Montag, 16. Oktober 2006

geschlossene fragen

Montage nach Fußballwochenenden bieten Zeit und Gelegenheit, das sportive Treiben beiseite zu lassen und sich der Metaebene zu widmen: Den geschlossenen Fragen.

Sportreporter sind seltsame Menschen. Zumeist haben auch sie Journalismus von der Pike auf gelernt, in Politik- oder Lokalressorts, bei Zeitungen oder sonstwo. Sie wissen also, dass sich geschlossene Fragen mit ja oder nein beantworten ließen. Sie wissen auch, dass das bei offenen Fragen unmöglich ist. Beispiel: „Sie haben heute ziemlich gut gespielt, oder?“ – „Ja.“ – „Wie schätzen Sie Ihre Leistung heute ein?“ – „Ich glaube schon, dass ich heute ein ganz gutes Spiel gemacht habe.“

Eingedenk dieser grundsätzlichen Befähigung, zwischen offenen und geschlossenen Fragen unterscheiden zu können, ist es doch verwunderlich, a) dass die geschlossene Frage unangefochten die Lieblingsfrage der Sportjournalisten ist und b) dass die Fußballer die wunderbare Chance, die darin schlummert, ungenutzt lassen, obwohl es eine hundertprozentige ist.

Die Vorliebe für die geschlossene Fragen greift immer mehr um sich. Ob Lierhaus oder Beckmann, besonders eklatant jedoch die unbekannteren Gesichter, die direkt am Spielfeldrand „interviewen“ – überall lauert sie. Und wird leider beantwortet. Es fehlt der geniale Fußballer, der antwortet, wie es sich eigentlich gehörte: Mit ja oder nein. Punkt.

Die Salve an vorbereiteten Fragen wäre schnell zu Ende: „Eine Klasseleistung, oder?“ – „Ja.“ – „Ist so ein Tor dann die Krönung?“ – „Nein.“ – „Wahrscheinlich hätten Sie sich nicht erst in der 73. Spielminute eingewechselt, oder?“ – „Doch.“ – „Und nächstes Wochenende geht’s nach Bochum?“ – „Ja.“

Das Ergebnis wäre ein entweder reichlich verdatterter Fragenonkel oder – umso schöner – ein kompetenter Journalist, der sich aus der Situation heraus zu manövrieren wüsste. Doch viel zu selten, nein: nie müssen die Journalisten ihre gedankenlose Fragetechnik ausbaden. Sie können gemeinhin damit rechnen, dass der Spieler schon reden wird. Schade. Allein Nürnberg-Coach Hans Meyer deutet manchmal in die richtige Richtung. Machte das Schule, würden die ohnehin komplett sinnfreien Spielschlussgespräche immerhin enorm heiterer.

Keine Kommentare: