Freitag, 31. Oktober 2008

wo ist die pausentaste?

Man muss sich Sorgen machen, vielleicht sogar größere. Es läuft derzeit sehr, sehr wenig in Osnabrück: Spielerische Armut, individuelle Fehler, kollektive Formschwäche. Drei Spiele lang, gegen St. Pauli, Freiburg und Mainz, hat der VfL ansehnlich Fußball gespielt und gezeigt, dass die Mannschaft zurecht in der zweiten Liga mitmischen darf. Seither fragt man sich von Woche zu Woche mehr: Warum nochmal?

Pele Wollitz ist sauer auf seine Jungs, vermutlich sogar zurecht, sogar dann, wenn die selbst nicht wissen, warum es nicht läuft. Was Wollitz einfordert, sind Wille und Energie, und beides sieht er nicht, jedenfalls nicht so, wie sich ein Trainer das vorstellt.
Das, was sich Woche für Woche auf dem Rasen abspielt, leistet der schlechten Laune des Trainers Vorschub. Kein Spieler hat Normalform, eher im Gegenteil. Die Stützen Cichon und Heidrich, der gewünschte Rückhalt Wessels, der kreative Spielentscheider de Wit, Torjäger Reichenberger, Außenläufer Schäfer: Alle schwächeln.
Und noch mehr: Der Garant für den letztjährigen Klassenerhalt, Paul Thomik, ist verletzt, ebenso wie Gaetano Manno. Tom Geißler, als Hoffnungsträger verpflichtet, ist freigestellt, bis es ihm besser geht, woran auch immer er leidet. Assimiou Touré, in der vergangenen Saison als Verstärkung für die rechte Außenbahn verflichtet, wird nach seiner Verletzung womöglich nie wieder zurück finden. René Trehkopf, Neuzugang aus dem Sommer: verletzt. Nico Frommer: angeschlagen. Auch Marvin Braun und Lars Fuchs bringen die Mannschaft, nach ihrer Art Zwischenhoch, spielerisch derzeit nicht voran. Die Aufzählung könnte noch eine Weile so weitergehen.

Bedauerlicherweise nur hält die Saison nicht an. Bis zur Winterpause sollte die Mannschaft noch sieben, acht Punkte holen, bestenfalls mehr. Sonntag gegen Augsburg könnte der VfL drei davon einfahren, nur wie, das vermag im Moment niemand zu sagen. In der vergangenen Saison zeigte die Mannschaft mit nominell schlechterem Kader nahezu dauerhaft ansprechende Leistungen. Das ist in diesem Herbst anders. 'So schlimm kann's ja nicht sein', sagen die einen, 'stehen ja immerhin schon elf Punkte auf dem Konto, nur einer weniger als im Vorjahr.' Das stimmt. Doch nie war der Ritt auf der Rasierklinge, von dem Wollitz in der letzten Saison nicht müde wurde zu sprechen, gefährlicher als heute. Die Mission 33 scheint vorerst in weiter Ferne, und das ist kein gutes Gefühl.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

seitenwechsel #67

Wie jede Woche haben wir uns auch diese Woche mit den lieben Kollegen von Seitenwahl einen unserer Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe geschrieben. Martin hat musikalisch und deprimiert losgelegt – auf Seitenwahl. Joachim hält mit kühler Analyse und Wandergitarre dagegen.

Lieber Martin,

ich bin immer wieder von Deiner Menschenkenntnis beeindruckt. So kennst Du einen Herrn Sills und einen Herrn Grebe, die mir beide nicht bekannt sind, obwohl ich ein genauso alter Sack bin wie Du und geistig nie die siebziger und achtziger Jahre verlassen habe – schon gar nicht, was Borussia betrifft, deshalb halte ich uns auch für einen natürlichen (wäre ich nicht Atheist, würde ich sagen: gottgegebenen) Teil der Bundesliga. Ich weiß natürlich irgendwo innerlich, daß das nicht stimmt, doch den Teil des Gehirns, der mir solchen Defätismus einflüstert, kujoniere ich regelmäßig. Im übrigen halte ich es eher mit Reinhard Mey, den ich hier allenfalls leicht abwandeln möchte:

Über den Abstiegsplätzen
Muß die Freiheit wohl grenzenlos sein
Alle Ängste, alle Sorgen
Sagt man
Blieben darunter verborgen
Und dann
Würde was uns groß und schrecklich erscheint
Plötzlich nichtig und klein.

(Schade, daß ich das nie überprüfen kann, aber ich hoffe, es stimmt…)

Ich war auch jahrelang der Ansicht, daß die Ligazugehörigkeit egal ist, bis wir letzte Saison dann tatsächlich in der Zweiten Liga waren. Natürlich ist es schön, auch mal ein Auswärtsspiel zu gewinnen, und von oben gesehen sieht die Tabelle irgendwie einschmeichelnd friedlich aus. Trotzdem kann ich mich über einen Erstligasieg mehr freuen als über fünf Zweitligasiege (der Wechselkurs eins zu fünf dürfte wohl in etwa den Tatsachen entsprechen). Zudem meine ich, daß die Zweite Liga ohnehin längst in der Bundesliga angekommen ist. Hättest Du vor der Saison die acht schlechtesten und zehn besten Mannschaften benennen müssen, hättest Du wohl präzise und ohne jeden Fehler die Teams genannt, die derzeit tatsächlich auf Rang elf bis achtzehn bzw. eins bis zehn liegen. Ja, unter den Top Ten einschließlich Hoffenheim (freilich ohne sie gleich auf Platz eins zu hieven), denn die Story vom Dorfverein, der auf den Nachwuchs setzt, ist natürlich zu weiten Teilen ein Märchen, schaut man sich ihre Ausgaben und Strukturen genauer an. Ich sage „zu weiten Teilen“, weil die Tatsache, daß Marvin Compper inzwischen gar Kapitän ist, wirklich ein Märchen ist, aber eines, über das ich mich immens freue. Ich erinnere mich, wie ich vor gar nicht allzu langer Zeit bei der U20-WM ein Doppelinterview mit Marcell Jansen und ihm gemacht habe, da stand er in der öffentlichen Wahrnehmung und auch bei Borussia ganz klar im Schatten von Marcell, wenngleich er im Gespräch einen ebenso ambitionierten, selbstbewußten und professionellen Eindruck hinterließ wie sein damaliger Vereinskamerad. Nun hat Marcell Jansen einen, sagen wir es vorsichtig, leichten Karriereknick und muß sich erneut beweisen (viel Glück dabei!), während Marvin die Mannschaft des Bundesliga-Ersten anführt. Sachen gibt’s…

Doch zurück zu Borussia. Ich will hier jetzt gar keine Platitüden verbreiten von wegen „Hätte Borussia einen Spieler wie Compper gehalten!“ oder so ähnlich. Hinterher bist Du immer schlauer, wenngleich der Spieler dem Verein deutlich zu verstehen gegeben hatte, daß er sich durchaus selbst als Innenverteidiger sieht. Borussia Cheftrainer sahen das anders, das ist ihr gutes Recht. Ich bin nicht regelmäßig beim Training, ich spreche auch nicht täglich mit den Spielern, also muß ich als Beobachter Personalentscheidungen zunächst einmal hinnehmen, denn die Grundannahme ist, daß das wohl alles einen Sinn hat. Nur müssen dann eben auch die Folgen eintreffen, sprich die Ergebnisse stimmen. Bei Borussia stimmt die Personalplanung beispielsweise in der Abwehr – und hier nenne ich mal ausdrücklich das Scouting, das mir für einen Bundesligisten doch reichlich ergebnisschwach vorkommt – absolut nicht. Ich muß hier gar nicht auf die von Dir angeführten Elfmeterrekorde oder die Gegentreffer anspielen, sondern ein kurzer Blick auf die gesamte Struktur genügt vollkommen. Der beste Abwehrspieler ist ein Linksverteidiger, der aus purer Not plötzlich in die Zentrale rückte, ansonsten herrscht eine Durchschnittsqualität vor, die eben zweitklassig ist. Und dann steht man eben da, wo man jetzt steht. Man muß gar nicht weiter in die Gründe abtauchen, wenn Du Dir nur die Farce um die Besetzung des Rechtsverteidigerpostens anschaust, ein Problem, das seit etlichen Monaten manifest ist, dann weißt Du, wo es bei diesem Verein hakt.

Lieber Martin, während ich all dies aufzeichne, habe ich gerade unbemerkt von mir selbst eine ganze Tüte Gummibärchen gefuttert (nicht die hartleibigen kleinen, für die ein abgetakelter TV-Moderator wirbt, sondern die saftig dicken und dabei gesunden aus der Apotheke). Bevor ich platze (der Schrank ist voll mit weiteren Tüten), komme ich besser zum Schluß und sage Dir: Schmeiß die Relegationsspiele auf den Müll und vertrau darauf, daß wir genug Heimspiele gegen die anderen Gurken der Liga gewinnen, um auf Platz fünfzehn zu landen. Ich hasse Relegationsspeile, denn sie sind unsportlich, entsprechen aber leider dem Geist der Zeit: Aus den Pokalwettbewerben werden zunehmend Ligaspiele gemacht, dafür bekommt die Liga am Ende der Saison plötzlich Pokalspiele. Nein, dann lieber klare Entscheidungen nach dem 34. Spieltag und für uns erst mal drei Punkte gegen Frankfurt, was für Platz fünfzehn schon mal reichen sollte.

Für guten Fußball Dich auf das Team von Horst Wohlers verweisend verbleibe ich für heute in aufrichtiger Oldie-Solidarität

Dein Joachim

Mittwoch, 29. Oktober 2008

hans kann's, muss aber nicht

Knapp zwei Drittel aller Fußballexperten halten Hans Meyer für den falschen Trainer in Gladbach. Oder so ähnlich. Auf unsere Frage der Woche "Hätte Gladbach auch ohne Hans Meyer den Klassenerhalt geschafft?" antworteten in den vergangenen sieben Tagen jedenfalls nur 36,5% mit "Nein, nur mit Hans". 33,8% waren mit "Vielleicht, Platz 16 könnte ja schon reichen" deutlich vorsichtiger, und der nicht kleine Rest hätte "sogar Haan oder Ziege" zugetraut, das Saisonziel zu erreichen.
Das Urteil der klügsten Fußballköpfe des Landes ist eindeutig: Die Borussia schießt das ein oder andere Milliönchen nutzlos in den Orkus, denn günstig ist Hans sicher nicht. Hickersberger oder Wolf hätten's bestimmt für die Hälfte gemacht.

Doch was soll's. Hans' Erfolge sind nicht von der Hand zu weisen. Mit der gestrigen Niederlage in Wolfsburg klettert die Borussia aus dem Tabellenkeller der VftabelLe (rechts auf dieser Seite) und verlässt sogar die Abstiegsränge. (Ok, Bochum, ja, die spielen heute noch. Die Näherinnen unseres Textilwerks bekommen deshalb früher Feierabend. Wir haben ihnen Freikarten für den Hoffenheim-Fanblock geschenkt.) Statt Gladbach rückt Titelverteidiger Herzberg in kritische Bedrängnis. Ist das nächste Spiel gegen den FC Weser schon das letzte für Coach Manfred Mohr?

Gewinnt Osnabrück am Abend in Kaiserslautern, kann der VfL übrigens einen Platz klettern und Gummersbach, unsere Freunde aus dem Handball-Genre, wegen der weniger kassierten Tore hinter sich lassen. Das wäre vielleicht ein Grund für VfL-Coach Pele Wollitz, nach dem Spiel doch zur Pressekonferenz zu gehen. Ach, die beste Liga der Welt ist spannender denn je.

Dienstag, 28. Oktober 2008

hans wille geschehe

"Das darf ruhig ein Krampfspiel werden", sagte Hans Meyer vor dem Karlsruhespiel am Samstag seiner Mannschaft, wie der kicker zu berichten weiß. Und es ist schon beeindruckend, wie brav ihm die Fohlenelf gefolgt ist. Das Ergebnis 3 Punkte und 3 Stunden Bauchschmerzen.

Was Hans wohl heute in der Kabine den Spielern auf den Weg mitgeben wird? Wir hätten da ein paar Vorschläge:

1. "Das darf ruhig ein Spiel wie gegen Karlsruhe werden. Also ein Sieg."
2. "Ihr dürft ruhig vergessen, dass es gegen einen VfL geht."
3. "Es darf auch mal eine Taktik zu erkennen sein."
4. "Ihr könnt mit dem Siegtreffer ruhig bis zu 91. Minute warten."
5. "Ihr dürft ruhig Santana 'Smooth' ins Ohr summen."

Montag, 27. Oktober 2008

höhentraining

Diese Woche geht es Schlag auf Schlag. Kaum wurde das erste Spiel unter dem neuen alten Hans gleich gewonnen, gönnt uns der Spielplan natürlich keine Rast und keine Zeit zum Feiern. Stattdessen weiter, weiter, weiter.

Das hält nur durch, wer vor der Saison Kondition getankt hat. Am besten im Höhentraining. Wir sammeln ab sofort Vorschläge für neue Trainingslager der Borussia, jetzt, wo Kärnten in tiefe Depression verfallen ist und wegen dieser bad vibrations als Ort des Teambuilding ausgeschlossen ist.

Unser Vorschlag heute: Bangkok. Erstklassige Bedingungen in einem spannenden Umfeld.



Weitere Vorschläge mit Foto bitte an kraft-tanken@vflog.de

Sonntag, 26. Oktober 2008

die serie hält

Das wäre ja noch schöner. Zwei Punktspiele in Folge gewinnen, und dann auch noch sonntags. Schippern in etwas ruhigerem Fahrwasser, ohne beim nächsten Mal auf einen Abstiegsplatz rutschen zu können. Ne, wo kämen wir denn da hin?

Samstag, 25. Oktober 2008

der vflog schlagzeilen-service #5: karlsruhe geht baden

Zu besonderen Anlässen, in unregelmäßigen Abständen, aber immer dann, wenn es Not tut, bieten wir interessierten Journalisten unsere Dienste als Headline-Brigade an - kostenlos und ohne Copyright. Alles Dellingeske möge einen Moment lang einer guten Schlagzeilen weichen: kurz, prägnant und selbstverständlich mit dem richtigen Riecher für schlechte Kalauer. Der erste Heimsieg unter Hans Meyer Vol. 2 ist da allemal Grund genug.

Bei der Gelegenheit: Wie geht es eigentlich Bekim Kastrati?

Freitag, 24. Oktober 2008

und fussball?!

Neues aus der Wissenschaft: Warsteiner hat eine Umfrage unter Milliarden Männern gemacht, was die (also wir!) mit Genuss verbinden. Und was kommt dabei raus? Bier! 51% geben Essen und eben Saufen (kaschiert als "Trinken") an. So weit, so gut, so erwartbar.

Doch die anderen Ergebnisse sind einfach nicht zu fassen. Bei einem kurzen Brainstorming wären folgenden weiteren Antworten zu erwarten: Fußball spielen. Fußball schauen. Über Fußball reden. Von Fußball lesen. Von Fußball träumen. Sex.

Und? Nichts von alledem spielt eine Rolle. Jämmerliche 10% geben "Liebe, Lust und Sinnlichkeit" an, was als Sammelkategorie für unsere genannten Favoriten zählen dürfte. Diese klägliche Zahl erklärt zeitgleich das Nachwuchsproblem der Rentenkasse und der Fußballvereine.

15% erhalten dagegen Non-Antworten wie "sorgenfreie Lebensfreude". Welcher Vollidiot hat denn diesen Schwachsinn erfunden? Sorgenfreie Lebensfreude mag für Momente aus Genuss resultieren (zum Beispiel beim Fußball spielen, schauen, darüber reden usw.), aber ist doch kein Genuss an sich! Weitere 15% geben "Freizeit und Urlaub" an, wobei davon auszugehen sind, dass dies all jene sind, die beruflich "Essen & Trinken" sowie "Liebe, Lust und Sinnlichkeit" nachgehen, da für sie diese Tätigkeiten offenbar nicht in die Freizeit fallen. Ein glückliches Land, in dem 15% der Porno- und Weinverkosterindustrien angehören dürfen.

Die einzig andere akzeptable Antwort außer "Liebe" (= Fußball) ist "keine Angabe", immerhin 9%. Denn soviel ist ja mit den VfLs auch nicht zu genießen derzeit.

Fazit: 19% unserer Männer ist zu trauen. Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinent, erweist sich aber bei einem Bummel durch jede beliebige Fußgängerzone als eher hochgegriffen.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

seitenwechsel #66

Manchmal kommen sie wieder, manchmal hören sie aber auch einfach nicht auf: Schon 66 Mal haben wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe geschrieben. Hans Meyers Rückkehr nährt in dieser Woche Hoffnungen auf große Feiern in der fernen Zukunft bei Joachim. Martin dagegen singt heulend Bergmannslieder – in seiner Antwort, wie immer bei Seitenwahl.

Lieber Martin,

nun hat Borussia also den alten Kater aus dem Sack gelassen, und die Zeit der Spekulation ist vorbei. Überraschend war die Entscheidung nach all den Gerüchten nicht mehr, und in Ansätzen haben wir sie ja bereits diskutiert. Meine Meinung kennst Du: Ich halte nicht allzu viel davon, alte Bekannte aus der Versenkung hervorzuholen. So gehe ich beispielsweise auch nicht zu diesen schrecklichen Ehemaligentreffen meiner früheren Schule. Freunde sind temporär, und eigentlich immer, wenn ich nach langen Jahren alte Freunde wiedergetroffen habe, dachte ich: Diesen Dampfschwaller fandest Du mal intelligent? Diese abgetakelte Fregatte hieltest Du mal für hübsch? Nein, ich ziehe es vor, gute Erinnerungen da zu lassen, wo sie hingehören: im Kopf. Wenn es mir danach ist, hole ich sie aus ihm hervor und freue mich, aber ihnen zu viel Leben einzuhauchen, zerstört sie. Ich hätte es daher vorgezogen, Hans Meyer weiter den kleinen Rosengarten in meinem Herzen pflegen zu lassen, als ihn nun an Erwartungen zu messen, die er eigentlich gar nicht erfüllen kann.

Das alles ist natürlich subjektiv, aber es gibt auch andere Gründe, warum ich derzeit nicht jubele. Die erfolgreiche Ehe zwischen Hans Meyer und Borussia zwischen sagen wir Ende 1999 und Mitte 2002 baute auf ein Fundament, das ein anderes ist als heute. Meyer wollte sich 1999 in Deutschland beweisen, nachdem er dort keinen adäquaten Job bekommen hatte und erst in den Niederlanden neue Meriten verdienen mußte. Borussia war ein Wrack im Modder der Zweiten Liga, doch sportlich unterbewertet. Hinzu kommt, daß Borussia noch das schnuckelig unprofessionelle Bökelberg-Aschenputtel war, wo Meyer getrost den starken Mann geben konnte. Heute ist das anders. Meyer hat nichts mehr zu beweisen, auch hat er sich persönlich verändert, sowohl sportlich als auch privat (Gruß von dieser Stelle an Ex-Frau Meyer). Borussia glänzt mit neuer Fassade, doch daß der Verein derzeit sportlich nicht da steht, wo er hingehört, darf man bezweifeln. Das Risiko ist jedenfalls für alle Seiten höher. Dennoch denke ich, daß Hans Meyer gute Chancen hat, unsere Borussia diese Saison in der Liga zu halten (jeder halbwegs erfahrene Trainer hätte solche Chancen). Für die nächste Spielzeit freilich befürchte ich, daß wir im Herbst wieder da stehen, wo wir heute sind. Im Hinblick auf ein Vertragsende 2010 wird Meyer zunehmend wie ein Moorhuhn auf der Stange wirken, für alle Freizeitschützen zur Jagd freigegeben. Ob er sich das wird antun wollen?

Eines freilich tröstet mich, mein Freund: Die Jobchancen für Fachkräfte aus dem Osten der Republik scheinen gut, selbst wenn sie im Spätherbst ihres Schaffens stehen. Und es ist gut, daß man als Rollenvorbilder hierfür nicht mehr vorrangig Schauspieler heranziehen muß, die für den legitimen Nachfolger der SED den Zählkandidat geben und den ganzen lieben Tag lang die Republik mit irgendwelchem Schwachsinn zulabern. Da fällt mir ein, was macht eigentlich Ede Geyer? Spekuliert der auf den Trainerposten in Aserbaidschan, der bald frei wird? Und haben sie in Jena neben dem Stadion immer noch diese Vereinshütte, wo über dem Tisch der Gedenkschal an den Länderwettstreit DDR gegen Niederlande hängt? Hoffentlich wird Meyer das nächste Trainingslager wieder in Thüringen oder Sachsen abhalten, dann kann man diese und ähnliche Fragen einmal ordentlich untersuchen.

Lieber Martin, Du schweigst beredt!? Es sollte Dir doch inzwischen etwas besser gehen. Die Finanzkrise ist vorläufig mit neuen Derivaten abgesichert, Münte ist zurück, sogar die Sonne scheint ein wenig. Der KSC erschöpft sich in Frankfurt und ist am Samstag zu müde, um unserer Borussia allzu viel Kampf entgegenzusetzen. Die Nationalelf ist unterhaltsamer als der 1. FC Köln, wann hat es das schon einmal gegeben? Sind das nicht alles Gründe, aufzustehen, das Fenster aufzureißen und zu juchzen: „Ja, ich lebe!“? Borussia hat Dir den Hans gegeben, nun gib Du Borussia etwas zurück. Und wenn es nur der Beutel Kamillentee ist, denn Du das letzte Mal im Presseraum versoffen hast. Wie McCain immer sagt: Überleg nicht, was Borussia für Dich tun kann, sondern was Du für Borussia tun kannst!

Den Rotkäppchensekt für die nächste Aufstiegsfeier kaltstellend grüßt Dich selig umnebelt

Dein Joachim

Mittwoch, 22. Oktober 2008

e1² + e2² = e3²

Sonntagnachmittag kommen unsere Freunde von 1860 an die Bremer Brücke. Und die Tabellennachbarn aus München, die wecken Erinnerungen (E1). Passend dazu muss der VfL eine Woche später in Kaiserslautern ran, jaja, auch das weckt Erinnerungen (E2). Hätte Pythagoras recht (vgl. E1² + E2² = E3²), dann käme es auf dem Betzenberg zum Eklat (E3). Nun darf man gespannt sein, wie Pele Wollitz sich schließlich entscheidet: Geht er hin zur Pressekonferenz oder lässt er es?

Dienstag, 21. Oktober 2008

frage der woche

Die Frage der Woche unseres Hauptkonkurrenten am Markt, kicker.de, lautet: "Schafft Meyer mit Gladbach den Klassenerhalt?" Derzeit steht es 69,18 zu 30,82 dafür.
Wir müssen uns wundern über so wenig journalistischen Spürsinn. Die weitaus interessantere Frage ist: "Hätte Gladbach auch ohne Meyer den Klassenerhalt geschafft?"

Montag, 20. Oktober 2008

"die zeit ist reif!"

Im Rahmen einer außerordentlichen Mannschaftssitzung im Beisein von Vorstand, Aufsichtsrat und dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Beck hat Hans Meyer gestern Abend seine Antrittsrede gehalten. Der VfLog dokumentiert die Rede im Wortlaut.

"Liebe Borussinnen und Borussen! Ich habe schon viele Trainerstationen mitgemacht. Überall ist immer viel Routine. Aber manchmal gibt es auch Augenblicke bei Vereinen, die einen besonders erreichen. Heute haben wir einen solchen Augenblick erlebt. Das war die Verpflichtung eines Mannes, eines alten Bekannten, der mit hoher Kompetenz und mit der Bereitschaft, Verantwortung für das Ganze zu übernehmen, deutlich gemacht hat, wie es in Gladbach weitergehen soll. Vielen Dank dafür, Hans! Also mir!

Vielen Dank auch für diese Rede und für meine Bereitschaft anzutreten. Ich bin begeistert, das ist bei mir nicht immer so ganz leicht , und ich bin auch ein wenig bewegt. Denn heute Morgen ist mir mehr als in vergangenen Zeiten klar geworden: Die Zeit ist reif. Und Gladbach ist noch nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Die Fragen auf die großen Herausforderungen dieser Zeit kann niemand besser beantworten als ich. Die Zeit ist reif, um in Bewegung zu sein: auf dem Trainingsplatz, mit den Jungs, mit den Funktionären, mit den Medienvertretern. Wir alle müssen zusammen sagen: Jawohl, wir werden diesen Klub fußballerisch gestalten. Die Zeit ist reif dafür, liebe Borussinnen und Borussen.

Das Soziale in Gladbach beruht auf der großen Idee, dass der Schwache, der Kranke, der Arme nicht mehr angewiesen ist auf die Barmherzigkeit der Barmherzigen, sondern bei uns im Team mitspielen kann. Jeder Eumel bringt es hier doch auf ein paar Einsätze pro Saison. Fohlen müssem sich darauf verpflichten: Alle Menschen in diesem Klub haben Rechte, alle Menschen in diesem Klub haben Pflichten, und derjenige, der Hilfe braucht, bekommt die organisierte Solidarität des Vereins. Das ist die große Gladbacher Leistung, Klassenerhalt hin oder her. Das haben wir geschafft, darauf sind wir zusammen stolz. Das gilt jetzt wieder in ganz besonderer Weise, liebe Borussinnen und Borussen! Ich bitte euch um euer Vertrauen. Meines habt ihr."

Sonntag, 19. Oktober 2008

platz 8!

Viel mehr als "gewonnen" will man über dieses Spiel gar nicht sagen. Und wichtigeres gibt es darüber auch nicht zu sagen. Es war nun wirklich kein schöner Kick, den Osnabrück und Oberhausen auf den Rasen brachten. Über leise Pfiffe zur Halbzeit ärgerte sich der Trainer und ist selbst schuld daran, hat er mit seiner Arbeit der letzten Jahre doch erst jene Erwartungshaltung geschürt, dass der VfL ansehnlichen, manchmal furiosen Offensivfußball spielt. Mag er die wenigen Pfiffe also als Kompliment verstehen.

Wahr ist auch, dass Osnabrück seit dem 2:2 gegen Freiburg kein spielerisch überzeugendes Heimspiel mehr geboten, die drei folgenden dafür aber gewonnen hat. Mangels überzeugendem Fußball fällt es allerdings schwer, einfach anzunehmen, dass das immer so weiter geht. Oder tut es das? Setzt womöglich einen knappen, schäbigen zweiten Sieg in Folge am kommenden Sonntag gegen 1860 auf's Spiel, wer jetzt nach besserem Fußball schreit?

Samstag, 18. Oktober 2008

breaking news: der ehemalige vorsitzende ist zurück

Heute ist der Tag der Rückkehrer. Franz Müntefering und Hans Meyer finden auf ihre alten, lieb gewonnenen Positionen zurück, die sie im Prinzip nie ganz verlassen hatten. Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach sei "Das schönste Amt neben Papst", ließ Meyer denn auch verlauten, während er noch rasch ein paar Nürnberger Lebkuchen mit einem Schuss Berliner Weiße herunterspülte. In gewöhnlich gut informierten Kreisen munkelt man von harten Verhandlungen bis zuletzt: Meyer habe ein Angebot der Linkspartei gehabt, als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten anzutreten. Dies habe er jedoch angesichts der Perspektive, in Gladbach noch einmal "fett Asche zu machen, nicht so Peanuts wie in Franken" abgelehnt, und der Partei "den anderen Ossi-Grantler", Peter Sodann, als Alternative nahegelegt.

Ende gut, alles gut, also. Nur einige Fans des VfLog-Trainerroulettes zeigten sich enttäuscht über das Ende der unterhaltsamen Chefcoachsuche am Niederrhein. Auch für diese gibt es jedoch Trost: Laut unseren Recherchen hat Christian Ziege eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag, wenn es nicht zu mindestens einer Trainerentlassung pro Saison kommt. "Ich will doch auch ab und an mal mit der Pfeife an der Linie stehen und 'weiter, weiter, weiter, Ihr Laffen!' rufen dürfen", begründete Ziege dieses extravagante Vertragsdetail. In spätestens 12 Monaten also wird das Roulette fortgesetzt.

Freitag, 17. Oktober 2008

das auswärtsstädte-quartett

Solange nichts passiert ist in der Bundesliga, haben wir uns die Zeit mit Kartenspielen vertrieben. Für Skat braucht man drei. Doppelkopf spielen nur Bayern. Wir spielen entsprechend unserem kindlichen Naturell Quartett. Und möchten unsere Leser ab sofort daran teilhaben lassen.

Dank Wikipedia eröffnen wir die neue große Serie: Das Auswärtsspielequartett der Bundesligastädte. Heute tritt Mönchengladbach gegen Bochum an. Schulden stechen.

Mönchengladbach
Bundesland
NRW
Fläche
170,43 km²
Einwohner
264.335
Bevölkerungsdichte
1.552 Einwohner je km²
Höhe
70 m ü. NN
Geografische Lage
51° 12' N, 6° 26' O
KFZ-Kennzeichen
MG
Stadtgliederung
10 Stadtbezirke
44 Stadtteile
Bürgermeister
Norbert Bude (SPD)
Schulden
1,2 Mrd. €
Arbeitslosenquote
11,6 %

Bochum
Bundesland
NRW
Fläche
145,4 km²
Einwohner
381.542
Bevölkerungsdichte
2.624 Einwohner/km²
Höhe
43–196 m
Geografische Lage
51° 29′ N, 7° 13′ O
KFZ-Kennzeichen
BO
Stadtgliederung
6 Stadtbezirke
Bürgermeister
Ottilie Scholz (SPD)
Schulden
874,2 Mio. €
Arbeitslosenquote
9,3 %

Donnerstag, 16. Oktober 2008

seitenwechsel #65

Und wenn die Welt auch morgen untergeht, so würden wir uns doch heute noch ein Briefchen schreiben: Schon 65 Mal haben wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe geschrieben. Doch heute mag keine rechte Jubiläumsstimmung aufkommen. Vielmehr schreibt man sich von Krankenbett zu Krankenbett. Martins weinerliches Pamphlet findet sich wie immer bei Seitenwahl. Joachim nimmt alle Sinne und viel Kaffee zusammen, um mit einem therapeutischen Traktat erste Hilfe zu leisten.

Lieber Martin,

ich bedaure zunächst zutiefst, von Deinem erbarmungswürdigen Gesundheitszustand Kenntnis nehmen zu müssen. Immerhin geht es Dir etwas besser, so wirst Du langsam wieder fit für die nächste Krise, die sicher kommen wird. Was mich betrifft, munkelt man zurecht, denn ich füge mich derzeit in ein ähnliches Schicksal. Wie jedes Jahr im Herbst schlägt die Hals-, Nasen-, Ohrenkrise zu, und mein Arzt kommt mit denselben Diagnosen und Therapien, die stets wirken, doch meinem Gefühl nach stets weniger Sinn machen. Das einzig tröstliche ist, daß es mir dabei geht wie meiner lieben Borussia, denn ihr ergeht es genauso: Herbst – Krise – Standardmedikation – kurzzeitige Besserung – nächste Krise. Mir scheint, hier wie da liegt die Lösung in einer grundsätzlichen Änderung des Lebenswandels, nicht mehr länger im vermeintlichen Wegtherapieren stets derselben Malaisen.

Doch ach, das ist leichter gesagt als getan. Zum einen ist es eine Frage des Willens. Beispiel: Ich predige zwar ständig den Genuß von Kamillentee und freue mich diebischst, auch Dich überzeugt zu haben, doch derzeit sitze ich vor meinem Computer mit einem Faß Kaffee, weil ich mich wenigstens kurzzeitig wach fühlen möchte, während ich Dir auf Deinen Brief antworte. Anderes Beispiel: Gerade aß ich eine vegetarische Bio-Pizza zu Mittag und kann nur sagen: Ab in die Tonne mit dem Zeug. Kurzum: Vernunft ist schwer zu erlernen. Zum zweiten ist das aber auch eine Frage des Ansatzpunktes: Was läuft eigentlich falsch? Wenn ich die verschiedenen Kandidaten in meinem Leben durchgehe, komme ich eigentlich immer wieder zu der Feststellung: alles super. Und trotzdem hängen da draußen diese kölnfratzigen Schweinebazillen herum, die nur auf eine kurze Schwäche lauern, um zuzuschlagen, weswegen ich jetzt wieder Antibiotika kaue. Ich hasse das, aber da alles andere nicht mehr half, ist es trotzdem wieder so weit.

Vielleicht sollte ich eine Management Consultancy beauftragen, mein Leben zu analysieren und mir auf Power Point meine fünf Top-Schwächen herauszuarbeiten. Ich weiß aber im vorhinein, daß das nicht funktionieren wird. Ich hatte mal an der Universität einen Professor für Entscheidungstheorie, der sich gerne in komplizierten Bewertungsmodellen erging und dabei erwähnte, daß er diese für alle Lebensbereiche zuträglich fände. Wir haben ihn dann gefragt, ob er auch im privaten Bereich wichtige Entscheidungen auf eine solche Grundlage stellen würde. Erst sagte er „ja“, dann fiel ihm ein, daß er zuletzt bei einer Karriereentscheidung mehrere Alternativen zur Wahl hatte, sein Lieblingsmodell anwandte und eine bestimmte Alternative klar auf Platz eins landete. Die hat er dann verworfen und etwas anderes gemacht. Als er sich selber so hörte, guckte er erst etwas quer, um dann zu sagen, das mache ja nichts, es sei ja noch immer seine eigene Entscheidung gewesen. Siehst Du, lieber Martin, so ist das auch mit Königs und den Beratern: Jeder sagt, er braucht welche, doch bekäme er noch welche dazu, würde er trotzdem nicht auf sie hören. Richtig so: Der Feldherr führt von der Spitze und trägt dafür allein die Verantwortung (nur muß er dann auch mit den Konsequenzen leben).

Wie komme ich jetzt auf das Ruhrgebiet, nach dem Du mich in Deinem Brief gefragt hast? Schwierig. Gibt es im Ruhrgebiet Universitäten? Ich glaube nicht. In Bochum bestimmt nicht, davon hätte ich gehört (ich fordere an dieser Stelle offenkundig auf, Leserbriefe zu schreiben und mir zu widersprechen; fünf Seitenwechsel am Stück ohne Leserbriefe, das geht nicht). Bochum ist mir übrigens, ich gebe es gerne zu, zutiefst zuwider, obwohl (oder vielleicht weil) ich dort noch nie war. Das liegt an Peter Neururer, der es mal geschafft hat, das Tier in mir herauszulocken. Ich erinnere mich an eines dieser Schweinespiele in Gladbach, das mal wieder 2:2 ausging, da sah ich mich (als ich wieder klar denken konnte) mit stierem Blick und hochrotem Kopf, zwei Fäuste erhoben und wirre Drohungen äußernd, auf einem Zaun hängen, nur weil Neururer daran vorbeiging. Und wie denke ich heute, mit jahrelangem Abstand, als kultivierter Mansch darüber? Ich denke: Richtig so! Und deswegen sage ich, lieber Martin, mit Blick auf morgen: Scheißegal, wer auf der Bank sitzt oder auf dem Rasen steht, denen geben wir (sportlich, nicht wörtlich) aufs Maul. In bester Klinsmann-Motivationsmanier (aber ohne Buddhas) wie bei der letzten WM vor dem Polen-Spiel: Das sind Ruhrpottpolen, von so etwas lassen wir uns doch nicht besiegen! Und das ist auch der Grund, warum ich auch diese Woche noch nicht poltere: Wenn Borussia morgen in Bochum gewinnt, ist meine kleine Welt wieder in Ordnung. So einfach ist das.

Es grüßt mit zuversichtlicher Sorge im Herzen und Bazillen im Hirn
Dein Joachim

Mittwoch, 15. Oktober 2008

heimsieg und trainerroulette #13

Heute Abend könnte der Borussiapark wieder einmal einen Heimsieg erleben. Den ersten in dieser Saison. Leider handelt es sich nicht um Fußball im engeren Sinn.

Derweil kramt Christian Ziege weiter in seinen Zetteln.

Heute #13:
"Rutemöller fand ich auch immer ganz geil. Das wär ein Coup, den alten Schnauzbart aus Köln loszueisen. Oder war der nicht mal beim DFB? Das muss noch geklärt werden. Mach et, A(re)tze!"

Dienstag, 14. Oktober 2008

kein preis und trainerroulette #12

Was viele nicht ahnen: Borussia Mönchengladbach wird ab dieser Woche eine Megaperformance in der Bundesliga hinlegen. Nach 34 Spieltagen werden wir an der Tabellenspitze stehen. Egidius Braun und Rauball und Seifert und wie sie alle heißen halten die Schale bereit. Und dann tritt Christian Ziege ans Stadionmikrofon und spricht:

"Meine Damen und Herren, ich habe in meinem Leben, in den 40 Jahren in denen ich in Deutschland bin (...) viiieeele Wettbewerbe gewonnen, sehr viele, darunter auch die größten wie die Europameisterschaft, den UEFA-Pokal, die deutsche und die italienische Meisterschaft – und einige andere. Und ich habe mich immer bedankt für diese Pokale, wie es sich gehört. Und bitte verzeihen Sie mir, wenn ich offen rede. Es hat mir keine Schwierigkeiten bereitet, für die Preise zu danken.

Heute bin ich in einer ganz schlimmen Situation. Ich muss auf die Meisterschaft, die ich gewonnen habe, irgendwie reagieren. Christian Seifert sagte mir: „Bitte, bitte, bitte nicht zu hart!" Ja, in der Tat. Ich möchte niemanden kränken. Niemanden beleidigen oder verletzen. Nein, das möchte ich nicht. Aber ich möchte auch ganz offen sagen: Ich nehme diesen Preis nicht an.

Ich hätte das – werden Sie irgendwie denken und sagen – früher erklären sollen. Natürlich! Aber ich habe nicht gewusst, was in der Bundesliga auf mich wartet. Was ich hier erleben werde. Ich will nicht weiter darüber reden. Es sind ja auch Kollegen von mir hier auf dem Platz gewesen gewesen. Beckenbauer, Rummenigge (hustet)..."

Und während wir so träumen, hätten wir fast vergessen, was Christian Ziege wirklich gerade macht. Er sucht den Meistertrainer.

Heute #12:
"Dauernd ruft das ZDF an und hat irgendwelche Fragen wegen der Übertragung morgen. Anfänger. Aber der Urs Maier (oder wie sich das Ei schreibt) ist mal ein echter Experte. Das wär auch einer für die Seitenlinie! Ob der einen Trainerschein hat? Gleich mal Aretz fragen."

Montag, 13. Oktober 2008

vergessene fotos #2 und trainerroulette #11


Innenstadt Hamburg, im Sommer: Deutschland ist bei der so genannten EM gerade Zweiter geworden. Die deutschen Nationalspieler Mertesacker, Metzelder und Ballack verneigen sich vor den deutschen Fans, und ein deutscher Sportausrüster nutzt diesen Moment für seine Werbefläche. Über den Spielern prangt ein dickes "Danke". Genau an dieser Stelle stutzen wir und fragen: Wofür??

Wir blättern heute um. Doch auch auf Seite 2 von Zieges Geheimskribbel stehen lauter ambitionierte Trainer-Kandidaten.

Heute #11:
"Ede Geyer, dieses alte Schlitzohr. Der alte Ossi ist unterhaltsam und weiß, wie er den Jungs Beine macht. Der war doch schon mal bei uns und hatte Erfolg. Und in Cottbus war er auch geil. Und dann Berlin. Mit Nürnberg Pokalsieger. So jemanden brauchen wir. Züchtet der wieder Rosen? Soll Aretz mal googlen, diesen Meyer oder Geyer oder wie der heißt.

Vergessene Fotos, diese süße neue Rubrik brauchen wir deshalb, weil wir ab und an frei von Bewusstsein auf den Auslöser drücken und erst Monate später realisieren, wie geil wir waren. Wir sind eben echte Fotografen.

Sonntag, 12. Oktober 2008

rheinkultur und trainerroulette #10

Gibt's eigentlich noch einen nennenswerten Unterschied zwischen Köln und Gladbach? Also wirklich nennenswert. Etwa in punkto Erwartungshaltung oder Übernahme der operativen Geschäfte durch Boulevardmedien? In punkto Nachhaltigkeit, Konzept oder dümmliche Fans?
Ja, vielleicht gibt es ihn. Köln macht, genau besehen, unter Umständen eine bescheidenere und souveränere Figur mit klarerem Kopf und besserem Support.

Ach, Christian Zieges Geheimskribbel, was die Trainersuche angeht, birgt einen nächsten Knaller.

Heute #10:
"Hikasberga. Oder Hickersberger. (Wie schreibt der sich? Memo an Aretz!) Dieser Österreicher eben. War doch witzig während der EM. Und: Wurde Anfang der 90er bereits nach fünf Spielen in Düsseldorf gefeuert. Weiß also, worauf er sich einlässt. Notnagel, aber vielleicht besser als nix."

Samstag, 11. Oktober 2008

liebeleien in osnabrück und trainerroulette #9

Was für ein süßes Stelldichein das war und was für ein buntes Wechselspiel. 2:1 hat Osnabrück gegen Gladbach gewonnen, Freitagabend an der Bremer Brücke. Wie das genau zustande gekommen ist, interessiert keinen Menschen. Jedenfalls haben sich die beiden VfLs auch in stürmischen Zeiten lieb. Bezeichnend allerdings ist, dass dafür die zweite Gladbacher Mannschaft herhalten muss. Die andere, das vermeintlich erste Fohlenteam, gönnt sich derzeit keinerlei Leidenschaft. Doch immerhin der Manager, Christian Ziege, gibt Volldampf - auf dem Trainingsplatz und bei der Trainersuche. Wir lüften den nächsten ambitionierten Kandidaten von seinem Geheimskribbel.

Heute #9:
"Ich! Vielleicht bin doch ich der Richtige! Manager hab ich doch auch ganz gut gemacht, und die Mannschaft findet mich richtig geil. Glaub' ich jedenfalls. Können wir das als genialen Schachzug verkaufen? Und wer wird Assi? Soll Aretz ausloten!"

Freitag, 10. Oktober 2008

erste früchte und trainerroulette #8

Der Trainerwechsel bei der Borussia hat sich schon bezahlt gemacht. Der VfL verliert nur 0:3 gegen den Zweitligadritten Kaiserslautern. Zeit also zum Durchatmen, noch mehr Zeit für Interimscoach Ziege, nach einem echten Trainer zu suchen.
Heute lüften wir den nächsten Kandidaten auf seinem Geheimskribbel.

Heute #8:
"Arie Haan. Von HH und Schalke lernen = siegen lernen. Erstklassige Holländer = gute Arbeit. Jol und Rutten: zu teuer. Haan gute Alternative! Über albanischen Verband kontaktieren. Soll Aretz machen!"

Donnerstag, 9. Oktober 2008

trainerroulette #7

Noch haben sie keinen gefunden, der zum Verein und zur Mannschaft passt. Das kann nur die verwundern, die sich an die goldenen Jahre der Borussia nicht mehr erinnern können, als Stil mehr war als ein falsch geschriebener ehemaliger Torhüter. Nur sie, die Modefans und jungen Dinger, werden sich nun ernsthaft fragen, wieso noch kein neuer Hamster das Rad betreten hat. Die offizielle Lesart des Debakels lautet: Man wolle in aller Ruhe einen nächsten Coach suchen und lasse sich nicht unter Druck setzen. Bis es soweit ist, meckert eben Ziege an den Profis rum und mimt eine Zeit lang den Trainer, so schwer kann das ja nicht sein.
Wie dem auch sei: Wir lassen uns davon nicht beirren und spielen mal wieder ein bisschen Trainerroulette. Uns liegt nämlich Zieges Geheimskribbel vor, und wir werden jeden Tag einen Namen samt Zieges Originalnotizen enthüllen, bis der neue Trainer feststeht.

Heute #7:
"Wilfried Wolf. Der passt zu mir. Wir beide zusammen im Schafspelz? Kicher. (Oder heißt der Wolfgang? Von Aretz klären lassen!)"

Mittwoch, 8. Oktober 2008

seitenwechsel #64

So lange schon so hohes Niveau - das ist bemerkenswert: Schon 63 Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe haben wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl geschrieben; heute folgt der nächste. Und wir gehorchen Josef Hader, der stets betont "es muss weidagehn!" Unser altes Swingerclub-Motto gilt dabei nach wie vor: Alles kann, nichts muss. Joachim zeigt sich trotz aller Turbulenzen in Gladbach gelassen – und lehrt Martin damit erst recht das fürchten, wie man bei den Kollegen von Seitenwahl lesen kann.

Lieber Martin,

wußtest Du, daß das fortgeschrittene Alter Vorzüge hat? Nein, ich rede hier nicht von Rückenschmerzen, Haarausfall und na Du weißt schon. Ich rede auch nicht von wirklichen Vorzügen wie dem guten Gefühl, niemandem mehr etwas beweisen zu müssen, keine Prüfungen mehr absolvieren und keinen Job mehr finden zu sollen. Ich rede vielmehr – Du ahnst es – von Borussia. Ich habe inzwischen so viele Trainerwechsel erlebt, daß sich das Gefühl einstellt, alles schon einmal erlebt zu haben (natürlich täuscht das: schlimmer geht immer). Gut, daß es Wikipedia gibt, denn ich verliere allmählich den Überblick. Fünfzehn Trainer in zwanzig Jahren, und alle wurden gefeuert oder mußten freiwillig gehen, da darf man auch als fachkundiger Betrachter schon einmal nachlesen, wer da wann und wem den Schleudersitz geräumt hat. Der letzte Trainer, der tatsächlich am Tag seines ursprünglich geplanten Vertragsendes (einem 30. Juni) seinen Ausstand gab, war Jupp Heynckes – 1987, wohlgemerkt, nicht 2001. Das war einen Monat, nachdem Mathias Rust sein Flugzeug auf dem Roten Platz in Moskau geparkt hatte, und einen Monat, bevor mit Erich Honecker erstmals ein Staatschef der DDR die Bundesrepublik besuchte. Sechs Tage vorher wurde übrigens Lionel Messi geboren. Was der und seine Altersgenossen wohl denken, wenn man sie heute nach Borussia Mönchengladbach fragt?

Und trotzdem, lassen wir die Kirche im Dorf. Selten hat es einen vorzeitigen Trainerabgang gegeben, mit dem ich ähnlich einverstanden war wie mit diesem. Die Begründung ist nachvollziehbar, der Zeitpunkt genau richtig, die Abwicklung skandalfrei. Jos Luhukay erscheint mir als jemand, der ein guter Zweitligatrainer ist, der aber aus Gründen, die vermutlich in ihm selbst zu suchen sind und mit einer latenten Unsicherheit, die bei ihm im längeren Gespräch stets erkennbar wurde, zu tun haben mögen, auf dem Trainerstuhl eines Erstligisten unsicher wirkt und unsicher agiert. Sein fehlendes Aufbäumen gegen den Abstieg vor anderthalb Jahren hängt ihm nach, und mancher seiner Vorgänger mußte für weniger seinen Stuhl räumen. Dennoch war es richtig, ihn zu behalten, denn er stieg prompt wieder auf und bewältigte dabei immerhin zwei Minikrisen (mehr aber auch nicht). Nachdem sich nun jedoch erneut abzeichnet, daß er im Fußballoberhaus laviert statt agiert – eine Entwicklung, die sich bereits in der Vorbereitung deutlich abgezeichnet hatte, als er sich beharrlich weigerte, eine Stammelf aufzubauen – mußte man die Reißleine ziehen. Mit mangelnder Kontinuität hat das diesmal nichts zu tun. Richtig verstandene Kontinuität war, ihm die Mannschaftsleitung nach dem Abstieg zuzugestehen, doch jetzt auf das Prinzip Hoffnung setzen wäre schlicht falsch verstandene Kontinuität.

Lieber Martin, es mag auch mit den von uns letzte Woche diskutierten Herbstdepressionen zu tun haben, daß der ein oder andere nun Gespenster herumspuken sieht. Effenberg, Matthäus oder Neururer, man muß schon BILD-Redakteur sein, um an solche Namen zu denken. Genauso verfehlt wie der Griff in die untere Schublade wäre freilich auch das Wiederaufwärmen alter Kamellen. Damit meine ich weniger die mehrere Dutzend Namen umfassende Liste von Ex-Borussen als Hans Meyer, der zuletzt den 1. FC Nürnberg gegen den Baum gefahren hat, da hilft auch kein Pokalsieg. Es gibt durchaus solide Kandidaten, die über mindestens ein Jahrzehnt national und/oder international mehrere Erstligisten mit einigem Erfolg geführt hatten, und in diesen Kategorien wird Christian Ziege hoffentlich denken. Mir ist da jedenfalls nicht bange, bis zum Beweis des Gegenteils. Um nochmals auf die Vorteile des Alters zurückzukommen: Einen größeren Schock als weiland die Verpflichtung von Hannes Bongartz wird man mir auf meine alten Tage hoffentlich nicht zumuten. Die Katsche, die eine spontan geschleuderte Bierflasche an der Wand hinterlassen hat, ziert heute noch ein ansonsten ansehnliches Wohnzimmer.

Trösten wir uns also damit, daß die Zeit des erfolgreichen Krisenmanagements angebrochen ist. Angela Merkel sichert meine Spargroschen, damit ich weiter in den Borussia-Park fahren kann, wo Rolf Königs mir die Erstklassigkeit Borussias erhält. Ein idyllisches Bild! Ja, ist denn schon Weihnachten? Nicht ganz, und was der eine mit altersmilde umschreibt, nennt der andere senil. Was soll’s, schimpfen kann ich immer noch nächste Woche, an gleicher Stelle, und das werde ich auch tun, wenn es sein muß. Vorher aber überlasse ich die Hysterie den Hysterikern und empfehle nach wie vor Kamillentee, in allen Lebenslagen.

Friede, Freude, Eierkuchen wünscht Dir

Dein Joachim

Dienstag, 7. Oktober 2008

business as usual

Gemessen an dem, was die Borussia binnen weniger Tage in Schutt und Asche legt, ist das, was der lila-weiße VfL zustande bringt, winzig. Und selbst ohne Gladbacher Fiasko wäre der Osnabrücker Ertrag bescheiden. Wie immer seit etwa vier Jahren ist der VfL auswärts nicht in der Lage, gegen vermeintliche besser veranlagte Gegner zu gewinnen. Das 2:4 in Fürth ist da nicht außergewöhnlich bemerkenswert, trotzdem schmerzt es. Es ist ähnlich wie mit einem unschönen Herpes: Er nervt, kommt erwartbar zurück, auch wenn die Zahl an Tricks, ihm das auszutreiben, nach jedem neuen Erscheinen zunimmt, und er schmerzt immer auf's Neue; mehr noch: die Tatsache, dass er sich nicht beherschen lässt, macht geradezu wütend.

Die alte Leier haben die verschiedenen bestenfalls aktuellen Ergebnisdienste die letzten Tage reichlich gedreht: Der VfL hat eine halbe Stunde ordentlich gespielt und die besseren Chancen vergeben. Dann passieren binnen zehn Minuten haarsträubende Fehler, und es steht 0:3.
Vor dem 0:1 versucht Omodiagbe unglücklich zu klären; dass seine Mitspieler neben ihm den Vorwärtsgang einlegen, ohne dass er schon geklärt hätte, und dann böse überrascht und -annt werden,das dankt Allagui.
Vor dem 0:2 verliert erst Heidrich ein entscheidendes Kopfballduell, dann Omodiagbe einen entscheidenden Zweikampf, und schlussendlich erwacht Schuon erst, als Allagui zum zweiten Mal abgestaubt hat. Die beiden Tore für Fürth waren zugegeben glücklich, doch mit etwas Fleiß und Aufmerksamkeit kann man sich auch gegen Unglück wappnen.
Vor dem 0:3 verheddert sich de Wit hanebüchen und verliert den Ball in vollem Vorwärtsgang, bevor Cichon patzt und der Rest der Abwehr nicht mehr schnell genug umschalten kann.
Wer nun keine Worte mehr hat, mag nur noch den Kopf schütteln - mehr kann man angesichts dieses selbstgemachten Debakels nicht einmal von den Übungsleitern verlangen.

In der zweiten Hälfte kommt Osnabrück mit zwei schönen Toren auf 2:3 ran, besonders der Anschlusstreffer war allerdings auch glücklicher Zufall. Trotzdem: Die Aufholjagd war nicht mehr erwartbar und spricht für die Mannschaft. Gegen sie spricht, dass sie das fast wieder geöffnete Spiel nach diesen beiden Treffern abschenkt und Fürth zurückkommen lässt.
In dieser Spielphase mangelte es allerdings auch an spielerischem Potenzial: De Wit auf links stand völlig neben sich und machte womöglich sein schlechtestes Spiel für den VfL. Schuon auf rechts war im Spiel nach vorn komplett überfordert, so dass von ihm nicht ein Hauch Gefahr ausging; es schien vielmehr, als gehe ihm das alles zu schnell, und Kompagnon Braun konnte einem leid tun. Blieb noch die Mitte - und dort stand Fürth konpakt.
Wenn schließlich auch die Einwechselspieler Fuchs und Frommer friedlich und scheu bleiben, endet das Spiel verdient mit zwei Toren Unterschied. Die nächste Folge dieser unendlichen Geschichte erzählt der VfL nach zunächst zwei Heimspielen Ende Oktober in Kaiserslautern.

Zwei Dinge, das nebenbei, haben am Sonntag übrigens wieder genervt: Die schmerzverzerrte Fallsucht von Heulsüschen Cichon - man kann sie nicht mehr ertragen! Und einer jener Schiedsrichter, die immer Foul pfeifen, wenn im Strafraum jemand umfällt - man möchte einfach wissen, warum.

Montag, 6. Oktober 2008

dieses atemlose blinde spiel

Das Karussell – gestern und heute

von Rainer Maria Rilke und Borussia Mönchengladbach

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.


Seit es diesen kleinen Blog gibt, und das ist noch nicht lang,
dreht sich das Trainerkarussell in Gladbach.
Vier Trainer sind untergegangen,
zögert der Verein nur oder folgt er bald nach?

Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Der böse Löwe – ist es das Abstiegsgespenst?
Nur Mut, ihr Neururers und Matthäusse,
in Gladbach kommt jeder einmal dran.
Und dann und wann - ja wer? Ein weiser Elefant, das wär's!

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Obacht, ihr Kinder, auf diesem Karrussell
ist noch jeder hinuntergefallen.
Nichts hält ewig, manches nur Wochen.

Allein der Löwe bleibt und zeigt Zähne,
die heiße Hand aber ist längst wieder am Telefonhörer,
und ruft den nächsten Trainer an, der aufspringen mag.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Doch wann?

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgend wohin, herüber -

Einmal mitfahren, ja, das ist schön.
Doch wer mag immer Karrussell fahren?
Schon vom Zusehen wird einem schwindlig,
und auch Langeweile kann brechen machen.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Schon lange nicht mehr. Lange nicht.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel...

Nichts endet mehr heute,
das Karrussell läuft heiß.
Ziellos, das ist es immer noch,
doch nur noch grau und grau und grau.
Das Lächeln falsch,
die Seligkeit gesprengt am Bökelberg.
Ach, dieses atemlose blinde Spiel!

Jardin du Luxembourg, Paris, 1906
Stadion am Borussiapark, Mönchengladbach, 2008

Sonntag, 5. Oktober 2008

adieu, jos

Per Breaking News-SMS wurde ich heute vom Fußballgott vorab informiert:

Aus für Jos. Ziege übernimmt vorerst. Man suche nun einen Trainer, "der zum Verein und zur Mannschaft passt". Ob sie unter dieser Maßgabe jemals einen finden?

Dem ist für heute nichts hinzuzufügen.

Samstag, 4. Oktober 2008

fach-simpeleien

Manchmal spielen einem Phantasie und Gedächtnis einen Streich, und man lässt sich von Dingen verwirren, die man eigentlich viel besser weiß. Just heute nahm ich Kenntnis vom souveränen Tabellenführer der 3. Liga, dem SC Paderborn. "Menschenskinder", dachte ich, "das kann doch eigentlich gar nicht wahr sein: Eine Mannschaft, die von Holger Fach trainiert wird, ist Tabellenführer. Sollte ich mich getäuscht haben in dem Nichtsnutz?"

Dann verging eine ganze Weile. Sicher einige Stunden lang machte ich mir immer mal wieder Gedanken und wunderte mich. Dann las ich am Abend einen Bericht über die Lage beim FC Augsburg - und atmete erleichtert auf. Natürlich ist Fach auch in dieser Saison Trainer bei einem Tabellenvorletzten. Puh. Es ist alles wie immer und in Ordnung. Fach war nur bis zum 8. Februar Coach in Paderborn, bis er dort selbstverständlich entlassen wurde.
Jetzt Augsburg. Immerhin, sieben Spieltage sind gespielt, und noch ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht. Leider spielt übermorgen noch der Tabellenletzte Wiesbaden im Montagsspiel.

Freitag, 3. Oktober 2008

vfduell in osnabrück

Ach, wie süß. Unser Spiel des Jahres steigt am 10. Oktober, also nächsten Freitag, an der Bremer Brücke. Dann gibt's das, wovon wir in dieser Spielzeit schon nicht mehr zu träumen wagten: Ein nächstes VfduelL. Die kleinen Fohlen reisen zum Testspiel an, und das ist ein liebliches Zeichen in stürmischen Zeiten. Nach dem Spiel werden die Spieler beider Mannschaften noch einige Gladbach-darf-nicht-absteigen-Gedächtnis-Schleifen knüpfen - als Zeichen des guten Willens. Hoffentlich hilft's.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

seitenwechsel #63

So lange schon so hohes Niveau - das ist bemerkenswert: Schon 62 Brand-, Schmäh- oder Liebesbriefe haben wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl geschrieben; heute folgt der nächste. Und wir gehorchen Oliver Reck, wenn er fordert: Weiter machen, immer weiter! Unser altes Swingerclub-Motto gilt dabei nach wie vor: Alles kann, nichts muss. Martin fürchtet sich diesmal vor dem nächsten Diktator aus Österreich und bekennt sich zum christlichen Fundamentalismus - das alles bei Seitenwahl. Joachim litt kurzzeitig unter Wurmbefall, ist jetzt aber wieder gesund - und antwortet:

Lieber Martin,

zunächst danke für die Nachfrage, ich bin wieder und noch gesund. Derzeit wechselt das wöchentlich, daher liegt die Betonung auf „wieder“ und „noch“. Der Trend zeigt freilich nach unten, was ich auf eine Kombination von Wetter, Arbeit und Tabellenplatz zurückführe (Ist es in dieser Lage ein Trost, daß sich der Tabellenplatz nicht mehr verschlimmern kann, zumindest bis nächsten Sommer?). Eines aber unterscheidet unser beider Stimmung derzeit: Während Du eher depressiv wirkst, fühle ich mich latent aggressiv. Kennst Du auch dieses Gefühl, diesen Schnupfnasen an den Kragen zu wollen, die morgens im Zug Dir gegenüber Platz nehmen, nur um Dich eine Stunde lang anzuröcheln, anzuniesen und anzuschnaufen? Wie steht es mit Petrus, der es immer dann regnen läßt, wenn ich meinen Schirm vergessen habe oder Du Fahrrad fahren willst? Und – wie steigern das Elend – was ist mit Kölnern, die wissen, daß ihr Verein selbst bei der obligatorischen Derby-Niederlage noch vor Borussia stehen wird und die daher ihre nichtswürdige Existenz durch den Verweis auf die Tabelle aufwerten wollen, nur weil der Fußballgott gerade den Perversling mimt? Weichet, ihr Wichte und Würmer! Es ist wirklich schwer, nobel und tolerant zu sein, wenn sich von allen Seiten das Übel an Dich heranrobbt.

Doch genug der schlechten Dinge, kein Verweis auf Finanzkrise, Palin und CSU. Warum muß man sich noch depressiver machen, als man ohnehin schon ist? Daher komme ich zu Österreich, auch ein Thema von Dir, wenngleich ich es aus einer anderen Perspektive betrachte. Ich war nämlich den Großteil der letzten Woche in Graz, wo ich dienstlich zu tun hatte, und erlebte somit den Wahlkampf hautnah mit. Ich sah auf den Straßen mehr Wahlplakate als Hundeköddel, und wenn ich mir die Anzahl der Wahlstände betrachte, komme ich zur Vermutung, daß es erstmals in der Geschichte mehr Politiker als Wähler gibt. Vor allem aber sah ich Fußball, so das Spiel zwischen Kapfenberg und Kärnten oder, alternativ, zwischen Milan Fukal und Chiquinho. Was war das für eine Freude, den guten alten Chiquinho als besten Mann auf dem Platz wirbeln zu sehen, zentral im Mittelfeld das Spiel lenkend, mit technisch feinem One-Touch-Fußball die Bälle verteilend und intelligent alle Standards variierend! Nun ja, seine halbe Mannschaft besteht aus Brasilianern, da macht ihm wohl das Kicken Spaß. Übrigens heißt einer dieser Kameraden vom Zuckerhut mit bürgerlichem Namen Maier, läuft aber unter dem Künstlernamen Schumacher auf. Das finde ich mal originell, zumindest wenn er den Toni meint und nicht den Michael. Stell Dir vor, Du hießest Daum und nenntest Dich Luhukay... Er schoß sogar ein Tor, was freilich nicht schwer war, denn Milan Fukal war sein altes Selbst: Beweglich wie ein Panzerschrank. Kärnten gewann 2:0, und Chiquinho träumt nun vom UEFA-Cup (oder der Europa League, wie das dann - in dieser Pisa-untauglichen Schreibweise - heißt).

Reisen bildet ja bekanntlich, so kam ich mit mancher Anregung zurück. Mit Bezug auf Borussia blieb mir vor allem mein Besuch des Zweitligaspiels zwischen Gratkorn und Leoben in Erinnerung. Gratkorn läßt sich von einem Bestattungsunternehmen namens PAX sponsern und heißt daher derzeit (wie in Österreich mit Vereins- und Sponsornamen üblich) FC PAX Gratkorn. Was eröffnet das doch für Möglichkeiten, sowohl für die Trikots als auch den Stadionnamen, zumal Kyocera ja als Hauptsponsor ausscheidet. Einheimische Bestatter, aufgepaßt: „Ruhe sanft Borussia Mönchengladbach“ trägt seine Heimspiele in der Borussia-Gruft aus, das paßt doch wie der Deckel auf die Urne. Sollte es freilich eine Nummer kleiner sein, könnte man auch die Namensrechte an einzelnen Mannschaftsteilen verkaufen: Produzenten von Schlafmitteln wenden sich der Abwehr zu, „Such und Find“ gibt dem Mittelfeld den Namen, und der letzte Mohikaner ziert die Brust des einzig verbliebenen Stürmers in der Startelf. Zu guter Letzt sponsert noch eine Zeitarbeitsfirma den Trainerstuhl. Mirko Slomka, diesen Namen wirfst Du in den Raum? Nein, wenn Du wirklich das Gruselkabinett öffnen willst, kann ich Dir mit ganz anderen Namen kommen: Dick Advocaat kommt auf den Markt! Berti Vogts schmeißt bald hin! Klinsmann hat die Faxen dicke! Und was – mein Favorit aller Zeiten – ist mit Horst Ehrmantraut?

Überhaupt Borussia – sind drei Foulelfmeter gegen die eigene Mannschaft in einem einzigen Pflichtspiel nicht Vereinsrekord? Ich mußte ja leider das Pokalspiel gegen Cottbus im Videotext verfolgen, weil ich wie gesagt in Graz war, doch nach dem 2:0 bin ich erst mal hinter meinen Hotelfernseher gekrochen und habe nachgeguckt, ob da nicht ein kleiner Ösi sitzt, Knoten ins Kabel macht und sich auf meine Kosten amüsiert. Foulelfmeter – 1:0, Foulelfmeter – 2:0, Foulelfmeter – 3:0, ich war schon drauf und dran, mich so richtig aufzuregen, weil ich dachte, der Schiri gibt den Steinborn. Dann sah ich die Zusammenfassung und mußte konstatieren, daß die Mannschaft tatsächlich so unbedarft ist. Nicht, daß ich das Spiel weiter bewerten will, das geht aufgrund der Kurzzusammenfassung nicht. Wenn Du aber gerade in Hannover zwei Elfer bekommen hast und dann so agierst, mußt Du einen an der Waffel haben. Das Schlimmste war freilich hinterher der Trainer, als er mal wieder sagte, nun könne man sich auf die Bundesliga konzentrieren. Ja hallo, wohnt da jemand hinter dem Schnurrbart? Sind die Herren plötzlich überfordert, weil sie pro Jahr statt 34 Pflichtspielen ein oder zwei mehr haben? Was sollen dann international aktive Mannschaften sagen, die locker auf fünfzig, sechzig Partien kommen?

Ich höre an dieser Stelle besser auf; wie Du merkst, bin ich tatsächlich latent aggressiv. Ich brauche jetzt drei Punkte gegen Köln, dann bin ich wenigstens kurzzeitig sediert. Und wenn ich dann nicht krank werde, könnte ich nächste Woche eventuell gute Laune haben. Das kannst Du gerne als Drohung auffassen…

Einen schokoladigen Gruß aus Belgien, wo wir den Weltuntergang nicht vor Dezember 2012 erwarten, sendet Dir
Dein Joachim

Mittwoch, 1. Oktober 2008

das war einmal #22: i feel miserable

Am Wochenende nun wird Dick Advocaat als neuer Trainer von Borussia vorgestellt. Jener Trainer, der so viele Siege mit den Fohlen gefeiert hat, wird die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur führen und Luhukay, diese Karikatur von einem Übungsleiter, die völlig philosophielos nicht einen Deut für den Verein geleistet hat, vergessen machen. Endlich. Wir wollen unserem neuen alten Lieblingscoach zum Einstand ein Ständchen bringen, zu dem wir zuletzt im August 2005 schunkelten. Gut, damals schwang etwas Bitterkeit mit, aber was soll's. Die Zeit heilt alle Wunden, und schön ist es allemal.

Bei unseren aufwendigen Recherchen im Internet sind wir heute auf eine kleine Seite gestoßen. Den "Alanis Morissette Lyric Generator". Zwar halten wir nicht derart viel von der betreffenden Dame, die Internet-Seite aber hat was. Dort kann man einige Begriffe eingeben, u. a. "One thing you really hate" (Bayern München) oder auch "Your favorite color" (greenblackwhite), nicht zu vergessen "The name of an ex-boyfriend or ex-girlfriend" (Dick Advocaat).

Heraus kommt dann ein depressives Lied, das nach unserem Geschmack nicht von der Nervensäge, sondern von der Nordkurve gesungen werden sollte:

"Will to Live"

I feel miserable
Maakays Tore make me ill
I feel miserable
Unverdiente Siege tear at my foundations
I feel miserable
Rubenbauers Parteilichkeiten are dragging me down to the depths of misery
I want to die

Is it because of Bayern München that I feel this way?
With the greenblackwhite rays of misery pounding on my brain?
Or am I lost in tale of Kafka, adrift far from home
I don't think so, I don't think so.

Dick Advocaat Broke My Will to Live
Dick Advocaat Broke My Will to Live
Dick Advocaat Broke My Will to Live
I was getting better but then
Dick Advocaat Broke My Will to Live

I feel miserable
Beckenbauers rot the flesh from my bones
I feel miserable
Hoenesse defeat my purpose
I feel miserable
Weißwürste are doing their best to impale my soul
I want to die

Is it because of Bayern München that I feel this way?
With the greenblackwhite rays of misery pounding on my brain?
Am I lost in tale of Kafka, adrift far from home
I don't think so, I don't think so.

Dick Advocaat Broke My Will to Live
Dick Advocaat Broke My Will to Live
Oh God, Dick Advocaat Broke My Will to Live
I was getting better but then
Dick Advocaat Broke My Will to Live

Probiert es doch auch mal...