Sonntag, 15. Oktober 2006

gebissen

Natürlich ist ein Heimsieg gegen Wolfsburg das Mindeste. Wenn Traditionsklubs nicht mal mehr gegen Wolfsburg gewännen, müsste man sich ernste Sorgen machen. Aber man kann gegen Wolfsburg auch leidenschaftslos 1:0 gewinnen. Das würde dem Gegner sogar gerecht, nur den eigenen Fans nicht. Der 3:1-Sieg der Borussia gestern war mehr als so ein Pflichtsieg.

Wenngleich auch gegen Wolfsburg in einigen Situationen spielerische Mängel offenbar wurden und schneller, sicherer Kombinationsfußball weitestgehend anders aussieht, ist die Stoßrichtung doch vielversprechend. Die Mannschaft spielt energisch nach vorn, sie kämpft und will Tore schießen – und sie strahlt Sicherheit und Selbstvertrauen aus. Deshalb gewinnt sie ihre Heimspiele hochsouverän, und deshalb wird sie alle 14 Tage von ihren Fans gefeiert.

Man muss indes erwarten, dass sich die Borussia bereits jetzt schön macht für das kommende Wochenende, um beim Spiel in Berlin ihr anderes, ihr Auswärtsgesicht zu zeigen. Und um sich hernach auch die dort zu vergebenden Punkte wieder abzuschminken. Die alte Leier eben. Sie bekümmert deswegen so sehr, weil man sich nur noch über, aber nicht mehr auf etwas freuen kann. Die gewonnen Punkte im Borussiapark sind zwar nicht nichts wert, aber doch deutlich weniger, wenn in der Ferne Spiel um Spiel verloren wird. Freude ohne Perspektive ist denn auf Dauer bedrückend. So ähnlich wie viele sich freitags nicht auf das Wochende freuen können, weil schon bald wieder der Montag dräut, verleidet die Auswärtsmisere vielen Fans die Heimspiele. Nichts vollends, aber latent.

Schließlich ist es emotional extrem anstregend, jede Woche aufs Neue die Hoffnungen, Träume, Ängste und Traumata neu zu justieren, zu allem Überfluss noch nicht einmal ganz neu, sondern im 14-Tages-Wechsel redundant. Eine Liebe, derer man sich alle 14 Tage aus denselben Gründen vergewissern muss, die so etwas wie nachhaltige Zuversicht nicht erlaubt, die stresst. Leidenschaft wird auf diese Weise zwar nicht zerstört, doch der Gedanke daran, wie einfach alles sein könnte, stimmt melancholisch. Und das ist kein gutes Zukunftsrezept.

Eheberater Heynckes könnte den gordischen Knoten zerschlagen. Aber so einfach geht das nicht. Vielmehr sind es die Kicker, die ihn kommende Woche zertreten müssen. Mit jedem gewonnenen Heimspiel, mit dem starken Wolfsburg-Auftritt im Rücken müsste das doch klappen können. Mag man meinen.

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