Sonntag, 28. Oktober 2007

das auswärtsgesicht

Vor etwa eineinhalb Jahren hatten wir uns unter ähnlichen Umständen schon einmal zu einem Schweigegelübde veranlasst gesehen und Auswärtsspiele des VfL hilflos ignoriert. Ganz so weit ist es noch nicht, zumal Sonntagnachmittage im Herbst wie gemacht sind für ein bisschen Frust und Ärger. Wie dem auch sei, bereits jetzt ist jedenfalls unschwer zu erahnen: Wenn Osnabrück nicht langsam auch auswärts einmal Punkte holt, wird der direkte Wiederabstieg die logische Konsequenz sein.

0:1 nun also in Koblenz. Erfreulich ist, dass es bis zum Tor des Tages nicht nach einem Sieg für Koblenz aussah, danach allerdings - das ist das Unerfreuliche - umso mehr. Zuletzt gegen Aachen hatte Pele Wollitz auf ein 4-4-2-System mit zwei echten Spitzen umgestellt und das in Koblenz beibehalten: Neben Thomas Reichenberger spielte Gaetano Manno vorn, im Mittelfeld agierte Henning Grieneisen diesmal auf der rechten Seite, Rouwen Hennings links. Hinten ersetzte ein (kopf)ballstarker Dominique Ndjeng den verletzten Thomas Cichon. Diese Mannschaft spielte in der ersten Halbzeit recht gut, zwar lange nicht so aggressiv und selbstbewusst wie daheim an der Bremer Brücke, aber allemal besser als zuletzt in der Fremde. Besonders dem Spiel von Reichenberger tut gut, dass eine weitere Spitze an seiner Seite stürmt. Zuletzt auswärts mehrfach völlig abgemeldet, ist Reichenberger defintiv ein Gewinner der Systemumstellung. Drei, vier einigermaßen gute Torchancen waren die Folge.

In der ersten Hälfte zeigten vor allem Hennings und Manno, dass sie über links wunderbar zusammen angreifen können, aber auch Heidrich überzeugte erneut durch seine Übersicht beim Spielaufbau. Ndjeng verteidigte hinten, wie man es nicht mehr für möglich gehalten hatte, so dass insgesamt ein VfL auf dem Platz stand, dem man ein Führungstor zutraute. Zwar hatte auch Koblenz besonders mit dem Rappolder-Liebling Fatmir Vata - der sich in der 14. Minute seine gelbe Karte unnachahmlich erbettelte - einige gute Szenen, doch Osnabrück verstand es, schnell und gefährlich zu kontern. Nach einer Koblenz-Ecke entwickelte sich denn auch die beste VfL-Möglichkeit: Blitzschnell hatte Manno Hennings in Szene gesetzt, der mit links abzog, jedoch nur den rechten Pfosten traf; Grieneisen konnte den Abpraller nicht verwerten. Kurz vor der Pause hatte Reichenberger eine weitere gute Möglichkeit, als er nach einem abgewehrten Hennings-Schuss volley abzog, der Schuss aber erneut abgefälscht wurde. Was offenbar alle Osnabrücker Spieler begriffen, war, dass Koblenz automatisch Fehler macht und in Nöte gerät, wenn genügend Druck aufgebaut wird. Darin übte sich der VfL über weite Strecken recht ansehnlich.

Deutlich hinter seinen Möglichkeiten blieb in dieser ersten Halbzeit Henning Grieneisen, der sich rechts lange nicht so wohl fühlte wie gegen Aachen auf der anderen Seite. Symptomatisch deutlich wurde das in der 36. Minute, als Grieneisen zu langsam schaltete, einen Doppelpass von Heidrich nicht mitspielte und seinem Mitspieler eine gelbe Karte einbrockte: Heidrich musste foulen, damit sich aus der Situation kein Koblenzer Konter ersponn.

In der Kabine lief dann vermutlich das Premiere Halbzeit-Studio. Das immerhin würde erklären, wieso der VfL so schläfrig zurück auf's Feld kam, dass Koblenz in der 50. Minute fast unbemerkt das Siegtor schoss. Warum auf Premiere nämlich blonde Moderatorinnen unvorteilhafte Brüste als Halbzeithäppchen hinhalten müssen, bleibt dem Fußballfan verborgen. Vielleicht hat sich auch der VfL darüber zu lange den Kopf zerbrochen, als das Spiel längst wieder angepfiffen war. In der 46. Minute konnte Berbig seine Mannschaft noch mit einer Weltklasseparade vor dem Rückstand bewahren, vier Minuten später war auch er machtlos. Zwar segelte der vorausgehende Freistoß lange in der Luft, doch unterstellte Berbig wohl zurecht, dass einer seiner Mannschaftskollegen den Zweikampf sucht. Seine Abwehrspieler sahen das anders und ließen ihren Torwart schlecht aussehen. Dann verwandelte sich Osnabrück 20 Minuten in einen Absteiger und spielte irgendwas anderes, aber nicht Fußball. Besonders dem sonst soliden und erfahrenen Heidrich passierten haarsträubende Abspielfehler im Mittelfeld. Koblenz hätte in dieser Zeit auf 2:0 erhöhen müssen, weil die Mannschaft von Uwe Rappolder mehrfach in Überzahl vorm Osnabrücker Tor auftauchte.

Erst etwa ab der 70. Minute fing sich der VfL wieder und besann sich, dass Forechecking doch schon in der ersten Halbzeit ganz gut geklappt hatte.
Zwischenzeitlich war Marcel Schuon ins Mittelfeld gerückt, weil Jan Schanda für Jo Enochs ins Spiel gekommen war und sich statt Schuon der Rolle in der Innenverteidigung angenommen hatte. Greineisen war durch Aziz ersetzt worden. Und ab der 75. Minute kam Frommer für Thomik, so dass Schuon wieder hinten spielte, und zwar auf der Thomik-Position rechts; Aziz wechselte gleichzeitig ins eher zentrale Mittelfeld, Manno kam vermehrt über rechts und Frommer mimte den Sturmpartner von Reichenberger. All diese Umstellungen zeugen davon, dass Wollitz derzeit seine liebe Mühe hat, die Offensive wirkungsvoll zu verändern; insbesondere Touré, de Wit, Nouri und Feldhoff fehlen, und die Folge ist zwangsläufig Flickschusterei.

Zwar spielte der VfL irgendwann wieder einigermaßen sicher aus der Abwehr nach vorn, doch viel Mitreißendes passiert ist bis zum Schlusspfiff nicht mehr. Manno verfehlte in der 71. noch einmal knapp das Koblenzer Tor. Und eine schiere Unzahl an völlig harmlosen Flanken führten absehbar zu keinerlei Gefahr. Irgendwann war das Spiel zu Ende. So wie auch in Hoffenheim, Gladbach, Lautern und Augsburg das Spiel irgendwann zu Ende war. Wieder hat der VfL nicht so schlecht ausgesehen, aber das reicht nicht. Kommenden Donnerstag geht es zu Hause gegen Köln. Weil irgendwann jede Serie reißt, auch die noch so schönste, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Osnabrück sich anschließend erstmals auf einem Abstiegsplatz wiederfindet.

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