei das gewesen und unkollegial. Wir erinnern uns: Fach hatte sich zuerst in Essen als Trainer einstellen lassen, als Gladbach schon um den Klassenerhalt zu zittern begann; und sich dann eine Vertragsklausel genehmigt, um nach Gladbach zurück zu dürfen, sobald Lienen geschasst ist. Das alles warf ein erschreckendes Licht auf die Fußballfachkompetenz (hohoho!) in den Führungsetagen bei Borussia und Rot-Weiß Essen, auf die Geschäftsgebaren von Fach und einen der mutwilligst herbeigeführten Gladbacher Abstiege ever.
Jetzt ist die Exposition für einen kleinen Text über das nächste Auswärtsspiel von Osnabrück zu Ende.

Claus-Dieter Wollitz und Tomas Oral mochten sich zuletzt auch nicht. Nach dem Hinspiel an der Bremer Brücke, einem denkwürdigen Spiel mit fragwürdigen Schiedsrichtentscheidungen und drei Elfmetern für den VfL, mangelte es nicht an deutlichen Worten. Oral stänkerte über seinen Kollegen: Wollitz ermuntere seine Spieler einerseits zu überaggressivem Spiel und andererseits zu Schwalben. Wollitz war erwartbar muksch und giftete zurück. Das war heiter. Wenn wir Wollitz zuletzt nach dem letzten Spiel gegen Mainz richtig verstanden haben, hat er diese Attacken seines Frankfurter Kollegen nicht vergessen. Irgendwie klang das durch. Man darf also gespannt sein, wie frostig sich die beiden Übungsleiter am Sonntag begrüßen werden.
Weil wir es dankend anderen, ernsten, richtigen Journalisten überlassen, sich an möglichen Aufstellungen, Taktiken und sonstigen Spekulationen abzuarbeiten, ist der kleine Text über das nächste Auswärtsspiel von Osnabrück jetzt zu Ende. Fast jedenfalls.

Denn so glücklich und zufrieden der VfL mit seinem Trainer sein kann: Was die Steilvorlagen für mögliche Headlines angeht, dürften humorvolle Blattmacher neidvoll nach Frankfurt gucken. Für alle anderen eine kleine Auswahl an Überschriften, die wir wie immer kostenfrei zur Verfügung stellen:
  • Erst das Fressen, dann der Oral (zu nächster Wollitz-Wutrede nach VfL-Auswärtssieg
  • Oral B (zu Verletzungspech beim FSV, weshalb eine Rumpfelf auflaufen musste)
  • Choral gegen Oral (zu neuem Chant der VfL-Fans)
  • L’Oreal (zu neuer Frisur des FSV-Zampanos)
  • Tooooral! (zu 5:0-Kantersieg des FSV)
  • Oral, chloral, anormal (zu neuer Dopingsubstanz auf Chlorbasis, die der FSV-Coach seinen Mannen einflößt)

Freitag, 20. Februar 2009

einer von 16.000

Borussia.de fragt seine Fans, wie wohl das morgige Spiel gehen Hannover ausgehen wird. Wenn Demokratie irgend einen Sinn macht, dann wird das ein Kantersieg:
Gelingt es Borussia mit einem Sieg am Samstag, Hannover in der Abstiegszone zu halten?
Ja, wir gewinnen und kämpfen uns ein Stück heran. 16113 Stimmen
Wir spielen unentschieden und Hannover bleibt unten drin. 1084 Stimmen
Nein, 96 wird sich etwas von den Abstiegsrängen absetzen können. 1993 Stimmen

Ich freu mich schon!

Donnerstag, 19. Februar 2009

hammer!

Das ist ein Anfang! Mehr noch: Ein Anfang mit alten Bekannten. In hoher Not springt uns der VfL Hamm/Sieg zur Seite. Schon zum zweiten Mal. Doch der Reihe nach.

Dass sowohl Gladbach als mittlerweile auch Osnabrück Gefahr laufen, aus der VftabelLe (rechts auf dieser Seite) abzusteigen, ist seit Wochen kein Geheimnis mehr. Die stärkste Liga der Welt - einst einmal gegründet, um den beiden VfLs Gegner wie Kaiserslautern oder Ahlen zu ersparen und eine angemessene Konkurrenz unter anderen VfLs zu gewährleisten - droht, eine Nummer zu groß zu werden: Die Fohlen dümpeln schon seit Wochen als VftabelLenletzter, auch Osnabrück gerät nun in immer gefährlichere Gefilde. Das Abstiegsgespenst geht um.

Angesichts dieser gravierenden Krise hat der Fußballgott, Schirmherr dieses Blogs, zugestimmt, einen Rettungsschirm für die beiden angeschlagenen Klubs aufzuspannen. So genannte "Bad Gangs" sollen jetzt in die Bresche springen und dem faulen Zauber beikommen. Mit ihrer Hilfe könnten Gladbach und Osnabrück wieder Boden unter die Füße kriegen. "Bad Gangs" sind VfLs, die an einem regelmäßigen Spielbetrieb teilnehmen, allerdings noch schlechter abschneiden als Osnabrück und Gladbach. Der Fußballgott hat veranlasst, die VftabelLe für die Restdauer der Saison um drei dieser "Bad Gangs" aufzustocken. So könnten Gladbach und Osnabrück der Abstiegszone entkommen.

Einer unserer emsigen anonymen Leser hat sich nun als erster Held dieser Krise verdient gemacht. Sie oder er wirft "den VfL Hamm (nicht zu verwechseln mit Hamm/Westfalen!)
in den Ring im Rennen um den schlechtesten VfL-Verein Deutschlands." Mit einem Punkte-pro-Spiele-Quotienten von knapp 0,43 dilettiert Hamm war nahe an der Borussia (0,65), doch wir sind mutig genug, Hamm als Neuzugang zu akzeptieren. Herzlich Willkommen! Damit ist die stolze Kreisliga B Staffel 2 des FV Rheinland (Kreis Westerwald-Sieg) im prominenten Konzert der Großen vertreten, immerhin für ein paar Monate.
Kurios: Hamm war schon einmal Notnagel in schweren Zeiten. Bereits im Rahmen der Not-Amnestie von Desaster-VfLs vor nicht einmal einem Jahr hat Hamm gute Dienste geleistet und ist, wie gewünscht, debakulös abgestiegen - mit am Saisonende 0,00 Punkten pro Spiel (und geschätzen 3,00 Promille pro Spieler). Nun bitte auf ein Neues: "Mit dem 2003 erfolgten Abstieg aus der jetzt viertklassigen Oberliga", schreibt unser Anonymus, "ging der Verein in den freien Fall über, der - so sieht es offensichtlich aus - in der Kreisliga B noch nicht seinen finalen Aufschlag gefunden hat."

Gladbach klettert also verdientermaßen auf den vorletzten VftabelLenplatz, Osnabrück zieht seine Kreise nun fast schon im gesicherten Mittelfeld. Doch wie das so ist mit Anfängen: Es sind erste Schritte, mehr nicht. Damit Gladbach und Osnabrück wirklich erstklassig bleiben brauchen wir noch mehr Desaster-VfLs!

Mittwoch, 18. Februar 2009

seitenwechsel #74

Auch wenn Borussia mit zehn Mann verteidigt, zwei gehen immer in die Offensive: Der heiß geliebte Seitenwechsel deutet Woche für Woche die VfWeLt. Joachim spricht sich heute gegen Statistik und für Videotext aus, was Martin sehr verwirrt – nachzulesen in seiner Antwort bei Seitenwahl.

Lieber Martin,

was ist nur aus uns geworden? Ein Volk von Rechnern und Bedenkenwälzern! Wir spielen unentschieden in Bremen und sind dennoch enttäuscht, weil unser Tabellennachbar so langsam außer Reichweite entschwindet. Wir üben uns in mathematischen Kunstfertigkeiten, um zu ermitteln, ob wir schon am 26. oder erst am 27. Spieltag absteigen können, und dennoch müssen wir feststellen, daß Mathematik und Statistik nur Glitterzeug sind; Tand und Tinnef ohne Bedeutung.

Warum? 21:3. 35:5. Ersteres sind die Torchancen von Bremen und Mönchengladbach laut kicker, letzteres die Torschüsse laut ARD-Videotext. Mathematisch sehr simpel: Beides ergibt 7:1 für Bremen. Und wir ging das Spiel dann tatsächlich aus? Eben.

Was entnehmen wir daraus? Das hängt wohl von der Erwartungshaltung ab. Das Spiel war spannend, sehr sogar. Es kannte Höhen und Tiefen; von Frustration in der 77. Minute über ungläubige Erleichterung in der 79. Minute zu Nagelbeißen danach und schließlich einem satten Plumps auf den Allerwertesten nach gefühlten zwanzig Minuten Nachspielzeit. Und gleichzeitig war das Spiel Schrott. Eine Mannschaftsleistung wie bei einem Zweitligisten, höchstens. Das ist gar nicht beleidigt, anmaßend oder anklagend gemeint, sondern einfach als Feststellung. Wenn Du so spielst, holst Du ab und zu mal einen Punkt, auch einen überraschenden, aber große Sprünge nach oben machst Du in der Tabelle nicht.

Ich will jetzt gar nicht über das Spielsystem reden. Historiker kennen es aus dem Siebenjährigen Krieg. 1759 agierten die Preußen in der Schlacht bei Kunersdorf erstmals mit einem derartigen 12/0/-1 – System, mit verheerenden Folgen übrigens, weswegen das System bis zum italienischen Griechenland-Feldzug 1941 in den Taktikbüchern verstaubte. Inzwischen findet es außerhalb des Irak keine Anwendung mehr, bis letzten Samstag, doch darf bezweifelt werden, ob ein weniger vorbelastetes System erfolgversprechender gewesen wäre. Man kann den Bremern ja nichts vorwerfen. Sie haben sich bemüht, aber halt nicht getroffen. Daß vor Bailly noch zehn andere Borussen spielten, fiel dabei weiter nicht auf, obwohl ich Steve Gohouri bei diesem kleinen Rundumschlag mal ausnehmen möchte.

Nun hoffen also alle auf Dante; wie passend. Dantes Hauptwerk war bekanntlich „Die Komödie“ (später als „Göttliche Komödie“ noch bekannter), die in der Hölle beginnt, dann ins Paradies führt und mit Selbstläuterung und Buße endet, ob in Liga eins oder zwei, ist dabei nicht überliefert. Die Details lasse ich mal weg, weil sie hier nicht interessieren (was bedeutet, daß ich sie gerade nicht präsent habe und nicht googeln möchte). Ich bin aber übernächste Woche dienstlich in Florenz, dem Geburtsort Dantes; wenn es Fragen gibt, was das alles bedeutet und warum Dante also jetzt für Borussia spielt, obwohl er eigentlich seit rund sieben Jahrhunderten tot ist, dann frage ich ihn. Ansonsten warten wir einfach auf ihn und hoffen, daß er uns gleichermaßen Punkte sichert wie Bailly. Beide haben zweieinhalb Millionen Euro gekostet, da müssen sie ja gleich gut sein (Mathematik! Siehe oben.).

Apropos Bailly: Kein Tag im belgischen Videotext ohne Bailly. Nach dem Spiel in Bremen hat ein Telefonat eines belgischen Sportsenders mit ihm dazu geführt, daß die ersten vier Hauptseiten des Videotextes ausschließlich über seine Leistung in Bremen gingen. Sämtliche Stellungnahmen von Trainer und Mitspielern wurden gesammelt und übersetzt, um zu dem Schluß zu gelangen, daß hier endlich mal ein Belgier so richtig in der Bundesliga Fuß gefaßt hat (nun ja… Wie lange?). Höhepunkt war die Erwähnung, daß er in der Elf des Tages beim kicker stand. Die anderen zehn Spielernamen wurden gleich mitgeliefert. Kurzum: Belgien dreht am Rad, und ich bin sicher, Peter van Houdt, Joris van Hout und der Nico vom Friedhof erkundigen sich bereits über neue Verträge.

Fehlen nur noch Details: Hannover weghauen, Klasse halten, Champions League. Wie sagte einmal ein Deutscher Banker? Peanuts. Er hatte recht: Seiner Bank geht es nach wie vor gut, trotz Krise. Alles eine Frage der Einstellung, und die muß man einfach nur vorleben.

Es grüßt Dich somit von Sieger zu Sieger

Dein Joachim

Dienstag, 17. Februar 2009

mehr demokratie wagen!

Freunde der Nacht, hieran hat sich nichts geändert. Im Gegenteil: Auch der andere VfL gerät langsam in die Bredouille. Also bitte!

Montag, 16. Februar 2009

wie immer: mainz bleibt mainz

Nun läuft es vielleicht nicht gerade nach Plan, aber immer noch erwartungsgemäß. In der Rückrunde holt der VfL genau so viele Punkte, wie es sich - nominell - gegen die Gegner St. Pauli, Freiburg und Mainz gehört: Einen.
Das Problem bleiben die Nörgler, die recht behalten könnten: Wer immer ansehnlich spielt und verliert, ist der perfekte Absteiger aus einer Liga, die was auf sich hält.

1:3 also nun gegen den künftigen Erstligisten Mainz. Schlussendlich verdient hat Osnabrück verloren und doch unglücklich. Was der VfL - allen voran Andreas Schäfer, Gaetano Manno und Pierre de Wit - in der ersten Halbzeit zu Wege brachte, war nämlich sehenswert.
Die Sache hatte drei Haken. Erstens, 12. Minute: Pierre de Wit erobert toll den Ball und leitet einen schnellen Konter ein. Osnabrück spielt in Überzahl auf dem Weg zum zweiten Tor. Das wäre wohlgemerkt das erste Mal in der Saison, dass der VfL ein 2:0 schießt. Doch es kommt anders: Manno bahnt sich seinen Weg ins Abseits und bekommt den Ball: Was kurz wie ein schulbuchmäßiger Konter aussieht, endet jäh. Pele Wollitz tobt an der Seitenlinie, schimpft anschließend über einen vergebenen "Matchball" und seinen Stürmer als "zu gierig". Zweitens, 20. Minute: Ein Schuss von Markus Feulner wird von Pierre de Wit abgefälscht und senkt sich unhaltbar zum Ausgleich in Stefan Wessels' Tor. Drittens, 32. Minute: Henning Grieneisen und Tom Geißler verweigern die Abwehrarbeit und gewähren Delron Buckley einen tollen Auftritt. Sein schöner Schuss aus der Drehung bringt das 1:2.

Auch nach diesem Schock spielte Osnabrück weiter durchdacht nach vorn, nicht ganz so schnell und technisch sicher wie der Gegner, aber immerhin. Paul Thomik sorgte nach dem Wechsel im rechten Mittelfeld für mehr Druck, Kuka Engel ersetzte ihn hinten in der Viererkette.
Was auffällt: Fiete Sykora ist ein guter Fußballer. Wann immer es gilt, die lila-weißen Angriffe in kluge Bahnen zu lenken, ist Sykora ein Gewinn. Leider schießt er keine Tore, wie das als Stürmer auch sein Job wäre. Seine rasante Harmlosigkeit beim Abschluss befeuert die Nörgler in ihren Nörgeleien.

Dann, ab der 66. Minute, war das Spiel vorbei. Was Thommy Reichenberger auf der einen Seite verwehrt blieb, schaffte Dominic Peitz nämlich auf der anderen: Er schund erfolgreich den Elfmeter, den Miroslav Karhan zum 1:3 verwandelte.

Übrig blieb ein bemerkenswert konsternierter Trainer Pele Wollitz, der nicht einmal mit den Schiedsrichterentscheidungen harderte, wie sonst schonmal. Vorne hui, hinten pfui, so hatte auch er seine Mannschaft gesehen - und braucht wohl einen Moment, bis wieder Kraft da ist für das nächste Spiel in Frankfurt.
Und übrig blieb Jörn Andersen, der dem VfL attestierte, eine spielstarke Mannschaft zu sein, vergleichbar mit dem SC Freiburg [sic!]. Das wiederum, richtig, führt erneut direkt zu den schlagenden Argumenten der Nörgler.

Aus den kommenden Spielen muss der VfL nun in etwa so viele Punkte holen, wie es sich - nominell - gegen Frankfurt, Ingolstadt und Koblenz gehört: Sieben.

Sonntag, 15. Februar 2009

irrtum

"Wir sollten froh sein, dass er sein Geld nicht in Museen und Kunsthallen steckt, sondern unter anderem in den Fußball." Über Dietmar Hopp, der rund 175 Millionen Euro in seine TSG 1899 Hoffenheim pumpte, sagt dies: DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach.
Das ist unabhängig von allen aktuellen Ergebnissen und insofern grundsätzlich falsch. Aber was versteht Wolfgang Niersbach schon von Fußball Kunst!?

Samstag, 14. Februar 2009

ein punkt, woher?

Gladbach holt einen Punkt in Bremen. Wenn es stimmt, dass alle Gladbacher Feldspieler im besten Fall 0,5 Punkte verdient hatten, dann muss Bailly im Tor sechs Punkte erkämpft haben, damit im Schnitt am Ende ein Punkt steht (ist das zu kompliziert ausgedrückt? Man rechne: 11/11=[(10*0,5)+x]/11, und es folgt x=6). Und so war es auch. Logan Bailly hat sich einmal mehr als Teufelskerl gezeigt und eine 100%ige nach der anderen von der Linie geboxt, gekickt, gekratzt.

Damit ist Gladbach seit zwei Spielen ungeschlagen. Doch zugleich fragt man sich, wie das weitergehen soll. Wieder einmal spielte Borussia defensiv-passiv, ließ den Gegner kommen und hatte keine Mittel nach vorn. Irgendwie fiel zwar der Ausgleich, doch schien die Mannchaft selbst nicht recht zu wissen, wie. Mit solchem Fußball werden auch in den verbleibenden Spielen bestenfalls Unentschieden zu holen sein. Und das wird nicht reichen.

Freitag, 13. Februar 2009

live von woanders: hoffe

Als VfL-Fan gibt es derzeit zwei Möglichkeiten, wenn man ins Stadion geht: Entweder man schaut sich ein Spiel zum Mitfiebern an, ein Spiel, das die eigene Leidenschaft in Wallung bringt. Oder man sieht sich ein gutes Fußballspiel an. Das ist dann eins, an dem Gladbach nicht beteiligt ist. In der Regel ist das unterhaltsamer als die Spiele der Fohlen, die einen zwar emotional ganz fordern, aber doch vor allem die russische Tiefe der eigenen Seele ausloten, und nur seltener, viel seltener die positiven Potentiale der eigenen Affekte ausreizen.

Nun spielte also knappe 90 Minuten vor meiner Haustür Hoffenheim gegen Leverkusen. Ein neues Stadion, die derzeit attraktivsten Mannschaften der Liga: Da muss man hin! Also warm eingepackt angesichts von Schnnegestöber und kaltem Wind und auf nach Hoffen- bzw. Sinsheim, wo das neue, schnieke Stadion steht. Der Fußweg vom Bahnhof führt durch ein feines Industriegebiet mit einer Reihe von abwrackprämiengeförderten Autohäusern und Supermärkten, ja sogar vorbei an der Sinsheimer Messe (mit einem Messeturm, der subtil an den Schornstein eines Krematoriums gemahnt) bevor sich schließlich der Blick auf das feierlich angestrahlte neue Stadion auftut. Die Wegeführung mag noch verbesserungswürdig sein, doch die 30000er-Arena selbst hat ihren sehr eigenen Reiz, nicht zuletzt durch die steilen Ränge, die Gladbacher in Erinnerung an die Gegengerade des Bökelbergs seufzen lassen.

Bevor das Spiel losgeht, versucht man sich auch in Hoffenheim natürlich an einem Rahmenprogramm, zu der seit der Rückrunde auch ein neues Vereinslied gehört. Viel lässt sich über diesen Song nicht sagen, jedenfalls nicht mehr als die Kollegen von 11Freunde oder Volker Dieckmann auf seinem Blog gesagt haben:
Hoffe(n) wir, dass der VfL Osnabrück niemals auf die Idee kommen wird bei einem eventuellen Heimspiel gegen Hoffenheim (in welcher Liga oder Pokal auch immer) dieses Lied an der Bremer Brücke zu spielen.

Der Refrain allein geht so:

Hoffe, Hoffe! Wir sind Hoffe!
1899 Hoffenheim.
Wir kämpfen, siegen, geben niemals auf,
super Hoffe TSG!
Hoffe, Hoffe! Wir sind Hoffe!
In den Farben Blau und Weiß
1899 Superhoffenheim
Nur damit es jeder weiß!

Das quittieren die überraschend stimmungvollen Leverkusen-Fans (von denen einige hundert in Karnevalskostümen angereist sind): "Ihr macht Euch lächerlich, Ihr macht Euch lächerlich!" Und haben, sorry Hoffe, recht.

All der bemühte Budenzauber ohne Ball ist nach dem Anpfiff schnell vergessen. Nach Sekunden stellt der VfL-Fan neidisch fest: Hier sind zwei Mannschaften auf dem Platz, die beide Fußball spielen können und Fußball spielen wollen. Bei Gladbach mangelt es stets an mindestens einer dieser Aspekte, oft ist nicht ganz klar an welchem. Ganz anders hier: Kaum hat ein Team den Ball, geht es nach vorne. Und das passiert so schnell und schön und effizient, dass in der dritten Minute schon das erste Tor fällt.

Hoffenheim ist verdattert, dass hier ein Team bei den heimstarken Baden(s)ern selbstbewusst und offensiv auftritt. Doch der erste Schock ist schnell verarbeitet und beide Teams bieten nun eine Halbzeit lang ein Spiel, das alle Vorurteile gegen deutschen Fußball und die Bundesliga widerlegen kann. Zur Halbzeit steht es -- dank eines gleichermaßen pfiffigen wie mittlerweile wohlbekannten Freistoßtricks der Leverkusener -- 3:1 für Bayer und neben vier Toren gab es viele weitere Anlässe, als emotional ungebundener Zuschauer mit der Zunge zu schnalzen.

Die zweite Halbzweit beginnt wie die erste: Mit einem schnellen Tor für Leverkusen. Das ist der Punkt, an dem Hoffenheim einbricht, und erst der nächste Spieltag wird zeigen, ob die Moral der bisher so erfolgreichen Aufsteiger nur für 45 Minuten gebrochen wurde oder gar für die gesamte Rückrunde. Denn nach dem 4:1 verging den Rangnick-Kickern der Spielspaß, in der Folge fehlten die Ideen und aus Kreativität wurde eine Gummi-Brechstange. Leverkusen spielte ohne großen weiteren Kraftaufwand souverän. Wo es Chancen für Angriffe gab, nutzte man sie (allein das hochverdiente fünfte oder gar sechste Tor gelang nicht mehr), aber mehr als nötig tat die sich inzwischen selbst stolz als "Werkself" apostrophierende Mannschaft nicht mehr. Als um die 85. Minute der Schnee wieder einsetzte,verließen die ersten Fans die Ränge und verpassten in der Folge auch nichts mehr.

Was bleibt? Ein mehr als unterhaltsamer Ausflug in ein schönes Stadion und das Live-Flutlicht-Erlebnis eines der wohl besten Spiele, die ich seit langem gesehen habe. Vielleicht sollte man öfter mal Matches ohne Gladbach ansehen.

Donnerstag, 12. Februar 2009

vfl pro solarenergie

Die Deutsche Hautkrebsstiftung darf sich auf eine üppige Spende freuen. Anders ist die Nachricht des Tages wohl nicht zu verstehen: "Die Profi-Fußballer des VfL Osnabrück versteigern ihre Sonnenbank für einen wohltätigen Zweck." Das Kettler Siena R100, "modern", aber ausdrücklich "nicht modisch", habe für die VfL-Profis stets "gute Dienste" verrichtet, werde nun aber veräußert.

Man darf sich wundern, und es drängen sich etliche Fragen auf. Um nur einige zu nennen: Wer? Wie oft? Bräunt das Gerät mit langwelligen UV-A-Strahlen, die das Risiko für chronische Hautschäden massiv erhöhen? Oder strahlt Siena R100 gar mit UV-B-Strahlen, die als krebserregend gelten? Und: Wann kommen Mannschafts-Epilierer und Hornhautraspel im Bundle unter den Hammer?

Mittwoch, 11. Februar 2009

a la bonhof

Borussias Präsidium ist wieder dreiköpfig und damit verglichen zum Beispiel mit der Hydra immer noch klein, verglichen jedoch mit der Praxis der letzten Jahre um 50% gewachsen. Rainer Bonhof heißt der dritte Tenor in der Ehrenloge, der bis zur Finanzkrise noch in ganz anderen Gefilden tätig war: Als Scout beim FC Chelsea.

Da überall betont wird, seine Berufung lasse keine Vergleiche zur Krisenzeit seiner Trainerschaft vor 10 Jahren zu und überhaupt werde er mit dem operativen Geschäft wenig zu tun haben, ist fest davon auszugehen, dass Rainer Bonhof in knapp vier Wochen das Amt Hans Meyers übernehmen wird.

Dies ist auch zu hoffen, denn sein Konzept für Borussia ist überzeugend, durchdacht, konstruktiv und originell, wie wir auf borussia.de lernen:

"Wir müssen uns alle bei Borussia und im Umfeld auf das Wesentliche konzentrieren. Das ist der Fußball. Die Mannschaft funktioniert, sie muss sich jetzt nur mal mit guten Resultaten für ihre Arbeit belohnen. Wir müssen jetzt die störenden Nebengeräusche wegschieben und ein paar Dinge in die Reihe bekommen."

Ach so. Fußball ist wichtig. Siege sind wichtig. Nebengeräusche schieben ist wichtig (aber schwierig! Geräusche lassen sich meist nur schwer verrücken!). Dinge in die Reihe bekommen ist wichtig.

Das war uns allen so noch nicht bewusst, und es ist gut, dass ein Mann mit Sachverstand diese knallharte Analyse gemacht und auch klar und deutlich ausgesprochen hat.

Wir Floskeldrescher können da nur sagen: Chapeau! Und unsere störenden Nebengeräusche schleunigst beiseite schieben. Pssst.

Dienstag, 10. Februar 2009

der externe dramulett-dienstag

Da die Winterpause vorbei ist, musste das VfLog-Ensemble wieder einmal seine Theatersachen einmotten und bis zur Sommerpause Däumchen drehen -- die dramulett-dienstage gibt es schließlich immer nur in der fußballfreien Zeit. Daran hält sich allerdings nicht Benjamin Henrichs, der von uns verehrte SZ-Autor und Tschechow-Fan, der uns den Gefallen tat, seinen Blick statt nach Moskau nach Cottbus zu richten. Lesen, liebe Leute!

Montag, 9. Februar 2009

dringend gesucht: desaster-vfls

Längere Zeit hatten wir still gehalten, doch nun wird es wirklich hohe Zeit, einer bis auf weiteres aussichtslosen Lage die Stirn zu bieten. Wir brauchen eine Kampagne für mehr Desaster-VfLs. Die Partneragentur unseres kleinen Familienblogs, die renommierte Werbeschmiede "Jung van Matt", hat sich zu diesem Anlass den hoffnungsvollen Claim "Ein Abstieg reicht!" überlegt.

Das steckt dahinter: Dank des überschaubar erfolgreichen bisherigen Saisonabschneidens der Borussia drohen dem Klub gleich zwei Abstiege aus einmal: Das Abrutschen in die vermeintliche zweite Bundesliga mutet dank einer dann zweiten Auflage der Bundesliga der Herzen fast schon verschmerzbar an; doch auch in der VftabelLe (rechts auf dieser Seite) sind die Fohlen nun durchgereicht worden und schwenken die rote Laterne. Der VfL läuft Gefahr, als Absteiger aus der stärksten Liga der Welt zu scheiden.

Die VftabelLe listet ausschließlich VfLs, also Vereine für Leibesübungen. Das sichert unseren VfLs adäquate Gegner, schützt vor den Berlins, Schalkes und Ahlens dieser Welt und ermöglicht am Saisonende, einen Meister zu kühren, der diesen Namen auch verdient. Wer oben steht oder, wie Gladbach, ganz unten, errechnen unsere Informatiker anhand eines ausgeklügelten Bewertungssystems (gewonnene Punkte dividiert durch absolvierte Spiele). Doch jetzt droht alles aus dem Ruder zu laufen.

Deshalb brauchen wir dringend Desaster-VfLs, das heißt hinreichend erfolglose VfLs, die noch schlechter sind als Gladbach. (Zugegeben: Das ist eine alte Leier, die wir hier und da schon mal hatten, aber es hilft ja nichts.) Punkt-Quotienten von um die 0,5 oder besser noch weniger qualifizieren zum Mitspielen. Wer kennt VfLs, die an einem geregelten Spielbetrieb teilnehmen und hinreichend dilettieren? Eine kurze Mail an vftabelle@vflog.de reicht aus, wenige warme Worte, die den Ernst der Lage etwas kaschieren, machen sich zusätzlich jedoch auch immer gut.

Was das bringen soll? Einige Wochen im grellen Lichte der Medienöffentlichkeit für Mauerblümchen wie Großkötz oder Borsum. Und einen Tabellenplatz im gesicherten Mittelfeld für die Borussia. Wenn das kein Ansporn ist!

Sonntag, 8. Februar 2009

schweigen

Die Niederlage in Freiburg war bereits ein unschöner Start ins Wochenende. Doch wer dann noch im Rahmen eines hart umkämpften Tippspiels mit gut 150 Kollegen die Bundesligaspiele

Gladbach-Hoffenheim,
Karlsruhe-Hamburg und
Bayern-Dortmund

1:0,
2:2 und
2:1

tippt, der macht sich auf zu einem Abendspaziergang ins Niendorfer Gehege, ein vermeintliches Erholungsgebiet um die Ecke, und fragt laut in den Wald hinein: Warum?

Samstag, 7. Februar 2009

geschenkt

Nun hat der VfL 1:4 und damit leistungsgerecht gegen den SC Freiburg verloren. Das war typischerweise eines jener Spiel, das man beim Skat getrost hätte schenken können: Aus dem Schneider war der VfL schon nach der ersten halbe Stunde, in der Osnabrück munter mitgespielt hatte. Dann zückte Freiburg seine Trümpfe, mit denen sich der Sportclub vollgesogen hatte, und spielte sie zügig und trickreich aus. Dass Osnabrück mit dem Kreuzbuben Manno schließlich noch einen Stich macht, konnte Freiburg nicht verhindern. Schließlich verlor Osnabrück also eine Partie, die unter den gegebenen Umständen nicht zu gewinnen war. Für den Ausgang des Turniers nach 34 Spielen ist diese Niederlage bedeutungslos. Die Bockrunden beginnen ohnehin erst mit dem Auswärtsspiel in Frankfurt in zwei Wochen.

Peter Miese, von der Abteilung Panikmache gern ins Feld geführter VfL-Experte, sieht das sicher anders: Teils atemberaubende Abspielfehler, ein oft zu hektischer Spielaufbau, Stockfehler bei der Ballannahme und nachlässige Deckungsarbeit bei den Gegentoren, unkt er, machten den VfL zu einem klassischen Abstiegskandidaten. Vermeintlich gut mitspielen und munter 1:4 untergehen, das kaschiere folgenreich und so lange alle Mängel, bis es zu spät sei.

Bis auf weiteres muss wohl niemanden die akute Harmlosigkeit des VfL in der zweiten Halbzeit beunruhigen; der sehenswert starke Gegner dürfte die Erklärung dafür sein. Diese Ausrede wäre, sollte eine Überraschung auch nächste Woche Sonntag ausbleiben, sogar noch ein weiteres Mal erlaubt. Erst danach nicht mehr.

Freitag, 6. Februar 2009

bad blog

Es ist schön, wenn man im Zug sitzt und die Zeitungen der letzten Tage in Ruhe lesen kann. Viele Informationen verbinden sich dann zu einer großen Geschichte. So berichtete die Süddeutsche einerseits, dass die BILD-Zeitung neuerdings auf Blogs verlinkt, die sich auf die BILD beziehen. Manche Blog-Klickrate ist dadurch in unendliche Höhen katapultiert, ohne dass die Betreiber zunächst wussten, woher diese Popularität kommt.

In einer anderen Ausgabe philosophiert das geliebte Feuilleton über die "Bad Banks" als Metapher für die Kultur des 21. Jahrhunderts und sieht große Entwicklungsmöglichkeiten: Wir brauchen auch "Bad Hospitals" (für nicht Versicherte), "Bad Schools" (für dumme Kinder), "Bad Stadiums" (für den FC Köln). Ein Bad Newspaper immerhin, so die SZ, hätten wir ja schon: die BILD.

Als offizieller "Bad Blog" des 21. Jahrhunderts stehen wir parat, und zitieren statt eines Vorberichts auf das Hoffenheimspiel an diesem Wochenende Markus Marin. Natürlich aus der BILD: "Wir haben ein Heimspiel, das wollen wir mit unseren Fans im Rücken gewinnen. Ich hoffe, dass ich entscheidend zu einem Erfolg beitragen kann."

Also bitte: Man verlinke uns! Wenn schon nicht die BILD, dann wenigstens die Süddeutsche. Und am Sonntag berichten wir, warum Marin wieder nicht spielen durfte. Natürlich exklusiv.

Donnerstag, 5. Februar 2009

merkel düpiert fußballgott

Der Köln-Fan Gerald E. Ißbock bleibt für den Fußballgott ein Problem: Ißbock wird seine Äußerungen wohl nicht zurücknehmen. Nun entbrannte neuer Streit darüber, ob der Fußballgott die Aufhebung der Exkommunikation wieder rückgängig machen könne.

Auch Bundeskanzlerin Merkel hat sich mittlerweile eingeschaltet. Der Fußballgott müsse "eindeutig klarstellen, dass es keine Leugnung der Erfolge von Borussia Mönchengladbach geben darf", sagte Merkel in Berlin. Diese Klarstellung habe es bislang nicht gegeben.
Dass Merkel sich einmischte, löste jedoch gleich die nächste Welle der Entrüstung aus. Der CDU-Politiker Georg Brunnhuber beklagte nach einem persönlichen Gespräch mit dem Fußballgott: "Es herrscht der Eindruck, dass alle antikölschen Ressentiments, die in Deutschland schlummern, jetzt an die Oberfläche kommen."

Im Fußballhimmel hat man Ißbock inzwischen in einer Erklärung aufgerufen, seine Leugnung der Gladbacher Erfolge (fünf Mal Deutscher Meister, zwei Mal UEFA-Cup-Sieger) "in unmissverständlicher Weise" zu widerrufen. Der Fußballgott selbst habe von Ißbocks Erklärung nichts gewusst, hieß es weiter. Bundeskanzlerin Merkel glaubt nun, "dass die eindeutige Aufforderung des Fußballhimmels ein wichtiges und auch ein gutes Signal ist."
Völlig unklar ist indes, welche Handhabe der Fußballgott hätte, wen Ißbock nicht widerriefe; dem Fußballhimmel nahe stehende Kreise unken unterdessen, dem Fußballgott gehe "das ganze Tamtam am Arsch vorbei".

Auch die VfL-Profis bleiben von der Debatte nicht unbeeindruckt. Einen Tag vor dem wichtigen Auswärtsspiel in Freiburg hat der Mannschaftsrat um Kapitän Thomas Cichon eine Protestnote verfasst. Die Spieler leugnen darin demonstrativ das Ergebnis des letzten Spiels gegen den 1. FC Köln (0:2, 15. April 2008).

Mittwoch, 4. Februar 2009

seitenwechsel #73

Die Winterpause war wie immer kalt und öd. Der Ball rollt nicht, und auch die Feder trocknet aus. Nun aber hat die Bundesliga ihren Spielbetrieb wieder aufgenommen und die Zeilen flattern wie Bananenflanken zwischen den Kollegen von Seitenwahl und unserem kleinen Familienblog. Martin weiß noch nicht genau, was er mit dem neuen Jahr anfangen soll, träumt von 2010 und konkreter Poesie bei Seitenwahl. Joachim stimmt ein und zitiert aus Interviews mit Spielerfrauen.

Lieber Martin,

zunächst Dank für Deine lieben Neujahrswünsche, die ich gerne in gleicher Form an Dich zurücksende. Das Jahr ist noch jung (Borussia ist rechnerisch noch nicht abgestiegen), da kann man durchaus noch den Jahreswechsel-Modus eingeschaltet lassen.

Dies trifft um so mehr zu, als mich der Rückrundenstart stimmungsmäßig unvorbereitet getroffen hat. Ich war froh, das Fußballjahr 2008 (genauer gesagt das zweite Halbjahr – wie weit scheint das erste Halbjahr inzwischen entfernt!?) zu den Akten legen zu können. Da zudem auch noch die Transfers ungewohnt früh abgeschlossen waren, konnte ich mich leichten Herzens anderen Dingen hingeben: einer dahinfließenden Sequenz aus Vierschanzentournee, Wintersportwochenenden, Handball-WM und Australian Open. Und plötzlich war da der Rückrundenstart. Ich hatte zu Hause zu arbeiten und gebe gerne zu, daß ich nebenbei gerade noch das Interesse aufbrachte, den Videotext laufen zu lassen. Ich habe mir aber nicht mal das Spiel auf Fohlen-TV angeschaut. Ich wäre daher nicht undankbar gewesen, der SEITENwechsel hätte erst eine Woche später begonnen, denn wie das von Dir erwähnte Murmeltier geht es mir derzeit auch: Ich bin aufgeschreckt aus wohligen Träumen, habe mit Erschrecken das Resultat in Stuttgart zur Kenntnis genommen und beschlossen, daß ich für mich die Winterpause einfach verlängere.

Das mag ungerecht sein, ich weiß es, und die Jugend in all ihrer Kraft und Begeisterungsfähigkeit wird mir jetzt zurufen: Du Weichei! Schaue und leide! Reise und friere; Hauptsache, Du singst! Ich antworte: So blöd war ich auch mal, damit ist aber Schluß. Ich will gar nicht bestreiten, daß noch genug Hoffnung da ist, daß die neuen Spieler Kredit verdienen, daß die Mannschaft Unterstützung braucht etc. pp. Natürlich, und Friede auf Erden denen, die so handeln, möge es Euch der Fußballgott vergelten. Doch was bleibt unter dem Strich? Bielefeld gewinnt in Bremen, und wir schmeißen wieder die alte Leier an: Gut mitgehalten, Chancen herausgespielt, dumme Tore gefangen, Neuzugänge haben sich halbwegs ordentlich eingefügt, Cottbus hat auch verloren.

Was ist daran neu? Und was ändert es?

Tatsächlich haben wir wieder ein Defensivbollwerk, das trotzdem Tore fängt, nach wie vor dieselben Stürmer, die immer noch nicht treffen, und ein Sammelsurium an Durchschnittsspielern aus aller Herren Länder, die wohl selber nicht wissen, warum sie gerade für Borussia spielen. Das ist anderswo sicher nicht viel anders, aber augenfälliger wird es schon. Ich habe jüngst ein Interview mit Logan Baillys Freundin gelesen, in dem sie gefragt wurde, warum der Torwart denn gerade zum Tabellenletzten in Deutschland gewechselt ist. Ihre Antwort sinngemäß: Er verdient sich dumm und dämlich, so dumm und dämlich, daß er ihr gesagt habe, sie solle nicht mehr zur Arbeit gehen, denn in Deutschland müßten Spielerfrauen nicht arbeiten, der Mann schleppt die Kohle an.

Das Ergebnis ist, daß die Mannschaft nicht besser spielt als vorher, daß inzwischen aber nur noch ein Deutscher in der Startelf steht, und der ist auch bald weg. Ich bin hier nicht für Deutschtümelei, aber wenn man schon keinen Erfolg hat, ist es mir lieber, man hat ihn mit dem ein oder anderen eigenen Nachwuchstalent nicht, als daß man ihn mit den gesammelten Stalteris und Baillys dieser Welt nicht hat. Sollen die Fans etwa ihre Euros ins Stadion tragen, damit Familie Bailly ausgesorgt hat? Ich weiß, daß das maßlos vereinfacht ist, aber so fühle ich mich derzeit.

Und insofern, lieber Martin, hast Du völlig recht: Wenden wir uns der Poesie zu. Du gehst auch sehr schön in Vorlage, meine politischen Präferenzen kennend, und ich würde Dir gerne mit Ernst Jandl antworten, doch den muß man reden, gar schreien, nicht schreiben. Außerdem werde ich sentimental, denn das schönste Gedicht ist für mich der Dialog zwischen Stadionsprecher und Zuschauern nach einem (möglichst entscheidenden) Tor. Da bleibt mir nur die Hoffnung auf das Heimspiel gegen Hoffenheim, wenngleich meine Befürchtungen in eine andere Richtung gehen. Bei der Querfeldein-WM letzten Sonntag soll es einer Meldung einer belgischen Zeitung zufolge einem in einer geschlossenen Anstalt einsitzenden Niederländer gelungen sein, auszubrechen und mit seinem Fahrrad zunächst unbehelligt eine Runde mitzufahren. Von der Polizei hinterher befragt, sagte der Mann aus, er habe sich gute Siegchancen ausgerechnet. Ich mußte an Borussia denken und hoffe, der Schein trügt, daß hier jemand kurz aus der Zweiten Liga entsprungen ist im Wahn, er könnte mit den bislang gezeigten Anstrengungen in der Bundesliga bestehen. Gegen solche Eindrücke helfen keine Pillen, nur Punkte. Am besten direkt im nächsten Spiel.

Es grüßt Dich an ein Borussia-Kissen gelehnt, doch ohne Borussia-Krawattennadel (die ist runtergefallen und zerbrochen, aber man kann sie noch kleben),

Dein Joachim

Dienstag, 3. Februar 2009

dante zurück

Viele werden sich gewundert haben angesichts der sensationellen Kunde, Dante habe seinen Muskelfaserriss auskuriert und stehe den Borussen in Bälde wieder zur vollen Verfügung. Es ist immerhin das erste Lebenszeichen des wendigen Neuzugangs seit dem 14. September 1321, als er in Ravenna/Italien gesehen wurde. Gerüchtehalber habe Dante heute Morgen zum Trainingsbeginn einige Verse aus dem fünften Gesang der "Hölle", das ist ein Teil seiner "Göttlichen Kömodie", vorgetragen. Es soll sich dabei um folgende, durchaus sinnbildlich gemeinte Zeilen handeln:

So stieg ich aus dem ersten Kreise nieder,
Zum zweiten, der des Raumes minder faßt,
Und mehr des Wehes, mehr der Jammerlieder.
Mit furchtbar'm Schnauben stehet Minos [R. Königs, Anm. d. Verf.] dort,
Erforscht beim Eingang jede Sündenschuld.
Urteilet dann, und schickt durch Zeichen fort.
Ich sage, wenn die unglücksel'ge Seele
Vor ihm erscheint, so beichtet sie durchaus;
Dann sieht der Untersucher aller Fehle,
Was in der Höll' ihr für ein Platz gebührt.
Sie wird, so oft er mit dem Schweif [Gladbachschal, Anm. d. Verf.] sich gürtet,
So viele Stufen niederwärts geführt.
Viel stehn da immer; eine nach der andern,
Muß ins Gericht vor seinem Antlitz gehn,
Muß reden, hören und hinunterwandern.

Montag, 2. Februar 2009

hamburger marinade

An der Alster pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die dortige Clubführung hat Interesse, den Gladbacher Bankdrücker und Nationalspieler Marko Marin an den Michel zu locken. Wie von Bild bis WELT alle Springer-Blätter melden, hatte man auch schon vor dem Hauruck-Transferwochenende im Norden bei Borussia angefragt, ob Marin bereits im Winter zu haben sei. Doch die Gladbacher Führung winkte ab – offenbar im Glauben, dass Hans Meyer nicht mehr lange Trainer am Niederrhein sein wird, denn der jetzige Chefcoach hat in der Vorbereitung wie in Stuttgart mehr als deutlich gemacht, dass er das wohl größte Talent des Kaders nur einsetzt, wenn seine Mannen trotz 8-1-1-Taktik in Rückstand geraten.

Wird es bald also ein Hamburger Marin-Ade geben? Wir hoffen nicht. Und fordern alle Fans der Borussia auf, Hans Meyer als mahnendes Statements einen Hamburger mit selbstgemachter Marinade zu schicken. Rezepte finden sich im unten stehenden Link. Guten Appetit.

Sonntag, 1. Februar 2009

entliberoisierung

Es ist ja so: Es ist noch gar nicht lange her, da gab es noch kein Internet. Auch keine Blogs. Da hat man noch Romane gelesen, Radio gehört und abends auch einfach einmal Elfer raus gespielt. Dies war die Zeit des Liberos. Der Libero hat sich in Deutschland lange gehalten. Aber mit dem Aufkommen des Internets wurde er abgeschafft. In Zeiten der Dynamisierung, der Beschleunigung war für ihn kein Platz mehr. Vom benennbaren Ort, der verteidigt wird (Prinzip: Manndeckung), wurden von nun an "Räume" gedeckt (Prinzip: Cyberspace). Dass diese ganze Flexibilisierung, Kommerzialisierung, Globalisierung, Liberalisierung, Entliberoisierung für den Menschen nicht gut sein kann, das ahnten nicht nur Gregory Gysi und Michael Moore. Es ahnte auch Hans Meyer, der alte Sozialist und Globalisierungskritiker. Er hat in Gladbach an diesem Wochenende das Fußballprekariat der Viererkette wieder abgeschafft und endlich für mehr Arbeitsplätze in der Abwehr gesorgt. Ihm gilt es zu danken. Wir tun es heute, denn wer weiß, ob es morgen noch Internet gibt in Mönchengladbach?